Wenn Sie es getan hätten, wäre in diesem Hohen Hause nicht erkannt worden, dass Sie eben nicht auf einer
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin. - Die Ministerin hat mit ihrem Redebeitrag die Runde noch einmal aufgemacht. Wünscht jemand das Wort?
Das ist nicht der Fall. - Ich mache darauf aufmerksam, dass Beschlüsse in der Sache nicht gefasst werden, sodass wir den Tagesordnungspunkt 1 verlassen können.
Bevor wir in die Aktuelle Debatte einsteigen, habe ich die Freude, Seniorinnen und Senioren aus Eggersdorf begrüßen zu können. Seien Sie recht herzlich willkommen!
In der Aktuellen Debatte beträgt die Redezeit zehn Minuten je Fraktion. Die Landesregierung hat ebenfalls eine Redezeit von zehn Minuten. Es wird folgende Reihenfolge der Debatte vorgeschlagen: SPD, FDP, PDS und CDU. Zunächst erteile ich dem Antragsteller, der SPD, das Wort. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Metke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit scheint sich zu einem Markenzeichen dieser Landesregierung zu entwickeln. Das gilt leider auch für den Bereich der beruflichen Erstausbildung. Dies ist umso fataler, als bei jungen Menschen Hoffnungen geweckt wurden, die zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingelöst worden sind.
Bei der Vorstellung des Paktes für Ausbildung in Sachsen-Anhalt am 28. Juni 2004 erklärte der Ministerpräsident: „10 500 betriebliche Ausbildungsplätze sind das Minimum.“ Die aktuell vorliegenden Zahlen der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen zum 30. September 2004 zeigen deutlich: Dieses Ziel wurde verfehlt.
Zum Abschluss des Ausbildungsjahres 2003/2004 wurden lediglich 9 935 betriebliche Ausbildungsplätze gemeldet. Dies ist ein Rückgang um 4,6 % gegenüber dem Vorjahr und ein erneuter historischer Tiefststand. Anders ausgedrückt: Noch nie gab es so wenige betriebliche Ausbildungsplätze in Sachsen-Anhalt.
Selbst das Gesamtangebot an betrieblichen und außerbetrieblichen Ausbildungsstellen liegt unter dem der Vorjahre. Es stellt mit insgesamt 16 778 Ausbildungsstellen einen traurigen Negativrekord dar. Obwohl die Zahl der Bewerber mit minus 2,2 % leicht rückläufig war, konnten 1 176 Jugendliche zum 30. September 2004 noch nicht
Auch die Zahl der so genannten Altnachfrager hat sich nochmals auf 42,4 % erhöht. Hinter diesem technokratischen Begriff verbergen sich Jugendliche und Schulabgänger aus den vergangenen Jahren, die noch einen Ausbildungsplatz suchen und die bisher nur die Chance hatten, in einer der zahlreichen Warteschleifen unterzukommen.
Letztlich setzt sich die Abwanderung fort. Über 2 300 Schulabgänger haben auch in diesem Jahr das Land verlassen und haben ihre Erstausbildung in den westlichen Bundesländern aufgenommen. Wir haben hierüber in der Vergangenheit schon des Öfteren diskutiert.
Meine Damen und Herren! Die Ausbildungsmisere in Sachsen-Anhalt setzt sich nicht nur fort, sie spitzt sich sogar weiter zu, und dies, obwohl sicherlich alle Beteiligten im Rahmen des Paktes für Ausbildung zahlreiche Bemühungen an den Tag gelegt haben. Ich möchte diese Bemühungen niemandem absprechen.
Gleichwohl sprechen die Zahlen der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt/Thüringen eine deutliche Sprache. In keinem der Wirtschaftszweige konnte ein Zuwachs an betrieblichen Ausbildungsplätzen erreicht werden. Im Handwerk sind es minus 1,7 %, im Bereich der Industrie- und Handelskammern minus 3,5 %, im öffentlichen Dienst minus 5,5 %, bei den freien Berufen minus 10,4 %, jeweils bezogen auf das vergangene Jahr. Besonders alarmierend ist der Rückgang der Zahl der Ausbildungsplätze in den neuen IT-Berufen. Hier wurden 8,1 % weniger betriebliche Ausbildungsstellen als im Vorjahr gemeldet.
Dass es auch anders geht, zeigen zum Beispiel der Agenturbereich Dessau mit dem Standort Bitterfeld und der Agenturbereich Merseburg. Hier wurden echte Zuwächse bei der Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze erreicht, die allerdings durch den Rückgang in allen anderen Agenturbereichen unter dem Strich zu einer negativen Entwicklung geführt haben.
Meine Damen und Herren! Nun gibt es im Zusammenhang mit den von mir zitierten und vorgetragenen statistischen Zahlen der Arbeitsverwaltung eine neue und aus meiner Sicht kuriose Diskussion. So erklärte der Wirtschaftsminister in einer Pressemitteilung vom 5. Oktober 2004, dass es zwar richtig sei, dass die Zahl der unversorgten Bewerber höher sei als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Auch sei zutreffend, dass ein Rückgang von betrieblichen Ausbildungsstellen gegenüber dem Vorjahr festgestellt werden müsse. Diese Zahlen könne man aber getrost vernachlässigen, weil es bei den Kammern eigene Statistiken gebe, die ein anderes Bild vermittelten.
