Protocol of the Session on July 9, 2004

Ergreifen wir nach dem Fiasko des gestrigen Tages gemeinsam die Chance, etwas für unsere Kinder zu tun und wieder auf die Menschen im Land zuzugehen.

Meine Damen und Herren! Wir legen dazu einen Gesetzentwurf vor, von dem wir glauben, dass er unter den gegebenen Umständen eine gute Lösung darstellt. Ich beantrage die Überweisung federführend in den Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport, in den Innenausschuss und in den Finanzausschuss. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Sie tun gerade so, als mache keiner etwas für die Kinder! Eine Schande ist das!)

Herr Gallert und auch Herr Kley haben eine Nachfrage. - Bitte sehr, Herr Gallert.

Frau Grimm-Benne, dieselbe Frage, die ich an Herrn Kley gestellt habe, stelle ich auch an Sie. Sie kennen die Verfassungslage. Dort steht: Wenn der Gesetzentwurf des Volksbegehrens nicht unverändert angenommen wird, kommt es zum Volksentscheid. So wie die Dinge liegen, ist es klar bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Gesetzentwurf des Volksbegehrens im Landtag keine Mehrheit bekommt, das heißt, es kommt zu einem Volksentscheid.

Ist es geplant, falls Ihr Gesetzentwurf eine Mehrheit erhalten würde - das wäre natürlich die notwendige Voraussetzung -, dass ein solches Gesetz, vom Landtag beschlossen, als Alternative in einen solchen Volksentscheid eingespeist wird?

Warum nicht? Dafür kämpfen wir hier. Das Volksabstimmungsgesetz sieht aus unserer Sicht diese Kompromissmöglichkeit ausdrücklich vor. Deshalb habe ich gesagt, dass wir für diese Lösung kämpfen. Ich hätte kein Problem damit, dass dieser Gesetzentwurf alternativ in den Volksentscheid aufgenommen wird.

Das ist eine klare Antwort. Danke.

Herr Kley, bitte sehr.

Frau Kollegin Grimm-Benne, in einer Reihe von Kommunen haben die Eltern durchgesetzt, dass die Betreuung von fünf Stunden von 9 bis 14 Uhr in Anspruch genommen werden kann, das heißt, früh werden, um das Mittagsschläfchen durchzuführen, zwei Stunden verschenkt, in denen man gemeinsam zusammen sitzen könnte. Wie beurteilen Sie diesen Drang der Eltern, ihren Kindern möglichst viel Bildung zukommen zu lassen?

Diesen Drang beurteile ich anders. Auch deswegen haben wir unseren Gesetzentwurf eingebracht. Es geht darum, zum einen den Elternwillen durchzusetzen und zum anderen den Bildungsauftrag, den wir haben und in die Kindertagesstätten einbringen wollen, zu erfüllen. Ich

muss auch fragen - ich weiß nicht, wie das andere Kolleginnen und Kollegen machen, die kleine Kinder haben -, wie wichtig der Mittagsschlaf für kleine Kinder in den Einrichtungen ist. Er ist wichtig, um zum Beispiel am Nachmittag eine individuelle Förderung, wie zum Beispiel eine Sprachförderung, zu machen. Meine Tochter geht zum Beispiel in eine Kindertagesstätte, in der nachmittags eine individuelle Sprachförderung gemacht wird.

Die Krux ist auch, dass es so unterschiedlich gehandhabt wird in diesem Lande. Ich besichtige hauptsächlich Kindertagesstätten, in denen man die Kinder von 7 bis 12 Uhr bringen muss, um diese fünf Stunden zu realisieren.

(Herr Kley, FDP: Das ist auch richtig!)

Es gibt eine weitere Nachfrage von Frau Feußner. - Bitte sehr.

Das Letzte, was Sie gesagt haben, hat mich doch noch bewogen, eine Nachfrage zustellen. Frau Grimm-Benne, Sie sagten, Sie beobachten, dass die Einrichtungen im Grunde genommen nur von 7 bis 12 Uhr solche Angebote machen würden. Ist Ihnen bekannt, dass das Gesetz überhaupt nicht solche Einschränkungen vorsieht und dass es in der Verantwortung des Trägers vor Ort liegt? Wir können es gesetzlich nicht regeln, wann wo welche Eltern ihr Kind bringen können.

Frau Grimm-Benne, ich möchte noch eine Frage hinterher schieben - ich darf ja zwei Fragen stellen. Die Eltern haben die Möglichkeit, zwischen unterschiedlichen Betreuungszeiten in den Einrichtungen frei auszuwählen. Es gibt die Eltern, deren Kinder einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben, und die Eltern, deren Kinder einen - das betone ich bewusst - gesetzlichen Anspruch auf eine Betreuung haben, die fünf Stunden umfasst. Ich rede jetzt von den Eltern, deren Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf eine Betreuung von fünf Stunden haben und die zwischen unterschiedlichen Anfangszeiten der Betreuung wählen können.

