Protocol of the Session on October 7, 2005

Erste Beratung

Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/2405

Wir haben vereinbart, auf eine Debatte zu verzichten, weil wir bereits im Rahmen der Aktuellen Debatte darüber gesprochen haben. Ich bitte Herrn Schomburg, diesen Antrag mit wenigen Sätzen einzubringen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Es ist in der Tat etwas unüblich, dass zunächst die Debatte und die Einbringung des Antrages erst am Schluss kommt.

(Zuruf von Herrn Gallert, Linkspartei.PDS)

In Anlehnung an die Aktuelle Debatte kann ich mich auf wenige Bemerkungen beschränken.

Zunächst zu den Punkten I und II des Antrags. In diesem Zusammenhang hat Herr Kollege Fikentscher eine, so denke ich, etwas unglückliche Bemerkung gemacht. Es steht uns als Parlamentariern zu, einmal Danke für die ehrenamtlich geleistete Arbeit zu sagen. Nicht mehr und nicht weniger soll dieser Antrag in diesem Punkt erreichen.

Es ist wichtig, dass wir als hauptamtlich im politischen Geschäft Tätige uns bei denen bedanken, die ehrenamtlich im politischen, sozialen, kulturellen, sportlichen Bereich und in anderen Bereichen tätig sind.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

In Punkt III kam es uns vor dem Hintergrund der Anhörung, die wir im Juni 2005 durchgeführt haben, darauf an, der Landesverwaltung zu verdeutlichen, dass die Bürger nicht nur ein Interesse, sondern auch ein Recht darauf haben, an Verwaltungsentscheidungen mitzuwirken, und über Vereine und Verbände auch Co-Produzenten der gesellschaftlichen Regulierung sind.

Dies trifft in den Verwaltungen nicht immer auf Verständnis. Auch uns ist klar, dass wir dies hier nicht beschließen können; aber ich denke, es ist evident, dass wir mit den Verwaltungen ins Gespräch kommen und um Verständnis für die Position der Ehrenamtlichen ringen müssen.

Auch in Bezug auf die Form des Anerkennungswesens gab es erheblichen Diskussionsbedarf. Es wird anerkannt, dass die Landesregierung über den Preis des Ministerpräsidenten zur Anerkennung von im Ehrenamt geleisteten Diensten beiträgt. Die Ehrenamtlichen stehen dazu. Sie halten ein abgestuftes Verfahren und ein abgestuftes Anerkennungssystem für sinnvoll. Darüber wollen wir uns mit der Landesverwaltung im Ausschuss unterhalten.

Über die Modernisierung des Zuwendungsrechts ist hier schon in ausreichendem Maße gesprochen worden. Ausführungen dazu kann ich mir also ersparen.

Ein Problem besteht aber noch hinsichtlich der Frage des Versicherungsschutzes. Es gibt eine Reihe von Verbänden, insbesondere von größeren, die einen Versicherungsschutz in Bezug auf das Haftungsrecht und die Unfallversicherung haben. Es gibt aber im Bereich des Ehrenamts insbesondere kleinere Segmente, die diesen Schutz nicht genießen, eben weil sie keine großen tragfähigen Strukturen hinter sich wissen. Auch für diese ist es zum Teil existenziell, dass es uns gelingt, hier eine Lösung zu finden.

Ich denke nur an kleinere Vereine, die sich auch mit Jugendarbeit beschäftigen und in denen der ehrenamtlich Tätige, der die Jugendarbeit betreibt, haftungsrechtlich voll in die Verantwortung genommen wird, wenn er mit Jugendlichen etwas unternimmt und einem der Jugendlichen während der Ausübung dieser Tätigkeit etwas passiert.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Das darf nicht das private Risiko desjenigen sein, der diese Arbeit ehrenamtlich betreibt.

Über die Handreichung der Vereine wurde schon einiges gesagt. Sie ist auf dem besten Wege.

