Protocol of the Session on November 10, 2005

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag über die Errichtung der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/2473

Einbringerin ist die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt Frau Petra Wernicke. Bitte sehr, Frau Ministerin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Grundlage des Kabinettsbeschlusses vom 30. August 2005 haben die Ministerpräsidenten der Länder Hessen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt einen Staatsvertrag über die Einrichtung der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt unterzeichnet.

Die Landesregierung bringt heute den Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag in den Landtag ein. Der Gesetzentwurf enthält die Zustimmung zu dem unterzeichneten Staatsvertrag und bildet die rechtliche Grundlage für die zum 1. Januar 2006 vorgesehene Errichtung der gemeinsamen Einrichtung.

Die neue Einrichtung soll zur zentralen Dienstleisterin für alle Waldbesitzenden gebildet werden. Diese Einrichtung einer mehrere Länder umfassenden Versuchsanstalt beruht auf der Erkenntnis, dass dadurch das forstliche Versuchswesen langfristig gesichert wird, seine Ergebnisse für die praxisnahe Waldbewirtschaftung effizienter und günstiger bereitgestellt werden, seine Bedeutung und Schlagkraft gestärkt werden, sein forstlicher Stellenwert erhalten bleibt und seine Kompetenz erhöht wird.

Im forstlichen Versuchswesen fallen in diesen Ländern Aufgaben an, die der gleichen wissenschaftlichen Fachrichtung zuzuordnen sind. Wenngleich aufgrund der waldbaulichen Strukturen und der Boden- und Klimabedingungen regionale Unterschiede bestehen, überwiegen die Aufgabenüberschneidungen, sodass Kosten eingespart werden können und fachliche Synergien möglich sind.

Die neue Einrichtung wird Länder übergreifend insbesondere folgende Aufgaben auf der Grundlage von Bundesrecht oder von Landesrecht Sachsen-Anhalt sowie zur Erfüllung völkerrechtlicher oder gemeinschaftlicher Verpflichtungen wahrnehmen: Umweltmonitoring, Stoffhaushalt, Bodenschutzlevel II, Durchführung waldwachstumskundlicher Versuche, Bodenzustandserfassung, Untersuchungen über die Kohlenstoffbindung von Wäldern bei Zustandserhebung, Erhaltung forstlicher Genressourcen.

Bei einer Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt würden zukünftig Pflichtaufgaben des Landes in der Dreiländereinrichtung wahrgenommen. Aufgrund des bisherigen und des zukünftig vorgesehenen Personalabbaus in der Landesforstverwaltung und damit auch im Bereich des forstlichen Versuchswesens können mit den nur noch wenigen vorhandenen Spezialisten nicht mehr alle Pflichtaufgaben, zum Beispiel in dem Bereich der Bodenzustandserfassung und der forstlichen Genressourcen, wahrgenommen werden. In der gemeinsamen Einrichtung stehen für alle drei Länder in dem erforderlichen Umfang Spezialisten zur Verfügung.

Durch den Zusammenschluss ergeben sich Synergieeffekte, die Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen bewirken. Ich gehe daher guten Gewissens davon aus, dass die zuständigen Ministerien der drei beteiligten Länder dieses Reformprojekt zur Gestaltung eines zukunftsfähigen forstlichen Versuchswesens meistern und erfolgreich zum Jahreswechsel umsetzen werden. Deshalb bitte ich Sie um zügige Behandlung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und um Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Meine Damen und Herren! Eine Debatte zu diesem Gesetzentwurf war nicht vorgesehen. Somit können wir gleich in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/2473 eintreten.

Von der Frau Ministerin ist eine Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten

vorgeschlagen worden. Können wir auch hierüber gleich insgesamt abstimmen? - Wer also einer Überweisung in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Gesetzentwurf einstimmig in den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen worden.

Wir kommen zum letzten heutigen Beratungspunkt, dem Tagesordnungspunkt 16. Meine Damen und Herren, wir haben erheblich aufgeholt und ich bedanke mich dafür.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf:

Zweite Beratung

Reformierung des Gerichtsvollzieherwesens

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1379

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verfassung - Drs. 4/2452

Die erste Beratung fand in der 36. Sitzung des Landtages am 5. März 2004 statt. Berichterstatter für den Ausschuss ist der Abgeordnete Herr Wolpert. Bitte sehr, Herr Wolpert, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landtag hat den vorliegenden Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 4/1379 in seiner 36. Sitzung am 5. März 2004 zur Beratung in den Ausschuss für Recht und Verfassung überwiesen.

