Protocol of the Session on December 16, 2004

- Nein, Herr Gallert, das ist Ihr Fehler. Wir reden über die Binnenverteilung zwischen den drei kreisfreien Städten.

(Herr Gallert, PDS: Richtig! - Weitere Zurufe von der PDS)

Dort ist eine Differenzierung genau wie bei den kreisangehörigen Gemeinden je nach Größe durchaus machbar. Es ist doch Augenwischerei, wenn ich alle drei kreisfreien Städte gleich behandele. Geben Sie mir

Recht, dass das in der jetzigen Situation für Dessau keine Verbesserung gebracht hätte?

(Herr Gallert, PDS: Mathematik ist nicht Ihre Stär- ke! - Zuruf von Frau Dr. Weiher, PDS)

Herr Kosmehl, ich gebe Ihnen Recht, und Sie haben hier noch einmal eine gute Plattform gehabt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Reichert. - Damit ist die Debatte abgeschlossen und wir stimmen ab, zunächst über die Drs. 4/1899, die Eingemeindungen in die Stadt Gommern betreffend. Wünscht jemand, dass ich die Abstimmung in Einzelpunkten vornehme

(Frau Rotzsch, CDU: Nein!)

oder können wir zusammenfassen? - Dann stimmen wir über die selbständigen Bestimmungen in ihrer Gesamtheit ab. Wer stimmt zu? - Das sind nahezu alle. Stimmt jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Das ist auch nicht der Fall.

Dann stimmen wir ab über die Gesetzesüberschrift - „Gesetz über Eingemeindungen in die Stadt Gommern“ - und zugleichzeitig über das Gesetz in seiner Gesamtheit. Wer stimmt zu? - Das gleiche Abstimmungsverhalten. Ist jemand dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Damit ist dieses Gesetz einstimmig angenommen worden.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über die Drs. 4/1905. Das ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Dazu ist gewünscht worden, dass wir zunächst über die Beschlussempfehlung zu dem Antrag der PDS-Fraktion abstimmen. Diese Reihenfolge ist logisch, wenngleich nicht zwingend. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer stimmt der Ausschussempfehlung zu? - Die Koalition. Wer stimmt dagegen? - Die Opposition. Damit ist dieser Antrag entsprechend der Beschlussempfehlung mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über die Beschlussempfehlung zu dem Entwurf eines Gesetzes über Eingemeindungen in die kreisfreie Stadt Dessau ab. Wer stimmt zu? - Das ist die Koalition. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Opposition. Damit ist dieses Gesetz mehrheitlich so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 6 ist beendet.

(Zahlreiche Abgeordnete verlassen den Plenar- saal)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 7:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Sachsen-Anhalt (ÖPNVG)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 4/1801

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr - Drs. 4/1908

Änderungsanträge der Fraktion der PDS - Drs. 4/1918 und 4/1968

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 4/1972

Die erste Beratung fand in der 45. Sitzung des Landtages am 16. September 2004 statt. Berichterstatterin für den Ausschuss ist die Vorsitzende des Ausschusses, Frau Weiß. Bitte sehr, Frau Weiß.

Herr Präsident, und das vor fast leeren Rängen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf wurde am 16. Septembern 2004 in das Plenum des Landtages eingebracht. Es erfolgte die Überweisung zur weiteren Beratung in die Ausschüsse für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie für Finanzen.

Der Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr führte am 18. Oktober 2004 eine Anhörung mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, Aufgabenträgern, Verkehrsunternehmen sowie Wirtschafts- und Fahrgastverbänden durch. Die dort vorgebrachten Anregungen wurden von den Fraktionen aufgegriffen und im Ausschuss ausführlich diskutiert. Sie fanden sich in Änderungsanträgen wieder, die Vertreter aller Fraktionen in den Ausschussberatungen gestellt haben.

In der Sitzung des Ausschusses für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr am 29. Oktober 2004 stellten Vertreter der CDU- und der FDP-Fraktion sowie der SPD-Fraktion mehrere Änderungsanträge, die den Gesetzentwurf der Landesregierung in einigen Punkten ergänzten. Die geänderte vorläufige Beschlussempfehlung wurde mit sieben Jastimmen bei drei Enthaltungen an den mitberatenden Ausschuss für Finanzen weitergeleitet, der sich der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses anschloss.

Die abschließende Beratung im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, in der es noch einmal Änderungsanträge der PDS gab, fand am 26. November 2004 statt. Die endgültige Beschlussempfehlung erhielt sieben Jastimmen, drei Abgeordnete stimmten dagegen, einer enthielt sich der Stimme.

Die Ihnen nunmehr vorliegende Beschlussempfehlung wurde eingehend beraten und stellt das Ergebnis eines abgewogenen Findungsprozesses dar. Ich wünsche der Beratung hier im Plenum einen guten Verlauf und bedanke mich bei allen Beteiligten, auch bei den Vertretern der angehörten Verbände und Institutionen, für ihre konstruktive und kritische Mitarbeit. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Weiß, für die sehr dichte Berichterstattung. - Damit kommen wir gleich zu dem Debattenbeitrag der Landesregierung, hier vorgetragen von dem Minister für Bau und Verkehr.

(Frau Rotzsch, CDU: Nein! - Minister Herr Dr. Daehre: Als Letzter! So war es angekündigt worden!)

