Protocol of the Session on January 28, 2005

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke, Frau Röder. - Frau Fischer, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern.

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Röder, ich habe kein zentralisiertes Programm gefordert. Wir haben lediglich gefordert, dass man ein Rahmenprogramm vorgibt. Wenn das Land Geld nach unten gibt, dann sollte man dafür entsprechende Kriterien festlegen. Wir freuen uns darüber, dass dieses Programm inzwischen fixiert und mit den Akteuren abgesprochen ist.

Wenn Sie aber sagen, dass das Land keinerlei Möglichkeiten hat, einzugreifen, dann muss ich sagen: Das stimmt nicht. Denn das Land hat das Rahmenprogramm vorbereitet. Die Landesregierung, speziell das Wirtschaftsministerium, hat natürlich eine gewisse Pflicht zu schauen, was in den Arbeitsgemeinschaften passiert und was in den Eigenbetrieben passiert. Denn das Wirtschaftsministerium könnte dem Eigenbetrieb die Aufgabe auch wieder entziehen - so sind wir einmal informiert worden.

Wir wollten mit diesem Antrag eigentlich erreichen, dass wir nicht nur über die Umsetzung der Hartz-Gesetze reden, sondern auch über Arbeitsmarktprogramme und über Eingliederungsprogramme, damit wir auch da miteinander im Gespräch sind und hören, was passiert, wie es vonseiten der Landesregierung begleitet wird und was an der Basis an Programmen durchgeführt wird, über die man sich vielleicht auch einmal untereinander austauschen kann und die man bekannt machen kann.

Zu dem Problem der 28 Frauen aus Burg. Das hängt natürlich damit zusammen, dass das Ü-55-Programm in Hinblick auf die Finanzierung noch nicht „auf die Füße gestellt“ worden ist, nachdem die Lohnersatzleistungen

quasi nicht mehr über die Agenturen erbracht werden. Nun muss man schauen, wie man eine Finanzierung gemeinsam hinbekommt. Ich hoffe, dass wir aus dem Wirtschaftsministerium noch einmal eine Auskunft dazu erteilt bekommen, wie denn die Finanzierung insgesamt sein soll.

Frau Dirlich, Sie haben etwas vorweggenommen, dafür danke ich Ihnen. Es ist wirklich so, dass im Haushalt auch die andere Finanzierungsart mit den SAM so enthalten ist. Ich denke, es muss schon im Interesse des Ausschusses sein zu schauen, wie der Haushalt unter den neuen Bedingungen aussehen wird. Ich denke, da muss schon noch einmal nachgesteuert werden. Darüber sollte mit den Ausschussmitgliedern beraten werden. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Danke. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten in das Abstimmungsverfahren zu der Drs. 4/1993 ein.

Die PDS-Fraktion hat eine Überweisung des Antrages an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit beantragt. Darüber stimmen wir zunächst ab. Wer einer Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zustimmt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Antrag also solchen ab. Wer stimmt dem Antrag zu? - Das ist die SPD-Fraktion. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Die PDS-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt und der Tagesordnungspunkt 11 ist abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung

Unterstützung bei der Beseitigung der Folgen des Seebebens in Südostasien durch mittel- und langfristige Patenschaften

Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU, der PDS und der FDP - Drs. 4/1999

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Dr. Fikentscher. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während wir in Europa Weihnachten feierten, bebte im Indischen Ozean der Meeresboden. Die Folge war eine gewaltige Flutwelle, auf Japanisch Tsunami genannt. Sie breitete sich typischerweise ringförmig aus und erreichte mit der Geschwindigkeit eines Flugzeuges nach wenigen Stunden die Küsten vieler Länder. Dort richtete sie unvorstellbare Zerstörungen an und riss, wie wir heute wissen, mehr als 200 000 Menschen in den Tod.

Dem weltweiten Entsetzen über diese folgenreichste Naturkatastrophe in unserer jüngeren Geschichte folgten neben der Trauer auch Hilfen in bisher nicht gekanntem Ausmaß.

