Als Bundesumweltminister Trittin vor zwei Jahren in Magdeburg war und wir auf dem Domfelsen standen - damals hatten wir den heißen Sommer und der Domfelsen war begehbar -, habe ich zu ihm gesagt: Wissen Sie, Herr Minister, wenn über Nacht 20 cm vom Domfelsen abgefräst worden wären, hätten Sie es gar nicht gemerkt und heute weiter demonstriert. - Er hat darauf nicht geantwortet.
In Sachsen-Anhalt und in Deutschland muss die Möglichkeit bestehen, Verfahren zu Ende zu bringen. Hierbei geht es um die Vollendung eines Planfeststellungsverfahrens. Es ist noch gar kein Bagger angerückt. Wir müssen doch erst einmal abwarten, was ein Planfeststellungsverfahren ergibt. Wenn die Maßnahme ökologisch nicht sinnvoll ist, dann werden wir sie auch nicht durchführen. Dann wird dort nicht gebaut. Aber es geht nicht an, dass politische Mehrheiten Verfahren unterbrechen. Das gilt sowohl für die Saale als auch für die Elbe.
Interessanterweise liege ich diesbezüglich mit Bundesverkehrsminister Stolpe auf einer Linie. Nun können Sie sich ausrechnen, wer vielleicht Schuld daran hat.
- Die würde mich auch interessieren. Vielleicht liegen wir da aber gar nicht so weit auseinander. Die Situation wird uns dazu bringen, dass wir uns mit diesem Thema auseinander setzen.
Meine Damen und Herren! Ein weiteres wichtiges Thema ist das Thema SPNV. Wir haben in diesem Hohen Hause mehrfach darüber gesprochen, wenn es darum ging, Strecken stillzulegen, die nicht wirtschaftlich ge
wesen sind. Wir werden auch in der Zukunft nicht daran vorbeikommen, die eine oder andere Strecke stillzulegen. Aber - an dieser Stelle sage ich wirklich „aber“ - es kann nicht sein, dass wir durch die Abbestellung des SPNV den Güterverkehr so stark belasten, dass auch der Schienengüterverkehr eingestellt wird und der Güterverkehr dann automatisch wieder auf die Straße kommt.
Das ist das Problem, das wir im Moment haben; denn überall dort, wo der SPNV abgestellt wird, werden durch DB Netz die entsprechenden Kosten auf DB Cargo, den Güterverkehr, umgelegt und dann ist dieser im Vergleich zur Straße nicht mehr konkurrenzfähig.
Ich darf das an einem Beispiel erläutern. Wir zahlen pro gefahrenen Zugkilometer im schienengebundenen Personennahverkehr ungefähr 10 €. Wenn wir auf den Bus umstellen, zahlen wir 3 bis 4 € an den Aufgabenträger. Das heißt, wir sparen 5 bis 6 €. Wir müssen uns in Deutschland darüber Gedanken machen, ob wir den Güterverkehr nicht mit 2 oder 3 € auf dieser Strecke subventionieren. Dann hätten wir noch etwas gespart und wir würden dafür sorgen, dass der Güterverkehr auch in Zukunft auf der Schiene bleibt.
Das muss durchgerechnet werden. Das müssen wir auch im Zusammenhang mit dem Regionalisierungsgesetz, das im Jahr 2007 zur Novellierung ansteht, auf den Weg bringen, sonst werden wir über kurz oder lang Strecken, die nicht mehr rentabel sind, stilllegen und uns dann nicht nur vom Schienenpersonennahverkehr, sondern auch vom Güterverkehr verabschieden. Das kann nicht der Weg in die richtige Richtung sein, sondern hierbei müssen wir umsteuern.
Meine Damen und Herren! Wir hatten im Bereich des SPNV in den letzten Jahren aber auch Fortschritte zu verzeichnen. Die positive Entwicklung im S-Bahn-Verkehr Halle - Leipzig ist hierfür ein Zeichen. Aber auch aus der Fläche dürfen wir uns nicht verabschieden. Bei der Verbindung von zwei Oberzentren miteinander rechnet sich natürlich der S-Bahn-Verkehr. Ich denke, wir werden an dieser Stelle keine Probleme haben. Die Probleme werden wir an anderer Stelle bekommen; in der Fläche müssen wir den integrierten Taktverkehr einführen, teilweise die Bahn durch den Bus ersetzen. Überall dort, wo wir das in den letzten Jahren gemacht haben, hat es sich bewährt.
