Protocol of the Session on March 4, 2005

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach zweijährigen intensiven, schwierigen, aber auch konstruktiven Verhandlungen haben sich Bund, Kommunen und Gewerkschaften auf eine umfassende Tarifreform geeinigt. Die Rechtsverhältnisse der Tarifbeschäftigten des Bundes und der Kommunen werden damit auf eine völlig neue Grundlage gestellt.

Leitziele für die Modernisierungsverhandlungen waren eine stärkere Leistungsorientierung, mehr Flexibilität, die Stärkung des Dienstleistungsgedankens sowie mehr Transparenz. Mit dem neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, der am 1. Oktober 2005 in Kraft treten wird, sollen diese Ziele erreicht worden sein.

Das In-Kraft-Treten des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst ist derzeit nur für die Bediensteten des

Bundes und der Kommunen verbindlich vereinbart worden. Eine Regelung für die Bediensteten der Länder steht bisher noch aus. Der Tarifvertrag soll eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2007 haben, nicht bis zum Jahr 2009, wie dem PDS-Antrag möglicherweise zu entnehmen ist - Herr Paqué hat auch schon darauf hingewiesen -, es sei denn, der zweite Punkt des PDS-Antrages bezieht sich auf die Arbeitsplatzsicherungstarifverträge des Landes, wobei der Antrag dann an dieser Stelle etwas missverständlich formuliert ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDUFraktion ist ein endgültiges Ergebnis der Tarifverhandlungen derzeit noch nicht feststellbar - der Minister der Finanzen hat bereits darauf hingewiesen -, da erstens bis Ende Juni 2005 noch 16 Redaktionssitzungen stattfinden müssen, in denen die Details festgelegt werden sollen, und zweitens erst Ende 2006 die Eingruppierung der Beschäftigten in die neue Tabelle geregelt sein wird. Eine abschließende fiskalische Bewertung und eine belastbare Darstellung der Kostenentwicklung, wie in dem PDS-Antrag gefordert wird, ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Ein weiterer noch offener Verhandlungspunkt dürfte aus der Sicht unserer Fraktion sicherlich darin liegen, dass der Tarifvertrag schon allein deshalb nicht übernommen werden kann, weil die Frage der Angleichung der Arbeitszeiten der Angestellten und Arbeiter an diejenigen der Beamten in den Ländern gar nicht geregelt worden ist. Hauptstreitpunkt zwischen den deutschen Ländern und den Gewerkschaften dürfte daher nicht die Frage nach der unstreitig notwendigen Einführung eines modernen BAT-Tarifs mit Leistungselementen, sondern die Frage der Arbeitszeiten sein.

Im Gegensatz zum Bund haben zahlreiche deutsche Länder die Arbeitszeit der Beamten bereits im Jahr 2003 fast durchgängig auf 40 bis 42 Stunden in der Woche erhöht. In Sachsen-Anhalt haben wir die Sondersituation, dass die Arbeitszeit der Angestellten durch einen Sondertarifvertrag, den die PDS-Fraktion offensichtlich in dem Antrag anspricht, spürbar abgesenkt wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDUFraktion steht dem Tarifvertrag grundsätzlich skeptisch gegenüber. Insofern ist das Verhalten der Landesregierung, derzeit eine ablehnende Position einzunehmen, nachvollziehbar und richtig. Gleichwohl ist die CDUFraktion der Auffassung, dass das gefundene Tarifergebnis auch positive Elemente enthält. Die vom Minister der Finanzen genannten Punkte finden hierbei unsere Zustimmung.

Lassen Sie mich abschließend noch auf einige grundsätzliche Dinge eingehen. Die Aushandlung der Tarifverträge, die für die Bediensteten des Landes gelten, obliegt der Exekutive. Der Landtag hat aber im Rahmen seines Budgetrechts der Exekutive einen Finanzrahmen vorgegeben, in dem sich die Personalausgaben der Hauptgruppe 4 bewegen müssen.

Die CDU-Fraktion erwartet, dass sich die Landesregierung bei ihren Tarifverhandlungen von dem parlamentarisch vorgegebenen Budgetrahmen maßgeblich leiten lässt. Daher hat der Finanzausschuss auch ein natürliches Interesse daran, über die Tarifabschlüsse informiert zu werden.

