Protocol of the Session on May 27, 2005

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der geplanten Fusion der Landesversicherungsanstalten Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen soll tatsächlich ein weiterer Schritt im Rahmen der Initiative Mitteldeutschland Gestalt annehmen. Herr Bischoff bzw. Herr Rothe, Sie haben ja mit Ihrem Zwischenruf und auch mit Ihrem Redebeitrag genau das ein wenig in Frage zu stellen versucht. Ich denke, dieser Tagesordnungspunkt zu den Landesversicherungsanstalten und zur Fusion macht noch einmal deutlich, dass es letztendlich darum geht, hierbei ganz konkret die Interessen des Landes Sachsen-Anhalt zu vertreten.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Kos- mehl, FDP)

Eine Fusion heißt deshalb Fusion, weil sich die Partner gemeinschaftlich zusammenfinden, um am Ende sozusagen für jeden eine Win-win-Situation zu haben. Der andere Begriff dagegen wäre eine „Übernahme“. Davon wollen wir an dieser Stelle nicht sprechen.

Wir hatten im Frühjahr des letzten Jahres einen Antrag aus der SPD-Fraktion, in dem es um die Frage des Hauptsitzes ging. Damals waren wir uns in der Debatte so einig, dass Sie eine auf den Punkt gebrachte Einbringung hier gesprochen haben, der Minister seine Rede zur Protokoll gegeben hat und wahrscheinlich die Mehrheit des Hohen Hauses den Inhalt dessen, was damals schon bekannt und an Initiativen in Angriff genommen war, gar nicht so bewusst zur Kenntnis genommen hat. Schon damals hat nämlich der Minister darauf hingewiesen, dass über eine Bundesratsinitiative eine Intervention des Landes Sachsen-Anhalt im Vermittlungsausschuss dazu geführt hat, dass wir uns heute diesen Fragen überhaupt stellen können.

Denn in den ursprünglichen Entwürfen war gar nicht vorgesehen, dass über die Rechtsaufsicht hinausgehend weitere Gesichtspunkte in die Genehmigung eingebracht werden konnten. Es war damals nicht die Rede von Arbeitsmengenverteilungen, von Standortfragen usw. Durch die Änderungen im SGB VI - der bewusste § 141 - ist es überhaupt dazu gekommen, dass wir jetzt womöglich auch sagen können: Neben den Verhandlungen der Selbstverwaltungspartner müssen wir an dieser Stelle noch einmal nachhaken und sozusagen auch unsere Interessen mit wahrnehmen.

Ich möchte Sie daher bitten, uns in diesem Anliegen zu unterstützen. Denn das, worum es geht, ist ja nicht nur die Frage des Sitzes, sondern auch die Frage, wie die künftige Arbeit gestaltet wird.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Bischoff?

Bitte sehr, Herr Bischoff.

Eine kurze Frage: Sehen Sie die Gefahr oder könnte Ihrer Meinung nach auch die Gefahr bestehen, dass es am Ende zu keiner Fusion kommt, obwohl die Selbstverwaltung es will und am Ende alle Länder einen Nachteil davon haben?

Die Gefahr, denke ich, gibt es an dieser Stelle nicht, wenn wir uns die Fusionen auch in anderen Bundesländern ansehen. Die vorhin schon angesprochene Fusion der Landesversicherungsanstalten Norddeutschlands hat schon deutlich gemacht, dass man sich durch die Einführung des Prinzips der wohnortnahen Rehabilitation darauf einigt, dass auch die Rehabilitationskliniken, die es in den jeweiligen Ländern gibt, ihre Interessen gewahrt bekommen.

