Protocol of the Session on May 27, 2005

Ich denke, wir sind uns einig, dass die Kommunalreform, wie sie jetzt gerade umgesetzt wird, nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Wir müssen weiter vorankommen in Richtung der Einheitsgemeinden, wenn wir das Land nach vorn bringen wollen.

(Zustimmung bei der SPD)

Zur Gebietsreform ist gestern schon etwas gesagt worden. Auch diesbezüglich sage ich: Sie springen zu kurz.

Nun steht anschließend gleich noch der Entwurf eines Gesetzes über ein Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen zur Rede, also die Einführung der Doppik. Dies hat sicherlich auch wieder Auswirkungen auf die Verfassung. Deshalb hätten wir das alles zusammenpacken sollen und dann einen richtig großen Wurf vollbringen sollen. Leider bleibt es Stückwerk. Es klappt nicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Es wäre ein Aufwasch gewesen. Die aus unserer Sicht notwendigen und auch möglichen Qualifizierungen des Gesetzes eignen sich natürlich besser für die Beratung im Ausschuss. Das können wir an dieser Stelle im Detail nicht machen. Sie haben etwas angeführt. Jeder hat auf bestimmte Dinge hingewiesen. Aber es besteht nachhaltiger Beratungsbedarf.

Das fängt an mit § 24a, der ersatzlos gestrichen werden soll. Es geht um die Frage der Bildung von Bürgerinitiativen, die an sich nicht infrage gestellt ist. Aber warum wollen Sie sie an dieser Stelle streichen; denn es könnte ein falsches Signal davon ausgehen, Bürgerinitiativen seien nicht mehr möglich. Zudem ist diese Norm in der bestehenden Fassung hilfreich für Rechtsanwender unter der Überschrift „Rechte für Einwohner und Bürger“. Da steht sie drin. Es fällt uns kein Zacken aus der Krone, wenn sie da weiter drin bleibt.

Ich möchte insbesondere auf § 58 Abs. 3 - Wahlgrundsätze - eingehen. § 41 Abs. 2 und 3 des Beamtengesetzes soll jetzt keine Anwendung mehr finden. Ich sage Ihnen: Ich freue mich darüber, dass das klargestellt wird - Frau Weiß, Sie wissen, wovon wir reden -,

(Frau Weiß, CDU: Gut, gut!)

weil ich auch dagegen bin, dass man solche verfassungsrechtlich grundlegenden Fragen irgendeinem Personalfall, der aktuell anliegt, unterordnet. Das geht nicht. Das wird einer Verfassung nicht gerecht; denn sie soll die Grundlage für eine längere Zeit legen und die grundlegenden Dinge regeln. Deswegen wird anhand der bevorstehenden 26. Änderung auch deutlich, dass wir ein Land im Aufbruch sind und in allen Bereichen immer noch längst nicht so konsolidiert sind, wie wir uns das wünschen.

Aber auch an dieser Stelle sage ich aus eigener Erfahrung, meine eigene Person betreffend: Wir sollten über eine Flexibilisierung beim Höchstalter für die Wahl und die Dauer der Amtszeit eines Hauptverwaltungsbeamten neu nachdenken. Es kann nicht sein, dass sich jemand mit 62 oder 63 Jahren aus moralischen Gründen nicht mehr traut, bei der Wahl um das Amt eines Hauptverwaltungsbeamten anzutreten, weil er publizistisch oder auch vom Mitbewerber unter Druck gesetzt wird. Das geht nicht. Keiner redet darüber, wenn ein Ministerpräsident 72 Jahre alt ist, aber hier sagt man: Ende der Fahnenstange.

(Zustimmung bei der SPD)

Das ist auch nicht fair. Das ist nicht gerecht. Hierbei eine Flexibilisierung herbeizuführen - ich denke, darüber sollten wir im Ausschuss nachdenken.

Ich weiß nicht, habe ich noch ein paar Sekunden? - Nein, es blinkt schon. Ich wollte noch etwas zu einigen anderen Paragrafen sagen. Das werden wir auch tun.

