Protocol of the Session on June 18, 2004

Nachzudenken ist auch über eine Novellierung der Regelung zur Feststellung des Ergebnisses des Volksbegehrens. Unter Umständen könnte eine Stichprobenregelung sinnvoller sein als die Prüfung aller Unterschriften.

Ein weiterer wesentlicher Punkt sind die Regelungen hinsichtlich der handschriftlichen Eintragungen auf den Unterschriftsbögen. Der Sächsische Verfassungsgerichtshof erklärte im Jahr 2001 eine dort geltende, ähnlich lautende Vorschrift für verfassungswidrig.

Dies sind lediglich einige Punkte, die der Gesetzentwurf der PDS-Fraktion nicht berücksichtigt, die aber bei einer umfassenden Debatte zu dem Volksabstimmungsgesetz sicherlich auch berücksichtigt werden müssen. Daher hoffe ich, dass wir im Ausschuss für Recht und Verfassung intensiv über eine Änderung des Volksabstimmungsgesetzes diskutieren. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Stahlknecht.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fest steht, wie die Kollegin Frau Hüskens sagte, dass es im Volksabstimmungsgesetz eine Reihe von juristisch-technischen Fragen gibt, die nachjustiert werden müssen. Das ist so.

Fest steht auch, dass die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt eine Absenkung der Quoren für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide erforderlich macht - dies allein schon deshalb, weil wir heute

Morgen übereinstimmend eine Veränderung der Verfassung auf den Weg gebracht haben, die diese Quorenabsenkung vorsieht. Insofern muss das Volksabstimmungsgesetz angepasst werden.

Es wäre allerdings, wie es die Kollegin Frau GrimmBenne sagte, sinnvoll gewesen, zunächst das eine abzuwarten und dann das andere einzubringen.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Darüber hinaus wäre es auch sinnvoll, die Erfahrungen aus den Volksbegehren, die zurzeit noch laufen, einzubringen. Auch das konnte man scheinbar nicht abwarten.

Neben diesen technischen Fragen und Quorenfragen sehen Sie aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, eine Reihe von Erweiterungen von plebiszitären Elementen vor. Dies scheint mir und meiner Fraktion bei weitem nicht ausgereift.

In § 9 berühren Sie parlamentarische Rechte des Landtages. Sie machen Vorgaben, in welchem Ausschuss eine Volksinitiative zu behandeln ist. Dies war bislang der Petitionsausschuss; jetzt sollen die Ausschüsse entsprechend der Geschäftsordnung zuständig sein. Wir müssen uns fragen, ob wir als Parlamentarier eine solche Einwirkung von außen wollen.

(Frau Weiß, CDU: Nein!)

Darüber muss diskutiert werden.

In § 14 sehen Sie ein Wahlrecht zwischen einer freihändigen Sammlung und einer Sammlung von den Behörden vor. Ein solches Nebeneinander - aus meiner Erfahrung führt dies auch zu einem Durcheinander - kann nicht der Konzentration eines zügigen Verfahrens dienen. Vielmehr führt es zu einer Verzögerung und zu einer Einbindung von Personal der Behörden. Obwohl wir gerade Deregulierung und Entbürokratisierung wollen, satteln Sie etwas auf, das zu einer erhöhten Bürokratisierung führt.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Ferner sehen Sie eine Kostenerstattung bei Volksentscheiden in Höhe von 0,62 € pro gültiger Jastimme vor. Das wird jeden, der einen Volksentscheid herbeiführen will, freuen; denn wenn er obsiegt, erhält er eine Art Wahlkampfkostenerstattung.

Ich frage mich einerseits, ob die haushälterische Lage des Landes Sachsen-Anhalt das zulässt. Andererseits stelle ich mir die Frage, ob wir wirklich einen derartigen Anreiz für weitere Volksentscheide schaffen wollen. Dazu haben wir in der CDU schon eine ein Stück weit andere Auffassung.

In Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten eine Entwicklung von der Parteiendemokratie hin zum Parteienstaat erfolgt. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Dies hat dazu geführt, dass selbst nach erfolgten Wahlen während einer Legislaturperiode eine permanente parteipolitische Auseinandersetzungsprofilierung der vertretenen Parteien erfolgte. Das ist in Präsidialdemokratien anders.

Bei uns gibt es einen immer währenden Streit der Parteien. Weil das so ist, ist aus meiner Sicht zu befürchten, dass infolge einer Ausweitung plebiszitärer Elemente sich Parteien solche Volksinitiativen zu Eigen machen könnten, um auf diesem Wege auch außerhalb der par

lamentarischen Auseinandersetzung einen immer währenden Wahl- und Profilierungskampf zu führen.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Spagat muss sinnvoll eingegrenzt werden.

Um dies auszuschließen, setzen wir den Schwerpunkt auf die repräsentative Demokratie, bei der die Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stimme bei den Wahlen die politische Weichenstellung zukünftig für fünf Jahre bestimmen können. Das plebiszitäre Element kann und soll als nachrangige Korrekturmöglichkeit dienen und nicht gleichberechtigt zu den Möglichkeiten der direkten Demokratie stehen.

Trotz der angemeldeten Bedenken verschließen wir uns der aus technischen Gründen und wegen der Absenkung der Quoren nötigen Diskussion nicht und sehen einer Überweisung in den Ausschuss für Recht und Verfassung entgegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Stahlknecht. - Nun spricht noch einmal Frau Tiedge, wenn Sie möchte. - Sie möchten nicht. Dann ist die Debatte abgeschlossen.

Wir stimmen über die Überweisung ab. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in den Ausschuss für Recht und Verfassung und in den Innenausschuss zu überweisen. Welcher der beiden Ausschüsse soll die Federführung übernehmen? Ich frage noch einmal die Antragsteller.

(Zuruf von der PDS: Federführend in den Aus- schuss für Recht und Verfassung und in den In- nenausschuss!)

- Federführend in den Ausschuss für Recht und Verfassung und mitberatend in den Innenausschuss. Wenn kein anderer Antrag gestellt wird, dann stelle ich das zur Abstimmung. Wer stimmt zu? - Das sind nahezu alle. Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so erfolgt. Die Behandlung des Tagesordnungspunktes 2 ist damit abgeschlossen.

Es geht einen großen Schritt voran. Wir kommen vom Tagesordnungspunkt 2 zum Tagesordnungspunkt 19:

Beratung

Arbeitsmarkt- und Sozialbericht des Landes Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktionen der FDP und der CDU - Drs. 4/1624

Änderungsantrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/1657

Ich bitte zunächst für die beantragenden Fraktionen Herrn Rauls, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berichte der Landesregierung sind für uns Abgeordnete eine wichtige Informationsquelle. Sie sind als ein Instrument für die Überwachung der Arbeit der Landesregierung wichtig und notwendig. Wir sind bei unserer parlamentarischen

Arbeit darauf angewiesen und wissen dies auch zu schätzen.

Im Laufe der Jahre hat sich neben den aufgrund der gesetzlich normierten Berichtspflicht der Exekutive entstandenen Berichten auch eine stattliche Anzahl von Berichten angesammelt, die auf der Grundlage von einfachen Landtagsbeschlüssen erarbeitet worden ist. Bei der Befriedigung unseres Informationsbedürfnisses kann man aber auch den Überblick verlieren. Dann kann es passieren, dass Abgeordnete, die sonst von der Landesregierung Deregulierung und die Nutzung von Effizienzreserven einfordern, im Berichtswesen eher dem Grundsatz „viel hilft viel“ folgen, sodass sich Doppelungen ergeben können.

