Protocol of the Session on December 17, 2004

(Zustimmung bei der SPD)

und dieses steigert auch die Effizienz der Wahrnehmung der in den Kreisverwaltungen bereits vorhandenen Aufgaben.

Mir liegt sehr daran, ein Missverständnis auszuräumen, das in der gestrigen Haushaltsdebatte zum Ausdruck kam. Da hat Herr Scharf zu Herrn Bullerjahn gesagt, seine Idee der fünf Großkreise finde doch selbst in der SPD kaum Anhänger. Er, Bullerjahn, werde spätestens im Laufe des Jahres 2005 dies alles wieder einsammeln können und dann auch froh sein, dass dieser Mist wieder eingesammelt sein werde.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Fakt ist: Der SPD-Landesvorstand hat am Montag beschlossen, dass er unter Berücksichtigung der finanziellen Situation des Landes und der Kommunen sowie der Bevölkerungsentwicklung eine künftige Struktur mit fünf großen Kreisen für die am besten geeignete hält.

(Zustimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Ich selbst habe viele Jahre im Rhein-Sieg-Kreis und im Rhein-Neckar-Kreis gewohnt. Diese Kreise haben mehr als eine halbe Million Einwohner. Bei uns wäre bei die

ser Einwohnerzahl die Fläche größer. Aber was hindert uns denn, die hervorragende Verkehrsinfrastruktur zu nutzen, die sich im Land entwickelt, und einen Teil der kreislichen Aufgaben auf ein flächendeckendes Netz von Einheitsgemeinden zu übertragen, sodass die Bürgerinnen und Bürger kaum mehr zum Kreissitz fahren müssen?

Was das politische Ehrenamt angeht, bin ich der Meinung, dass die Motivation vor allem unter der Finanznot leidet, die kaum Gestaltungsspielräume lässt, und weniger unter größeren Entfernungen bei der Anfahrt zur Sitzung.

Ich will es noch erleben, dass wir aus eigener Kraft die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse mit westdeutschen Landkreisen herstellen.

(Frau Dr. Paschke, PDS: Da müssen Sie alt wer- den!)

Ich traue uns das auch zu, wenn wir Entwicklungen anderswo nicht hinterherlaufen, sondern uns selbst an die Spitze der Reformbewegung stellen.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Ziel einer konsequenten Funktionalreform ist die Zweistufigkeit der Erledigung staatlicher Aufgaben. Es geht darum, die staatliche Mittelinstanz aufzulösen. Solange es für das Fünf-KreiseModell keine Mehrheit gibt, ist ein Kompromiss anzustreben, der eine substanzielle Funktionalreform erlaubt. Eine solche Aufgabenübertragung auf die Kreisebene ist möglich, wenn die Gebietskörperschaften der Kreisebene ausnahmslos und nachhaltig mindestens 150 000 Einwohner zählen. Das wäre der Fall, wenn man die Zahl der Gebietskörperschaften der Kreisebene von gegenwärtig 24 auf zehn verringerte.

Wenn in den nächsten Monaten ein derartiger Kompromiss zustande kommt, dann - und nur dann - muss man nicht schon im Jahr 2009 das Fünf-Kreise-Modell realisieren. Das Bessere soll nicht des Guten Feind sein. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Kosmehl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rothe, ich freue mich ein Stück weit auf die Diskussionen, die wir im nächsten Frühjahr - vielleicht schon ab Januar - zu der Frage führen können, wie es mit der Neugliederung weitergehen wird. Dann brauchen Sie nicht stets und ständig sachfremde Themen zu nutzen, um Ihre Vorstellungen einzubringen. Inhaltlich haben Sie zu dem zu behandelnden Thema nichts gesagt.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Dann könnten Sie - so entnehme ich das - auch einfach zustimmen, anstatt sich zu enthalten.

(Zuruf von Herrn Bischoff, SPD)

Im Übrigen, Herr Bischoff, müssen Sie das schon selber mit Ihrer Basis ausmachen, wie Sie in einem doch engen

zeitlichen Zusammenhang zu einem Landesparteitag die Option zulassen

(Zuruf von Frau Bull, PDS - Zurufe von der SPD)

und das letztlich im Landesvorstand kassieren und sich dann festlegen. Aber, wie gesagt, das muss Ihre Basis mit Ihnen ausmachen.

