Protocol of the Session on November 11, 2004

Herr Minister, Sie hatten auch Herrn Gallert die Beantwortung einer Frage zugesagt. - Bitte sehr, Herr Gallert.

Herr Minister, wir haben die Situation, dass Herr Daehre als Minister für Raumordnung im nächsten Monat oder wann auch immer ein Stadt-Umland-Gesetz vorlegen will, in dem das Verhältnis der Oberzentren zu ihrem Umland geregelt werden soll. Kriterien oder Konkretes dazu wissen wir noch nicht. Heute haben wir einen Gesetzentwurf vorliegen, der in einem ganz konkreten Fall die Entscheidung dazu schon trifft. Jetzt frage

ich Sie: Wie verhält sich diese konkrete Entscheidung zu dem zu erwartenden Gesetzentwurf von Herrn Daehre und - -

(Minister Herr Dr. Daehre: Das passt schon hin- ein! - Zurufe von der CDU)

- Das ist schon einmal wichtig zu wissen. - Herr Innenminister, ist mit dieser Eingemeindung nach den Vorstellungen der Landesregierung eine Quantität der Stadt Dessau erreicht, die weiterhin eine Kreisfreiheit ermöglicht?

(Zuruf von Herrn Kolze, CDU)

- Aber ich frage danach, Herr Kolze.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage - das ist meine Meinung dazu - schließe ich mich gern den Ausführungen von Kollegen Sachse an, der auf die Einwohnerzahlen einging und fragte, ob diese Frage die einzig relevante in dieser Betrachtung ist und ob es nicht eher um die Verwaltungskraft geht.

Die Frage, ob Roßlau sich eingemeinden lässt, ist eine Entscheidung, die vor Ort zu treffen ist. Sie wird dann über den Gesetzgeber, den Landtag zu exekutieren sein.

Zu Ihrer Frage, was das Ministerium für Raumordnung im Zusammenhang mit den Stadt-Umland-Beziehungen und den dabei zu lösenden Problemen vorbereitet und in welchem Verhältnis dies zur Eingemeindung von Rodleben und Brambach in die Stadt Dessau steht: Freiwillige Eingemeindungen gehen immer. Die Frage, ob eine freiwillige Eingemeindung zulasten einer dritten kommunalen Gebietskörperschaft - hier eines Landkreises - geht, ist zu bewerten, und zwar von denjenigen, die die Entscheidung treffen, auch vom Landtag nach einer Anhörung der Betroffenen.

Bei dem, was über das Raumordnungsministerium vorbereitet wird, geht es um die Frage: Gibt es aus Raumordnungsgesichtspunkten gute Gründe, eine Eingemeindung gegen den Willen von betroffenen, bisher selbständigen Gemeinden vorzunehmen. Das ist ein völlig anderer Vorgang als hier, wo zwei betroffene Gemeinden selbst den Willen bekundet haben, ihre Selbständigkeit aufzugeben und sich in eine größere Stadt eingemeinden zu lassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Insoweit läuft eine Regelung, die vom Raumordnungsminister vorbereitet wird zu der Frage, unter welchen Kriterien gegen den Willen von betroffenen Kommunen eine Entscheidung zur Gemeindevergrößerung oder Gemeindebildung getroffen werden kann - -

(Herr Gallert, PDS: Aber Anhalt-Zerbst ist eine betroffene Kommune!)

- Herr Gallert, das habe ich doch gesagt: Die Betroffenheit des Landkreises Anhalt-Zerbst ist unbestritten. Insoweit ist in dem Abwägungsprozess zu der Eingemeindung von zwei Gemeinden, die in eine kreisfreie Stadt wollen und damit den Landkreis verlassen, zu bewerten, ob dieser Wunsch und diese Entwicklung, die dort vonstatten geht, die Interessen des Landkreises so weit negativ beeinflusst, dass man es aus der Interessensicherung des Landkreises heraus nicht vollziehen kann.

Diese schwere Aufgabe hat der Landtag als Gesetzgeber an dieser Stelle.

(Frau Budde, SPD: Sie doch auch!)

- Natürlich, deswegen bewerten wir ja so etwas auch.

Herr Minister, sind Sie bereit, zwei weiteren Fragestellern eine Antwort zu geben?

Ja.

Bitte sehr, Herr Reck.

(Herr Reck, SPD: Würden Sie erst Herrn Buller- jahn eine Frage stellen lassen?)

