Protocol of the Session on July 7, 2005

Erstens gehören unsere beiden Einrichtungen zu denen, die immer noch schwarze Zahlen schreiben, und zwar bevor sie umgewandelt worden sind. In der Bundes

republik Deutschland gibt es 35 Universitätsklinika, von denen die Mehrzahl überführt worden ist. Davon stehen 15 Universitätsklinika heute vor erheblichen wirtschaftlichen Problemen. Das heißt also, aus dieser Situation heraus ergäbe sich kein Änderungsdruck; es besteht auch kein betriebswirtschaftlicher Druck.

Allerdings hat es durchaus ein paar Protagonisten gegeben, und zwar jene, die vor allem eine Variable einführen wollten, sie wollten nämlich die Personalkosten senken. Die Personalkosten sollen vor allem über veränderte tarifvertragliche Regelungen gesenkt werden.

Nun kann man sich für die Einführung von leistungsorientierter Bezahlung einsetzen. Das ist okay - ich bin auch sehr dafür -, wenn die Erfahrung in den anderen Ländern tatsächlich darauf hinausliefe, dass die Leute für mehr Leistung mehr Geld bekämen. Fakt ist aber in den Ländern: mehr Leistung, weniger Geld, schlechtere Tarifabschlüsse. In den Einrichtungen selbst gibt es zum Teil vier Tarifebenen: Chefarztverträge, Einzelverträge usw.

Dazu sage ich wiederum: Das ist natürlich ganz schwer zu verarbeiten, insbesondere hinsichtlich der Motivation. Die Leute vergleichen sich nun einmal untereinander. Deshalb sind verschiedene Tarifkreise an einer Einrichtung äußerst problematisch.

Wo gab es also Änderungsdruck? - Er kam aus der ministerialen Ebene. Cosi fan tutte, kann ich da nur sagen, weil es alle anderen Länder machen, machen wir es jetzt auch.

(Frau Kachel, SPD, lacht)

Also brauchen wir auch die Anstalt öffentlichen Rechts; denn Sachsen-Anhalt will dabei in nichts nachstehen.

(Zuruf von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Das Bemerkenswerte an dieser ganzen Debatte ist, dass am Anfang der Diskussion nie wirklich geschaut worden ist, von welcher Position wir eigentlich starten. Das alte Gesetz ist im Jahr 1997 erlassen worden. Es war damals eines der modernsten der Bundesrepublik Deutschland. Es hat noch heute viele positive Wirkungen. Es beinhaltet noch heute viele Punkte, die sich jetzt in diesem Gesetz wiederfinden, weil sie sinnvoll sind, die aber nicht den Druck erhöht haben, dieses Gesetz jetzt wirklich zu verabschieden. Selbst der Wissenschaftsrat - der Vertreter hat das sehr deutlich gemacht - hat diesen Vergleich nicht wirklich vorgenommen.

Deshalb, sage ich, wäre dieses Gesetz viel besser zu beraten gewesen, wenn wir uns verdammt noch mal die Mühe gemacht hätten, diese unterschiedlichen Ausgangspositionen bei dem Vergleich mit anderen Ländern festzuhalten und zu substantiieren.

(Beifall bei der PDS)

Auch hierbei fehlt der Wirtschaftlichkeitsvergleich. Meine Kollegin Frau Weiher hat mir eines extra mit auf den Weg gegeben: Kritisiere, dass die Landeshaushaltsordnung ausgesetzt worden ist. Aber wenn man ein solches Gesetz mit einer solchen betriebswirtschaftlichen Dimension - jedenfalls wird das behauptet - erlässt, dann gehört vorab doch erst recht ein Wirtschaftlichkeitsvergleich dazu. Bei jeder anderen Entscheidung in dieser Dimension wird das von den Einrichtungen gefordert.

Es hat natürlich eine lange außerparlamentarische Vorgeschichte gegeben. Es sind zahlreiche Entwürfe ge

macht worden, es sind Stellungnahmen erarbeitet worden, dann sind die Entwürfe wieder zurückgekommen, die Stellungnahmen sind gar nicht verarbeitet worden. Daraufhin haben sich die Leute gefragt: Himmelherrgott, haben die es denn überhaupt gelesen? Dann haben sie wieder Personalversammlungen gemacht.

Nichts ist dabei herausgekommen, bis der Ministerpräsident vor der ersten Lesung interveniert hat und gesagt hat, es müsse doch endlich Rücksicht auf die Hauptkritikpunkte der Klinika genommen werden. Das ist dann geschehen. Insofern waren zumindest an diesem Punkt Fortschritte zu erkennen.

Ich glaube, dass die vergleichsweise kurze parlamentarische Geschichte nicht gereicht hat, um die Unklarheiten wirklich zu beseitigen.

(Herr Dr. Volk, FDP: Das waren acht Monate!)