Wie erklären Sie sich den Tatbestand, dass sich die Mehrzahl der Eltern in der Regel für eine Betreuungszeit entscheidet, in der das Kind in der Einrichtung schläft, in der Ressourcen der Bildung, die Sie eben beschrieben haben und die - das möchte ich betonen - für das Kind unheimlich wichtig sind, eigentlich verloren gehen? Denn ich denke, in der Regel können in der Zeit des zweistündigen Mittagsschlafes - Sie haben betont, dass der Mittagsschlaf in der Einrichtung sehr wichtig ist - Bildungsaspekte nicht mehr zur Wirkung kommen. Wenn ich schlafe, dann schlafe ich.

(Frau Bull, PDS: Sie vielleicht! - Unruhe)

Wie erklären Sie sich diesen Tatbestand?

Zu Ihrer ersten Frage. Ich habe nur die Realität dargestellt, wie ich sie wahrnehme. Diesbezüglich mag es sicherlich Unterschiede geben.

(Frau Feußner, CDU: Bitte?)

- Ich habe nur die Realität dargestellt, wie ich sie wahrnehme.

(Frau Feußner, CDU: Das liegt an dem Träger! Dann müssen Sie mit dem Träger reden!)

- Dann reden wir noch einmal mit den Trägern. Ich habe auch mehrere andere Landkreise besucht. Dort hat es eine ähnliche Regelung gegeben.

(Frau Feußner, CDU: So ein Quatsch! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Ich habe Ihnen nur meine Wahrnehmung der Realität dargestellt.

(Zuruf von Herrn El-Khalil, CDU)

Zu der zweiten Frage. Frau Feußner, wir haben einfach sehr unterschiedliche Auffassungen.

(Frau Feußner, CDU: Das hat doch nichts mit Auffassungen zu tun!)

- Selbstverständlich. Wir haben eine vollkommen andere Auffassung davon, was während des Tagesablaufes in einer Kita passieren soll. Ich habe mich bemüht, aufzuzeigen, dass Bildungs- und Spielmomente sowie Momente der Ruhe zum Tagesablauf gehören. Ich habe versucht, die Ausgestaltung dieser sieben Stunden darzustellen.

Ich möchte mich jetzt nicht auf die Diskussion darüber einlassen, ob nun fünf Stunden ausreichend sind oder ob sieben Stunden notwendig sind. Ich bin der Meinung, sieben Stunden wären notwendig, um nicht nur die reine Betreuung zu gewährleisten, sondern auch Bildungselemente in die Betreuung einzubringen, und zwar so gestaffelt, wie es für die Kinder - es geht immerhin um kleine Kinder - machbar ist.

(Beifall bei der SPD - Frau Feußner, CDU: Das sind also sozusagen Ihre Argumentationsgründe! - Weiterer Zuruf von der CDU)

Danke, Frau Grimm-Benne, für die Einbringung Ihres Gesetzentwurfes. - Wir werden jetzt eine verbundene Debatte mit einer Redezeit von zehn Minuten je Fraktion führen. Als erster Debattenredner wird der Abgeordneten Herr Kurze für die CDU-Fraktion sprechen. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit den beiden heute zu beratenden Gesetzentwürfen liegen Entwürfe vor, die das Ziel haben, die Kinderbetreuung in unserem Land weiter zu verbessern. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich zu beiden Gesetzentwürfen getrennt Stellung nehme und mit unserem Gesetzentwurf beginne.

Nach nunmehr einem Jahr Erfahrung mit dem Kinderförderungsgesetz in der Praxis können wir feststellen, dass sich dieses Gesetz trotz aller Kritik, die wir in der gestrigen Debatte wahrgenommen haben, bewährt hat. Wenn man nach einem Jahr KiFöG in die Kommunen, freien Träger oder Elternhäuser hineinhört, dann kann man feststellen, dass in zunehmendem Maße die Meinung vertreten wird, dass das Gesetz eigentlich ganz gut funktioniert.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Die Vorzüge des KiFöG habe ich bereits in der gestrigen Debatte dargestellt, sodass ich diese heute nicht wiederholen möchte. Ich freue mich selbstverständlich darüber, dass wir heute nicht einem polemischen Eingangsstatement folgen mussten, welches am Ende ziemlich am Thema vorbei ging.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU - Oh! bei der SPD und bei der PDS - Herr Bullerjahn, SPD: Sie werden es nie begreifen! Ich verstehe das nicht! - Zuruf von Frau Ferchland, PDS - Unruhe)

Mit der heutigen Einbringung unseres Gesetzentwurfes machen wir unsere Ankündigung wahr, das Kinderförderungsgesetz rund ein Jahr nach seinem In-Kraft-Treten unter praktischen Gesichtspunkten auf den Prüfstand zu stellen und es an einigen Stellen noch familienfreundlicher zu gestalten. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf Anwendungsschwierigkeiten, die Eltern, Träger und Leistungsverpflichtete in Gesprächen benannt haben, beseitigen bzw. klarstellen.

