Herr Minister, Sie haben das Wort „Familienfreundlichkeit“ so oft verwendet, dass ich fast glauben kann, es ist wirklich ein familienfreundliches Gesetz. Nun habe ich mich auch etwas damit beschäftigt und festgestellt, dass diejenigen, die angehört worden sind, zwar festgestellt haben, dass es durchaus ein Anfang ist, den man hier machen kann, aber sie haben auch festgestellt, dass wenig Verpflichtungen in dem Gesetz enthalten sind und eigentlich nur das geregelt werden soll, was entweder schon üblich ist, schon geregelt ist oder schon in anderen Gesetzen steht. - Wie stehen Sie zu dieser Bewertung?
Herr Oleikiewitz, Sie wissen selbst, dass es nicht an dem ist. Zum einen ist es so, dass eine ganze Reihe von Maßnahmen, die gegenwärtig freiwillig durchgeführt werden, Gesetzesstatus erhalten, sodass die Unterstützung und die Förderung von Familien in weiten Bereichen jetzt auch durch Gesetz unterlegt wurde und damit eine ganz andere Bedeutung einnimmt.
Zum anderen sind viele Sachen völlig neu: der Familienpass, die Möglichkeit des Erwerbs von Wohneigentum für Familien, aber auch ein ganz großer finanzieller Anteil aus dem UVG für familienfreundliche Maßnahmen, der bei den Kommunen verbleibt. Hiermit ist ein wesentlicher Schritt getan worden, um die Kommunen zu unterstützen und zu stärken, um wirklich aktiv zu werden.
Der Familienratgeber, der jetzt von uns verteilt wurde, der den Menschen richtig etwas in die Hand gibt, wo sie sich informieren können, unsere Elternbriefe - es sind derartig viele Dinge, die praktisch passiert sind, die nicht nur auf dem Zusammenschreiben von alten Sachen beruhen, wie oft behauptet wurde. Ich glaube, die Realität ist um ein Vielfaches besser als das, was gesagt wurde.
Wenn wir uns einig sind, dass dieser erste Schritt nicht ausreicht, dann ist es, glaube ich, wichtig, dass wir weitergehen. Aber irgendeiner musste ja mal anfangen, die Familie wieder in das Zentrum des politischen Handelns zu rücken.
Herr Minister, es gibt ja ganz wenige Dinge, die vielleicht doch geregelt worden sind oder geregelt werden sollen. In § 7 Abs. 1 heißt es zum Beispiel: Das Land gewährt Familien finanzielle Hilfen. Des Weiteren heißt es: Das Nähere regelt eine Richtlinie des für Wohnungswesen zuständigen Ministeriums.
Die Richtlinie weist aber lediglich darauf hin, dass mindestens zwei Personen in einer Wohnung ansässig sein müssen. Heißt das für Sie, dass der Familienbegriff zum Beispiel auch auf Bedarfsgemeinschaften ausgedehnt werden kann? Wie verstehen Sie den Familienbegriff?
Die von Ihnen zitierte Richtlinie bezieht sich noch nicht auf die Umsetzung des Familienfördergesetzes. Ich habe auch noch einmal darauf hingewiesen: Für uns ist die Familie im Wesentlichen dort, wo auch ein Kind vorhanden ist. Die Kindorientierung ist es, die es ausmacht. Wir definieren die Familie nicht über irgendwelche andere Zusammensetzungen. Die Generationenfolge, die Fürsorge füreinander, das ist eigentlich das Wesentliche. Der Herr Ministerpräsident sagte einmal auf einem Forum sehr treffend: Ich glaube, die Familie ist da, wo man hingehen kann, wenn es einem schlecht geht.
Ich glaube, das alles sind Punkte, die hierbei mitzählen und die man nicht mit Paragrafenreiterei beschreiben könnte.
Danke, Herr Minister. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Als erste Debattenrednerin wird die Abgeordnete Frau Schmidt für die SPD-Fraktion sprechen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, über das wir heute entscheiden sollen, ist in seiner Qualität zwar etwas besser geworden, aber nur unwesentlich besser als bei seiner Einbringung. Das muss ich vorausschicken.
Auch die erwähnte Anhörung, die sehr umfangreich war, hat keinen durchgängig positiven Beitrag gebracht. In den meisten Fällen wurde von einem ersten Schritt in die richtige Richtung gesprochen. Der Stellenwert, den die Familie verdient, wurde dort nicht hervorgehoben.
Ich glaube nicht, dass wir auf das Gesetz, das heute zur Abstimmung vorliegt, 100-prozentig stolz sein können. Ich gehe davon aus, dass mit diesem ersten ganz kleinen Schritt - für mich ist es ein ganz kleiner Schritt, wie ihn die Kinder im Kindergarten tun - nicht der viel gepriesene Ruck in Sachen Familien- und Kinderfreundlichkeit durch die Gesellschaft gehen kann.
