Es kann aber - das sage ich für die SPD-Fraktion - einen Kompromiss geben. Ich denke, die PDS wird als Oppositionsfraktion genau dieses Diskussion mittragen, weil eine nächste Gebietsreform eine ganz breite Akzeptanz haben sollte. Sie sollte all diese Punkte mitnehmen, die bisher nicht Teil dieses Gesetzes sind.
Vielleicht ist es auch möglich, einen Kompromiss zu finden, der für die nächsten Gesetzgebungsvorhaben schon bestimmte Dinge mit vordenkt. Aber klar muss sein: In den nächsten acht bis zehn Wochen müssen wir dazu kommen, dass wir entweder alle miteinander ja sagen oder dass wir nein sagen und dann davon ausgehen müssen, dass Sie es allein durchbringen. Ich denke, das ist auch für die Diskussion nach außen.
Noch einmal nach dem Jahr 1994 kann es sich dieses Land nicht leisten, eine Gebietsreform oder Lösung des Stadt-Umland-Problems zu bekommen, die nicht nachhaltig ist.
Es waren auch in anderen Ländern Christdemokraten, die dies mitgetragen haben. Es kann also nicht daran liegen, dass Sie nun bürgerlich denken und wir vor Zentralismus strotzen. Es gibt große Koalitionen, die in anderen Ländern Ostdeutschlands darüber nachdenken, das Thema noch einmal anzugehen und sehr großräumig zu gestalten.
Wir sind im Moment das einzige Land, das offiziell darüber nachdenkt, diese Kleinstaaterei fortzuführen, und das wird uns auf die Füße fallen.
Das ist letztlich der Antrieb für die SPD und auch für mich - auch wenn man es sich als Opposition einfach
machen könnte -, zu schauen, ob es das nicht wirklich wert ist, hier eine Kompromisslinie zu finden, die in den nächsten Jahren trägt. Die Frage, wann dann noch einmal etwas nachgesteuert werden muss, ist dann zu beantworten, wenn das Ergebnis vorliegt. Je schlechter das in die Zukunft weist, umso eher wird man die Diskussion noch einmal aufmachen und das Thema in den nächsten zehn Jahren noch einmal anfassen müssen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Bullerjahn. Möchten Sie noch eine Frage beantworten? Herr Dr. Polte hat eine Frage.
Herr Bullerjahn, es ist doch ganz offensichtlich, dass dieses Gesetz ein Schlüsselgesetz dieser Wahlperiode werden kann, wenn es das erfüllt, was in SachsenAnhalt am dringendsten notwendig ist. Das ist die erste Feststellung.
Die Frage nun, wie viel Freiwilligkeit, kommt mir manchmal so vor, als ob man - wir alle vielleicht - die Auseinandersetzung vor Ort scheut, scheut, das zu sagen, was im Lande Not tut und was geschehen muss.
Sind Sie auch der Meinung, dass das so ist, dass man sich hier in Anbetracht des heraufziehenden Wahltermins womöglich vor irgendwelchen Auseinandersetzungen vor Ort drücken will?
Eine zweite Frage, die ich anschließen will: Ist es im Interesse der Entwicklung des Landes nicht sinnvoll, nun endlich diese Frage auf breiter Basis einer Lösung zuzuführen? Denn wir können es uns nicht leisten, dass das in zehn Jahren oder später noch ein permanentes Thema ist. Dann steht die Existenz des Landes insgesamt infrage. Dann darf ich vielleicht auch daran erinnern, das ist nicht meine Position von heute ist, sondern die habe ich auch schon vor zehn Jahren vertreten,
weil ich sagte, nur wenn diese Dinge einvernehmlich auf breiter Basis gelöst werden, finden sie die notwendige Akzeptanz und ist vielleicht die Kraft bei allen da, im Interesse der Entwicklung des Landes dazu zu stehen.
Ich würde mir wünschen, dass viele derer, die immer dazwischen reden, halb so beherzt das Thema angehen würden, wie es Willi Polte sei mehr als zehn Jahren macht.
Ich gebe zu, es ist völlig nachvollziehbar, dass es auch in diesem Hause sehr unterschiedliche Meinungen gibt. Das hat nämlich etwas damit zu tun, woher jeder kommt.
- Ach ja, Herr Gürth, das wird wahrscheinlich - - Ich habe ein bisschen, auch bei den Zwischenrufen von Herrn
Rehberger, den Eindruck, dass fachliche Erwägungen und fachliche Diskussionen völlig unangebracht sind.