Wenn wir uns einmal die Zahlen vor Augen führen, von denen hier in unseren drei Ländern gesprochen wird: Sachsen-Anhalt hat pro 1 000 Einwohner 1,4 RehaBetten, Sachsen 2,0 und Thüringen doppelt so viel mit 2,8 Betten. Angesichts dessen, denke ich, ist es schon richtig und wichtig, auch über unser Sozialministerium vielleicht noch einmal darauf hinzuwirken, dass gerade dieses Prinzip der wohnortnahen Rehabilitation in diesen Vertrag mit eingebracht wird. Soweit ich die Diskussionen am Rande mit verfolgen konnte, gibt es aber die Bereitschaft der Selbstverwaltung dazu im Moment nicht.

Gerade vor diesem Hintergrund, denke ich, sind die Fragen richtig und wichtig, wie wir damit künftig umgehen, welche Entscheidungen dann letztendlich am neuen Standort Leipzig mit dem Thüringer Geschäftsführer getroffen werden und welche Auswirkungen diese auf unser Land Sachsen-Anhalt haben werden.

Meine Damen und Herren! Wer in der letzten Zeit im Kino gewesen ist, die Straßen entlang läuft oder die Zeitung gelesen hat, wird in unübersehbarer Weise durch Werbung auf die Sozialwahl aufmerksam gemacht. Eine Wahl, bei der die Selbstverwaltungsgremien unserer Sozialversicherungen gewählt werden, also der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, jetzt im speziellen Fall der Ersatzkrankenkassen und dergleichen. Doch für die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist diese wiederkehrende Prozedur mangels Transparenz der in der Selbstverwaltung getroffenen Entscheidungen mit vielen Unbekannten verbunden.

Deshalb wird es Zeit, meine Damen und Herren, hier ein wenig den Schleier zu lüften. Ich stelle mir in diesem Fall vor, dass zu der Beratung im zuständigen Fachaus

schuss auch Vertreter der Selbstverwaltung beigeladen werden und uns ihre Sicht der Dinge darstellen.

Ich halte es aber für wichtig, dass wir für unser Land klar sagen: Wir wollen die Fusion, aber nur eine Fusion, bei der unsere Interessen mit gewahrt werden. Das muss nicht heißen, dass die Interessen der anderen deswegen unter den Tisch fallen, sondern dass am Ende für alle eine Situation entsteht, durch die wir gewinnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scholze. - Für die PDSFraktion erteile ich nun das Wort der Abgeordneten Frau Dirlich. Bitte sehr, Frau Dirlich.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viel muss zum Inhalt nicht mehr gesagt werden. Das ist schon passiert. Viel kann auch zum Inhalt nicht mehr gesagt werden, weil - das hat Herr Bischoff hier schon deutlich gemacht - auch in unserer Fraktion noch niemand diesen Fusionsvertrag gesehen hat.

Dieser Vereinigungsbeschluss liegt offenbar vor und er ist uns unbekannt. Deshalb ist eine Beurteilung natürlich einigermaßen schwierig. Das ist erst einmal kein Vorwurf, und zwar an niemanden.

Wenn allerdings - da es sich um eine Sache der Selbstverwaltungsorgane handelt - der Landtag mit diesem Thema befasst werden soll, dann bitte ich doch darum, dass man nicht von uns erwartet, dass wir uns blind hinter dem Minister versammeln. Das geht doch nicht.

Alle Beteiligten haben dem Ergebnis der Verhandlungen zugestimmt. Das haben wir heute mehrfach gehört. Aus dem Brief des Geschäftsführers der Landesversicherungsanstalt geht auch hervor, dass es dafür offenbar Gründe gab. Wenn wir also im Ausschuss reden wollen, müssen wir das ergebnisoffen tun und nicht mit diesem Beschluss im Rücken, der Ihnen jetzt schon die Freiheit gibt, so zu handeln, wie Sie handeln wollen.

Wenn ich und unsere Fraktion einem solchen Beschluss zustimmen sollen, dann möchten wir schon ein bisschen mehr darüber wissen dürfen. Bei einer Direktabstimmung können wir diesem Antrag unsere Zustimmung nicht geben, sondern wir würden ihn in den Ausschuss überweisen, um dort zunächst einmal nachfragen zu können, welche Spielräume es überhaupt gibt.