- Acht Monate heißt nicht, dass wir acht Monate lang wirklich beraten haben. Nicht dass Sie auf den Tribünen denken, wir hätten acht Monate lang darüber beraten. Nein, nein, so ist es nicht.

(Heiterkeit bei der PDS und bei der FDP)

Der Umstand, dass es 68 Änderungsanträge gab, sagt auch nichts über deren Qualität aus und er sagt vor allem nichts darüber aus, ob sie dann auch angenommen worden sind.

Somit bleibt festzustellen, dass das Klageersuchen der GEW gemeinsam mit dem Personalrat der Universitätsklinik in Halle absolut berechtigt ist. Denn der wesentliche Punkt ist nicht, ob die Personalräte angehört worden sind, sondern es geht darum, ob ihre Fragen und Kritikpunkte berücksichtigt worden sind. Ihre Fragen sind nämlich nicht beantwortet worden. Das jedoch verlangt die EU-Richtlinie bei Fragen zur wirtschaftlichen Perspektive, zur künftigen Beschäftigtenstruktur, zu Zuordnungsfragen.

Was wird mit meinem Arbeitsvertrag, wenn er alt ist bzw. wenn er neu ist? Wie gestaltet sich die Arbeitsorganisation an meiner Einrichtung? Welche Zukunft hat der Tarifvertrag? All das ist nicht wirklich erklärt worden. Bis heute wissen die Personalräte nicht wirklich, in welche Strukturen zu wählen ist.

(Frau Mittendorf, SPD: Das stimmt!)

Deshalb ist diese Klage bzw. dieses personalrechtliche Beschlussverfahren durchaus berechtigt.

An dieser Stelle sage ich: Betrachtet man die Fragen, die Sie unter dem Blickwinkel der Ausweitung des betriebswirtschaftlichen Handlungsspielraums erläutert haben, und legt man beide Gesetze nebeneinander, dann kommt nicht wirklich ein effektiver Fortschritt heraus. Dann zeigt sich vielmehr, dass es viele zusätzliche Probleme, viele zusätzliche Kosten geben wird, dass es Unruhe geben wird, dass uns unter Umständen noch mehr Leute weglaufen und dass der Hauptteil der Beschäftigten, nämlich die Krankenschwestern und die Pfleger im versorgenden Bereich, am Ende benachteiligt werden.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Dr. Sitte.

Jawohl. Ich habe an dieser Stelle meinen letzten Satz zu sagen. - Die offenen Probleme werden jetzt sozusagen

unterhalb des Gesetzes geklärt. Weil wir an dieser Stelle wiederum keinen Einfluss darauf nehmen können und weil wir mit der Grundintention des Gesetzes nicht einverstanden sind, werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte daran erinnern, dass auch bei freier Rede, wie wir sie vereinbart haben, die Redezeitbegrenzung gilt.

(Heiterkeit bei der PDS und bei der FDP)

Bevor ich jetzt Herrn Dr. Volk von der FDP-Fraktion das Wort erteile, begrüße ich recht herzlich Schülerinnen und Schüler der Krankenpflegeschule der PaulGerhardt-Stiftung in Wittenberg. Das passt zum Thema.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Dr. Volk, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute das Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt in der zweiten Lesung. Frau Dr. Sitte, wenn Sie sich die Zeitabläufe der Diskussion, begonnen mit der Begutachtung durch die Meinhold-Kommission im Jahr 2003, glaube ich, über die Abstimmung im Kabinett bis hin zu der achtmonatigen Beratung im parlamentarischen Raum ansehen, zeigt sich doch, wie ambitioniert die Diskussion unter Einbeziehung von vielen Experten, aber auch unter Einbeziehung der Beteiligten geführt wurde.

Mit dem Entwurf eines Hochschulmedizingesetzes soll auf sich verändernde Bedingungen in der Krankenhausfinanzierung durch die Einführung der DRGs reagiert und zugleich die Qualität der Ausbildung junger Ärztinnen und Ärzte in Sachsen-Anhalt gesichert und erhöht werden. Wir gleichen hier nicht etwa ein vorhandenes Defizit aus - darin gebe ich Ihnen Recht, Frau Dr. Sitte -, sondern wir handeln als Politiker mit der Intention, die Zukunft der Universitätskliniken des Landes zu gestalten.

(Zustimmung bei der FDP)

Lassen Sie mich deshalb zum Ausgangpunkt der Diskussion zurückkommen, nämlich zu der Frage: Wie kann Sachsen-Anhalt sein universitäres Ausbildungsangebot im medizinischen Bereich verbessern? Es handelt sich um ein Angebot, das sich durch die Verbindung der medizinischen Fakultäten der Universitäten mit den ihnen zugeordneten Kliniken der medizinischen Maximalversorgung auszeichnet. Diese Verbindung stellt die notwendige praktische Ausbildung der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte sicher und gewährleistet für die Universitäten die notwendige Einheit von Forschung und Lehre.

