Meine Damen und Herren! Ich denke, wir alle sind insgesamt nicht auf einem schlechten Weg. Das Thema Ausbildungsplätze sollte das Parlament über die Parteigrenzen hinweg interessieren. Der Weg, weitere betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen, ist sehr wichtig.
Ein letzter Satz: Wir werden in einigen Jahren ein anderes Problem bekommen. Für die dann vorhandenen Ausbildungsplätze wird es möglicherweise nicht mehr genügend Bewerber geben. Wir sollten versuchen, jetzt alles Mögliche tun, um die Jugendlichen in Ausbildung zu bekommen. - Herzlichen Dank.
Herr Dr. Schrader, ich muss doch eine Nachfrage stellen. Wir wollen das Problem nicht verniedlichen. Wir kennen uns in der Tat aus der Zusammenarbeit im Wirtschaftsausschuss.
Ich gehe einmal davon aus, dass Ihnen die Zahlen, die Sie wiederum nicht erwähnt haben, bekannt sind. Wir haben 33 638 Bewerber um einen Ausbildungsplatz. Das ist die aktuelle Zahl in diesem Jahr für Sachsen-Anhalt.
Sind Sie mit mir der Auffassung, dass 9 935 oder - sagen wir es ruhig so - ca. 10 000 betriebliche Ausbildungsplätze eher ein Tropfen auf den heißen Stein sind? Sind Sie mit mir ferner der Auffassung, dass man in der Tat von einer Ausbildungsmisere sprechen muss, wenn so wenig betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden?
Wir brauchten eigentlich dreimal so viele betriebliche Ausbildungsplätze. Ich denke, vor diesem Hintergrund sollten wir nicht der Gefahr unterliegen, das Problem zu verniedlichen. Die Ausbildungssituation ist nach wie vor brisant. Ich denke, es steht einem Landesparlament gut zu Gesicht, dies auf den Punkt zu bringen und zu benennen.
Ihre Frage war so ausführlich, dass ich zum Schluss nicht mehr wusste, ob ich jetzt mit Ja oder mit Nein antworten sollte.
Ich muss mit Ja und mit Nein antworten. Ich antworte mit Ja, weil das Thema so wichtig ist, dass wir uns damit beschäftigen müssen. Ich antworte mit Nein, weil ich Ih
Ich habe ausgeführt: Wir sind auf einem guten Weg, auch - darin haben Sie Recht - wenn es erst gut ein Drittel betrieblicher Ausbildungsplätze ist. Aber deshalb beschäftigen wir uns damit. Deshalb muss man versuchen, auch mit der Wirtschaft - denn nur sie kann die betrieblichen Ausbildungsplätze stellen - zusammenzuarbeiten. Deswegen finde ich es nicht gut, wenn Sie sagen, dass Sie gegen den Ausbildungspakt sind. Das ist der Sache nicht förderlich.
- Doch. Er hat gesagt, dass er das nicht befürworte und dem sehr kritisch gegenüber stehe. Das heißt: Er ist nicht dafür.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Glaubt man den offiziellen Verlautbarungen sowohl des Landes als auch der Bundesregierung, dann ist durch den Ausbildungspakt 2004 alles im Lot, ist die Trendwende eingeleitet, die Situation entschärft und alles wunderbar und rosarot.
Die Bundesagentur spricht sogar von einer neuen Qualität, die sich in Gang gesetzt hat. Nun kann ich diese neue Qualität nicht sehen; denn bei einer genauen Betrachtung der Zahlen muss man feststellen: Es ist nicht besser, sondern es ist schlimmer geworden.
Herr Professor Dr. Sedlacek von der FSU Jena brachte es neulich bei einer Tagung des Nordhäuser Dialoges auf den Punkt - ich zitiere -:
Meine Damen und Herren! Das Ausbildungsjahr 2004 brachte in Bezug auf die Ausbildungsplätze keine Trendwende. Es endet vielmehr mit einer schlechteren Bilanz als in den letzten sieben Jahren. Bundesweit wurden 45 000 Jugendliche nicht in eine Ausbildung vermittelt. Das ist knapp ein Drittel mehr als im Vorjahr.