Der Schrecken über das Geschehene wird lange anhalten. Er vermindert sich auch nicht, sondern er verstärkt sich eher dadurch, dass uns die Geophysiker erklären können, wie so eine Welle entsteht, dass es nämlich an bestimmten Stellen unserer Erdoberfläche immer wieder zu Erd- und Seebeben kommen muss, weil sich dort Erdschollen gegeneinander bewegen, wodurch gewaltige Kräfte freigesetzt werden, und dass dergleichen immer wieder geschehen wird.

Doch auch die Fachleute wissen nicht, wann, wo und in welchem Ausmaß solche Wellen wieder entstehen werden. Sie wissen nur, dass wir sie nicht verhindern können. Allenfalls sind die bedrohten Menschen in der Lage, sich vor ihnen besser zu schützen und durch Warnsysteme wenigstens teilweise in Sicherheit zu bringen. Auch darüber wurde sogleich diskutiert. Doch zunächst galt und gilt es, unmittelbar zu helfen.

Die Nachrichten und Berichte waren so grauenvoll, dass sie sich grundsätzlich von den sonst an Feiertagen bevorzugten Unglücksmeldungen unterschieden. Auch die Medien verzichteten sehr bald auf reißerische Begriffe wie „Horrorwelle“ und Ähnliches. Hier musste keine zusätzliche Aufmerksamkeit erregt werden.

Die ungestellten, unverfälschten Bilder, die Zahlen und die Einzelschicksale lösten auch ohne verstärkendes Vokabular echtes Entsetzen aus. Sie weckten Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, obwohl auch diesbezüglich unser Vorstellungsvermögen begrenzt ist, sodass uns wohl überwiegend der Bericht über die ersten Tausenden von Toten mehr bewegt haben mag als die späteren Meldungen über die Zehntausenden. Und doch wissen und fühlen wir, dass jedes einzelne Opfer zählt.

Die Betroffenen sind nicht damit getröstet, dass es neben ihnen noch Tausende andere traf. Wochen vergingen, bis das ganze Ausmaß des Schadens auch nur annähernd erfasst werden konnte. Inzwischen verwischt sich die Grenze zwischen direkten und indirekten Opfern sowie direkten und indirekten Schäden. Es wird Jahre dauern, bis an diesen Küsten und in diesen Ländern wieder das normale Leben einkehrt. Die Helfer brauchen einen langen Atem.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, was geschehen ist. Wir kennen die Folgen und wissen um die Notwendigkeit der Hilfe. Was also wurde getan, was wird getan und was muss noch getan werden?

Den Toten können wir nicht mehr helfen, wohl aber ihrem Angedenken, wozu auch die Identifizierung gehört. Den Lebenden, die ihre Existenzgrundlage verloren haben und deren Lebensraum empfindlich geschädigt wurde, muss sowohl schnell als auch nachhaltig geholfen werden. Jeder kann dazu beitragen, je nachdem, wozu er in der Lage ist.

Und das geschah auch. Unverzüglich begann die Soforthilfe. Von Deutschland aus wurde sie der Zuständigkeit entsprechend über das Auswärtige Amt gelenkt und geleistet. Schrittweise geht sie in die Hilfe für den Wiederaufbau im Sinne der Entwicklungszusammenarbeit über.

Deutschland hilft überproportional, tritt jedoch nicht in einen Überbietungswettbewerb ein. Das Gleiche sollte auch innerhalb Deutschlands gelten, zwischen Ländern und Kommunen, Hilfsorganisationen und Parteivertretern. Andererseits soll diese Hilfe natürlich auch sichtbar werden, und es schadet nicht, wenn wir als Friedensmacht in der Welt erkennbar sind, als ein Land, das sei

ne Kräfte dort einsetzt, wo Hilfe außerhalb von Kriegen notwendig ist.

Diese Fragen haben offenbar auch die USA bald so gesehen, nachdem Präsident Bush zunächst eine ganz andere Haltung erkennen ließ und in den USA dafür schwer gescholten wurde.

Die deutsche Hilfe konzentriert sich auf Sri Lanka und Indonesien. Man muss bei der Auswahl unter den betroffenen Ländern bedenken, dass einige von ihnen nicht gänzlich arm sind und durchaus auch eigene Verantwortung für die Hilfe tragen können.