Es ist vorhin schon gefragt worden, wie es mit den Familienverbänden steht. Bereits nach der Anhörung, nämlich am 29. September 2005, haben wir von der Vereinigung der Familienverbände noch einmal einen zweiseitigen Kritikbrief erhalten. Auf ein, zwei Punkte daraus werde ich später noch einmal eingehen.
Gerade dieser Brief hat mich zu der Frage gebracht - die Koalition hat in einer Ausschusssitzung einmal versichert, dass die Familienverbände bei der Erarbeitung des Gesetzes von Anbeginn dabei gewesen wären -, warum so ein Kritikbrief noch kommen kann. Es ist mir völlig unklar, warum noch so viele Einwendungen kommen, wenn die Verbände doch von Anfang an dabei waren. Oder sind die Hinweise, die von den Familienverbänden schon im Vorfeld gegeben worden sind, in keiner Weise berücksichtigt worden? - Denn hier ist noch ein ganzer Packen drin.
Auf die Frage, die Herr Sachse eben gestellt hat, will auch ich eingehen. Als Sie den Gesetzentwurf einge
bracht haben, war für mich eine Frage - Herr Dr. Daehre ist gerade nicht anwesend -, wie die Wohnungsbaurichtlinie einmal aussehen wird. Sie war damals noch nicht fertig. Inzwischen ist die Wohnungsbaurichtlinie fertig.
Wenn jetzt der Herr Minister in seiner Antwort auf die Frage von Herrn Sachse gesagt hat, dass das ein Gesetz ist, das nur von der Kindgerechtigkeit ausgeht, dann ist das wohl ein Widerspruch zu dem, was er vorher gesagt hat. Natürlich ist eine Familie auch da, wo ich mich wohl fühlen kann, auch da, wo ich Eltern pflege. Aber man kann das nicht nur von der Seite des Kindes aus sehen. Ich zitiere aus der Wohnungsbaurichtlinie, wer gefördert wird:
„Zum Haushalt müssen mindestens zwei Personen gehören, die verheiratet sind oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Bei einem Ehepaar ohne Kinder... kann das Bruttoeinkommen... betragen...“
Wenn das eine kindbezogene Gesetzesvorlage sein soll oder auch der Beschluss nur vom Kind ausgehend gefasst worden sein soll, ist das für mich ein Widerspruch.
(Herr Schröder, CDU: Die Zinsverbilligung ist es! Die Zinsverbilligung ist abhängig von der Kinder- zahl!)
- Aber ich bekomme Wohnungseigentum gefördert. - Ich will mich jetzt nicht auf ein Zwiegespräch mit Ihnen einlassen. Stellen Sie anschließend Ihre Frage. Das nur zur Wohnungsbaurichtlinie.
Ich denke, auch wenn etliche Punkte dabei sind, die inzwischen eingebracht wurden und die in die richtige Richtung gehen: So richtig stolz, Herr Minister, können wir auf dieses Gesetz wohl noch nicht sein.
Ich möchte aber eines sagen - das wurde von Herrn Rauls im Rahmen der Berichterstattung erwähnt -: Wir haben sehr viele Änderungsanträge eingebracht. Die wurden durchweg abgelehnt. Aber für eines bedanke ich mich noch nachträglich beim Innenausschuss. Ein Änderungsantrag, den wir eingebracht haben, ist nämlich mithilfe der Koalition nachträglich Wirklichkeit geworden. Herzlichen Dank dafür!
Sie haben heute - ich sehe schon, meine Redezeit geht zu Ende - einen Änderungsantrag von unserer Fraktion vorliegen. Diesen Änderungsantrag möchte ich mündlich ändern. In Abstimmung mit Herrn Jantos von der CDUFraktion nehmen wir aus diesem Änderungsantrag im ersten Absatz den Punkt 5 - Gewaltprävention - heraus, auch wenn es mir weh tut, regelrecht weh tut, ihn herauszunehmen. Aber wir nehmen den Punkt heraus, weil - auch das haben wir mit den Familienverbänden noch einmal abgesprochen - eben das Finanzmanagement noch wichtiger ist und mir signalisiert wurde, dass dies bei der CDU-Fraktion Zustimmung finden könnte.