Die Politik und die Wirtschaft haben einen Pakt geschlossen, der trotz allen öffentlichen Getues in der Substanz keine Verbesserung der Lage gebracht hat. Anstatt besser wurde es schlechter. Rechnet man nämlich die Jugendlichen ein, die in Warteschleifen abgeschoben werden und dennoch ihren Vermittlungswunsch für dieses Jahr aufrechterhalten, so suchen im Herbst dieses Jahres noch 130 000 Jugendliche vergeblich nach einem Ausbildungsplatz. Die Zahl der bei den Agenturen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsplätze ist weiter zurückgegangen, und zwar um 22 000. Der größte Teil der Bewerber ist nicht in Ausbildung gekommen, sondern wird in Warteschleifen geparkt.
Auch ich beziehe mich auf die Zahlen, die die Bundesagentur herausgegeben hat; denn dort werden auch die Jugendlichen registriert, die sich dort melden. Wenn wir davon ausgehen, dass die Zahlen nicht real sind, dann ist die Zahl der unvermittelten Bewerber anscheinend noch höher.
Die Lage hat sich also weiter verschlechtert - und das im ersten Jahr des Ausbildungspaktes. Versprochen war etwas anderes. Alles sollte besser werden, verkündeten die Bundesregierung und die Wirtschaftsverbände. Doch aus dieser Ankündigung wurde nichts. Ich muss ehrlich gestehen, ich habe das auch nicht anders erwartet. Ich mache hier seit sechs Jahren Ausbildungspolitik. Jedes Jahr wurde uns das versprochen und in keinem Jahr wurde es eingehalten.
Mit diesem Pakt verpflichten sich die Partner gemeinsam verbindlich, in enger Zusammenarbeit mit den Ländern allen ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen ein Ausbildungsangebot zu unterbreiten.
Wer glaubt, dass der Ausbildungspakt das Ausbildungsjahr 2004 rettet, meine Damen und Herren, der hat mit Zitronen gehandelt. Es war sehr voreilig, dass die SPD das Projekt der gerechten Verteilung der Ausbildungskosten in der Wirtschaft aufgegeben hat. Eventuell regt sich bei Ihnen noch etwas und das Berufsbildungsförderungsgesetz, das die Bundesregierung mehrheitlich beschlossen hat, wird doch noch umgesetzt. Es sollte umgesetzt werden, wenn zum Stichtag 30. September - den hatten wir erst - 35 000 Jugendliche nicht vermittelt worden sind. Es sind nunmehr 45 000 Jugendliche. Vielleicht tun Sie jetzt etwas. Aber ich muss ehrlich sagen: Auch daran glaube ich nicht mehr.
Meine Damen und Herren! Die Kosten für den Pakt trägt der Steuerzahler. Auch wenn sich die Wirtschaftsverbände im Pakt zu mehr Aktivitäten verpflichtet haben, blieb die Finanzierung außen vor. Das Geld für 14 000 Ausbildungsplätze im Bund-Länder-Programm Ost oder für die Einstiegsqualifikationen in Höhe von 270 Millionen € wird vom Staat oder von der Bundesagentur aufgebracht. Weitere Millionenbeträge pumpen die Länder ins System; denn in fast allen Ländern - auch bei uns - wurden ergänzende Länderpakte beschlossen.
Welche negativen Wirkungen öffentliche Mittel in immer höherem Umfang haben, kann man sich zum Beispiel genauer in Nordrhein-Westfalen ansehen. Im Jahr 2003 gab es dort den seit 20 Jahren niedrigsten Stand bei betrieblichen Ausbildungsplätzen, und zwar trotz starker Subventionierung. Staatliche Subventionen werden gerne mitgenommen, betrieblich finanzierte Ausbildungsplätze entstehen dadurch sehr selten.
Die unzureichende Ausbildungsleistung der Betriebe und der komplette Rückzug aus der Ausbildungsverantwortung werden mit Subventionen nicht behoben. Nur 23 % der Betriebe bieten Ausbildungsverträge an. Von den 1,2 Millionen ausbildungsberechtigten Unternehmen ist nur die Hälfte auch wirklich ausbildungsaktiv. An diesem Grundübel der aktuellen Krise des dualen Systems haben der Ausbildungspakt und auch die Subventionspolitik nichts geändert.