- Gut, dann würde ich Herrn Bullerjahn zunächst bitten, die Frage zu stellen, wenn Sie ihm den Vortritt lassen.

Herr Jeziorsky, wir können das jeden Monat auf diese leichte Art hin und her schieben. Ich spreche zu Ihnen als einer, der acht Jahre lang miterlebt hat, wie Sie und auch andere, die heute noch hier sitzen, Manfred Püchel und die alte Regierung getrieben haben, doch konzeptionell tätig zu werden. Damals gab es ein Leitbild; dazu kann man stehen oder nicht stehen. Damals gab es auch schon Diskussionen zum Stadtumland. Die waren schwierig und ich sage hier unumwunden: Dieses Thema haben wir auch nicht so gelöst, dass es letztendlich nachhaltig auf dem Tisch lag. Das will ich alles zugeben.

Nun sage ich mal: Wenn wir miteinander vernünftig umgehen wollen - - Ich nehme das ernst, was der Raumordnungsminister beim letzten Mal gesagt hat, dass wir einen Kompromiss suchen wollen, wir alle, damit die Leute draußen wissen, dass es nicht vielleicht wieder passieren wird, dass in der neuen Wahlperiode eine Mehrheit sagt: Was interessiert uns das, was SchwarzGelb gemacht hat? Wir werden jetzt mit der gleichen Methode arbeiten wie die vor uns.

Ist es angesichts dessen nicht vernünftig und politisch legitim, dass man nicht Tatsachen schafft, die vielleicht lokalen Interessen Einzelner entsprechen, die aber ein Landesinteresse überhaupt nicht erkennen lassen, und dass wir alle miteinander daran arbeiten sollten, erst mal Grundlagen zu schaffen, bevor wir die Einzelheiten klären.

Fachlich ist das überhaupt kein sauberes Vorgehen, denn Sie wissen ganz genau: Wenn ich raumordnerisch herangehe, muss ich von den Zentren nach außen gehen, denn ich will sie stärken. Dabei kann es nicht darum gehen, ob einzelne Dörfer unbedingt noch bis Dezember irgendwo hinein müssen oder nicht. Das muss ich ganz klar sagen.

Deswegen noch einmal meine Frage: Wie wollen Sie gewährleisten, dass Sie vielleicht eine größere Mehrheit bekommen als die schwarz-gelbe, die vielleicht über den Tag hinaus trägt?

Und übrigens, Herr Minister, zu meiner ganz konkreten Frage, die Sie mit Ja oder Nein hätten beantworten kön

nen, haben Sie sozusagen auch wieder herumgeeiert. Vielleicht können Sie mit einem ganz klaren Ja sagen, dass Sie ganz persönlich auch hinter diesem Vorgehen stehen, und alle Unklarheiten beseitigen.

Wichtiger wäre mir aber - deswegen ist es eine Art Feststellung von mir -: Wenn Sie das jeden Monat so weitermachen, werden Sie dieses ganze Thema vor die Wand fahren und wir werden am Ende dastehen und uns vor den Leuten verantworten müssen.

(Zustimmung bei der SPD, von Frau Bull, PDS, und von Frau Dr. Hein, PDS)

Wenn Sie die Frage meinten, Herr Bullerjahn, ob der freiwillige Entschluss der drei Gemeinden, nach Dessau zu wechseln, jetzt über einen Antrag der Koalitionsfraktionen im Gesetzgebungsgang zu entscheiden ist, dann sage ich: Ja. Das ist meine ganz persönliche Meinung.

Zu Ihrer anderen Frage - eine ganze Frage war es ja nicht - oder Ihrer Bewertung gebe ich Ihnen gerne Recht: Solche Prozesse sind eher schwierig. Sie sind am allerschwierigsten dann, wenn man auf allen Ebenen gleichzeitig handeln will, was Sie vorhatten, alles auf einmal zu machen, wobei Sie mit Sicherheit in den letzten zwei Jahren mitbekommen haben, welche Unruhe ganz automatisch bei Veränderungen in den Ebenen entsteht.

