Protocol of the Session on July 7, 2005

Wir haben uns im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft in der Sitzung am 10. November 2004 darauf verständigt, Anfang des Jahres 2005 ein Kolloquium durchzuführen, und zwar mit externen Sachverständigen, um die Aspekte und Möglichkeiten des Gesetzentwurfes zu erörtern, und darüber hinaus zusätzlich noch eine Anhörung durchzuführen.

Mit Unterstützung des Kultusministeriums - hierfür noch einmal herzlichen Dank - konnte das Kolloquium mit hochkarätigen Experten als Referenten in der Leucorea in Wittenberg im Januar dieses Jahres durchgeführt werden. Die Experten hielten Referate zu unterschiedlichen Themenkomplexen, zum Beispiel zur Struktur der Hochschulmedizin, zum Personalrecht in der Hochschulmedizin, zu Finanzierungsproblemen zwischen medizi

nischer Fakultät und Universitätsklinikum und zum Numerus-Clausus-Fach Medizin.

An der ganztägigen Veranstaltung nahmen neben Vertretern der Landesregierung auch Mitglieder der mitberatenden Ausschüsse - die habe ich gerade erwähnt - teil, ebenso zahlreiche Vertreter der Leitungen der Universitäten, von den medizinischen Fakultäten und von den Universitätsklinika aus Halle und aus Magdeburg und auch Vertreter der Personalräte der Universitätskliniken, der Gesamtpersonalräte und des allgemeinen Hauptpersonalrats beim Kultusministerium. Sie alle hatten die Möglichkeit und nutzten diese auch, im Anschluss an die Vorträge in einer Podiumsdiskussion mit den Referenten ins Gespräch zu kommen.

Der weitere Fortlauf: Wir haben dann am 2. Februar 2005 eine sehr umfangreiche Anhörung durchgeführt, zu der viele von den Vertretern, die ich gerade genannt habe, wiederum eingeladen worden sind. Zusätzlich waren eingeladen die Gleichstellungsbeauftragten, Studentenräte der medizinischen Fakultäten sowie Vertreter der Gewerkschaften, Kassen, Ärzteverbände und Personalräte - alle waren sie eingeladen.

Am 2. Februar 2005 hat der GBD dem Ausschuss eine umfangreiche Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf vorgelegt. Das Kultusministerium nahm die Bitte des Ausschusses um Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auf und übermittelte im Vorfeld der Sitzung am 9. März 2005 ein diesbezügliches Schreiben.

In der Sitzung am 9. März 2005 wurden das Kultusministerium und der GBD vom Ausschuss gebeten, die Position des GBD in dessen Stellungnahme vom 2. Februar 2005 zu erörtern und nach Möglichkeit zu abgestimmten Vorschlägen zu kommen.

Es erfolgten hierauf Abstimmungsgespräche zwischen dem Kultusministerium und dem GBD. Dem Ausschuss ging ein Papier zu, in dem synoptisch dargestellt wurde, zu welchen Positionen des GBD eine Einigung festgestellt werden konnte, zu welchen Positionen weiterhin unterschiedliche Auffassungen bestanden und an welchen Stellen übereinstimmend neue Formulierungen vorgeschlagen wurden.

Das Kultusministerium hat dem Ausschuss auf dessen Wunsch hin dieses Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Es gab auch noch Änderungsvorstellungen der medizinischen Fakultäten, der GEW und des GBD. Diese Anregungen wurden uns in einem Papier in synoptischer Form zur Verfügung gestellt, sodass wir eine gute Arbeitsgrundlage hatten.

Es ging weiter am 6. April 2005. Wir haben an diesem Tag die erste tiefere Beratung nach der Anhörung durchgeführt und uns über das weitere Verfahren verständigt.

In dem weiteren Verfahren war der nächste Termin der 4. Mai 2005. In dieser Sitzung gab es eine ganze Menge Änderungsanträge, und zwar 68 an der Zahl. Diese Änderungsanträge wurden entsprechend beraten und über diese wurde bei der Beschlussfassung abgestimmt. Im Zuge der Abstimmung entstand eine geänderte Fassung des Gesetzentwurfes, die mit 7 : 6 : 0 Stimmen eine Mehrheit fand und als vorläufige Beschlussempfehlung an die beiden mitberatenden Ausschüsse ging.

Wir hatten uns dann vorgenommen, am 8. Juni 2005 die abschließende Beratung durchzuführen; aber aufgrund gewisser Differenzen in den mitberatenden Ausschüs

sen, aufgrund terminlicher Verschiebungen kam es nicht dazu.