Aber ein grundlegendes Anliegen möchte ich noch vortragen. Der Städte- und Gemeindebund hat eine Stellungnahme mit einem Umfang von 20 Seiten abgegeben. So gut wie nichts ist berücksichtigt worden. Es gibt nicht ein Wort der Erklärung darüber, warum etwas nicht berücksichtigt worden ist. Das verstehe ich nicht unter einem Anhörungsrecht für die kommunalen Spitzenverbände, sondern das ist Gutsherrenart. Das können wir nicht akzeptieren. Deswegen müssen wir darauf sehen - wir wohnen alle in den Kommunen -, dass die Rechte der Kommunen ernst genommen werden. Das möchte ich auch bei der Gelegenheit zur Sprache bringen.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Danke, Herr Dr. Polte. - Für die CDU-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Madl sprechen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Polte, ich wusste nicht, dass es 26 Änderungen sind. Wie gesagt, das war nicht die erste und wird nicht die letzte sein. Da Sie das Problem Doppik ansprechen, muss ich sagen, dass wir gleich nach diesem Tagesordnungspunkt noch einen Tagesordnungspunkt haben, bei dem wir über das Problem möglicherweise noch einmal diskutieren.

Der Grundsatz des Gesetzentwurfs besteht in der Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit, der Anpassung einzelner Gesetzlichkeiten an die Erfordernisse der Praxis und der Klarstellung von Einzelfragen, die bisher strittig bzw. unklar waren oder unterschiedliche Interpretationen regelrecht zuließen.

Der Gesetzentwurf umfasst in seinen acht Artikeln insgesamt sieben Einzelgesetze. In diesen einzelnen Punkten sind insgesamt 65 Änderungen aufgeschrieben worden. Vorab wurde eine Anhörung durchgeführt. Sie sagen, dass nicht alle in den 20 Seiten des Papiers vorgeschlagenen Änderungen einzeln aufgeschlüsselt worden sind. Ich denke, dass wir im Innenausschuss im Rahmen der Anhörung der kommunalen Spitzenverbände diese Sachen noch einmal explizit hinterfragen können und vielleicht die eine oder andere Änderung mit auf den Weg bringen können.

Meine Damen und Herren! Ich denke, Sie werden verstehen, dass für die 65 Änderungen die Redezeit von fünf Minuten nicht ausreichend ist. Vielleicht ist der Plenarsaal auch nicht der Platz, um alle 65 Änderungen im Einzelnen anzusprechen. Ich habe mir auch ein paar wesentliche Änderungen herausgeschrieben.

Aber ich möchte erst einmal auf die Hinweise von Herrn Grünert, die sehr emotional herübergekommen sind, Bezug nehmen. Herr Grünert, wenn Sie von einer Mogelpackung sprechen und den Namen schon als Mogelpackung bezeichnen, dann steht es Ihnen frei, im Innen

ausschuss einen anderen und vielleicht einen besseren Namen zu finden. Ich denke, diesbezüglich sind wir relativ offen.

Ich sehe nicht, an welcher Stelle das Mitspracherecht beschnitten wird. Im Gegenteil, das Mitspracherecht für die kommunalen Mandatsträger, für die sachkundigen Bürger und für alle anderen wird meines Erachtens noch erweitert. Bleiben wir am Beispiel: Wenn Sie sich heute scheiden lassen, dann dürfen Ihr Schwager und Ihre Schwägerin, wenn sie sachkundiger Bürger sind, bei Angelegenheiten, die diese Personengruppen betreffen, nicht mit entscheiden. Nach der Änderung dürfen sie mit entscheiden. Das ist keine Einschränkung, sondern eigentlich eine Erweiterung.

Die Rechte der Bürgerinitiativen werden aus meiner Sicht auch nicht beschnitten.

Zur Problematik, die Herr Kosmehl auch schon angesprochen hat, und zwar die Problematik mit der Gleichstellungsbeauftragten: Sie wissen, dass der erste Entwurf noch ein bisschen weiter ging. Ich habe dazu eine eigene Auffassung. Ich denke, dass diese Arbeit durchaus im Rahmen der Ehrenamtlichkeit geleistet werden kann. Ich bin jetzt seit 15 Jahren Bürgermeister meiner Stadt. Wir haben diese Sachen im Prinzip auch praktiziert.

