Protocol of the Session on July 9, 2004

(Minister Herr Dr. Daehre: Freiwilligkeitsansatz!)

und das Gegenteil der im Zusammenhang mit der heute bereits diskutierten Funktionalreform angestrebten Kommunalisierung. Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass wir diesen Antrag eigentlich im Zuge der Gesetzgebung zur Funktional-, Verwaltungs- und kommunalen Gebietsreform hätten diskutieren müssen. Dies war aber hier nicht so gewollt.

Grundsätzlich - das klang schon an - bräuchten wir über dieses Thema hier und heute nicht mehr zu reden, wenn

die CDU-FDP-Koalition die von der SPD-Vorgängerregierung vorbereitete Kreisgebietsreform

(Herr Schröder, CDU: Lesen Sie doch einmal den Antrag, Herr Sachse!)

- ich sage einmal - konsequent durchgezogen und nicht unverantwortlich gestoppt hätte und wenn es heute absehbar leistungsfähigere Landkreise geben würde.

(Beifall bei der SPD - Oh! bei der CDU)

Zwei Jahre - das möchte ich hier auch einmal festhalten - sind inzwischen verschlafen worden. Nun soll im Hauruck-Verfahren aus unserer Sicht eine Flickschusterei erfolgen. Kaum sind die Kommunalwahlen vorbei, soll anscheinend möglichst schnell die Zusammenlegung der Straßenbauverwaltungen erfolgen.

Darüber hinaus - das ist der Knackpunkt - haben Sie einen weiteren Punkt in Ihrem Antrag, der die Kritik der SPD maßgebend hervorruft: Sie wollen unter dem letzten Anstrich Ihres Antrages einen Privatisierungsauftrag erhalten. Meine Damen und Herren! Den Segen für diesen Privatisierungsauftrag werden Sie von der SPDFraktion hier heute nicht bekommen. Das ist etwas Grundsätzliches. Darüber muss man reden, zumal es, wie gesagt, eine große Befindlichkeit in dieser Frage gibt.

Die von Ihnen angestrebte Aushöhlung der Zuständigkeiten des Landesstraßengesetzes und der dort verankerten Regelungen werden wir nicht mittragen. Bei dem, was Sie hier vorhaben, müsste man eigentlich auch über eine Änderung des Landesstraßengesetzes nachdenken.

Der richtige Weg für eine nachhaltige Verbesserung der Situation wäre die möglichst schnelle Schaffung leistungsfähiger Landkreisstrukturen; denn leistungsfähige Kommunen, die man entsprechend finanziell ausstattet, könnten auch die Betreuung der Landesstraßen übernehmen.

(Beifall bei der SPD - Minister Herr Dr. Daehre: Wie soll denn das Ganze einhergehen?)

Das wäre eine echte Kommunalisierung. Diesen Weg sollte man nicht aus den Augen verlieren.

(Minister Herr Dr. Daehre: Sollen die Bundes- straßen und Autobahnen auch alle zu den Krei- sen?)

Es muss gefragt werden, warum Sie nicht darauf orientieren. Die von Ihnen in den Mittelpunkt gestellten Effizienzgewinne bei den jetzigen Landkreisstrukturen erscheinen für die SPD-Fraktion überbewertet. Der im CDU-FDP-Antrag im letzten Anstrich - ich deutete darauf bereits hin - enthaltene Auftrag zur Privatisierung ist aus unserer Sicht äußerst fragwürdig.

Nach dem, was bisher bekannt geworden ist, beabsichtigt die Landesregierung erst einmal die Einrichtung eines LHO-Betriebes Bau unter Einbeziehung der Hochbautätigkeit des Landes. Wie das später bei der vorgesehenen Organisationsprivatisierung mit eventuell materieller Teilprivatisierung wieder auseinander genommen werden soll, ist mir persönlich unklar. Darüber müsste man reden, statt das gleich mit einem konkreten Auftrag zu versehen.

Ich verweise in dem Zusammenhang auf die nicht eindeutig positiven Erfahren mit dieser Privatisierung im

Freistaat Thüringen. Sicher wird Ihnen das aus der Untersuchung der Thüringer Straßenwartungs- und -instandhaltungs-GmbH bekannt sein. Der Freistaat Thüringen ist dort der alleinige Gesellschafter. Für den Zeitraum von 1997 bis 1999 sind dort Untersuchungen durchgeführt worden. Es sind dabei keine Ansatzpunkte für eine qualitative und quantitative Verbesserung des Angebotes an Leistungen für das Land Thüringen bei der Straßenunterhaltung und auch keine eindeutige Kostenreduzierung nach der Privatisierung festzustellen gewesen.

Herr Abgeordneter, Sie haben Ihre Redezeit bereits um eineinhalb Minuten überzogen. Kommen Sie bitte zum Ende.