Gegenstand des Antrages ist die Bitte an die Landesregierung, alle Schritte zu prüfen, um das Gerichtsvollzieherwesen in dem verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen zu reformieren und in eine freiberufliche Tätigkeit zu überführen. Weiterhin wird die Landesregierung gebeten, im Ausschuss für Recht und Verfassung über die Arbeitsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens fortlaufend zu berichten.

Die Gerichtsvollzieher haben bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als selbständige Organe der Rechtspflege hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen. Die Auslastung der Gerichtsvollzieher in unserem Land betrug im Jahr 2003 150 %. Aus dieser nicht mehr zumutbaren Überlastung ergibt sich die Notwendigkeit von Personaleinstellungen, die aufgrund der angespannten Haushaltslage in unserem Bundesland nicht zu erwarten sind.

Der Ausgangspunkt dieses Antrages liegt in der Forderung, dass wir ein wirkungsvolles Vollstreckungswesen in unserem Land für die Zukunft gesichert haben wollen. Unser Land braucht funktionierende Vollstreckungsorgane, die für die Bürger in akzeptabler Zeit Ergebnisse zeigen. Durch eine Liberalisierung und Schaffung von mehr Wettbewerb im Gerichtsvollzieherwesen soll ein effektiveres und leistungsfähigeres Vollstreckungssystem geschaffen werden.

Der Ausschuss für Recht und Verfassung hat den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP erstmals in seiner 28. Sitzung am 26. Mai 2004 auf die Tagesordnung ge

nommen. Herr Minister Becker wies in seiner Berichterstattung darauf hin, dass die Justizminister der Länder und die Bundesjustizministerin die Notwendigkeit der Neuordnung des Gerichtsvollzieherwesens sehen. Im Ergebnis der Beratung beschloss der Ausschuss, eine Anhörung durchzuführen.

Nach erfolgter Anhörung von Interessenvertretern, Sachverständigen und Verbänden in der 33. Sitzung am 3. November 2004 berichtete Herr Minister Becker im nichtöffentlichen Teil dieser Sitzung über die bisherigen Arbeitsergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens und informierte darüber, dass beabsichtigt sei, das Ergebnis der BundLänder-Arbeitsgruppe im Frühjahr 2005 der Justizministerkonferenz zuzuleiten.

Aufgrund von Presseberichten, nach denen die Justizministerkonferenz weitere Vorschläge für eine Justizreform eingebracht habe, verständigte sich der Ausschuss für Recht und Verfassung in seiner 34. Sitzung am 1. Dezember 2004 darauf, über das Thema in der Januarsitzung erneut zu beraten. Der Ausschuss akzeptierte darüber hinaus den Vorschlag des Ministers, zu den Eckpunkten der großen Justizreform und in diesem Zusammenhang auch zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens in der 53. Sitzung des Landtages am 27. Januar 2005 eine Regierungserklärung abzugeben.

Eine weitere Beratung des Antrages in der Drs. 4/1379 war für die 36. Sitzung am 16. Februar 2005 vorgesehen. Die Fraktion der SPD beantragte jedoch, die Beratung zu vertagen, weil sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe noch nicht abschließend mit dem Thema der Privatisierung befasst hatte. Diesem Antrag folgte der Ausschuss und beschloss, die Beratungen nach der Vorlage des Abschlussberichtes fortzusetzen.

Im Ergebnis einer weiteren Beratung in der 42. Sitzung am 28. September 2005 verständigten sich die Ausschussmitglieder darauf, den Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe in der Oktobersitzung von der Landesregierung entgegenzunehmen und anschließend eine Empfehlung für den Landtag zu erarbeiten.

In der 43. Sitzung am 26. Oktober 2005 legten die Fraktionen der CDU und der FDP im Rechtsausschuss den Entwurf einer Beschlussempfehlung an den Landtag vor. Nachdem die Landesregierung den aktuellen Stand der Ergebnisse der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reformierung des Gerichtsvollzieherwesens dargestellt hatte, beschloss der Ausschuss für Recht und Verfassung entsprechend dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, dem Landtag zu empfehlen, die Landesregierung aufzufordern, sich im Bundesrat für eine Reform des Gerichtsvollzieherwesens einzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuss für Recht und Verfassung verabschiedete mit 9 : 3 : 0 Stimmen die Ihnen in der Drs. 4/2452 vorliegende Beschlussempfehlung an den Landtag. Im Namen des Ausschusses bitte ich den Landtag, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der FDP und von Minister Herrn Becker)