Die Finanzierung erfolgt zum einen über einen Landeszuschuss für Lehre und Forschung zur Finanzierung der medizinischen Fakultäten und zum anderen - das ist das Besondere - über Entgelte der Krankenkassen für erbrachte medizinische Leistungen. Gerade hier stellt der Übergang zur fallbezogenen Abrechnung, den so genannten DRGs, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Ausformung hoch differenzierter medizinischer Angebote,

wie sie die Universitätskliniken unterbreiten müssen, eine große Herausforderung dar.

Die Frage, vor der wir in Sachsen-Anhalt an vielen Stellen stehen, ist: Wie können wir bei einem begrenzten Finanzrahmen die hohe Qualität halten oder noch steigern? Konkret: Wie viele Universitätskliniken kann Sachsen-Anhalt finanziell tragen? Wie kann das sächliche und personelle Ausstattungsniveau der Lehrstühle, das im bundesweiten Vergleich ungenügend ist, verbessert werden? Welche Rechtsform sichert in Zukunft die beste Entwicklung der Kliniken - der Landesbetrieb, die Anstalt des öffentlichen Rechts oder die Privatisierung?

Sie können sicherlich nachvollziehen, dass die Standpunkte der an der Diskussion Beteiligten so unterschiedlich sind wie die Ansätze. Hinzu kam - das musste ich auch feststellen -, dass sich im Laufe der Diskussion die Standpunkte verändert haben.

Während die Notwendigkeit einer Veränderung von vielen, auch von einigen Fraktionen hier im Landtag, gesehen wird, werden die Konsequenzen sehr unterschiedlich bewertet. Die FDP-Fraktion stimmt dem in dem Gesetzentwurf vorgeschlagenen Weg zu und sieht die Wahl der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts als die richtige Entscheidung an.

Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf wird der Artikel 2 aus dem Gesetz zur Entwicklung der medizinischen Fachbereiche des Landes herausgelöst und in ein selbständiges Gesetz gegossen. Dahinter verbirgt sich neben einer gewissen Symbolik auch eine neue Qualität.

Das Land Sachsen-Anhalt wird in Zukunft zwei Universitätsklinika, die Universitätsklinik Halle und die Universitätsklinik Magdeburg, zu Anstalten des öffentlichen Rechts formen, die das Land perspektivisch als Gewährträger sichert. Die Kliniken werden als Krankenhäuser der Maximalversorgung in eine weitgehende Selbständigkeit überführt, die es ihnen gestattet, ihren Auftrag, der in § 8 des Gesetzentwurfes formuliert ist, in größerer Eigenverantwortung zu erfüllen. Nur dieser in dem Gesetzentwurf formulierte Auftrag, den Universitäten zur Erfüllung der Aufgaben der medizinischen Forschung und Lehre zu dienen, rechtfertigt letztlich ihren Bestand.

Die beiden medizinischen Fakultäten des Landes als integraler Bestandteil einer Universität, der Universität Halle bzw. der Universität Magdeburg, werden unter Abstimmung einer gemeinsamen Kommission in der Zukunft miteinander kooperieren, um komplementäre Angebote zu erarbeiten. Sie sollen Synergieeffekte erzeugen, um die Finanzierung der Hochschulmedizin in Sachsen-Anhalt relativ zu verbessern und somit die Hochschulmedizin Sachsen-Anhalts im Standortwettbewerb zu stärken.

Die Formung der Anstalten des öffentlichen Rechts setzt voraus, dass den Leitungsgremien genügend Kompetenzen übertragen werden und zugleich die Aufsichtsfunktion des Landes, das als Gewährträger der Anstalt des öffentlichen Rechts fungiert, gesichert ist.

Zugleich war es ein Ziel, die Anstalten mit Rechten auszustatten, die über die des Landesbetriebes hinausgehen. Dieses Ziel ist nicht vollständig zu erreichen gewesen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass auch eine Anstalt des öffentlichen Rechts ein Landesunternehmen bleibt. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, dass es unser Wille ist, den Kliniken untergesetzlich größtmögliche

Freiheiten im Bau- und Liegenschaftsmanagement einzuräumen.

Einen wichtigen Diskussionspunkt stellt die Überführung des Personals in die in Zukunft kooperierenden Kliniken und medizinischen Fakultäten dar. Mir ist wohl bewusst, dass organisatorische Veränderungen, vor allem solche, die viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen, auch zu Verunsicherungen und Ängsten führen. Deshalb waren die Personalvertretungen immer mit einbezogen. Wir haben das Gespräch stets gesucht: mit dem Hauptpersonalrat, mit den Personalvertretungen in den medizinischen Fakultäten und mit Vertretern von Statusgruppen.