Solange es also keine Klarheiten diesbezüglich gibt, kann man auch keinen konkreten Auftrag an die Landesregierung in dieser Angelegenheit erteilen. Anderenfalls muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, dass man eine Entscheidung verantwortungslos getroffen hat.

Der Änderungsantrag hat dies nach meiner Auffassung aufgegriffen. Wir würden diesem Antrag unsere Zustimmung geben wollen, um dann nach einer Anhörung eine verantwortbare Entscheidung treffen zu können. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Sachse. - Meine Damen und Herren! Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDPFraktion. Es spricht der Abgeordnete Herr Qual. Bitte sehr, Herr Qual.

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Wie im vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen erläutert, nimmt die Straßenbauverwaltung des Landes für Landkreise - für einige bereits über Jahre - die Unterhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen wahr. Dass sich das bewährt hat, kann ich auch nach persönlichem Kenntnisstand aus meiner langjährigen Tätigkeit beim Landkreis Sangerhausen bestätigen.

(Zuruf von Herrn Sachse, SPD)

Es drängt sich vielmehr die Frage auf - jawohl, Herr Sachse -, warum sich ein Landkreis überhaupt diese Aufgabe aufbürdet. Je kleiner der Landkreis, umso größer ist die Belastung, die damit verbunden ist.

Es liegt doch auf der Hand, dass sich durch die Überführung der technischen Verwaltung der Kreisstraßen von den Landkreisen in die Straßenbauverwaltung des Landes klare Rationalisierungseffekte in der Aufgabenerfüllung ergeben, insbesondere durch die Bündelung der Aufgaben. Diese liegen im Wesentlichen im Wegfall mehrfachen Verwaltungsaufwandes und weiterhin in Kosteneinsparungen für Fahrzeuge, Geräte und Personal. Besonders ins Gewicht fällt, dass den Landkreisen sehr kostenintensive Neu- und Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen und technischem Gerät - das wurde auch schon vom Herrn Minister gesagt -, die gegenwärtig erforderlich werden, erspart bleiben.

In der Vergangenheit gab es aufgrund der Kreisgrenzen insbesondere im Winterdienst nicht selten Koordinierungsprobleme, damit verbunden Kritik aus der Bevölkerung und auch Einschränkungen in der Verkehrssicherheit. Das kann zukünftig durch die breitflächigere Bewirtschaftung seitens der Straßenbauverwaltung des Landes zumindest eingeschränkt werden. Durch die Bildung wirtschaftlicher bzw. wirtschaftlicherer Einheiten könnten die den Landkreisen jährlich nach dem FAG bereitgestellten Baulastzuweisungen auch effizienter eingesetzt werden.

Nicht uninteressant dürfte für die Landkreise auch sein, dass die für Investitionen an Kreisstraßen zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 1 000 € auf 2 000 € pro Kilometer erhöht werden können. Wichtige Voraussetzung ist für uns auch - das sage ich im Interesse der Landkreise und auch generell - die Erzielung des Einvernehmens zur Übernahme des Personals aus den Landkreisen außerhalb der Personalreduzierungsvorhaben der Landesregierung. Des Weiteren sollte die Aufgabe perspektivisch einer Privatisierung zugeführt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Überführung in den Landesbaubetrieb.

Verehrte Damen und Herren! Wir bieten an, den Absatz 4 des Änderungsantrages der PDS-Fraktion, der die Durchführung einer Anhörung vorsieht, in unseren Antrag zu übernehmen, vielleicht noch mit der Einschränkung - ich habe vorhin schon mit Herrn Kasten gesprochen -, dass der Anhörungszeitraum bis zum vierten Quartal verlängert wird, allerspätestens bis Oktober.

Eine Unterrichtung des Landtages sollte in den Ausschüssen für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie für Inneres und für Finanzen erfolgen.

Ich bitte Sie im Namen der FDP-Fraktion, den Antrag der Koalitionsfraktionen anzunehmen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Qual. - Für die PDS-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Kasten das Wort. Bitte sehr, Herr Kasten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag beinhaltet ein Thema, zu dem man sagen muss: Wer sich noch erinnert, weiß, dass das einmal Landstraßen zweiter Ordnung waren, die dann überführt worden sind. Das muss man als Basis feststellen. Sie wissen, wie die Angelegenheit bezüglich der Rahmenbedingungen der Förderung usw. lief. Dieses Thema jetzt zu beraten war notwendig. Ich kann sagen, dass wir es auch schon bei uns in Fachkreisen thematisiert haben. Auch deswegen dieser Änderungsantrag. Wir müssen auch eine Relation herstellen.