Ein Zusammenführen von staatlichen Sonderämtern oder drei bisherigen Regierungspräsidien zu einer großen Verwaltung löst auch Unruhe aus. Das haben wir alle mitbekommen. Die Diskussion auf der Gemeindeebene im Hinblick auf die Bildung größerer Verwaltungseinheiten löst auch Unruhe aus. Wenn Sie zeitgleich auch noch auf der Kreisebene eine Diskussion in den dortigen Verwaltungen produzieren, dann ist auf allen Ebenen, die Verwaltungshandeln vor Ort umzusetzen haben, Unruhe. Dann besteht schon ein bisschen Sorge, dass die Verwaltungsvorgänge alle ordentlich und sachgerecht abgearbeitet werden.

Nur eine Bemerkung dazu: Wir übertragen Aufgaben aus der staatlichen Verwaltung auf die Kreisebene mit dem Wunsch - das ist auch legitim -, dass Mitarbeiter aus dem Landesdienst durch die Kommunen übernommen werden. Das ist kein leichter Vorgang. Wenn gleichzeitig bei den übernehmenden Landkreisen die Diskussion liefe, wie denn die Personalkörper von zwei bisherigen Kreisverwaltungen zusammengeführt und zusätzlich auch noch Landesbedienstete übernommen werden sollen, dann hätte ich Ihnen immer garantiert, dass das ein schwer zu schulternder Vorgang ist.

Deswegen ist es besser, die einzelnen Stufen nacheinander in einer entsprechenden Reihenfolge zu nehmen und den nächsten Schritt zu machen, wenn bestimmte Klarheiten und wieder ein bisschen Ruhe eingekehrt sind. Genau so gehen wir vor. Ich denke, das ist eine Möglichkeit, den Weg zur Veränderung in den Strukturen unserer Kommunen auch auf der Kreisebene ohne ganz große Brüche gehen zu können - anders als das bei einem gleichzeitigen Herangehen auf drei Baustellen der Fall wäre.

Herr Abgeordneter Reck, bitte sehr.

Keine Angst, Herr Tullner, ich weiß, wo Dessau liegt. Aber es gibt auch ein Dessau in der Altmark bei Arendsee zum Beispiel.

Aber meine Frage ist nicht inhaltlicher Art, sondern bezieht sich auf das Verfahren. Herr Minister, in den letzten zwei Stunden sind dem Parlament drei Gesetzentwürfe übergeben worden, bei denen jeweils die Vertreter der Landesregierung oder andere gesagt haben: große Dringlichkeit. Innerhalb von vier Wochen soll der Landtag drei wichtige Gesetze - mindestens drei - bearbeiten. Halten Sie das für einen angemessenen Umgang der Landesregierung mit dem Parlament?

Diesen Gesetzentwurf - Herr Kollege Reck, vielleicht haben Sie es nicht gelesen - hat nicht die Landesregierung eingebracht, der kommt aus der Mitte des Parlaments.

(Herr Reck, SPD: Sie haben aber darum gebe- ten, dass es zügig beraten wird!)

- Genau das ist so nicht der Fall, mein lieber Herr Kollege Reck. Ich hatte vor - das ist die normalste Geschichte der Welt -, so wie für Leitzkau, Ladeburg und Dornburg bei mir im Hause das Gesetz für eine entsprechende Eingemeindung vorzubereiten. Ich habe allen Beteiligten, auch den Beteiligten vor Ort, nämlich den Bürgermeistern, gesagt: Über diesen Weg ist der Termin der Eingemeindung, wie ihn sich die Gemeinden wünschen - 1. Januar 2005 -, so nicht zu halten. Es ist schlichtweg eine Frage des Verfahrens, dass es über eine Gesetzesinitiative der Landesregierung etwas länger dauert, als wenn ein Gesetzesvorstoß aus der Mitte des Landtags kommt. Das wissen Sie doch, Herr Reck.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Damen und Herren von der CDU-Ortsgruppe Naumburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir treten nun in die Debatte ein, fünf Minuten Redezeit je Fraktion. Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Dr. Polte das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Polte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie werden sicher nach diesem Schlagabtausch bis eben nachvollziehen können, dass inzwischen mein Herzschlag schon wieder etwas höher ist.

(Heiterkeit bei der FDP - Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Ich möchte nämlich an die Debatte vor vier Wochen erinnern. Damals hatten wir auf der Grundlage des Antrages der SPD-Fraktion zum Leitbild auch eine sehr interessante, aber strittige Debatte. Aus dieser würde ich gern mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten drei Kernaussagen wiedergeben, die im Laufe der Debatte getroffen worden sind.

Erstens. Zwischen der Frage einer Neugliederung der Landkreise und den Stadt-Umland-Problemen der Ober