Es ist aber sicherlich nicht sinnvoll, sich im Rahmen von Verhandlungen quasi über Zwischenstände informieren zu lassen. Der PDS-Antrag ist daher zeitlich verfrüht und

wird von uns abgelehnt. Ich denke aber, dass diese Thematik zu einem passenden Zeitpunkt im Rahmen eines Selbstbefassungsantrages Thema im Finanzausschuss werden wird. Ich bitte daher um die Ablehnung des Antrages und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Frau Rotzsch. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Felke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf vorwegnehmen, dass wir dem Antrag zustimmen werden, da auch wir erheblichen Informationsbedarf sehen.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

Für uns stehen dabei insbesondere zwei Punkte im Vordergrund: zum einen, welche eigenen Vorstellungen die Landesregierung zu der Tarifreform im öffentlichen Dienst hat - nach meiner Einschätzung hat es der Finanzminister heute leider versäumt, etwas konkreter zu werden -, und zum anderen, welche Auswirkungen unter Umständen schon für den laufenden Doppelhaushalt zu erwarten sind - ich erinnere nur an die Regelungen zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Meine Damen und Herren! Wir sind der Auffassung, dass die am 9. Februar 2005 zustande gekommene Einigung zwischen dem Bund, den Kommunen und den Gewerkschaften über das neue Tarifrecht eine Reihe von interessanten, positiven Ansätzen beinhaltet. Es ist gelungen, einen ersten, wenn auch meiner Meinung nach noch zu kleinen, Schritt zu einer leistungsbezogenen Bezahlung zu machen.

Individuelle Leistung und Berufserfahrung werden bei der Bezahlung stärker gewichtet. Fortschritte bei der Ost-West-Angleichung wurden ausgehandelt. Eine Neuordnung der Entgeltgruppen stärkt die Konkurrenzfähigkeit des öffentlichen Dienstes gegenüber privaten Anbietern. Der Personalaustausch zwischen dem öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft wird erleichtert. Führungsfunktionen auf Zeit und auf Probe werden eingeführt.

Unter dem Strich muss man festhalten, dass man den Leitzielen der Modernisierung des öffentlichen Dienstes, wie stärkere Leistungsorientierung, mehr Flexibilität, Stärkung des Dienstleistungsgedankens und auch mehr Transparenz, für den Bund und die Kommunen ein gutes Stück näher gekommen ist.

Wie sieht nun die Reaktion auf diese Einigung aus dem hiesigen Finanzministerium aus? - Ich hatte den Eindruck, der geneigten Öffentlichkeit sollte erst einmal dargestellt werden, was alles nicht geht: Das Ergebnis ist nicht auf die Länder übertragbar, die Länder haben andere Personalstrukturen, die Regelungen zum Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind nicht akzeptabel, heißt es da. - Wirklich neu ist das alles nicht. Es lässt zudem jegliche eigenen Vorstellungen vermissen.

Hinzu kommt, dass viele Probleme hausgemacht sind. Die Einhaltung der Personalausgabenansätze im laufenden Doppelhaushalt wird wesentlich von der Erwirtschaf

tung der veranschlagten globalen Minderausgabe in Höhe von jeweils 40 Millionen € für das Jahr 2005 und für das Jahr 2006 und den Ergebnissen der Tarifrunde abhängen.

Für die globale Minderausgabe wird unterstellt, dass diese durch entsprechende Einsparungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Arbeiter und Angestellten zu erreichen ist.

Bei Nichtdurchsetzung müssten zur Kompensation je nach dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens weit über 1 000 Stellen zusätzlich abgebaut werden. Bei einer derartigen Herangehensweise an neue Tarifverträge kann man wohl davon ausgehen, dass es nur noch das Prinzip Hoffnung ist, das Sie trägt. Ich denke, das sollten Sie dann auch deutlich nach außen hin zeigen, Herr Minister, vielleicht mit einer grünen Krawatte.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Gestern gab es nun die ersten Gespräche zwischen den Ländern und den Gewerkschaften über eine Tarifreform. Das Beste daran ist: Es wird weitergeredet.

Aber auch eine Zerschlagung der Tarifgemeinschaft der Länder scheint nicht vom Tisch zu sein, glaubt man den Äußerungen des baden-württembergischen Finanzministers. Eine Zersplitterung wäre freilich das Ende des Flächentarifs und würde eine Wettbewerbssituation zwischen den Ländern heraufbeschwören, bei der namentlich die neuen Länder im Bemühen um die besten Köpfe zu den Verlierern zählen würden.

Meine Damen und Herren! Ich denke, über all diese Punkte sollte umgehend in den genannten Ausschüssen gesprochen werden. Die Landesregierung ist dann gehalten, konkret ihre Positionen dazu darzulegen. Ich halte das keineswegs für verfrüht, da die Verhandlungen mittlerweile laufen und wir schon angemessen parallel darüber informiert werden sollten. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Felke. - Nun erteile ich Frau Röder das Wort, damit sie für die FDP-Fraktion spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS gibt mir die Gelegenheit, hier wieder einmal die liberalen Ansätze für ein modernes öffentliches Dienstrecht darzulegen. Da sich das Interesse hier offensichtlich schon ein wenig in Grenzen hält, werde ich mich kurz fassen.