Der Ausschuss für Bildung und Wissenschaft hat dann eine Sondersitzung durchgeführt, um zu gewährleisten, dass Sie heute über den Gesetzentwurf abstimmen können, hat aber die reguläre Sitzung am 8. Juni 2005 genutzt, um die Positionen noch einmal auszutauschen. In der Sondersitzung am 29. Juni 2005 ist dann über die restlichen Anträge und über die Beschlussempfehlung abgestimmt worden.

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat bei dieser Gelegenheit noch einige Hinweise gegeben, die wir selbstverständlich gern aufgegriffen haben.

Auf diese Weise ist eine Beschlussempfehlung entstanden, die wesentliche Veränderungen beinhaltet. Ich verzichte darauf, auf die einzelnen Paragrafen einzugehen. Diejenigen von Ihnen, die mit dem Gesetzentwurf beschäftigt waren, wissen, was gemeint ist und wo Veränderungen vorgenommen wurden. Zu guter Letzt wurde die Beschlussempfehlung im Ausschuss mit 7 : 6 : 0 Stimmen verabschiedet.

Unabhängig davon ist es uns bei diesem umfangreichen Gesamtwerk dennoch nicht gelungen, zu 100 % sauber zu arbeiten. Ich möchte Sie deshalb bitten, eine Änderung einzutragen. In § 28 Abs. 2 Satz 1 muss nach der Angabe „§ 20 Abs. 1 Satz 4“ die Angabe „§ 25“ eingefügt werden. Das ist eine kleine redaktionelle Änderung.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das habe ich immer gesagt!)

- Der Kultusminister hat das immer gesagt, aber an der entsprechenden Stelle hat er sich nicht laut genug geäußert, sodass wir nicht darüber abgestimmt haben. Ich gehe davon aus, dass Sie für diese kleine Änderung Verständnis haben.

Insgesamt bitte ich Sie im Namen des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft, der Beschlussempfehlung mit der kleinen Korrektur, die ich gerade erwähnt habe, Ihre Zustimmung zu geben. - Ich danke für die grenzenlose Aufmerksamkeit.

(Beifall im ganzen Hause)

Danke sehr, Herr Dr. Schellenberger, für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung hat der Kultusminister Professor Dr. Olbertz um das Wort gebeten. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der zweiten Beratung dieses Gesetzentwurfs schließen wir eine intensive Diskussion zu den Problemen und Perspektiven der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt ab. Sie stand unter dem Zeichen neuer Qualitätsanforderungen an Forschung, Lehre und Krankenversorgung, aber auch wachsender Finanzierungsengpässe im Zusammenhang mit der bevorstehenden Einführung von Fallpauschalen. Damit ging es immer auch um die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die beiden medizinischen Fakultäten bzw. Universitätsklinika im Land erhalten werden können.

Von Anfang an war klar, dass dies nur durch neue wirtschaftliche Handlungsspielräume und eine deutliche Straffung der Strukturen sowie aufgrund einer wesentlich

intensivierten Kooperation der beiden Klinika untereinander möglich sein würde. Das sind die drei Kernanliegen des Gesetzentwurfs.

Medizinische Fakultäten und die mit ihnen verbundenen Universitätsklinika als Einrichtungen der medizinischen Maximalversorgung haben Aufgaben sowohl in Lehre und Forschung als auch in der Krankenversorgung sowie in der ärztlichen Weiterbildung wahrzunehmen. Das ist aber kein gleichschenkeliges Dreieck; vielmehr werden die Klinika primär um der medizinischen Forschung und Lehre willen betrieben. Lehre und Forschung müssen von den Ländern finanziert werden, die Krankenversorgung dagegen muss sich weitgehend aus den Erlösen selbst tragen.

Die seit Jahren fortbestehende Finanzknappheit sowohl für die Krankenversorgung als auch für Forschung und Lehre hat in den letzten Jahren gerade die medizinische Forschung in eine finanziell schwierige Situation gebracht. Die Universitätsklinika haben aufgrund ihrer hohen Spezialisierung und der ständigen Entwicklung neuer Behandlungsmethoden deutlich höhere Kosten zur Sicherung des von ihnen vorgehaltenen Leistungsspektrums zu tragen.