(Herr Bischoff, SPD: Machen wir!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ihnen in der Drs. 4/1938 vorliegende Beschlussempfehlung des Innenausschusses beinhaltet ein über Monate zwischen der Exekutive, den kommunalen Spitzenverbänden und dem Landtag ausgehandeltes Paket zur Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene, genauer gesagt auf die Landkreise und kreisfreien Städte.

Insbesondere die Aufgabenübertragung innerhalb der Umweltverwaltung in den Bereichen Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Immissionsschutz wurde im Vorfeld der Einbringung des Gesetzentwurfes eingehend diskutiert. Aber auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise im Denkmalschutz, wurden Übertragungen einvernehmlich beschlossen. Ich denke, dass im Zuge des parlamentarischen Verfahrens die einzelnen Neuregelungen und Zuständigkeiten eingehend und ausführlich diskutiert worden sind. Mit den Einzelheiten möchte ich Sie daher nicht weiter strapazieren.

Lassen Sie mich aber noch zwei Punkte etwas näher beleuchten, erstens den notwendigen Personalübergang und zweitens die Änderungen, die sich im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ergeben haben.

Zum Erstgenannten: Es wird von uns begrüßt und wir haben uns bewusst dafür entschieden, dass kein gesetzlicher, sondern ein freiwilliger Personalübergang erfolgen soll. In der Regel sind ohnehin keine ganzen Arbeitsplätze betroffen, sondern jeweils Teilbereiche eines Arbeitsplatzes. Bei 24 Kommunen bestünde zudem ein praktisches Verteilungsproblem. Soweit jedoch die Kreise für die neuen Aufgaben Personal benötigen, wird und soll dieses aus dem Kreis der Landesbediensteten gewonnen werden. Dieser freiwillige Personalübergang wird mit einer Rahmenvereinbarung zwischen Landesregierung und kommunalen Spitzenverbänden begleitet.

Ich bin der Auffassung, dass dies der richtige Weg ist, zumal sich im Laufe der Ausschussberatungen bereits gezeigt hat, dass bis auf einige wenige noch offene Problemfälle Lösungen gefunden worden sind. Herr Rothe, ich stimme mit Ihnen darin überein, dass wir aber sehr genau im Auge behalten müssen, ob sich dieses Modell der Freiwilligkeit bewährt. Vielleicht können wir das dann zukünftig weiterhin anwenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach der Einbringung des Gesetzentwurfs seitens der Landesregierung haben sich in den vergangenen Monaten noch folgende wichtige Änderungen ergeben:

Die Aufgaben nach § 17 Abs. 2 des Unterhaltssicherungsgesetzes und die Aufgaben im Sinne von § 37 des Schulgesetzes bezüglich der Durchsetzung der Schulpflicht, die durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften mit Wirkung vom 1. Januar 2005 bereits auf die gemeindliche Ebene übertragen wurden, werden nunmehr aufgrund neuer bzw. wiederholter Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände und der neuen Entwicklung in der Schulgesetzgebung des Landes - Stichwort ist die soeben beschlos

sene neunte Novelle zum Schulgesetz - doch nicht auf die gemeindliche Ebene übertragen, sondern zur Aufgabenerfüllung beim Landkreis belassen.

Als Kompensation für diese Nichtübertragung werden sechs Aufgaben aus dem Geschäftsbereich des Bau- und Verkehrsministeriums im Bereich der Straßenverkehrsordnung auf die gemeindliche Ebene übertragen, wie zum Beispiel die Aufgabe bezüglich Ausnahmen vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstücksein- und -ausfahrten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Kreisgebietsreform kann man wohl an dieser Stelle sagen, dass der notwendige Kommunalisierungsprozess bei den staatlichen Aufgaben noch nicht abgeschlossen ist. Vor allem unter Berücksichtigung des Auftrages des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes sind Aufgaben, die weiterhin wahrzunehmen und nicht privatisierbar sind, auf die Kommunen im eigenen Wirkungskreis zu übertragen, soweit sie dazu geeignet sind. Diesem Auftrag wollen wir auch weiterhin gerecht werden.

