1. Handelt hier das Innenministerium - entgegen mehrfach anders lautenden Ankündigungen - nach oben genanntem Gesetz?
2. Wenn auch das Landesverwaltungsamt in seiner Genehmigungsverfügung vom 29. Juni 2004 von nicht leistungsfähig im Sinne des § 75 des oben genannten Gesetzes spricht, muss dann nicht der jetzige Zustand geändert werden?
Vielen Dank, Herr Czeke. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Herrn Minister des Innern KlausJürgen Jeziorsky erteilt. Bitte sehr, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Herrn Czeke namens der Landesregierung wie folgt.
Zu 1: Die Feststellung der Leistungsfähigkeit der aus den bisherigen Verwaltungsgemeinschaften Jerichow und Stremme-Nordfiener neu gebildeten Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Stremme-Fiener mit 8 445 Einwohnern erfolgte auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen nach den §§ 76 ff. der Gemeindeordnung.
Nach § 76 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt ist regelmäßig von einer dauerhaften Leistungsfähigkeit auszugehen, wenn die Einwohnerzahl der Mitgliedsgemeinden 10 000 beträgt. Soweit eine im Landesvergleich weit unterdurchschnittliche Bevölkerungsdichte im Interesse der Bürgernähe eine Abweichung von der genannten Mindestgröße nahe legt und eine sinnvolle Zuordnung nicht möglich ist, kann die Feststellung der Leistungsfähigkeit im Einzelfall auch aufgrund anderer Kriterien erfolgen. Auch hierbei darf die Einwohnerzahl 5 000 nicht unterschreiten.
Die im Landesvergleich durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei 124,6 Einwohner je Quadratkilometer. Als weit unterdurchschnittlich ist eine Bevölkerungsdichte anzusehen, die ca. ein Drittel unter dem Landesdurchschnitt liegt und damit 83,1 Einwohner je Quadratkilometer unterschreitet.
Die neue VG Elbe-Stremme-Fiener weist eine Bevölkerungsdichte von 27 Einwohnern je Quadratkilometer auf; diese ist somit im Landesvergleich weit unterdurchschnittlich. Die VG Elbe-Stremme-Fiener wird im Norden von der Kreisgrenze zum Landkreis Stendal und im Osten von der Landesgrenze zum Land Brandenburg begrenzt. Im Westen grenzt die VG Elbe-Stremme-Fiener an die leistungsfähige Einheitsgemeinde Elbe-Parey. Eine Einbeziehung von leistungsfähigen Einheitsgemeinden in die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften ist nach der Gemeindeordnung jedoch nur nachrangig möglich.
Eine Ausrichtung wäre allenfalls nach Süden durch Zuordnung zur Verwaltungsgemeinschaft Genthin möglich gewesen. Dies hätte allerdings keine sinnvolle Zuordnungsmöglichkeit dargestellt. Aufgrund der dünn besiedelte Fläche sowie der erheblichen Nord-Süd-Ausdehnung der sodann entstandenen Verwaltungsgemeinschaft hätten die von den Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften zu erledigenden Aufgaben weder ortsnah noch zweckmäßig erfüllt werden können.
Es kommt hinzu, dass das Angebot der Stadt Genthin, im Trägermodell mit den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaften Jerichow und Stremme-Nordfiener zusammenzuarbeiten, auf keinerlei Akzeptanz bei den betroffenen Gemeinden gestoßen ist. Auch diese
Im Interesse einer effektiven Verwaltungsarbeit vor Ort und in Anbetracht des Umstandes, dass sich die Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Stremme-Fiener im Rahmen der freiwilligen Phase gefunden hat, wird daher die Bildung dieser Verwaltungsgemeinschaft akzeptiert.
Zu 2: Mit Datum vom 29. Juni 2004 erfolgte seitens des Landesverwaltungsamtes die Genehmigung der Gemeinschaftsvereinbarung zur Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Stremme-Fiener. Die Genehmigung wurde vom Landesverwaltungsamt unter dem Hinweis erteilt, dass die neue Verwaltungsgemeinschaft ElbeStremme-Fiener mit weniger als 10 000 Einwohnern nicht leistungsfähig ist und zur Herstellung der Leistungsfähigkeit weitere Gemeinden der neu gebildeten Verwaltungsgemeinschaft zugeordnet werden können.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt nicht abschließend darüber entschieden war, ob die neue Verwaltungsgemeinschaft als Ausnahme anerkannt werden durfte. Die Aufnahme des Hinweises war lediglich als Verweis auf die grundsätzliche Gesetzesvorgabe und als Offenhalten weiterer Zuordnungen zu verstehen. Im Übrigen sind Hinweise keine Nebenbestimmungen im Sinne des § 36 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Ihnen fehlt der Regelungsgehalt, sodass sie auch keine Rechtswirkung entfalten können.
Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne eine zweite Gruppe Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Barleben.
Die Frage 10 stellt der Abgeordnete Ulrich Kasten. Es geht um das Thema: Erneute Preiserhöhungen im Personennah- und -fernverkehr durch die Deutsche Bahn AG. Bitte sehr, Herr Kasten.
Sowohl im Fernverkehr als auch im Nahverkehr erhöhte die Deutsche Bahn zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2004 ihre Fahrpreise um durchschnittlich 3,1 % bzw. um 3,6 %. Das ist eine Fortsetzung der Preispolitik aus dem Jahr 2003, die weitere Fahrgastverluste im defizitären Fernverkehr und - insbesondere durch eine Abwälzung auf Verbundtarife - im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) erwarten lässt.
Dabei haben im Jahr 2004 13 von 16 Bundesländern ihre Zustimmung zu Preiserhöhungen durch die DB gegenüber dem Regierungspräsidium Darmstadt als verfahrensführender Behörde verweigert. Nach Abgabe des Verfahrens an den Bund haben die SPD/Bündnis 90Bundesregierung und ihr Verkehrsminister Herr Dr. Manfred Stolpe (SPD) die Bedenken der Länder ignoriert und durch ihre bzw. seine Zustimmung ersetzt.
Wird damit das Land Sachsen-Anhalt gegen diese erneute Preiserhöhung klagen, in welchem Stadium sind die Vorbereitungen und welche Bundesländer könnten Partner sein?
Vielen Dank, Herr Kasten. - Die Antwort der Landesregierung wird durch den Minister für Bau und Verkehr Herrn Dr. Karl-Heinz Daehre erteilt. Bitte sehr, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kasten! Meine Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage des Abgeordneten Kasten wie folgt.
Was die Tarifanhebungen im Eisenbahnbereich anbelangt, liegt eine turbulente Zeit hinter uns und - das behaupte ich ganz einfach - auch noch vor uns. SachsenAnhalt hat sich mit Nachdruck sowohl gegen die Abgabe durch das Regierungspräsidium Darmstadt an das Bundesverkehrsministerium als auch gegen die Preiserhöhung als solche ausgesprochen. Dies ist aber nicht die einzige Preiserhöhung, gegen die wir uns zur Wehr gesetzt haben. Vielmehr haben wir uns auch gegen die Preiserhöhung beim Schönes-Wochenende-Ticket, beim Sachsen-Anhalt-, Sachsen- und Thüringen-Ticket sowie beim S-Bahn-Tarif ausgesprochen.
Wo wir selbst entschieden haben, nämlich bei der beabsichtigten Anhebung des S-Bahn-Tarifes, waren wir erfolgreich; denn die DB Regio AG hat ihre Klage gegen unsere Entscheidung zurückgezogen. So wird der S-Bahn-Tarif zu unveränderten Konditionen fortgeführt.
Wie Ihnen bekannt ist, hat das Regierungspräsidium Darmstadt auch das Schönes-Wochenende-Ticket und die Ländertickets dem Bundesverkehrsministerium zur Entscheidung vorgelegt. Die Position des Bundes ist erwartungsgemäß so ausgefallen wie bei dem großen Tarifantrag im Nahverkehr. Er hat inhaltlich gleich lautend zu den Preisanhebungen im letzten Jahr argumentiert und die Tariferhöhungen für zulässig erachtet.
Ich darf hinzufügen, dass es gelungen ist, mit der Bahn eine Vereinbarung zu treffen, dass das Hopperticket für die Jahre 2005 und 2006 stabil bleibt. Wir werden in diesem Bereich keine Preiserhöhungen haben.
Zu 1: Welche Konsequenzen sich aus der Entwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs in Sachsen-Anhalt ergeben, ist naturgemäß nicht einfach einzuschätzen. Einerseits liegt die Preisanhebung mit 3,1 % oberhalb der allgemeinen Teuerungsrate, andererseits ist natürlich auch den Verbrauchern bekannt, dass die Preise im Energiebereich deutlich stärker gestiegen sind. Wie die Fahrgäste letztlich reagieren werden, lässt sich nur schwer ausmachen.
Trotzdem ist diese Entscheidung der Bundesregierung alles andere als positiv und - so würde ich einmal sagen - für den öffentlichen Personennahverkehr kontra
produktiv. Das hängt auch damit zusammen, dass die DB AG von den Energiepreissteigerungen nicht so stark betroffen ist wie die einzelnen Verbraucher, weil sie insoweit langfristige Verträge geschlossen hat.