Wenn ich mir ein Straßenbauamt, zum Beispiel aus meiner Region das Straßenbauamt Halberstadt, hinsichtlich der Betreuung von Straßen anschaue, sind das zum Beispiel in Halberstadt zurzeit 450 km Bundesstraße und 650 km Landesstraße. Ein Landkreis wie Wernigerode hat zurzeit 130 km Kreisstraßen - 1 : 10 ungefähr die Relation.

Wir haben den Zustand zu verzeichnen, dass einige Landkreise ihre Straßenmeistereien modernisiert haben und Technik angeschafft haben, aber bei anderen dieser Prozess jetzt ansteht. Das heißt, wir müssen jetzt eigentlich Wege aufzeigen, wie wir unter den gegebenen Bedingungen eine Lösung finden, die im Interesse der öffentlichen Hand kostengünstig und zukunftsorientiert ist.

(Zustimmung von Herrn Qual, FDP)

Das muss man sagen.

Wir haben in dem Entwurf - Herr Gallert hat das schon gesagt, ich will es noch einmal sagen -, den die PDS zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform vorgelegt hat, deutlich gesagt, dass diese Aufgabe im Prinzip von den großen Landkreisen umgesetzt werden kann. Da will ich noch eines drauf setzen: Soweit ich weiß, ist es in Baden-Württemberg sogar so, dass diese großen Landkreise nicht nur für diese Straßen zuständig sind, sondern das gesamte Straßennetz betreuen, also bis zu den Bundesstraßen. Es geht also auch anders herum.

Gerade aus dieser Sicht ist es notwendig, da wir einen eigentlich ambivalenten Ansatz haben, bedingt durch die noch nicht entschiedenen Strukturen in unserem Land mit angezeigter Zweistufigkeit, dass die bisher vorliegenden Erfahrungen, insbesondere auch der im Fachministerium erarbeitete Vorschlag, Grundlage einer Anhörung werden.

Übrigens, vom Termin her wäre das der 1. Oktober. Ich habe schnell einmal nachgeschaut. Deswegen haben wir „drittes Quartal“ hineingeschrieben. Das heißt, der 1. Oktober wäre der Termin, zu dem der Ausschuss Zeit hätte. Es wäre besonders wichtig, dass wir vor der Haushaltsberatung noch einmal darüber reden können und daran im Prinzip auch Entscheidungen knüpfen können.

Wir müssen dann auch noch die Zahlen klären, die Herr Minister Dr. Daehre genannt hat. Von den 7 400 € sind ungefähr 5 400 €, die für den Unterhalt drauf gehen. Dann kämen die ungefähr 10 % für die Verwaltung, die der Landkreis jetzt zahlt, hinzu und der Rest wäre der Investitionsanteil. Wenn insgesamt eine bessere Lösung für die Landkreise, für die Straßeninfrastruktur dieser Kreisstraßen, möglich wird, dann sollte man diesen Weg gehen.

(Minister Herr Dr. Daehre: Das ist die Zielstel- lung, richtig!)

Das Problem ist natürlich: Bei einer Kreisgebietsreform muss auch die Möglichkeit offen gehalten werden, dass die Landkreise die Aufgabe wieder übernehmen können, wenn sie die Größe von zwischen fünf und zehn Landkreisen, wie wir sagen, haben.

Herr Abgeordneter, sind Sie bereit, eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Rothe zu beantworten.

Ja, gern im Anschluss, wie das bei den Fünfminutendebatten so ist.

Am Ende, Herr Rothe.

Wir können bestätigen, dass wir sehr für den effektiveren Einsatz von öffentlichen Mitteln und damit auch den effektiveren Einsatz von Material und Personal sind, für eine effektivere Beschaffung und bessere Auslastung der modernen Technik. Warum das manchmal schwierig ist, wenn eine Kreisstraße endet und andere Verantwortlichkeiten beginnen, ist schon aufgezeigt worden.

Ich denke aber, insbesondere sollten wir in diesem Zusammenhang sehen - das haben wir bei unseren Arbeiten zur Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform herausgearbeitet -, dass wir im Verwaltungsbereich mittelfristig Personal einsparen können. Im Bereich der Betreuung, also im Bereich der Straßenwärter, werden wir sicherlich auch beim Vorhandensein moderner Technik ungefähr das gleiche Personal einsetzen müssen. Mit diesem Spektrum sollten wir auch diejenigen anhören, die zu diesem Thema fachlich Erfahrungen haben und die auch Innovationen einbringen wollen.

Ich würde, aus dem Spektrum der Diskussion heraus, fast empfehlen, beide Anträge zu überweisen, statt sie zusammenzufügen. Das trifft zwar nicht den genauen Inhalt der Anträge, würde aus meiner Sicht aber auch die SPD-Fraktion berücksichtigen.