Vielen Dank, Herr Wolpert, für die Berichterstattung. - Meine Damen und Herren! Auch hier treten wir in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion

ein. Zunächst erteile ich für die Linkspartei.PDS der Abgeordneten Frau Tiedge das Wort. Bitte sehr, Frau Tiedge.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf unsere Forderungen aus der ersten Beratung des Antrags im Landtag zurückkommen. Wenn man etwas verändern will, dann sollte man die Amtsausstattung der Gerichtsvollzieher verbessern, durch eine bessere Bezahlung mehr Anreize schaffen, die Anzahl der Gerichtsvollzieher erhöhen, die Ausbildung verbessern und ihnen auch mehr Aufgaben übertragen, um die Gerichte zu entlasten - aber das nur unter Beibehaltung des gegenwärtigen Status.

Kaum ein anderer greift so in die Grundrechte der Bürger ein wie die Gerichtsvollzieher. Sie sind somit auch nicht mit den Notaren zu vergleichen.

Ich möchte noch auf einige Punkte eingehen, die in der Beschlussempfehlung aufgezeigt wurden. Dort ist festgeschrieben, dass die Gebühren nach Maßgabe des Verursacherprinzips sowie des Äquivalenzgrundsatzes so zu bemessen sind, dass alle anfallenden Kosten tatsächlich gedeckt werden können. Das bedeutet - ich denke, das ist auch jedem in diesem Hause klar - eine Gebührenerhöhung, die zunächst zulasten der Gläubiger und dann zulasten der Schuldner gehen wird.

Wir müssen natürlich auch berücksichtigen, was mit den Forderungen, mit den Kleinforderungen von Gläubigern wird. Die Gerichtsvollzieher werden kaum ein Interesse daran haben, zunächst die kleinen Forderungen einzutreiben, weil sie damit ihre Kosten nicht decken können. Sie werden zulasten der Kleingläubiger diese Forderungen weit hinausschieben. Aber für manche Gläubiger sind bereits Außenstände von einigen Euro existenzbedrohend.

(Unruhe)

Dann soll nach Auffassung der Koalitionsfraktionen der Amtsbezirk aufgelöst werden. Das heißt, es soll nur noch einen Amtsbezirk geben, das Land Sachsen-Anhalt. Die Folge wäre eine gnadenlose Konkurrenz zwischen den Gerichtsvollziehern, was ebenfalls zulasten der Gläubiger und der Schuldner gehen würde und natürlich auch zulasten der Gerichtsvollzieher, die dann teilweise auf der Strecke bleiben würden. Wenn das gewollt ist, dann soll man das auch so sagen; denn nicht immer belebt der Markt die Konkurrenz.

Des Weiteren will man den Gerichtsvollziehern weitere Aufgaben zugestehen. Auch das ist eine Forderung von uns gewesen, weil wir der Auffassung waren, die Gerichtsvollzieher können weitere Aufgaben übernehmen. Aber das geht nicht, wenn die Aufgabe - viel lauter kann ich jetzt nicht reden - der Gerichtsvollzieher als Freiberufler sozusagen auf eigene Rechnung wahrgenommen werden muss.

Das Abwendungsverfahren soll bei unstreitigen Forderungen bis zu einem Streitwert von 500 € betrieben werden. Das heißt, nicht ausgetitelte Forderungen sollen jetzt von einem Freiberufler eingetrieben werden können. Wir halten das für ein Unding und auch für verfassungswidrig.

Es sollen Beweissicherungen durchgeführt werden; es sollen hoheitliche Vollstreckungen durchgeführt werden.

Die Entscheidung über die Übertragung soll im Ermessen der Kommunen liegen.

Dies alles sollen, wie gesagt, Gerichtsvollzieher durchführen. Diese müssen aber in erster Linie darauf bedacht sein, durch die Vollstreckungen ihre Kosten hereinzubekommen, um ihre Existenz zu sichern. Dazu sagen wir: Das ist nicht machbar. Der Gerichtsvollzieher muss seine hoheitlichen Aufgaben auch als hoheitlicher Beamter wahrnehmen können.

Die mit der Justizreform befasste Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat hinsichtlich der Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens ähnliche Probleme wie wir. Wir hoffen, dass sich die Vernunft durchsetzt und dass die BundLänder-Arbeitsgruppe diesem Vorschlag nicht folgen und einer Privatisierung - auch wenn man sie „Beleihung“ nennt, bleibt es eine Privatisierung - ihre Zustimmung nicht geben wird. Wir werden der Beschlussempfehlung nicht folgen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Tiedge. - Für die CDU-Fraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Lienau das Wort. Bitte sehr, Herr Lienau.