- Als Letzter. Dann treten wir in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion in der Reihenfolge SPD-, FDP-, PDS- und CDU-Fraktion ein. Zuerst erteile

ich dem Abgeordneten Herrn Sachse für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte sehr, Herr Sachse.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat in ihrer Stellungnahme bei der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag bereits deutlich gemacht, dass der Entwurf der Landesregierung nicht der große Wurf ist, dass er nicht zu mehr Berechenbarkeit und Planbarkeit führt und dass er nicht zukunftsfähig ist. Wir haben bereits damals ausgeführt, dass nach unserer Auffassung scheinbar alle Aufgabenträger mehr finanzielle Zuschüsse erhalten, in Wirklichkeit, aber bei der Herauslösung der Investitionsanteile, viele weniger.

Wir haben kritisiert, dass sich die Landesregierung jetzt völlig aus der eigenen Finanzierung des öffentlichen Straßenpersonennahverkehrs zurückzieht und dass der ÖPNV unseres Landes nun die alleinige finanzielle Absicherung durch den Bund mit entsprechenden Abhängigkeiten erhält.

Wir haben die Hoffnung gehabt, dass die Oppositionsfraktionen die Ausschussberatungen nutzen, um die gravierenden Mängel des Gesetzentwurfs zu beseitigen.

(Minister Herr Dr. Daehre: Oh, das war ein Ver- sprecher! „Die Oppositionsfraktionen“ haben Sie gesagt!)

- Entschuldigung, das war ein Versprecher. Ich korrigiere mich: die Koalitionsfraktionen. Vielen Dank für die Berichtigung.

(Minister Herr Dr. Daehre: Bitte, Herr Kollege!)

Die von der CDU und der FDP geführte Landesregierung war bemüht, die Vorgaben des Gesetzgebers für den ÖPNV auf ein Mindestmaß zu begrenzen, um damit vermeintlich mehr Spielräume für Investitionstätigkeiten und eigenwirtschaftliches Handeln zu schaffen. Dieses Bild ist aber trügerisch.

Ergänzend und noch einmal herausgehoben kritisieren wir die mangelnden Regelungen zum Schienenpersonennahverkehr. Ich verweise auf die letzte Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer, in der einige Dinge noch angemahnt werden.

Wir kritisieren, dass mit dem ÖPNV-Gesetz dem Bund geradezu signalisiert wird, dass seine ausgereichten Regionalisierungsmittel in nicht unerheblichem Umfang zweckentfremdet eingesetzt werden. Vor dem Hintergrund, dass der Bundesrechnungshof genau diese Zweckentfremdung moniert und die Kürzung der Regionalisierungsmittel nahe legt, halten wir die Vernachlässigung des SPNV im Gesetzentwurf für einen fatalen Fehler.

Mit Sorge betrachten wir die Pauschalierung und die Übertragung investiver Mittel auf die Aufgabenträger ohne entsprechende Zweckbindung. Wir alle wissen, dass es im Jahr 2004 in Sachsen-Anhalt nur zwei Landkreise mit einem ausgeglichenen Haushalt gibt. Im Jahr 2005 wird es kein Landkreis mehr sein. Den kreisfreien Städten geht es nicht anders. Wir alle wissen, dass die Aufgabenträger kaum dazu in der Lage sein dürften, die nötigen Rücklagen zu bilden, um Ersatzinvestitionen zu tätigen.

Wir alle wissen, dass es äußerst verführerisch ist, die zur Verfügung stehenden Gelder erst einmal zur Deckung der Betriebskosten und damit zur Entlastung der

kommunalen Anteile einzusetzen. Dies ist übrigens auch der Grund für die kommunale Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Dabei wird unterschätzt, dass sich mit Sicherheit Investitionsstaus ergeben werden.

Die SPD-Fraktion kritisiert, dass damit auch die im Gesetz formulierte Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge langfristig infrage gestellt wird.

Eigenwirtschaftliches Handeln, wie es von der CDU und der FDP propagiert wird, bedeutet in wirtschaftlichen Notsituationen eben nicht, dass investiert wird. Vielmehr lebt man von der Substanz und beschränkt seine Aktivitäten auf die wirtschaftliche Sofortwirkung.

Das Herzstück des Gesetzentwurfs ist der neue Schlüssel für die Verteilung der Zuwendungen an die Aufgabenträger. Dieser ist aus unserer Sicht in der Zusammensetzung unausgewogen und nicht zukunftsorientiert. Die Einführung des Erfolgsfaktors in den Verteilungsschlüssel begrüßen wir grundsätzlich; die Umsetzung allerdings weist gravierende Mängel auf.

Bei der Zusammensetzung der Faktoren wurde offensichtlich keine Rücksicht darauf genommen, welche Faktoren feste finanzielle Größen darstellen und welche in erheblichem Maß von externen Voraussetzungen abhängen. Das führt dazu, dass der Anteil des Erfolgsfaktors an den Gesamtzuwendungen für die Aufgabenträger zwischen 3 % und 66 % schwankt. Daraus ergibt sich eine erhebliche Planungsunsicherheit, die eine direkte Abhängigkeit der Aufgabenträger untereinander hervorruft.

Kritikwürdig ist auch die überproportionale Berücksichtigung der Fläche. Dieser Flächenfaktor findet sich bereits in den Fahrplankilometern wieder.

Meine Damen und Herren! Wenn die Finanzierung das Herzstück des ÖPNV-Gesetzes ist, dann ist dieser Patient herzkrank und wird keine lange Lebensdauer haben. Ich habe darauf im Ausschuss hingewiesen. Die SPD-Fraktion wird den ÖPNV im Land Sachsen-Anhalt weiter sehr aufmerksam beobachten, um das Schlimmste zu verhindern.