Die Altmark hat gegen die Abbestellung des Schienenpersonennahverkehrs demonstriert. Die Börde - dort haben wir das auch gemacht - hat nicht protestiert. Aber jetzt sind in beiden Bereichen, so denke ich, die Bürger zufrieden, weil die Busse regelmäßig fahren. Es tut immer weh, wenn man sich vom Schienenpersonennahverkehr verabschiedet, aber wir können es ganz einfach aus haushaltstechnischen Gründen nicht aufrechterhalten, dass wir diese Situation überall noch verstärken, indem wir unrentable Fahrzeuge durch die Gegend fahren lassen.
Meine Damen und Herren! Positiv ist auch die nach langen Verhandlungen von der Bahn getroffene Entscheidung, endlich die Strecke Halberstadt - Vienenburg mit auf den Weg zu bringen, immerhin mit einem Investitionsvolumen von 100 Millionen €, welche die Bahn in diese Strecke und die dort befindlichen Bahnhöfe investieren wird. Das muss man positiv registrieren.
Aber es gibt in diesem Zusammenhang nicht nur Positives zu berichten. Ein großes Problemfeld ist die Situation der Bahnhöfe generell. Die Bahnhöfe in SachsenAnhalt haben eine lange Tradition. Wir haben Bahnhöfe, die über 150 Jahre alt sind, die entstanden sind, als in Sachsen-Anhalt die ersten Eisenbahnstrecken gebaut wurden. Die Strecke Magdeburg - Halberstadt ist übrigens bereits sechs Jahre nach der Strecke Nürnberg - Fürth unter Fahrt genommen worden. Ich denke, daran muss man erinnern.
Gleichwohl haben die Bahnhöfe heute nicht mehr die Funktion, die sie früher hatten. Wir haben mit der Bahn gemeinsam eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen, nach der wir als Land Sachsen-Anhalt Mittel zur Verfügung stellen. Leider ist die Bahn ihren Verpflichtungen bisher nicht nachgekommen. Wir hoffen, dass es nach dem letzten Gespräch mit Herrn Mehdorn tatsächlich zu einem verstärkten Einsatz von Mitteln der Bahn kommt, um diese Situation zu verbessern. Die Eigentumsfragen sind das eine, aber wir müssen bei bestimmten Bahnhöfen auch etwas tun, damit sich nicht nur der Anblick verbessert, sondern die Bahnhöfe in einen vernünftigen Zustand versetzt werden.
Trotzdem müssen wir sagen: Nicht jeder Bahnhof an den Bahnstrecken wird in der Zukunft zu sanieren sein. Das wird nicht funktionieren. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir mit dem Kollegen Rehberger das neue Landesprogramm 50 plus auf den Weg gebracht haben. An dieser Stelle darf ich mich ganz herzlich beim Wirtschaftsminister bedanken, der durch dieses Programm den mehr als 50-jährigen Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit eröffnet, wieder in eine Beschäftigung zu kommen.
In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, dass wir zusammen mit dem Wirtschaftsministerium dort, wo es geht, über GA-Förderung die eine oder andere anzubindende Straße bauen und das mit GVFG-Mitteln ergänzen.
Meine Damen und Herren! Als vierter Verkehrsträger ist der Luftverkehr zu erwähnen. Sie wissen, dass wir in dieser Hinsicht den Flugplatz Leipzig/Halle als absoluten Schwerpunkt im Lande Sachsen-Anhalt betrachten. Der Flugplatz Halle/Leipzig hat sich positiv entwickelt. Trotzdem müssen wir feststellen, dass wir natürlich gern noch mehr Gäste hätten, die von dort aus in alle Teile der Erde starten. Aber mit der Ansiedlung von DHL ist ein Zeichen gesetzt, dass die wirtschaftliche Entwicklung in Halle/Leipzig auch zukünftig positiv verlaufen wird.
Wir haben vor, ein mitteldeutsches Luftverkehrskonzept auf den Weg zu bringen. Darüber werden am 27. August 2005 die Verkehrsminister von Sachsen und Thüringen gemeinsam mit mir beraten. Wir hoffen, dass wir dann auch zu einer Lösung kommen. In dieses mitteldeutsche Luftverkehrskonzept muss Cochstedt mit einfließen. Wir brauchen Magdeburg/Cochstedt als den Flughafen für die Region Magdeburg. Dazu hat sich die Landesregierung entschlossen und wir werden das mit in die Beratungen einfließen lassen.