Ich wünsche uns eine interessante Diskussion im Ausschuss für Kultur und Medien, der die Federführung erhalten soll, im Ausschuss für Inneres, im Ausschuss für Gesundheit und Soziales sowie im Ausschuss für Finanzen. Ich bitte um Überweisung dieses Antrags an die genannten Ausschüsse. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Schomburg. - Der Überweisungsantrag ist klar. Ich denke, ich brauche ihn nicht zu wiederholen. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle. Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag an die genannten Ausschüsse überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 14 abgeschlossen.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 15, den letzten Punkt, auf:

Beratung

Nachhaltigkeit der Förderstrategie des Landes

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 4/2411

Ich bitte nun Herrn Dr. Thiel, den Antrag einzubringen.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Das Hohe Haus ist fast leer. Sind wir noch beschlussfähig, Herr Präsident? - Wir stellen noch einmal die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Die Beschlussfähigkeit besteht fort, solange sie nicht infrage gestellt wird.

(Heiterkeit - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Wir re- den nachher noch einmal darüber, Frank!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden heute nicht zum ersten Mal über die Fragen der Förderung, über Erfolge, Probleme und Ursachen von Erfolg und Misserfolg - verbunden mit dem Versuch, über strategische Programme und das Herangehen der Landesregierung an die Wirtschaftsförderung zu debattieren.

Auch in den Ausschüssen wurde mehrfach versucht, über die Dinge gründlich zu beraten. Aber schließlich - das schätze ich durchaus selbstkritisch so ein - wurde die notwendige Tiefe und Klarheit bezüglich des Prozesses der Investitionen und der Ansiedlungspolitik im Lande nicht erreicht.

Ich will Ihnen auch gleich sagen, warum das so ist. Weil der Minister immer wieder auf dem Standpunkt beharrt: Das gehört zum so genannten Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung; das geht nur die Regierung

etwas an; da haben die Abgeordneten nicht viel reinzureden. - „Basta“ würde der Noch-Bundeskanzler vielleicht dazu sagen.

(Frau Budde, SPD, lacht)

Aber angesichts der lediglich in geringem Umfang zu erwartenden Mittel, die im Zusammenhang mit den EUFonds, der Gemeinschaftsaufgabe, der Investitionszulage fließen, gewinnt die Frage nach der Effektivität der Wirtschaftsförderung einen wesentlich höheren Stellenwert, als das bisher vorstellbar war. Der Druck auf die Wirksamkeit, die Sicherheit des Erfolgs, auf die Nachhaltigkeit des Ergebnisses wird in weitaus größerem Maße wachsen als bisher.

Herr Paqué hat gestern Folgendes gesagt - ich zitiere -:

„Nur das, was das Land wirtschaftlich voranbringt und geeignet ist, die hohe Arbeitslosigkeit zu vermindern und mittelfristig zu beseitigen, wird noch gefördert werden können.“

Das ist wohl richtig, Herr Minister, aber das ist uns einfach zu schwach. Hierbei fehlt die notwendige Schärfe. Wohin soll die Reise gehen?

Das ist nämlich ein Gebot der Stunde, um die Chancen des Landes weiter zu verbessern. Dass die Chancen genutzt werden, zeigt die vor kurzem erfolgte Darstellung der Ergebnisse der Investitionsoffensive des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Diese qualitativen Ergebnisse wollen wir nicht kleinreden. Sie können sich sehen lassen. Wir als Linkspartei begrüßen diese Resultate.

(Zustimmung von Frau Wybrands, CDU, und von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Aber wir wollen die Dingen noch einmal genauer analysieren. In den drei Jahren nach dem Regierungswechsel hat die Landesregierung im verarbeitenden Gewerbe Investitionen mit einem Umfang von 7,4 Milliarden € angeschoben. Das ist in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 13. September 2005 zu lesen.

In diesem Zusammenhang kommt mir das Gedicht von Bertolt Brecht „Fragen eines lesenden Arbeiters“ in den Sinn.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS, und Herr Dr. Schra- der, FDP, lachen)

Brecht schrieb unter anderem Folgendes:

„Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?“

Man könnte Brecht bei uns vielleicht so variieren: Wer brachte die Investitionen nach Sachsen-Anhalt? In den Pressemeldungen stehen die Namen von Ministern. Haben die Minister Ihr eigenes Geld bereitgestellt?

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS, lacht - Zustim- mung von Frau Fischer, Leuna, SPD, und von Frau Schmidt, SPD)

Meine Damen und Herren! Es waren und sind doch vorrangig die Investoren und die Unternehmer, die den Mut besitzen, hier in diesen Markt zu investieren. Ihnen sollten wir vorrangig unseren Dank zollen und weniger uns Politikern auf die Schulter klopfen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)