Des Weiteren werden wir den Absatz 2 ändern. Statt „auch in Kindertagesstätten“ soll es heißen: „auch an Kindertageseinrichtungen“. Die Wörter „und Grundschulen“ sollen gestrichen werden. Diesen Punkt lassen wir drin, weil diese Kinderzentren in Abstimmung mit anderen zu schaffen sind, bei denen alles auf einem Fleck ist. Dann kann Bildung dort stattfinden und wir können die Eltern dort abholen, wo die Kinder sind. Es ist uns besonders wichtig, dass diesem Änderungsantrag - dazu ist wirklich ein Signal gegeben worden - endlich in dieser Form zugestimmt werden kann.
Auch wenn die Redezeit zu Ende ist, noch ein kurzes Wort zu unserem Abstimmungsverhalten. Wir wollen uns der Stimme enthalten, weil wir denken, dass es schon allein der erste kleine Schritt und die Überschrift gebieten, nicht dagegen zu stimmen. Aufgrund des Signals, dass unser Änderungsantrag Zustimmung erhalten wird, werden einige von unserer Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Schmidt erst einmal für die Änderung ihres Antrages danken. Wir hatten das bereits im Vorfeld abgesprochen. Finanzmanagement und natürlich die Familienzentren in den Kindertageseinrichtungen sind uns allen wichtig. Deswegen kann die Koalition dies auch so mittragen.
Meine Damen und Herren! Wir haben über dieses Gesetz einige Ausführungen gehört, die nicht nur positiv waren. Ich muss dazu sagen, dieses Gesetz ist das erste Familienförderungsgesetz in Deutschland.
Wenn man ein erstes Gesetz macht, dann ist es eben schwerer als alles andere. Natürlich ist alles an Verordnungen und Gesetzen eingesammelt worden. Dabei kam es darauf an, alles die Familien Betreffende vollständig einzusammeln. Natürlich haben wir darum gerungen, neue Familienförderungen bzw. neue Leistungen für die Familien einzubringen. Das war aber nur bedingt möglich.
Aus diesem Grund sind die Familienverbände am Familienstammtisch massiv in die Gespräche einbezogen worden. Es muss gesagt werden, dass dieser oder jener Hinweis richtig ist und dass dieser oder jener Hinweis verwirklicht werden müsste. Aber wir können es einfach nicht umsetzen. Unser Problem ist die schwierige finanzielle Situation in unserem Land.
Ich sage eines und das war auch der Punkt in der Anhörung: Außer der Vertreterin der Gleichstellungsbeauftragten waren eigentlich alle mit der Formulierung eines ersten Einstiegs in das Gesetz zufrieden. Es ist natürlich eine Sache, die wir fortsetzen müssen. Das ist der Punkt, an dem wir sagen, hier müssen wir uns alle anstrengen. Wir haben ein Gesetz erreicht, wir haben das erste Gesetz erreicht. Wir haben damit automatisch auch das beste Familiengesetz in Deutschland, weil es kein anderes gibt.
Wir werden aber an dem Familienförderungsgesetz weiter arbeiten und wir werden es Stück für Stück füllen, und zwar dann, wenn wir es uns auch leisten können. Meine Damen und Herren! Nichtsdestotrotz ist die CDU stolz, dass wir dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode und auch in dieser Form verwirklicht haben.
Allerdings kann ich die Vorherkritik der PDS nicht verstehen. Wir haben - das will ich deutlich sagen - immer mit Änderungsanträgen gerungen und haben diese nicht nur in den Ausschüssen bearbeitet, sondern wir haben
auch in den Arbeitskreisen sehr intensiv darüber gesprochen, was zur Zeit möglich ist und was eben noch nicht möglich ist. Aber die Linkspartei hat das Gesetz einfach in Bausch und Bogen abgelehnt. Ich denke, das geschah aus einer Sichtweise heraus, die nichts für Familien übrig hat.
Ihre Modelle für kommunale Familienpässe, meine Damen und Herren, oder einer zweckgebundenen Sozialpauschale sind zurzeit nicht zielführend. Ich will an dieser Stelle die Diskussion aus dem Ausschuss nicht wiederholen.
Meine Damen und Herren! Das angekündigte Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion stimmt mich froh und zeigt, dass Familienpolitik ein weites Feld ist, dass es übergreifend ist und dass wir dort auch in der Zukunft Kompromisse suchen müssen. Es soll ein Versprechen sein, dass wir für die Familien alles tun werden, was wir uns leisten können, damit es den Familien in unserem Land immer besser geht und damit hier auch wieder mehr Kinder geboren werden. Kinderbetreuung ist ein Punkt dabei und hierin sind wir bundesweit führend.
Meine Damen und Herren! Nach der Antragsstellung der SPD bin ich eigentlich sehr zufrieden. Ich denke, dass wir heute, wenn wir dieses Gesetz mit diesem Änderungsantrag beschließen, einen Abschnitt unserer Arbeit erfolgreich beendet haben.