Ich bin deshalb der Kollegin Röder sehr dankbar dafür, dass sie Ende des letzten Jahres die Kleine Anfrage in der Drs. 4/1103 gestellt hat, um uns die bestehenden Berichtsobliegenheiten der Landesregierung noch einmal zusammengefasst vor Augen zu führen und uns dieselben auch für Überschneidungen zu öffnen.

Mit diesem Antrag wollen wir mit der Auflösung inhaltlicher Doppelungen beginnen und auf Ressortverschiebungen reagieren. Bei allem Informationsbedürfnis, das im Hause besteht, sollten wir auch dafür sorgen, dass auf entbehrliche Mehrarbeit in den Ministerien verzichtet werden kann. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien sollten ihre Kraft und ihre Zeit für Tätigkeiten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verwenden. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

Zum Änderungsantrag der PDS-Fraktion. Der Ansatz ist nachvollziehbar, weil es uns natürlich auch darum geht, dem Ministerium die Gelegenheit zum Finden einer neuen Struktur für den Sozialbericht zu geben. Wo es verantwortbar ist - darauf hatte ich schon hingewiesen -, sollen Doppelungen vermieden werden. Wir wollen aber nicht schon jetzt im Vorgriff eine Struktur für den Bericht festschreiben. Sollten sich bei der Vorlage des ersten Berichts im vierten Quartal dieses Jahres Lücken zeigen, dann können wir mit den genügend vorhandenen Instrumenten diesen vervollständigen. Deshalb werden wir dem Änderungsantrag nicht zustimmen können. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Rauls. - Nun spricht für die PDS-Fraktion Frau Bull.

Meine Damen und Herren! Politik braucht belastbare Daten, Zahlen und Fakten. Der Stammtisch kennt den Einzelfall, um zu verallgemeinern. Sozialwissenschaftler und Sozialwissenschaftlerinnen kennen die Tendenz und die Zusammenhänge. Ich denke, die Politik braucht beides. Sie darf neben der Tendenz den Einzelfall nicht aus dem Blick verlieren.

Berichte und Studien - das wissen wir alle, vor allem vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen - werden gern gegeben und werden gern genommen. Das ist keine Frage. Ich gebe gern zu, dass auch meine Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode kräftig dazu beigetragen hat, den Aufschwung Ost vor allem im Berichtswesen aufleben zu lassen.

Das ist dort mittlerweile etwas unübersichtlich geworden. Jedes Ressort und jedes Teilressort plant und realisiert für sich. Es gibt erhebliche Schnittmengen. Ich habe das in einer der vergangenen Debatten schon einmal erwähnt. Beispielsweise findet man zum Thema Familie - eine Debatte dazu haben wir gestern geführt - etwas im Familienbericht 2001. Man findet auch etwas im Arbeitsmarkt- und Sozialbericht und in den beiden Gender-Reporten. Das ist also recht unübersichtlich geworden.

Es ist schwierig, aus dem Parlament heraus einen Vorschlag für eine Strukturierung zu machen. Aber unserer Auffassung nach ist es etwas zu kurz gegriffen zu sagen: Wir trennen nur zwei Berichte. Das ist nicht unbedingt der große Wurf. Deshalb kann ich es kurz machen.

Mit unserem Änderungsantrag wollen wir erreichen, dass das Thema zumindest im Sozialministerium grundsätzlicher angefasst und ein Konzept für einen vernünftigen Umgang mit den Ressourcen unter Berücksichtigung der politischen Ziele bei der Sozialberichterstattung vorgelegt wird, sodass man sagen kann: Das sind die Schwerpunkte, das will man mit diesem und jenem und von mir aus noch einem dritten Bericht anfangen.

Über eine weitere Sache könnte man unter Umständen ebenfalls diskutieren. Wir haben während einer der vergangenen Diskussionen darüber geredet, ob in den einzelnen Häusern beispielsweise in einem Abstand von zwei Jahren ein größerer Datensatz erhoben werden könnte, dessen Inhalt von allen unter Berücksichtung der jeweiligen politischen Zielrichtung interpretiert werden könnte.