Die FDP-Fraktion strebt daher weitere und weiter reichende Aufgabenübertragungen an, die die kreisliche Ebene stärken und zu leistungsfähigen und effektiven Strukturen führen werden. Auch unter dem Aspekt der angestrebten Nähe zum Bürger bzw. zum Betroffenen sind Verlagerungen auf die kreisliche Ebene zu befürworten, die zudem fachlich ebenso gut in der Lage ist, die jeweiligen Vorgänge zu bearbeiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Nun spricht für die PDSFraktion Frau Dr. Paschke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sollte nicht verwundern, dass unsere Bewertung dieses Gesetzentwurfs in weiten Teilen der Bewertung der SPD-Fraktion nahe kommt. So wie die SPD hat die PDS vom Beginn der Gesetzesdebatte an deutlich gemacht, wie sie zu grundsätzlichen Fragen der Funktional- und Verwaltungsreform steht.

Der Grundsatz war: Alle Aufgaben, die auf die kommunale Ebene verlagert werden können, sollen und müssen dort erfüllt werden. Noch besser aber soll dort darüber entschieden werden. Alle im Gesetz festgeschriebenen Aufgaben entsprechen diesem Grundsatz. Aus diesem Grunde wird die PDS-Fraktion nicht gegen den Gesetzentwurf stimmen, sondern sich der Stimme enthalten. Warum wollen wir uns der Stimme enthalten? - Dazu möchte ich zwei wesentliche Gründe nennen.

Erstens. Seit der letzten Legislaturperiode vertritt die PDS-Fraktion die Auffassung, dass es darauf ankommt, ganze Aufgabenbereiche und die dazu gehörenden Verwaltungsstrukturen vorrangig auf die kreisliche Ebene zu verlagern. Das ist mit diesem Funktionalreformgesetz nicht im Ansatz gelungen. Nun heißt dieses Gesetz, wie der Innenminister schon sagte, Erstes Funktionalreformgesetz. So können noch größere Würfe kommen. Dafür werden die Wege aber strukturell immer mehr verbaut. Einige Stichworte dazu: Sozialagentur, Landesbetrieb für

Verbraucherschutz, Errichtung des Landesbetriebes für Straßenbau, das Hochzonen der Schulverwaltungsämter. Die Gesamtentwicklung geht tendenziell auch nach der Verabschiedung dieses Gesetzes in die falsche Richtung.

Der zweite Grund für die Enthaltung besteht darin, dass die PDS eine andere Sichtweise auf den Zusammenhang zwischen der Funktionalreform und den Gebietsstrukturen hat. Herr Kosmehl, wenn Sie sagen, dass Herr Rothe zu fremden Inhalten gesprochen hat, dann zeigt das genau diesen Unterschied bei der Bewertung des Zusammenhangs zwischen der Funktionalreform und der Gebietsreform.

Eine Gebietsreform und eine Funktionalreform stehen in engem Zusammenhang. Die Ablehnung des Kreistags von Salzwedel zum Theater in der Altmark ist ein Beweis dafür, dass immer mehr nicht nur in Gebietskörperstrukturen gedacht werden soll, sondern in Strukturen, die eine ganze Region betreffen. Es wird immer deutlicher: Wir müssen weniger nach Fläche und Einwohnerzahl beurteilen, als vielmehr eben nach diesen Kriterien. Das schließt die Überlegung der Bildgung von Großkreisen ein und macht eine Deckelung von Kreisgrößen völlig kontraproduktiv.

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

Ja, es dient letztlich der Manifestation veralteter dreistufiger Verwaltungsstrukturen. - So weit zum Grundsätzlichen.

Lassen Sie mich stichpunktartig auf einige wenige Einzelbestimmungen im Gesetz eingehen. Die Finanzregelungen in Artikel 12 stießen auch bei uns auf große Akzeptanz. Ein entscheidender Fortschritt ist die Verlagerung der Konzessionsvergabe im ÖPNV auf die Kreisebene. Die Übertragung aus dem Umweltbereich verdeutlicht unseres Erachtens das Problem kleingliedriger Strukturen, weil man nämlich oftmals zur Krücke von Zweckverbänden greifen muss.

Wir müssen wirklich Kontrolle darüber haben, ob das Personal ankommt; denn bis jetzt zeigt sich, dass das so noch nicht funktioniert und dass sich die Kreisebene gegen die Aufnahme des Personals auch ziemlich versperrt.

Anerkennenswert ist, dass es zu einer, wie ich heute gelesen habe, Rahmenvereinbarung zur Kostenerstattung für personalwirtschaftliche Fragen und zur gemeinsamen Nutzung der Informationstechnik gekommen ist, weil darüber schon jahrelang diskutiert wurde.