Letztlich darf man es doch nicht so darstellen, dass die Gleichstellung so hart gefahren wird, dass immer geguckt wird, ob es ein Männchen oder ein Weibchen ist, und dann diskriminiert wird. Das ist doch in der Praxis gar nicht so.

(Beifall bei der CDU - Herr Tullner, CDU: Genau!)

Aus dem Grund kann ich es mir durchaus vorstellen, diesen Bereich komplett mit Ehrenamtlichen abzudecken. Ich sehe durchaus eine Gesetzeskollision

(Zuruf von Frau Bull, PDS, an Herrn Tullner, CDU, gerichtet - Herr Tullner, CDU: Nein!)

zu § 44 Abs. 4 GO LSA bzw. auch mit § 63 GO LSA, und zwar ist es die innere Organisation der Verwaltung insgesamt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Änderungen bezüglich der Einwohnerfragestunde für den GA sind sicherlich sinnvoll - das hätte Herr Grünert auch ansprechen können -, weil damit letztlich die Transparenz bei der Arbeit in den Gemeinschaftsausschüssen und damit bei der Verwaltungsarbeit für die einzelnen Mitgliedsgemeinden noch besser gewährleistet wird.

Herr Kosmehl hat die überörtliche Prüfung der Zweckverbände durch den Landesrechnungshof angesprochen. Ich halte das für ausgesprochen sinnvoll, weil dadurch - ich denke, in der Begründung ist es auch explizit ausgeführt - systematisch Angaben über die Wirtschaftlichkeit, die ordentliche Arbeit oder Defizite in den Zweckverbänden erschlossen werden können.

Sehr sinnvoll ist auch die Änderung von § 134 der Gemeindeordnung. Es geht um einen Kompetenzwechsel im Bereich der Kommunalaufsicht. Wenn ein Landkreis in einem Verfahren selbst betroffen ist, dann kann sich das Landesverwaltungsamt als obere Kommunalaufsicht in das Verfahren einschalten.

Über die Änderung des § 145 bezüglich des Selbsteintrittsrechts wäre vielleicht noch einmal zu diskutieren; denn ich sehe darin durchaus einen starken Eingriff in

die Selbstverwaltung. Es müsste darüber diskutiert werden, unter welchen Voraussetzungen die Fachaufsichtsbehörde anstelle der Gemeinde tätig werden kann und in welcher Höhe der Gemeinde dadurch Kosten entstehen. Darüber können wir aber, denke ich, im Ausschuss explizit beraten. - Das war es erst einmal von meiner Seite. Die Redezeit ist vorbei.

Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung in den Innenausschuss. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Danke sehr, Herr Madl. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 4/2177 ein. Einer Überweisung an sich steht nichts im Weg. Eine Federführung des Innenausschusses wurde von allen befürwortet. Gibt es dagegen Widerspruch? - Nein. Dann ist die Federführung des Innenausschusses festgelegt.

Es gab noch den Antrag, den Gesetzentwurf in den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt dafür? - Die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Das ist damit abgelehnt.

Wer stimmt für eine Überweisung in den Wirtschaftsausschuss? - Die PDS-Fraktion. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Enthaltungen? - SPD-Fraktion. Damit ist auch das abgelehnt worden. Damit ist der Gesetzentwurf allein in den Innenausschuss überwiesen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 13 beenden.

Ich möchte jetzt den Tagesordnung 14 aufrufen und danach in eine Mittagspause eintreten. Gibt es dagegen Widerspruch? - Wir werden sehen, wie wir das zeitlich hinbekommen.

(Herr Tullner, CDU: Vielleicht etwas kürzer!)

Für die Mittagspause werden wir dann 45 Minuten vorsehen. Einverstanden? - Gut.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes über ein Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen für die Kommunen im Land Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/2178

Einbringer in Vertretung des Ministers des Innern ist wiederum Finanzminister Professor Dr. Paqué. Bitte sehr. Es ist jetzt absolute Stille im Haus, Herr Minister.