Protocol of the Session on October 6, 2005

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Justizgesetzen und anderer Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/2400

Einbringer ist der Minister der Justiz Herr Becker.

(Unruhe)

- Ich bitte Sie, etwas aufmerksamer zu sein, wenngleich dieses Thema etwas trockener ist als die Debatte über das Kommunalneugliederungsgesetz. - Bitte sehr, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich übernehme die Verantwortung für die Trockenheit und gebe diese Rede zu Protokoll. Ich beantrage, diesen Gesetzentwurf in den Ausschuss für Recht und Verfassung zu überweisen und ihn dort möglichst bald zu beraten. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

(Zu Protokoll:)

Der heute in erster Lesung zu beratende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Justizgesetzen und anderer Vorschriften verfolgt zwei Ziele. Zum einen sollen die Vorschriften über die obligatorische außergerichtliche Streitschlichtung im Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz des Landes über den 31. Dezember 2005 hinaus

gelten. Zum anderen soll die Ernennung von ehrenamtlichen Richtern den Präsidenten der Mittelbehörden übertragen werden, soweit dies noch nicht in anderen Gesetzen erfolgt ist.

Die Förderung einer neuen Streitkultur, in der Konflikte primär durch die Beteiligten selbst mit der Unterstützung eines neutralen Schlichters und nur subsidiär durch staatliche Gerichte gelöst werden, ist eines der zentralen Themen der großen Justizreform. „Schlichten statt richten“ löst Konflikte schneller und kostengünstiger. Die Konfliktparteien akzeptieren selbst ausgehandelte Lösungen eher und schaffen damit die Grundlage für dauerhaften Rechtsfrieden. Gleichzeitig entlasten sie im Bagatellbereich die Gerichte, die ihre Kräfte dann sinnvoller einsetzen können.

Sachsen-Anhalt hat sich bereits im Jahr 2001 mit den §§ 34a bis 34i des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes dafür entschieden, von der bundesrechtlich in § 15a des Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen. Es hat daher für bestimmte Streitfälle den Versuch einer außergerichtlichen Einigung vor einer Klage zwingend vorgeschrieben. Die Geltung dieser Vorschriften ist derzeit bis zum 31. Dezember 2005 befristet. Sie soll durch den Gesetzentwurf nun um zwei Jahre verlängert werden.

Diese Verlängerung wird uns die Möglichkeit geben, im Land weiter Erfahrungen mit der außergerichtlichen Streitschlichtung zu sammeln und ihre Vorteile im Interesse der Bürger weiter zu nutzen. Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt können bundesweit Impulse für den Ausbau und die Verbesserung der viel versprechenden Ansätze im Bundes- und im Landesrecht geben. Sachsen-Anhalt beteiligt sich aktiv an einer Bund-LänderArbeitsgruppe, die die gesetzlichen Möglichkeiten konsensualer Streitbeilegung mit wissenschaftlicher Begleitung evaluiert und Verbesserungsvorschläge ausarbeitet.

Die Arbeitsgruppe prüft auch eine Änderung der bundesrechtlichen Rahmenvorschrift für die genannten Vorschriften des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes. Die Arbeitsgruppe wird voraussichtlich innerhalb der nächsten zwei Jahre einen Vorschlag erarbeiten. Damit die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe auch in SachsenAnhalt umgesetzt werden können, ist zunächst eine Verlängerung der Geltung des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes bis zum 31. Dezember 2007 erforderlich.

Durch den Gesetzentwurf werden auch die Voraussetzungen einer obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung eindeutiger formuliert. Entsprechend der bundesgesetzlichen Vorgabe wird klargestellt, dass der Versuch einer außergerichtlichen Einigung vor der Klage nur dann zwingend ist, wenn beide Konfliktparteien Wohnsitz, Sitz oder Niederlassung in Sachsen-Anhalt haben.

Zweiter Schwerpunkt des Gesetzentwurfs ist es, die Zuständigkeit für die Bestellung und Berufung von Richtern der besonderen Fach- oder Berufsgerichtsbarkeiten neu zu regeln. Diese Aufgabe wird vom Ministerium der Justiz auf die Präsidenten der obersten Landesgerichte verlagert.

Betroffen sind die ehrenamtlichen Richter des Berufsgerichts und des Landesberufsgerichts für die Heilberufe, die Handelsrichter und die ehrenamtlichen Richter des Flurbereinigungssenats beim Oberverwaltungsgericht. Ehrenamtliche Richter der Berufsgerichte für die

Heilberufe und des Flurbereinigungssenats sollen künftig vom Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts, ehrenamtliche Handelsrichter vom Präsidenten des Oberlandesgerichts ernannt werden. Ausdrücklich möchte ich darauf hinweisen, dass sich durch den Gesetzentwurf an der Mitwirkung der betroffenen Kammern und Berufsverbände an der Auswahl der ehrenamtlichen Richter nichts ändert.

Die Änderungen dienen lediglich der Verwaltungsvereinfachung. Das Ministerium konzentriert sich damit auf seine Kernaufgaben. Es überlässt Vollzugsaufgaben der Gerichtsverwaltung den sachnäheren Präsidenten der Gerichtsbarkeiten, bei denen die einzelnen Fach- oder Berufsgerichte angesiedelt sind.

In diesem Zusammenhang weise ich auch auf den Entwurf eines Ingenieurgesetzes des Landes SachsenAnhalt in der Drs. 4/2397 hin, der soeben eingebracht worden ist. Dort ist wegen der besonderen Sachnähe in § 40 des Gesetzentwurfs die Ernennung der Mitglieder der Berufsgerichte für Ingenieure durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts vorgesehen.