Ich bin froh darüber, dass die drei Landtagsfraktionen dieses Konzept nicht nur einfordern, sondern dass sie auch dahinter stehen. Ich hoffe, dass auch die anderen Parteien sich diesem anschließen werden. Bei der FDP bin ich mir sicher. Ich hoffe, dass die anderen Parteien das ebenfalls mit unterstützen. Ich werde auch mit dem
sächsischen Kollegen sprechen, ob er damit einverstanden ist, dass wir den Flughafen Magdeburg/Cochstedt in das mitteldeutsche Konzept einbeziehen und dass wir dabei Magdeburg nicht vergessen.
Dass Magdeburg auch einen Flughafen hat, will ich hier mindestens erwähnen, weil ich sehe, dass der eine oder andere Magdeburger Abgeordnete unruhig wird. Wir müssen das dann sehen und wir müssen das fair miteinander austragen. Wir haben unsere Position deutlich erklärt. Es gibt sicherlich noch Beratungsbedarf, aber ich denke, wir haben Synergieeffekte mit Magdeburg und Cochstedt.
Die Infrastruktur zwischen Magdeburg und dem Flughafen Cochstedt mit dem vierspurigen Ausbau der B 81 - Ortsumgehung Schneidlingen - und der B 6n, die in unmittelbarer Nähe von Cochstedt liegt, gibt dem Ganzen eine Zukunft. Ich darf aber auch sagen, dass es natürlich nicht ganz einfach ist, Cochstedt mit an das Netz zu bringen. Das ist ein Thema für sich und darüber muss man sich auch in der Zukunft weiter unterhalten und verständigen.
Meine Damen und Herren! Der ÖPNV-Plan steht auf der Agenda. Diesen werden wir noch in diesem Jahr auch dem Hohen Hause vorstellen, obwohl dieses laut unserer Gesetzgebung nicht nötig ist. Aber ich möchte den ÖPNV-Plan mit den Abgeordneten diskutieren, weil dieser natürlich auch ein Baustein des gesamten Landesverkehrswegeplanes ist. Ich darf sagen, dass wir trotz der demografischen Probleme eine flächendeckende ÖPNV-Bedienung der Bevölkerung mit einem vertretbaren Kostenaufwand ermöglichen. Wir werden mit Rücksicht auf das Regionalisierungsgesetz einen mittelfristigen Zeitraum bis zum Jahr 2008 und einen zweiten bis zum Jahr 2015 garantieren.
Wichtig ist dabei, dass wir das beschlossene Leitbild der aktiven Familienpolitik mit umsetzen. Hier ist die Verkehrspolitik ein Stück weit Gesellschaftspolitik. Wir werden uns darum kümmern müssen, dass wir das Thema der Mobilität sichern, sodass auch ältere und behinderte Menschen sicher durch das Land Sachsen-Anhalt reisen können. Das Reisen mit einem Kinderwagen darf für junge Familien keine Tortur sein, wenn sie die Möglichkeiten nutzen und den öffentlichen Personennahverkehr in Anspruch nehmen.
Mit dem Einsatz von Niederflurbussen sind wir auf einem guten Wege. Auch die zuständigen Behindertenbeauftragten bzw. die Behindertenbeiräte sind in die Vorrahmenplanung frühzeitig mit einzubinden.
Meine Damen und Herren! Mit dem neuen ÖPNV-Gesetz haben wir den Weg für flexible Bedienformen frei gemacht, sodass anstelle eines herkömmlichen Linienbusses ein Taxi, ein Rufbus oder ein ähnliches Verkehrsmittel angefordert und dieses benutzt werden kann. Ich denke, wir haben auch dazu beigetragen, dass wir den Wettbewerb zwischen der Schiene und der Straße günstiger gestalten. Dass wir uns von der Einseitigkeit der Schiene verabschieden mussten, hatte ich bereits erläutert.