Was bedeute das im Einzelnen? - Zum einen wird der Anspruch auf Ganztagsbetreuung auf die Zeiten des Mutterschutzes erweitert. Diese Ausweitung des Ganztagsanspruches ist auf Landesseite mit Mehrkosten in Höhe von 1 Million € verbunden. Ein Anteil von 53 % dieses Betrages muss selbstverständlich durch die Landkreise und die kreisfreien Städte aus eigenen Mitteln mitfinanziert werden. Mit der erwähnten Ausweitung des Ganztagsanspruchs tragen wir dem Wunsch vieler Mütter Rechnung, die sich eine Entlastung in dieser nicht immer einfachen Zeit wünschen.

(Herr Czeke, PDS: Auch Väter!)

Zum anderen wird in dem Gesetzentwurf ausdrücklich die Anwendung bundesgesetzlicher Regelungen zur Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen durch das Jugendamt vorgesehen. Demnach kann das Jugendamt auch eine ergänzende ganztägige Betreuung in einer Tageseinrichtung gewährleisten. Es besteht dann ein Anspruch auf Aufnahme des Kindes in eine Einrichtung. Die Kosten, die in diesem Zusammenhang entstehen, müssen vom Träger übernommen werden.

Ferner wollen wir Anwendungsprobleme in der Praxis in Bezug auf die Kostenerstattung im Falle der Aufnahme von Kindern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsverpflichteten haben, beseitigen.

Im Zusammenhang mit der Frage der besseren Ausgestaltung des Wunschs- und Wahlrechts der Eltern ist uns bekannt, dass es aufgrund der bundesgesetzlichen Vorgaben nicht möglich ist, dem Leistungsverpflichteten den Einwand der unverhältnismäßigen Mehrkosten zu versagen. Vor diesem Hintergrund besteht per Gesetz nicht die Möglichkeit, die Position der Eltern in Bezug auf die Ausübung ihres Wunsch- und Wahlrechts weiter zu stärken, als dies nunmehr im Gesetzentwurf vorgesehen ist.

Zur Stärkung der Stellung der Eltern könnte unseres Erachtens zum Beispiel ein Kostenblatt entwickelt werden, das die Positionen enthält, die bei der Ermittlung der Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten zu berücksichtigen sind. Dieses Kostenblatt könnte im Streitfall vom Jugendamt quasi als Prüfinstitution angesehen werden. Wir denken, dass wir mit diesen Ergänzungen unser eingangs formuliertes Ziel erreichen werden.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nunmehr einige kurze Anmerkun

gen zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion machen. Zunächst ist zu begrüßen, dass die SPD-Fraktion in ihrem Gesetzentwurf ebenfalls die vorhin von mir dargestellten Änderungen, wenn auch zum Teil geringfügig anders formuliert, aufgenommen hat. Ich glaube davon ausgehen zu dürfen, dass hinsichtlich dieses Änderungsbedarfs Einigkeit zwischen der SPD-Fraktion und den Regierungsfraktionen besteht.

Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vor, dass der bisherige Anspruch auf eine halbtägige Betreuung von fünf Stunden täglich bzw. von 25 Wochenstunden auf sieben Stunden täglich bzw. 35 Wochenstunden ausgeweitet wird. Nach der Begründung zu dem Gesetzentwurf soll damit unter anderen die Möglichkeit des längeren gemeinsamen Zusammenseins mit Gleichaltrigen geschaffen werden. Außerdem sollen diese Kinder dadurch die umfassenden Bildungsangebote wahrnehmen können. Dies soll des Weiteren eine bessere Einbindung in den Rhythmus einer Einrichtung gewährleisten. Damit scheinen wohl auch die Teilnahme am Mittagessen sowie der Mittagschlaf gemeint zu sein.

Nun lässt sich die Frage stellen: Müssen wir für die Ruhephase, für das Schlafen in der Einrichtung, den Rechtsanspruch unter Berücksichtigung der damit verbundenen Konsequenzen erweitern? - Diese Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte bitte jeder für sich selbst beantworten.

(Zustimmung von Frau Feußner, CDU)