Danke sehr, Herr Minister. - Es wurde vorgeschlagen, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Recht und Verfassung zu überweisen.

(Frau Budde, SPD: Der Redner zu Punkt 9 fehlt bei uns! Das ging jetzt sehr schnell!)

- Wir sind jetzt erst einmal im Abstimmungsverfahren. Dafür ist das nicht entscheidend.

Wer der Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Wir können den Tagesordnungspunkt 8 verlassen.

Von Frau Budde wurde darum gebeten, den Tagesordnungspunkt 9 zunächst zurückzustellen. Wenn nichts dagegen einzuwenden ist, dann tun wir das.

(Zurufe: Wieso?)

- Weil die betreffenden Redner noch bei Besuchergruppen sind. Wir sind in der Tagesordnung plötzlich so schnell vorangekommen. Deshalb gab es diese Bitte. Wir rufen den Tagesordnungspunkt 9 sofort auf, wenn die betreffenden Redner wieder anwesend sind. Oder gibt es dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir jetzt zum Tagesordnungspunkt 10 kommen, bei dem wir heute früh vereinbart haben, dass er ohne Debatte behandelt werden soll.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Zweite Beratung

Umgang der Landesregierung mit der „Magdeburger Alternative“

Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 4/1927

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit - Drs. 4/2404

Die erste Beratung fand in der 52. Sitzung des Landtages am 17. Dezember 2004 statt. Ich verrate kein Ge

heimnis, wenn ich Ihnen sage, dass die Abgeordnete Frau Marion Fischer jetzt die Berichterstatterin ist. Bitte sehr.

Frau Fischer (Merseburg), Berichterstatterin des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit:

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/1927 wurde in der 52. Sitzung des Landtages am 16. Dezember 2004 zur Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit überwiesen. In der 33. Sitzung des Ausschusses informierte die Landesregierung darüber, dass eine Anhörung zu dem Thema für Ende Februar 2005 geplant und bereits in Vorbereitung sei, zu der auch alle Mitglieder des Ausschusses eingeladen werden sollen.

Eine weitere Anhörung zum Thema Kombilohnmodelle und vor allem zum Einstiegsgeld als eine Komponente organisierte der Ausschuss in seiner 35. Sitzung am 16. März 2005; Gegenstand der Anhörung waren die Themen a) Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung in der Wirtschaft und b) zusätzliche Arbeitsplätze mit dem Einstiegsmodell des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

In Abstimmung mit allen Fraktionen wurden die Vertreter der Kammern, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, die Vertreter der Bundesagentur für Arbeit und die Landesregierung eingeladen.

In der 36. Sitzung am 27. April 2005 wurde der Antrag wieder aufgerufen und nochmals diskutiert. Zwischenzeitlich hatte die Landesregierung am 28. Februar 2005 ihre Anhörung durchgeführt. Dazu wurden unter Leitung des Wirtschaftsministers Dr. Rehberger neben den Professoren Weimann und Schöb sowie dem Staatssekretär Andres aus dem Bundeswirtschaftsministerium weitere Fachexperten eingeladen.

Ich möchte kurz die Diskussion über die Ergebnisse beider Anhörungen zusammenfassen, da alle Fraktionen hier auf einen Redebeitrag verzichtet haben.

Während die SPD-Fraktion betonte, dass wir in der Zukunft weiter über die Organisation eines Niedriglohnbereiches diskutieren müssen und bei der Magdeburger Alternative über einen regional begrenzten Versuch nachdenken sollten, lehnten die regierungstragenden Fraktionen letzteren Vorschlag mit dem Verweis darauf ab, dass beide Professoren einen Modellversuch nur für die gesamte Bundesrepublik präferieren. Dies wird jedoch durch die Bundesregierung bisher mit Blick auf unüberschaubare Kosten sowie relativ bescheidene volkswirtschaftliche Effekte abgelehnt.

Die PDS-Fraktion schlug noch einmal vor, den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor als Alternative anzubieten und am Thema Mindestlohn weiter zu arbeiten.

Einigkeit in der Auswertung bestand darin, dass das Einstiegsgeld bisher nicht den gewünschten Effekt gezeigt hat. Kombilohnmodelle brauchen Jahre, bis sie in den Arbeitsmarkt eingedrungen sind und Auswirkungen zeigen.

Alle Mitglieder des Ausschusses einigten sich darauf, nach der Arbeitsmarktkonferenz am 2. November 2005 das Thema nochmals aufzurufen, um dann zu entscheiden, ob wir mit gemeinsamen Vorschlägen an der Umsetzung eines Bundesprogramms teilhaben oder gegebenenfalls über Initiativen im Bundesrat dieses Thema weiter befördern wollen.

In der 38. Sitzung am 29. Juni 2005 wurde dem Vorschlag der Ausschussvorsitzenden gefolgt, dass die Fraktionen den Entwurf einer Beschlussempfehlung für die 39. Sitzung des Ausschusses am 21. September 2005 erarbeiten sollten.

In der Beschlussempfehlung, der mit 13 : 0 : 0 Stimmen gefolgt worden ist, schlägt Ihnen der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit vor, den Antrag für erledigt zu erklären. Ich hoffe, dass Sie auch heute diesem Votum folgen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Danke, Frau Abgeordnete Fischer. - Eine Debatte ist nicht vorgesehen. Wünscht dennoch jemand das Wort? - Das ist nicht der Fall.

Dann treten wir in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/2404 ein. Es geht um die Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drs. 4/2404, den Antrag in der Drs. 4/1927 für erledigt zu erklären. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen worden. Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 10.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Beratung