Protocol of the Session on December 16, 2004

sonst wird es nicht funktionieren.

Jetzt haben wir gesagt: Wir müssen einen Erfolgsfaktor einführen, damit diejenigen Aufgabenträger, die den ÖPNV tatsächlich ernst nehmen, mehr bekommen - das soll jährlich neu festgelegt werden -, damit wir mit dem Gießkannenprinzip aufhören. Es gibt einige Landkreise, die das sehr gut machen und die dafür belohnt werden sollen und mehr dafür bekommen sollen als andere.

Die zweite Säule, die wir in dem Bereich haben, ist der Flächenfaktor. Das ist doch ganz einfach. Ich denke nur an die Altmark oder die anderen Bereiche. Dort müssen wir natürlich dafür sorgen, dass der ÖPNV noch finanzierbar ist; denn in einer Großstadt kann man sich auch einmal mit dem Fahrrad bewegen. Dessau - Entschuldigung, dass ich wieder auf Dessau komme - hat ein hervorragend ausgebautes Radwegenetz. Das nutzen auch viele. Deshalb sind die Zahlen im Bereich des ÖPNV in Dessau niedriger. Aber wir müssen an die Fläche denken. Deshalb muss der Flächenfaktor Berücksichtigung finden.

Zu dem dritten Faktor. Es gab eine ganze Menge Personen, die sagten: Mit der Straßenbahn, Minister Daehre, das lassen Sie einmal. Daraufhin haben wir gesagt: Nein, wir wollen auch den Straßenbahnfaktor mit den 5 % dabei haben.

Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren kommen wir auf eine Summe von 37 Millionen €.

Nun wurde der Vorwurf erhoben, das Land ziehe sich zurück. Meine Damen und Herren von der SPD - ich darf das einmal konkret sagen -, ich weiß gar nicht, wann wir dafür originäre Landesmittel gehabt und gesagt haben, dass wir diese dem ÖPNV geben. Dafür gibt es die Regionalisierungsmittel.

Wir haben jetzt die Planungssicherheit für die Kommunen geschaffen, dass diese 37 Millionen € an den Mann und an die Frau kommen. Das Stichwort „kommunale Selbstverwaltung“ geht heute fast schon den ganzen Tag durch das Hohe Haus. Hier praktizieren wir sie. Die Kommunen bekommen das Geld. Sie können jetzt entscheiden, ob sie die Mittel investiv oder konsumtiv einsetzen. Ich sage Ihnen: Die Kommunen, die bereit sind, sich neue Investitionen zu leisten, werden die Attraktivität des ÖPNV erhöhen und dann tatsächlich auch mehr Kunden haben. Die, die das nicht tun, werden im nächsten Jahr natürlich weniger Geld bekommen.

Ein weiterer Punkt, der immer verschwiegen wird, ist, dass wir nach wie vor natürlich Großinvestitionen aus

den GVFG-Mitteln mitfinanzieren werden, etwa über das Schnittstellenprogramm, für die Beschaffung von Erdgasbussen, die Beschaffung von Straßenbahnen für die großen Städte oder für die vier Städte, die noch Straßenbahnen betreiben. Das kommt außerhalb des Gesamten. Das muss zumindest dazu noch gesagt werden.

Wenn ich das alles zusammenfasse, dann sage ich: Wir tun für den Bereich des ÖPNV sehr viel. Wir entscheiden mit diesem Gesetz aber auch darüber, dass wir Parallelverkehre in Zukunft nicht mehr finanzieren. Wir finanzieren entweder die Schiene oder die Straße, aber nicht beides. Diese Kopflastigkeit werden wir damit beseitigen.

Dann zu dem anderen Thema. Ich will mich in die Diskussion über das Thema Frauen - -

(Frau Bull, PDS: Nicht einmischen!)

- Nein, nein. Ich mische mich schon ganz gern ein.

(Frau Bull, PDS, lacht)

Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn man in den kommunalen Bereichen, dort, wo der Aufgabenträger des ÖPNV ist, noch darauf hinweisen muss, dass der ÖPNV eine besondere Rolle haben muss, dann sollte man dem Aufgabenträger vor Ort so auf die Füße treten, dass es richtig weh tut. Ich denke, dann haben wir das Problem gelöst.

(Zuruf von Frau Ferchland, PDS)

Es muss nicht alles zentralistisch von oben gelöst werden. Ich denke, Frau Rotzsch hat es auf den Punkt gebracht.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Dafür sitzen viele in den Kreistagen. Sie können das alles mit bestimmen, etwa was die Barrierefreiheit angeht und vieles andere mehr.

Aber wir müssen es wollen, meine Damen und Herren. Wir müssen dafür sorgen, dass der ÖPNV tatsächlich genutzt wird; denn sonst wird irgendwann einmal die Frage zu stellen sein, ob sich das Land Sachsen-Anhalt, die Bundesrepublik Deutschland das insgesamt noch leisten kann.

Wir geben in diesem Land Mittel in Höhe von 380 Millionen € für den öffentlichen Personennahverkehr in verschiedenen Bereichen, für den SPNV, für den ÖPNV aus, meine Damen und Herren.

Herr Minister, Sie sind bereit, eine Frage der Abgeordneten Frau Ferchland zu beantworten?

Aber selbstverständlich, und auch die von Herrn Kasten.

Herr Kasten, Sie kommen als Nächster an die Reihe. - Jetzt gleich oder am Ende?

Ich bin gleich am Ende und dann kann ich die Fragen beantworten.

Noch einmal: Wir gehen im ÖPNV einen anderen Weg, einen neuen Weg mit völlig anderen Strukturen. Ich sage Ihnen: Das bedeutet mehr kommunale Selbstverwaltung. Die Aufgabenträger sind aufgestellt. Sie wissen, welches Geld sie in Zukunft bekommen. Dann haben sie zu handeln.