Die Bundesregierung hat für die deutsche und internationale Hilfe eine ganz einfache Strategie vorgeschlagen. Das Stichwort heißt „Patenschaften“ - Länder für Länder, Regionen für Regionen, Städte für Städte, Krankenhäuser für Krankenhäuser usw. Nach diesem Prinzip lässt sich ein einfaches Hilfsprogramm aufbauen, das wirksamer ist als eine zentrale Sammlung und Verteilung.

Es bedarf allerdings der Koordinierung und der Kenntnis vorhandener Strukturen. Denn wie hilft man am besten jemandem, den man nicht kennt und dessen Verhältnisse man nicht beurteilen kann? Doch wohl indem man sich auf andere Personen und Organisationen stützt, die vor Ort sind oder sich dort auskennen.

Die Hilfe nach diesem Grundsatz hat bereits begonnen. Auf der Bundesebene sprach der Kanzler schon am 12. Januar 2005 mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der Länder darüber. Es wurde Folgendes vereinbart: Die Partnerschaftsinitiative wird zentral von einem Ausschuss der Bundesregierung, der Länder und der Kommunen gesteuert. Dieser nahm am 17. Januar 2005 seine Arbeit auf. Die Kommunen in ihrer Gesamtheit werden in diesem Gremium von den kommunalen Spitzenverbänden vertreten. Außerdem sollen in einem Arbeitsstab, der „Partnerschaftsinitiative“ genannt wird, unter Leitung des Auswärtigen Amtes die Hilfsanfragen aus den Katastrophengebieten und die Hilfsangebote von Ländern und Kommunen zusammengeführt bzw. koordiniert werden.

In all das sind wir, das Land Sachsen-Anhalt, voll eingebunden. Wir haben damit einen vorgezeichneten Weg, um wirksam helfen zu können. Nun werden wir ihn tatkräftig beschreiten. Dem dient auch unser heutiger gemeinsamer Antrag.

Wir freuen uns und begrüßen es sehr, dass ein Antrag aller Fraktionen ohne vorherigen Streit zustande kam. Wir begrüßen es außerdem, dass die Landesregierung nicht erst aufgefordert werden muss, sondern bereits tätig wurde und einhellig in dieser Frage unterstützt werden kann. Streit wird es auf anderen Gebieten unter uns noch genug geben.

Die Einrichtung einer Infobörse zur Fluthilfe ist zweifelsfrei der richtige Schritt. Die gemeinsame Beratung von Vertretern der Landesregierung, von Hilfsorganisationen sowie des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages bildet die beste Gewähr dafür, dass die Hilfe an die richtige Stelle kommt; denn bekanntlich hilft es nicht, Gutes tun zu wollen, wenn man sich nicht auskennt.

Auch wollen alle, die gespendet haben oder noch spenden werden, zu Recht sicher sein, dass ihre Hilfe tatsächlich bei Hilfsbedürftigen ankommt. Koordinierung heißt, nicht abzuwarten, bis nach einem Gesamtplan

alles geregelt werden kann, sondern die unverzügliche Vermittlung an die richtigen Stellen bei gleichzeitiger Verhinderung doppelter oder unzweckmäßiger Hilfe.

Inzwischen geht es fast ausschließlich um den mittel- und langfristigen Wiederaufbau. Dieser sollte sorgfältig und entsprechend den speziellen Bedürfnissen in den betroffenen Gebieten durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Auch deutsche Urlauber waren unter den Toten und Hunderte von Deutschen werden noch vermisst. Hier galt und gilt es, zu Hause, vor Ort zu helfen, soweit dies möglich ist. Aus SachsenAnhalt sind vergleichsweise wenig Menschen unter den Opfern, doch das vermindert unsere Betroffenheit insgesamt nicht.

Auch das rechte Maß an öffentlicher Trauer ist in Deutschland gefunden worden. Am 9. Januar 2005 fand im Berliner Dom ein Trauergottesdienst statt und am 20. Januar 2005 im Deutschen Bundestag ein Staatsakt zum Gedenken an alle und nicht nur an die deutschen Opfer der Flutkatastrophe an den Küsten des Indischen Ozeans. Bundespräsident Horst Köhler sprach in seiner nachlesenswerten Rede auch für uns, für alle Einwohner Deutschlands. Wir schließen uns diesem Gedenken an.