Wenn er jetzt da wäre, dann hätte ich gesagt: Mit Verlaub, Herr Minister, wir sollten schon seriös miteinander umgehen.
Auch im Wirtschaftsministerium wird seit Jahren bei der Erstellung des Berufsbildungsberichtes auf die Zahlen der Arbeitsverwaltung exakt Bezug genommen. Dies ist auch gut so. Wenn sich jetzt Beteiligte am Ausbildungspakt ihre eigenen Statistiken basteln, dann ist das mehr
als fragwürdig und hat etwas von dieser Pseudoobjektivität nach dem Motto: Rauchen ist nicht gesundheitsschädlich. Gezeichnet: Dr. Marlboro.
Meine Damen und Herren! Normalerweise müsste man davon ausgehen, dass die Landesregierung im Rahmen des Ausbildungspaktes mit gutem Beispiel vorangeht. Aber auch hierbei klaffen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo es darum geht, das Angebot betrieblicher Ausbildungsplätze auszuweiten, werden Ausbildungsplätze gestrichen.
Bei der Salus gGmbH, einer 100-prozentigen Tochter des Landes, wurden noch in den vergangenen Jahren bis zu 24 Ausbildungsplätze angeboten. Diese 24 Ausbildungsstellen sind auf ein Minimum zusammengestrichen worden. Der eigene Ausbildungsbetrieb wurde eingestellt. Man überlässt die auch zukünftig notwendige Fachkräfteausbildung jetzt einzelnen Kreiskrankenhäusern.
Ähnliches gilt für den Bereich des Landesforstbetriebes. Dort werden aktuell nicht nur Ausbildungsplätze gestrichen, sondern sogar eine Ausbildungsstätte im Forstamt Harzgerode geschlossen. Wer sich im Rahmen des Ausbildungspaktes so verhält, der muss sich nicht wundern, wenn er nicht mehr ernst genommen wird.
Meine Damen und Herren! Im Pakt für Ausbildung Sachsen-Anhalt haben die Beteiligten schriftlich festgelegt, verbindliche Eckpunkte umzusetzen. So hat sich die Landesregierung unter anderem verpflichtet, im Rahmen des Förderinstrumentariums die Verbundausbildung besonders zu fördern. - So weit die Theorie. Die Praxis sieht völlig anders aus.
Gemäß Haushaltsplanentwurf 2005/2006 werden die vorgesehenen Mittel im Vergleich zu 2004 genau in diesem Bereich um 18 bzw. 20 % gekürzt. Damit wird im Rahmen des Ausbildungspaktes ein schriftlich gegebenes Versprechen gebrochen. Dazu passt dann auch die Diskussion der vergangenen Wochen und Monate, in der frei nach dem Motto „Die Jugendlichen sind doch selbst schuld, wenn sie nicht vermittelt werden können“ aus negativ Betroffenen Verantwortliche gemacht werden.
Da geht es zum Beispiel um die Höhe der Ausbildungsvergütungen. Gerade der zuständige Ressortminister wird nicht müde zu behaupten, dass die Ausbildungsvergütungen schuld an den fehlenden Ausbildungsplätzen seien, obwohl diese Behauptung mehr als einmal widerlegt worden ist. So hat das Berufsbildungsinstitut schon vor Jahren errechnet, dass gerade in den Branchen, in denen höhere Ausbildungsvergütungen gezahlt werden, diese Vergütungen spätestens ab dem zweiten Ausbildungsjahr von den Auszubildenden selbst erwirtschaftet werden.
Nehmen Sie ein Beispiel aus dem Bereich des Handwerks. Ohne Auszubildende hätte manche Kfz-Werkstatt schon längst ihre Tore schließen müssen.
Besonders unerträglich wird es aber, wenn ausgerechnet der Ressortminister die Diskussion führt, der seinerseits Gesetzeslücken genutzt hat, um Trennungsgeld zu
(Zustimmung bei der SDP und bei der PDS - Oh! bei der CDU und bei der FDP - Frau Fischer, Merseburg, CDU: Das ist ja wohl fies! Das ist po- lemisch!)
Hier klaffen dann nicht nur Anspruch und Wirklichkeit auseinander, es fehlt ganz offensichtlich jeglicher Bezug zur Realität.
Meine Damen und Herren! Es wird sicherlich niemanden überraschen, wenn ich sage, dass ich kein Befürworter des Weges der Ausbildungspakte bin, schon deshalb nicht, weil keine Ausbildungsplatzgarantien vereinbart worden sind.
Dennoch kommt es jetzt darauf an, im Interesse der betroffenen Jugendlichen, aber auch im Sinne einer mittelfristigen Sicherung des Nachwuchses an Fachkräften die Nachvermittlungszeit bis zum Ende des Jahres offensiv zu nutzen. Dabei muss es dann aber um die Ausweitung des völlig unzureichenden Angebotes an betrieblichen Ausbildungsplätzen gehen.
Die so genannten Maßnahmen der Einstiegsqualifizierung mit IHK-Zertifikat sind keine Alternative zu regulären betrieblichen Ausbildungsplätzen. Sie laufen darauf hinaus, dass die bestehenden Defizite bei der beruflichen Erstausbildung wieder einmal über staatliche Finanzen ausgeglichen werden müssen.