Meine Damen und Herren! Wir haben mit der Regierungsübernahme den Wettbewerb auf der Schiene eingeführt. Sie wissen um die Diskussion über den großen Verkehrsvertrag mit der Bahn. Ich will hier nicht auf die
Vergangenheit eingehen; aber nach dem Motto „Konkurrenz belebt das Geschäft“ ist es uns gelungen, bis auf die Strecke der S-Bahn Halle - Leipzig alle Strecken auszuschreiben, wobei wir alles durchlebt haben, was man durchleben kann, vor der Vergabekammer und mit allen rechtlichen Möglichkeiten. Trotzdem haben wir die Situation, dass wir im Bereich des SPNV die entsprechenden Netze ausgeschrieben und an die jeweiligen Firmen gebracht haben.
Im September dieses Jahres werden wir erstmalig mit der Firma Connex das Nordharznetz bedienen. Die Züge vom Typ Lint, die dort eingesetzt werden, sind mit Euro3-Motoren bestückt und entsprechen damit dem höchsten derzeit bei Schienenfahrzeugen erreichten Umweltstandard. Auch dieses ist zu erwähnen.
Auch beim Schienenverkehr gehört der Schutz der Menschen vor Geräuschimmissionen nach unserem Verständnis zur Agenda unseres politischen Handelns.
Über die Situation der Straßenbahn in Sachsen-Anhalt darf ich nur so viel sagen, dass wir in Halle, Magdeburg und Dessau und dann noch in einer Harzvorstadt
Straßenbahnverkehr fahren werden. Ich will hier aber an die Adresse derer, die Liebhaber von Straßenbahnen sind, deutlich sagen: Einen Parallelverkehr von Straßenbahn und Bus kann sich die Stadt leisten, aber er wird von uns nicht finanziert.
Ein ganz klares Wort: Wer gern mit historischen Bahnen fahren will, der kann sich das leisten, aber dann muss er das aus eigener Tasche bzw. aus dem Haushalt der Stadt bezahlen.
Meine Damen und Herren! Das dritte Thema, das ich ansprechen möchte, ist das Thema Logistik: Forschungspotenziale nutzen, Verkehre vernetzen und effizient steuern.
Die Verkehrsinfrastruktur dient der Wirtschaft, aber auch jedem einzelnen Menschen, nicht nur den Bewohnern der Städte, sondern auch der Bevölkerung im ländlichen Raum. Die Verbesserung der individuellen Mobilität erhöht ihre Zufriedenheit. Dies wurde zuletzt ausdrücklich durch die Studie „Perspektive Deutschland“ bestätigt. Der besonders hohe Wertzuwachs von 12 % für Sachsen-Anhalt wurde nicht nur, aber auch, meine Damen und Herren, mit dem rasch voranschreitenden Ausbau der Verkehrswege erklärt.
Sachsen-Anhalt wird sowohl auf dem Land als auch auf dem Wasserweg von Länder übergreifenden Verkehrswegen durchquert und ist mit dem Flughafen Halle/Leipzig an den internationalen Luftverkehr - wie bereits betont - angebunden. Wie kaum eine andere Verkehrsinfrastruktur eröffnen Flughäfen die Möglichkeit, am globalen Wettbewerb teilzunehmen.
Die Ansiedlung von DHL wird zeigen, dass wir auf einem absolut guten Weg sind. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen auch wissen, wenn wir DHL dort ansiedeln - heute wird es eine Großdemonstration oder eine größere Veranstaltung südlich von Halle geben -, dass wir uns über die Sorgen der Menschen, die dort leben, Gedanken machen müssen. Wir haben natürlich die Situation, dass mit zunehmender Entfernung vom Flug
platz Leipzig/Halle der Beifall für DHL größer wird. Die unmittelbar dort Wohnenden, südlich von Halle oder im Ort Gröbers, sehen das naturgemäß völlig anders. Deshalb werden wir als Landesregierung gefordert sein, gemeinsam mit dem Bund dafür zu sorgen, dass dort eine größtmögliche Entlastung nicht nur durch passiven, sondern auch durch aktiven Lärmschutz erfolgt.
Ich sage eines in Richtung Gröbers, meine Damen und Herren: Was wir machen können, sollten wir deshalb machen, weil es darum geht, eine Ortsumgehung in Gröbers zu bauen. Die ist teurer als die im Moment geplante. Aber da es eine nachhaltige Entwicklung ist, werden wir uns im Verkehrsausschuss darüber unterhalten müssen, ob wir dieses nicht ermöglichen, damit die Leute um Gröbers mindestens bei einem Verkehrsträger, sprich der Straße, entlastet werden. Das ist unsere Verpflichtung.