Dass nach drei Jahren überprüft werden soll, ob die Prozentsätze sich bewährt haben, ob wir vielleicht die Stellschrauben ändern müssen, ist ein sehr guter Vorschlag.

Eine letzte Anmerkung: Ich habe es in den letzten Jahren selten erlebt, dass bei einem Gesetzentwurf, der von der Regierung eingebracht und über den auch kontrovers diskutiert worden ist, auch Anträge der Opposition berücksichtigt wurden und sich wiederfinden lassen. Ich erinnere mich noch an Zeiten, in denen mit einer Abstimmung alles, was die Opposition eingebracht hatte, innerhalb von zwei Minuten weggestimmt wurde, ohne dass inhaltlich darüber beraten worden wäre.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Dr. Kuppe, SPD: Das erleben wir laufend!)

Deshalb herzlichen Dank für eine konstruktive inhaltliche Diskussion zu diesem Gesetzentwurf. Sie sehen daran, dass auch die Regierungsparteien bereit sind, das eine oder andere aus den Reihen der Opposition zu übernehmen. Es geht um das ganze Land Sachsen-Anhalt und um den ÖPNV in Sachsen-Anhalt. Unterstützen Sie das vor Ort.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf, mit dem wir sicherlich eine Pionierleistung für den ÖPNV in Deutschland erbringen. Ob das Gesetz nach drei Jahren korrigiert werden muss, wird man sehen. Am 30. Juni 2008 muss die Landesregierung einen schriftlichen Bericht vorlegen. Dreimal dürfen Sie raten, wer den dann vorlesen wird. - Herzlichen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP - Herr Dr. Thiel, PDS: Sie halten dann die Gegenrede!)

Herr Minister, Sie signalisierten, dass Sie bereit sind, einige Fragen zu beantworten. Als erste erhält die Abgeordnete Frau Ferchland die Möglichkeit zu fragen. Bitte sehr, Frau Ferchland.

Ladies first - wer hätte das gedacht? - Herr Minister, die Landesregierung hat sich doch dem Gender-Mainstreaming-Ansatz verschrieben, wie wir immer hören.

(Oh! bei der CDU - Unruhe - Herr Gallert, PDS: Er aber nicht!)

Glauben Sie erstens nicht, dass Gender-Mainstreaming auch in die Verkehrspolitik des Landes Sachsen-Anhalt gehört?

Sie haben sich zweitens in Ihrer Rede auf die Kollegin Rotzsch bezogen, die aber bei Ihrer Begründung nicht die kommunale Selbstverwaltung im Blick hatte, sondern im Gegenteil eher der Meinung war, dass das nicht notwendig sei.

(Unruhe bei der CDU)

Wenn wir uns jetzt aber Studien ansehen, erfahren wir, dass, abgesehen von der Schülerbeförderung,

Meine Damen und Herren, bitte ein bisschen gedämpfter.

Frauen die Hauptnutzergruppe des ÖPNV darstellen, aber eben keine Mitsprachemöglichkeiten bei der Planung des ÖPNV haben. Glauben Sie nicht auch, dass man gerade der Hauptnutzergruppe diese Möglichkeit einräumen sollte?

Wir haben deswegen unseren Antrag eingebracht. Sie selbst haben gesagt, man müsse es nur wollen. Ich stimme Ihnen zu: Man muss es nur wollen. Mit der Annahme unseres Änderungsantrages würde das Parlament ein Zeichen dafür setzen, dass wir es wollen, dass Frauen als Hauptnutzerinnen des ÖPNV auch die Möglichkeit der Mitsprache haben.

Ich setze immer auf Frauen.

(Frau Bull, PDS: Das wissen wir!)

- Selbstverständlich. Wenn man über 60 Jahre alt ist, darf man einmal das eine oder andere auch in diesem Bereich erwähnen. - Aber im Ernst, ich sage nochmals: Wenn wir im 21. Jahrhundert im Bundesland SachsenAnhalt in der Bundesrepublik Deutschland dies immer noch betonen und es vielleicht noch in ein Gesetzt aufnehmen müssen - -

(Frau Dr. Kuppe, SPD: So ist die Realität!)

- Frau Dr. Kuppe, ich könnte sagen, Sie ersetzen zwei Männer, wenn Sie in diesem Bereich auftreten. Meine Damen, wir tun immer so, als ob wir etwas für Sie machen müssten. Sie sind doch heute alle so selbstbewusst, dass sie das eigentlich gar nicht nötig haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Kernpunkt ist doch ein anderer. Darum müssen wir nicht herumreden. Wenn man abends zu einer späten Stunde als Frau unterwegs ist, gibt es tatsächlich ein Problem. Deshalb haben wir - darauf kann ich nur verweisen - das System mit den Anrufbussen und den Anruftaxis. Wir sollten mit diesen flexiblen Bedienformen tatsächlich eine Vereinbarung treffen. Auch ich bin der Meinung, eine Frau, die allein unterwegs ist, geht abends selbstverständlich ruhiger aus dem Theater hinaus, wenn sie weiß, ich werde nach Hause gefahren, und zwar mit einem Anruftaxi. Das sollte der Weg sein.

Trotzdem will ich nicht abstreiten, dass dabei ein Sicherheitsproblem besteht. Aber es extra festzuschreiben? - Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben andere Möglichkeiten. Sie haben es angesprochen: GenderMainstreaming. In dem Bereich, bin ich der Meinung, kriegen wir es auch anders gelöst.

(Frau Ferchland, PDS, meldet sich zu Wort)