Der Hauptgrund, warum ich eigentlich nach vorn gegangen bin, Frau Liebrecht, ist der Vorwurf an die Gewerkschaften. Strukturreformen haben meines Wissens den Ansatz von Einsparungen, fast immer. Darüber kann man diskutieren. Der Hintergrund sind oftmals Personaleinsparungen. Ich befürchte, dass die Strukturreformen, die uns in Sachsen-Anhalt noch bevorstehen, alle ähnliche Ergebnisse haben werden. Dazu werden Sie dann die Zustimmung der Gewerkschaften haben wollen. Ich bin gespannt, wie Sie die kriegen wollen, wenn Sie hier solche Vorwürfe an die Gewerkschaften loslassen.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Dirlich. - Frau Liebrecht, Sie haben jetzt die Möglichkeit zu erwidern. Bitte sehr.

Frau Dirlich, es tut mir Leid, Sie haben mich nicht verstanden. Das ist insofern ein Vorwurf:

(Frau Dirlich, PDS: Doch, ich habe Sie verstan- den! Hören Sie auf, meine Intelligenz anzuzwei- feln!)

Die Vertreterversammlung hat einstimmig zugestimmt. Ich habe dargelegt, dass es jeweils 50 % Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind und die Arbeitnehmer vielfach von den Gewerkschaften vertreten werden.

Sie haben nicht verstanden, was das letztlich heißt und was die Folgeerscheinungen sind. Wenn andere Länder - diese befassen sich schon lange damit - auch Fusionsverträge abschließen, kann man sich da auch einmal kundig machen. Denn die LVA Nord hat es vorgemacht und hat die unterschiedlichen Standorte gleichwertig berücksichtigt, nicht so wie bei uns.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Denn, Herr Bischoff, wir können nicht verlieren, was wir nicht haben. Deshalb ist das - -

(Herr Bischoff, SPD: Die anderen können es auch ohne uns machen!)

- Wir sind daran interessiert, das gemeinsam zu machen.

(Herr Bischoff, SPD: Das ist richtig! Daran sind wir auch interessiert!)

Aber wir sollten doch nicht sehenden Auges zuschauen, dass man über uns hinwegsieht und dass SachsenAnhalt nicht mehr stattfindet.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Das ist doch der wesentliche Punkt. Deshalb ist es wichtig - das wird auch das Ministerium so sehen, dass wir

als Abgeordnete informiert werden. Ich bin angefragt worden. Ich habe anonyme Informationen bekommen und daraufhin bin ich stutzig geworden. Das war mein eigentliches Anliegen. Da informiert man sich natürlich. Das sollte unser aller Anliegen sein.

(Herr Bischoff, SPD: Im Ausschuss! - Zuruf von Herrn Kühn, SPD)

Wir haben vorhin von einer Direktabstimmung gesprochen. Aber ich sage jetzt: Wir überweisen das in den Ausschuss und bekommen dann die Informationen, zumal angekündigt worden ist, dass schon am 22. Juni die nächste Veranstaltung stattfindet und dass wir uns die Geschäftsführung dazu einladen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Liebrecht. - Damit gestaltet sich auch der Abstimmungsprozess einfacher. Wer also einer Überweisung dieses Antrages in den Ausschuss für Gesundheit und Soziales die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Überweisung dieses Antrages einstimmig zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren, bitte noch eine Minute. - Wir sind am Ende der 31. Sitzungsperiode des Landtages von Sachsen-Anhalt angelangt. Ich berufe den Landtag zu seiner 32. Sitzungsperiode für den 7. und 8. Juli 2005 ein.

Ich wünsche Ihnen ein sonniges Wochenende und eine gute Heimfahrt. Die Landtagssitzung ist damit geschlossen.

Schluss der Sitzung: 17.17 Uhr.