Zu berücksichtigen ist auch, dass die Tarifanhebung im Verhältnis zur Tarifentwicklung in den Verbünden nicht aus dem Rahmen fällt; denn einzelne Verbünde haben die Tarife mit Preissteigerungen von 4 % oder sogar 5 % noch stärker angehoben als die DB Regio AG für den Nahverkehr.
Zu 2: Die Prüfung, ob Klage erhoben werden soll, ist noch nicht abgeschlossen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat genau zu dieser Frage ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses liegt noch nicht vor. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Ich werde dann Kontakt zu Nordrhein-Westfalen - der besteht schon - und erforderlichenfalls auch zu den anderen Ländern aufnehmen, um die Möglichkeiten eines abgestimmten Ländervorgehens auszuloten.
Abschließend noch die Anmerkung: Es muss zu einer Entscheidung kommen. Es kann nicht Jahr für Jahr dasselbe Prozedere ablaufen, dass die Bahn Preiserhöhungen ankündigt, die Länder protestieren und der Bund dann doch macht, was er will. So kann es nicht sein.
Wir könnten uns aus unserer Verantwortung verabschieden, dann soll der Bund das allein machen - aber nicht immer wieder dasselbe Theater.
Meine Damen und Herren! Eines darf ich Ihnen versichern. Wir hatten im vergangenen Jahr nur zwei Länder, die protestiert haben. In diesem Jahr waren es schon 13 Länder. Ich hoffe, dass es beim nächsten Mal, wenn es dann zustande kommen sollte, 16 Länder sind und dass der Bund diese Mehrheit dann einmal respektiert. Der Bund ist 100-prozentiger Gesellschafter der DB Regio AG und damit der Bahn. Ich denke, dass Preiserhöhungen, die von dem Hauptgesellschafter ausgesprochen werden, nicht der richtige Weg sind. Hierbei ist auch im Rahmen des Föderalismus zu klären, welche Rolle die Länder noch spielen müssen.
Das Land Sachsen-Anhalt konnte wenigstens die Preise für das Schönes-Wochenende-Ticket und vor allen Dingen auch für das Hopperticket, das immerhin eine Million Fahrgäste in Anspruch nehmen, über die nächsten Jahre konstant halten, sodass wir bei den Verhandlungen doch das eine oder andere noch herausgeholt haben.
Der unbefriedigende Zustand, der darin besteht, dass die Länder zwar gefragt werden, aber eigentlich nichts entscheiden können, kann nicht der Weg sein. Die Bundesregierung ist in der Verpflichtung, das mit den Ländern zu klären. In der nächsten Verkehrsministerkonferenz wird das eine Rolle spielen.
Das Rechtsgutachten aus Nordrhein-Westfalen warten wir ab; denn wenn wir klagen, Herr Kasten, - der Spruch ist bekannt: vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand - hat das Land je nach dem Ausgang des Verfahrens den Schaden zu tragen. Das ist die Konsequenz. Deshalb können wir uns mit einer Klage erst dann auf einem richtigen Weg befinden, nachdem wir das Rechtsgutachten vorliegen und geprüft haben. - Herzlichen Dank.
Herr Minister, mir ist klar, dass das ein sehr sensibler Bereich ist und dass es nicht sehr einfach war, wenigstens diese Dinge für das Land herauszuholen, die sie genannt haben, weil die DB AG ein sehr schwieriger Verhandlungspartner ist mit sehr unterschiedlich handelnden Personen. Das sei vorausgeschickt.
Noch etwas zur Entwicklung dieses Verhandlungspartners. Seit der Bahnreform hat die DB AG ihr Gleisnetz um mehr als 6 000 km reduziert, 500 Bahnhöfe geschlossen - über Haltepunkte reden wir gar nicht - und die Hälfte aller Gleisanschlüsse in der BRD abgebaut.
Heute braucht die DB AG mehr Zuschüsse als die Bundesbahn und die deutsche Reichsbahn im Jahr 1993 zusammen. Bestätigen Sie als Verkehrsminister, dass alle drei grundlegenden Ziele der Bahnreform - erstens keine Verluste mehr einzufahren bzw. die öffentlichen Subventionen zu reduzieren, zweitens aus der Behördenbahn eine kundenorientierte Bahn zu formen und drittens mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen - nicht erreicht wurden?
Herr Kasten, in den drei Punkten stimmen wir überein. Bei dem ersten habe ich die herzliche Bitte, das Kürzel BRD - das gefällt mir nicht so richtig, das gibt es eigentlich gar nicht - zu verwenden. Sie meinen sicherlich die Bundesrepublik Deutschland. Darauf wollte ich noch hinweisen. Ansonsten stimmen wir in den anderen drei Punkten überein.