(Herr Bischoff, SPD: Eben!)

Wir treten ein für eine gerechte, transparente und leistungsbezogene Bezahlung der Angestellten im öffentlichen Dienst. Wir treten dafür ein, dass das Bezahlungssystem so ausgestaltet wird, dass es bundesweit neben der Differenzierung nach Leistung auch regionenspezifische Differenzierungen ermöglicht.

Beamtinnen und Beamten sind nach Eignung, Befähigung und Leistung und nach dienstlichen Gegebenheiten mehr individuelle Möglichkeiten zur freiwilligen Weiterarbeit nach Erreichen der Altersgrenze einzuräumen. Ich weiß, dass das zurzeit noch nicht wirklich funktioniert. Wir sind immer noch in einer Zeit, in der Menschen

in den vorläufigen Ruhestand geschickt werden, um so das Personaltableau des Landes besser darzustellen. Das kann aber in den nächsten Jahrzehnten keine dauerhafte Lösung sein. Hier muss man eher in die andere Richtung gehen.

Des Weiteren muss die Attraktivität eines Wechsels zwischen Wirtschaft und öffentlichem Dienst erhöht werden. Das geht sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Der öffentliche Dienst braucht eine neue Führungskultur und moderne Instrumente der Personalführung. Hierzu ist auch ein Leitbild für Führungskräfte zu entwickeln, das nicht nur auf Fachkenntnisse abstellt, sondern auch Führungsqualitäten und soziale Kompetenzen einbezieht. Das Berufsbeamtentum ist, wie wir es schon des Öfteren diskutiert haben, auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Der Tarifabschluss vom 9. Februar 2005 zwischen Bund, Kommunen und ver.di ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ob er der Stein der Weisen ist, bleibt abzuwarten. Das bezweifle ich in einigen Punkten. Zum Beispiel halte ich die bloße Umbenennung von Altersstufen in Erfahrungsstufen auch für Augenwischerei. Da ist keine konsequente Abkehr von den alten Prinzipien geschehen.

Für die Länder ist natürlich ein äußerst wichtiger Punkt die Frage der Finanzierbarkeit. Darüber wurde hier schon ausreichend gesprochen.

Die FDP-Fraktion lehnt den Antrag der PDS nun aber aus zwei Gründen ab. Zum Ersten. Der Tarifvertrag steht nur im Grundgerüst. Die Details sind in weiten Teilen noch ungeklärt. Insofern ist eine abschließende Bewertung in nächster Zeit nicht möglich. Zum Zweiten - das ist aus meiner Sicht besonders wichtig. Die Landesregierung ist schon seit geraumer Zeit aufgefordert, ein Leitbild für den öffentlichen Dienst vorzulegen, wird dies auch in diesem Jahr tun. Es wird in dem zuständigen Ressort, das hier heute nicht anwesend ist, intensiv daran gearbeitet. Ich freue mich sehr auf die Ergebnisse, die uns vorgelegt werden. In diesem Zusammenhang wird wohl auch über den jetzt vorliegenden Tarifabschluss zu reden sein. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Röder. - Nun noch einmal Frau Dr. Paschke.

Nur stichpunktartig: Es stimmt. Der Antrag ist da unscharf formuliert. Es geht um den bis zum Jahr 2009 vom Land abgeschlossenen Tarifvertrag.

Herr Finanzminister, Sie haben gesagt, dass da natürlich auch immer der Blick auf die Beamten zu richten ist, wenn man jetzt innerhalb des Landes darüber redet. Da muss ich sagen: Das ist eben das Problem dieser Statusgruppen. Deshalb müssen sie auch wirklich über kurz und nicht über lang verschwinden,

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

weil es ein Unding ist, dass wir über Jahrzehnte über solche Fragen reden und niemand geht da richtig ran.

Was mir nicht ganz einleuchtend ist - deshalb hätte ich eigentlich erwartet, dass dieser Antrag überwiesen wird -: In allen bisher veröffentlichten Dokumenten stand, dass es mittel- und langfristig zu einer Entlastung der Länder kommen wird. Sie haben das umgekehrt dargestellt. Ich kann das jetzt hier nicht ausdiskutieren. Ich hatte erwartet, dass wir das im Finanzausschuss machen.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Frau Rotzsch, Sie haben jetzt gesagt: Die PDS kommt zu früh. - Hmm. Manchmal kommen wir zu spät. Wie ist das Problem jetzt zu klären? Wenn Sie uns immer sagen würden, wann wir kommen können, dann würde es ja gehen.

(Lebhafter Beifall bei der PDS und bei der SPD - Unruhe bei der CDU)