Im Hinblick auf das Land Sachsen-Anhalt hat Professor Lutz in seinem Gutachten schon im Jahr 1999 auf die Mitnahmeeffekte hingewiesen und von staatlichen Subventionen abgeraten. Aber die Landesregierung geht ei
Damit bin ich bei der Landesbetrachtung. Ende August standen nach den Angaben der Bundesagentur 1 176 noch nicht vermittelten ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen 176 freie Stellen gegenüber. Letztes Jahr waren es 675 unvermittelte Jugendliche; das waren 501 unvermittelte Jugendliche weniger.
Die Ausbildungsversorgung läuft in diesem Ausbildungsjahr auf ein Debakel hinaus. Ob wir es nun Misere oder Debakel nennen - an der Situation ändert sich eigentlich gar nichts.
Die Zahl der angebotenen betrieblichen Ausbildungsstellen hat sich in Sachsen-Anhalt gegenüber dem Vorjahr um 481 Stellen verringert.
Wir haben einen Rekord bei den Altnachfragern. Fast 64 % der noch nicht vermittelten Bewerber sind Altnachfrager aus dem Vorjahr, die aufgrund der Warteschleifenpolitik wieder vor der Tür der BA stehen. Diese Zahl der Jugendlichen steigt und steigt und steigt und wir schieben diese wie eine Bugwelle vor uns her.
Diese Jugendlichen werden immer älter. 27 % dieser Altnachfrager sind schon älter als 20 Jahre. Ob sie überhaupt noch einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeit finden, ist auch mit Blick auf Hartz IV fraglich.
Der Rückgang der Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze gegenüber dem Vorjahr setzt sich trotz erheblicher Subventionen fort. Wir haben im Land 4,6 % weniger betriebliche Ausbildungsstellen. Damit geht die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze bereits das siebente Jahr in Folge zurück. Seit 1990 haben wir ein Drittel der betrieblichen Stellen verloren.
Meine Damen und Herren! Sicherlich - darauf hat der Minister schon hingewiesen - wird sich die Situation zum Jahresende entspannen. Aber um welchen Preis? - Sonderprogramme des Bundes und der Länder - das sind 3 000 Plätze -, außerbetriebliche Ausbildungsplätze der Bundesagentur für Arbeit für Benachteiligte und Behinderte - das sind 2 000 Plätze -, berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen im Auftrag der BA - das sind 3 000 Plätze - und Angebote der Berufsschulen - das sind 5 000 Plätze - könnten wieder dazu führen, dass der erstaunten Öffentlichkeit zum Jahresende ein ausgeglichenes Angebot präsentiert wird. Die Berufsschulpflicht macht’s möglich.
Doch viele dieser kurzfristig geschaffenen Angebote sind reine Notstopfen und Feuerwehrmaßnahmen ohne konzeptionelle Perspektive für die betroffenen Jugendlichen, für die Lehrkräfte und letztlich auch für die Wirtschaft.
Das Grundrecht auf freie Berufswahl der Jugendlichen bleibt mit dieser Politik auf der Strecke. Tausende Jugendliche werden mit ihrem Berufswunsch nicht zum Zuge kommen, sondern in Zweit- oder Drittwünsche abgedrängt. Vielfacher Wechsel und Abbrüche sind die Folge, die die Steuer- und Beitragszahler viel Geld kosten. Sowohl die Landes- als auch die Bundesregierung haben hierbei sehenden Auges Versäumnisse aufgehäuft, die dringend der Korrektur bedürfen.
Frau Dr. Hüskens, wenn Sie mir jetzt auch die Frage stellen, ob und wie viele Jugendliche die PDS ausbildet, dann kann ich sagen: Die PDS-Landtagsfraktion bildet in diesem Jahr aus. Ich frage Sie: Wann bilden Sie aus? Fast alle PDS-Landtagsfraktionen bilden aus.