Für die Behandlung schwerster Erkrankungen, wie zum Beispiel Krebs, Herz-Kreislauf-Problemen oder neurologischer Erkrankungen, aber auch für Polytraumata nach schweren Unfällen kommen häufig nur universitäre Zentren mit entsprechend hoher Fallzahl infrage. Nur an Universitätskliniken kann die systematische Erforschung, Entwicklung und Auswertung von Therapiekonzepten Erfolg versprechend stattfinden.

Mit der Einführung der DRGs sind in beträchtlichem Umfang Erlösreduzierungen zu erwarten, denen die Klinika nur durch wettbewerbsfähige Strukturen und Arbeitsweisen begegnen können. Erste Modellrechnungen unter der Annahme der bisherigen Fallgruppenkataloge und der Patientenstruktur zeigen, dass sich die Klinika in Sachsen-Anhalt auf Erlöseinbußen von etwa 15 % einstellen müssen.

Die Handlungsmöglichkeiten, die den Universitätsklinika in ihrer derzeitigen Rechtsform, geführt also wie ein Landesbetrieb nach § 26 LHO, zur Verfügung stehen, sind dafür unzulänglich. Deshalb wurde nach sorgfältiger Abwägung und in Übereinstimmung mit der Empfehlung der Arbeitsgruppe Hochschulstrukturen mit dem Gesetzentwurf die Rechtsform der selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts gewählt. Sie lässt aufgrund der strukturellen Offenheit der Organisationsform Raum für ganz verschiedene interne Leitungsformen und Regelungen, die ein Höchstmaß an Partizipation aufseiten der Nutzer und der Bediensteten ermöglicht.

Selbstverwaltungsrecht und Satzungsautonomie gehören zwar nicht zwingend zum Begriff der öffentlichen Anstalt, beides kann ihr jedoch zur besseren Wahrnehmung ihrer Aufgaben übertragen werden. Die Gestaltung ihrer Binnenorganisation ist sehr variabel.

Für die Universitätsklinika als Anstalten des öffentlichen Rechts entsteht so eine Struktur, die es erlaubt, die Spielräume eines privatwirtschaftlich organisierten Unternehmens mit der öffentlichen Verantwortung für die medizinische Forschung und Lehre weitgehend zu verbinden. Genau darauf kam es bei dieser Rechtsformänderung an. Ein ganz und gar privatisiertes Universitätsklinikum kann Letzteres aus nahe liegenden Gründen nicht garantieren.

Daneben ist der Gesetzentwurf ein Beitrag zur Rechtsbereinigung. Durch ihn werden eine Verordnung und ein weiteres Gesetz aufgehoben, und das Hochschulgesetz wird um 19 Paragrafen verkürzt.

Im Sinne einer erweiterten Selbstbestimmung und Eigenverantwortung sollen den Universitätskliniken künftig insbesondere folgende Kompetenzen und Zuständigkeiten übertragen werden: Arbeitgeberfunktion, Bauherrenfunktion, die formal übrigens auch schon im bestehenden Gesetz verankert war - ich will nicht verhehlen, dass ich mir bezüglich der Nutzerrechte eine mutigere und konsequentere Lösung gewünscht hätte -, Dienstherrenfunktion mit einer spürbar höheren Disponibilität und Flexibilität im Personalmanagement einschließlich differenzierterer Vergütungen - denken wir nur einmal an die viel zu niedrigeren Eingangsbesoldungen im Bereich des mittleren medizinischen Personals, beispielsweise bei den Pflegekräften, oder denken wir an die enorm eingeschränkten Spielräume einer differenzierten Vergütung im ärztlichen Bereich -, die Kreditfähigkeit, das Prozessvertretungsrecht, das hauptamtliche Management - also bei Dekan und ärztlichem Direktor -, die Trennung der Aufsichtsfunktionen von der operativen Prozessgestaltung.

Mit den entsprechenden Regelungen nimmt das neue Gesetz übergreifende Entwicklungen der Hochschulmedizin in Deutschland auf und berücksichtigt gleichzeitig die spezifischen Gegebenheiten unseres Landes Sachsen-Anhalt. Diese Entwicklungen verlangen von den Universitätsklinika und den Fakultäten eine weitgehend eigenverantwortliche und vorausschauende Planung sowie selbständiges Handeln, um sich bei gleichzeitiger Einbindung in die Krankenhausplanung dem regionalen, nationalen und internationalen Wettbewerb stellen zu können.