Heute sprechen wir im Landtag jedoch in erster Linie über unseren Beitrag bei der Hilfe. Da gibt es tatsächlich noch einiges zu bedenken und anzumerken. Die Mittel, die zusammenkommen, haben einen bisher einzigartigen Umfang. Es spenden Einzelne und auch ganze Organisationen. Es werden Benefizveranstaltungen der unterschiedlichsten Art durchgeführt, seien es nun Konzerte oder sportliche Wettkämpfe.

Je nach ihren Möglichkeiten und dem Gefühl der Betroffenheit helfen und spenden die Städte und Gemeinden. Falls vorhanden, greifen sie auf bestehende Verbindungen zurück, nutzen alte Beziehungen und Erfahrungen, wie das Beispiel Halle zeigt. Die dortigen Franckeschen Stiftungen haben seit 300 Jahren Beziehungen zu Südindien in die Gegend von Trankebar. Dort ist Hilfe nötig. Sie kann unmittelbar an die richtige Stelle gebracht werden. Viele Hallenserinnen und Hallenser sowie die Stadt insgesamt haben sich der Unterstützung angeschlossen. Ähnliches gilt für Magdeburg.

In der Koordinierungsstelle des Landes wird sehr bald eine lange Liste vorliegen, die dergleichen enthält. Das begrüßen und unterstützen wir.

(Beifall im ganzen Hause)

Besonders erwähnenswert erscheint mir der Kreis Bitterfeld. Die Papiere von dort habe ich mir genauer angesehen. Unter dem Eindruck der beim Elbe- und MuldeHochwasser vor zweieinhalb Jahren selbst erfahrenen Hilfe wurde das Projekt „Bitterfeld hilft“ ins Leben gerufen. Das Projekt wird vom Landrat, dem Bürgermeister der Stadt Bitterfeld und der Oberbürgermeisterin von Wolfen getragen. Bereits das kombinierte Kennwort des Spendenkontos lässt erkennen, wie konkret die Hilfe sein soll: Hochwasseropferhilfe, Wohnen, Fischerboote, Hospital, SOS-Kinderdorf oder Schule. Dafür kann man sich entscheiden. Wer helfen will, kann sich an konkreten Teilprojekten der Aktion beteiligen.

Einer der Punkte, der immer wieder zu Recht angesprochen wird und wohl auch künftig noch eine große Rolle spielen wird, ist: Wohin gehen die Spenden im Einzelnen? Werden sie auch wirklich ordnungsgemäß verwendet?

Immer dann, wenn in der ersten Aufregung unter den schrecklichen Eindrücken eine rasche, unbürokratische Hilfe in Aussicht gestellt wird und so gehandelt wird, entsteht das Risiko eines jahrelangen unerfreulichen Nachspiels, wie leider schon so oft geschehen.

Die Erfahrung lehrt, dass irgendwann eine Prüfung kommt. Dann wird nicht mehr nach dem Zeitdruck gefragt, dann wird das Wort „unbürokratisch“ zum Vorwurf, weil nicht exakt nach den Vorschriften gehandelt wurde oder gar fahrlässig dem Eigennutz Raum gegeben worden ist. Gefragt wird dann nicht mehr nach Schnelligkeit, sondern nur noch nach Klarheit und Vorschriftentreue. Das war nach dem Oder-Hochwasser nicht anders als nach dem Elbe-Hochwasser. Es ist also allen Helfenden und Koordinierenden zu wünschen, dass es ihnen gelingt, bei aller Hilfsbereitschaft letztlich doch auf jeden Euro zu achten.

Es trifft sicherlich auch zu, dass die gewaltige Hilfsbereitschaft und Hilfsaktion unseren Blick von anderen Bedürftigen ablenkt. So hat bereits nach wenigen Tagen das Uno-Flüchtlingshilfswerk darauf hingewiesen, dass in Afrika, speziell im Kongo, jährlich vermutlich mehr Menschen umkommen, als der Flutkatastrophe zum Opfer gefallen sind. Sie dürfen wir nicht ganz aus den Augen verlieren.