Da gibt es sozusagen nur noch ideologische Klassenkämpfe, wer ist für das Größere, für das Freiwillige, und diese Roten sind sozusagen nur noch wild entschlossen - -
Ich meine, man kann sich inhaltlich streiten. Was man nicht machen kann, ist, etwas auf den Tisch zu schmeißen und zu sagen, wie er hier so schön: Wir wollen doch alle gemeinsam, und guckt doch einmal nach hinten, da habt ihr doch alles versaubeutelt. Aber kommt zu mir,
und wenn ihr das macht, was ich will, dann können wir das im Großen und Ganzen doch hinkriegen, weil es um das Land geht.
Ich versuche während der ganzen Zeit, und das seit Monaten, anhand von Argumenten unterschiedliche Meinungen aufzutun, auch hier, was ich von Ihnen noch nie gehört habe, versuche, ganz klar aufzuzeigen,
(Frau Feußner, CDU: Das ist eine Arroganz, sich da vorn hinzustellen. Das ist ja sondergleichen! - Weitere Zurufe von der CDU)
wo wir Versäumnisse haben. Ich habe bei der Frage der Stadt-Umland-Beziehungen beim letzten Mal, als die Diskussion stattfand, genau auch etwas zu Manfred Püchel und seiner Rolle gesagt. Was ich hier noch nie gehört habe, ist, dass eine CDU oder FDP sich über die Rolle einzelner ihrer Minister jemals ausgelassen hat. Der Blick nach hinten verstellt sich Ihnen völlig, bei allen Themen, über die wir hier diskutieren,
weil Sie von Hause aus glauben, alles, was CDU und FDP machen, ist richtig, und von Hause aus glauben, alles, was die Roten gemacht haben, ist falsch. Das ist Ihr Irrtum. Der wird sich im Wahlkampf noch bitter rächen. Das glauben Sie einmal.
Aber noch einmal zu dem Thema zurück. Ich möchte, dass wir über diese Grundannahmen, wie kann dieses Land aussehen, fachlich diskutieren. Dann ist es doch möglich, zu anderen Lösungen zu kommen. Was, glaube ich, nicht mehr strittig sein dürfte, ist die Analyse, also die Frage: Was wird in den nächsten Jahren passieren? Höchstens man wünscht sich die Welt anders, auch wenn die Analyse eben anders ist. Deswegen hat Willi Polte auch Recht: Ja, es ist die verdammte Pflicht und Schuldigkeit von uns allen, zu schauen, dass wir eine kommunale Reform bekommen, die ganz breite Füße kriegt,
damit das nicht erstens Spielball im Wahlkampf wird und zweitens wir den Leuten draußen signalisieren: Das, was wir jetzt beschließen, hat auch Bestand in einem überschaubaren, aber doch mittelfristigen Zeitraum, damit die nämlich das machen können, was eigentlich notwendig ist, ihre ganzen Diskussionen, Sparkasse, Krankenhaus, Amtsgerichte - das ist auch unsere Diskussion mit -, Fragen von Planungen im Bereich Gewerbe und Verkehr so abzustimmen, dass sie wissen, der nächsten Gesetzgeber wird nicht wieder alles über den Haufen schmeißen. Aber wir brauchen dafür auch eine Linie.
Ich sage es noch einmal, dazu hat Willi Polte auch gesprochen: Die Freiwilligkeit ist mittlerweile an viele Grenzen gestoßen. Das wissen Sie auch. Sie sind ja da ziemlich schlau. Für so einen Bördebauern ist das normal, sage ich einmal als Mansfelder. Sie haben die Sülzetalgemeinde als Einheitsgemeinde gemacht. Sie haben sich alles gekrallt, was das Oberzentrum nicht kriegte, und propagieren überall die Freiwilligkeit. Übrigens hat das schon einmal jemand gemacht. Der sitzt nicht weit weg von Ihnen, nämlich da drüben. Der hat auch immer die Freiwilligkeit als ein hohes Gut durch den Raum geschoben und hat alles gekriegt, was er im Umfeld von Naumburg kriegen konnte.
- Ja, ja. Freiwillig, mit vielen guten Hinweisen. Deswegen sage ich, das gehört zur Wahrheit auch dazu. Deswegen verstehe ich auch die CDU und die FDP. Je näher die Wahlen rücken, umso unbequemer werden die unbequemen Fragen.
- Es gibt keine unbequemen Fragen, Frau Feußner. Das ist eben Ihre Logik. - Es ist auch klar, beim Zusammengehen von zwei Landkreisen kann es nur eine Kreisstadt geben.