Daneben soll die Medizin als ein für die wissenschaftliche Produktivität und Profilbildung der gesamten Universität wichtiger Teilbereich nicht separiert werden; sie muss vielmehr akademisch und organisatorisch eng in den Fachverbund der anderen Fächer der Universitäten integriert sein. In allen akademischen Bereichen ist die Nutzung von Synergien und Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Standorten der Medizin und anderen Disziplinen der Universität Voraussetzung für die Erhöhung der Leistungen der medizinischen Fakultäten. Dies gilt insbesondere, wenn man an den sich verschärfenden Wettbewerb denkt.

Vor diesem Hintergrund fordert übrigens die Hochschulrektorenkonferenz zu Recht, dass das Verhältnis zwischen Universitäts- und Klinikumsverwaltung nach dem Prinzip der eingebundenen Souveränität definiert und so weit wie möglich entflochten werden muss. Die notwendigen Strukturanpassungen in Verbindung mit neuen Leitungsformen und Arbeitsweisen der Klinika sollen autonom und flexibel von den Klinikums- und Fakultätsleitungen selbst verwirklicht werden können.

Erste Vorschläge, beispielsweise für neue Departmentstrukturen, liegen den Verwaltungsräten schon vor. So sollen zum Beispiel aus den jeweils etwa 35 Einzelkliniken je zwölf Zentren an den Standorten gebildet werden.

Das vorgeschlagene komplementäre Kooperationsmodell in Verbindung mit entsprechenden Schwerpunktsetzungen ist ein originäres Konzept im Lande. Es soll unter Vermeidung von Kostenunterdeckungen in der Krankenversorgung Qualitätsansprüche unter limitierten

Finanzzuweisungen für die Fakultäten aufrechterhalten und ausbauen.

Damit wird eine auf Kooperation und Nutzung von Synergien bedachte Nachbarschaft der beiden medizinischen Fakultäten und Klinika möglich, ohne dass es zu unkalkulierbaren Kostenaufwüchsen bei den Zuschüssen für Forschung und Lehre kommt. Dieses Modell wird auch wesentlich die bevorstehenden Zielvereinbarungen zwischen dem Kultusministerium und den Klinika tragen.

Im Ausschuss ist das Gesetz - es war nicht anders zu erwarten - kontrovers diskutiert worden, aber stets auch konstruktiv. Eine ganze Reihe von Vorschlägen der Opposition hat dabei Eingang in das Gesetz gefunden, auch wenn ich weiß, dass sie eigentlich einen anderen Weg zu einem allerdings in weiten Teilen übereinstimmenden Ziel präferiert hatte.

Das neue Gesetz wird die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der beiden medizinischen Fakultäten und der Universitätsklinika des Landes deutlich stärken. Das ist die ausschlaggebende Voraussetzung für die Sicherung der Zukunft beider Einrichtungen. Deshalb bitte ich Sie, dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Danke, Herr Minister. - Für die PDS-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Sitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich die Wahrnehmungen hinsichtlich der Notwendigkeit von Gesetzen sind. Die Grundfrage lautet: Woraus ergab sich die Notwendigkeit für dieses Gesetz? Diese Frage stellt sich sowohl im Hinblick auf Studium, Lehre und Forschung als auch im Hinblick auf die Krankenversorgung, die Patienten und eben auch die Beschäftigten an den Universitätsklinika und natürlich an den medizinischen Fakultäten.

Wenn man das hört, was der Minister hier erzählt hat, dann gewinnt man als Außenstehender den Eindruck: Mein Gott, was haben die denn bisher gemacht? Es muss eine Katastrophe gewesen sein, wie die gearbeitet haben; deshalb muss man jetzt das Gesetz erlassen.

(Zustimmung bei der PDS - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Ich möchte aber sagen, dass Sie in Ihrer Rede nach wie vor den Beweis dafür schuldig geblieben sind, dass dieses Gesetzt jetzt wirklich notwendig ist. Es fehlt nämlich nach wie vor die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Ich möchte etwas zu der Frage des Änderungsdrucks sagen, und zwar aus zwei Perspektiven. Die erste Perspektive: Ist der Änderungsdruck aus den Einrichtungen selbst heraus entstanden? - Ich sage, die Einrichtungen selbst haben diesen Änderungsdruck nicht artikuliert. Im Gegenteil: Sie haben von Anfang an - die Gesetzesvorhaben sind immerhin drei Jahre alt - vor diesem Schritt gewarnt, und zwar unter zwei Gesichtspunkten.

Erstens gehören unsere beiden Einrichtungen zu denen, die immer noch schwarze Zahlen schreiben, und zwar bevor sie umgewandelt worden sind. In der Bundes