Protocol of the Session on May 6, 2004

Herr Präsident, Sie waren so beschäftigt, dass mir das der Kollege Doege bereits ohne Ihre Genehmigung zugesagt hatte. Ich bedanke mich. - Herr Doege, eines ist doch klar: Bei dem Gesetz ging um die Handhabung. Dass dadurch nicht mehr Geld fließt, war uns allen klar.

Ich möchte Sie trotzdem gern fragen - da ich das Glück hatte, zum Fläming-Tag mit Ihrem Landrat zu sprechen, der mir das bestätigte -: Sagen Sie uns doch bitte, mit welchem Fehlbetrag Ihr Haushalt genau unter diesen Kriterien doch genehmigt wurde.

Herr Borgwardt, ich gebe Ihnen Recht, dass dieses Gesetz letztlich nur dazu gedient hat, eine theoretische Konsolidierung nachzuweisen. Beim Landkreis Köthen, wo ich selber Mitglied des Kreistages bin, haben wir es dank dieses Gesetzes geschafft, die Konsolidierung im Jahr 2011 auf dem Papier nachzuweisen.

(Zustimmung bei der CDU)

Allerdings können Sie uns sicher nicht bestätigen, dass sich die erwarteten Einnahmen aus den kommunalen Zuweisungen bis zum Jahr 2011 so entwickeln werden, dass tatsächlich ein Haushaltsausgleich möglich sein wird. Ich ziehe das sehr stark in Zweifel und unterstelle Ihnen einfach, Sie haben das gemacht, um über die anstehende Kommunalwahl und diese Legislaturperiode hinwegzukommen.

Bis zum Jahr 2011 wird es sicherlich eine Mengen an Veränderungen, auch in diesem Hause, geben, und dann werden wir sehen, wie viele Landkreise, Städte und Gemeinden tatsächlich den Haushaltsausgleich hinbekommen haben.

Herr Doege, möchten Sie noch eine Frage von Frau Dr. Weiher beantworten? - Bitte schön, Frau Dr. Weiher.

Herr Doege, geben Sie mir darin Recht, dass der Landkreis Köthen bereits, bevor das Gesetz zur Vereinfachung der Haushaltsführung in Kraft trat, über ein Konsolidierungsprogramm in kürzerer Zeit theoretisch, also auf dem Papier, seinen Haushalt ausgeglichen hatte?

Frau Dr. Weiher, da wir beide im Kreistag sitzen, muss ich Ihnen Recht geben.

Es gibt noch eine Frage von Herrn Borgwardt. Bitte.

Ich möchte es noch einmal präzisieren. Ich habe nicht mit dem Landrat des Landkreises Köthen gesprochen - denn dieser gehört nicht zum Fläming, Herr Kollege -,

sondern mit Herrn Hövelmann. Dieser hat seinen Haushalt mit der Maßgabe der Konsolidierung bis zum Jahr 2011 ebenfalls genehmigt bekommen. Ich wollte das nur noch einmal nachreichen.

Vielen Dank, Herr Doege. - Bevor ich Herrn Minister Jeziorsky das Wort erteile, habe ich die Freude, auf der Südtribüne Damen und Herren einer Seniorengruppe aus Calbe an der Saale zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Bitte, Herr Minister Jeziorsky.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Doege, ich werde in den Ausschüssen gerne die von Ihnen gestellten vier Fragen einschließlich der von Ihnen gegebenen Erläuterungen und der von Ihnen gestellten Nachfragen beantworten.

Zu der Gesamtsituation. Wir haben vor der Mittagspause über kommunale Selbstverwaltung mit Blick auf die Finanzsituation diskutiert und sind uns alle darin einig, dass es ein vernünftiges kommunales Leben nur geben kann, wenn man die Aufgaben, die man sich vornimmt und die man aufgetragen bekommt, letztlich auch finanzieren kann.

Wie stellt sich die Situation dar? Teilweise ist das keine Neuigkeit.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich möchte Sie daran erinnern, bereits 1998 hatte die rot-grüne Bundesregierung in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, dass eine umfassende Überprüfung des Gemeindefinanzsystems erforderlich ist und eine solide Finanzbasis für die Kommunen geschaffen werden muss. Sicherlich sind seither viele Anstrengungen unternommen worden, aber fest steht - so ist es zum Beispiel in der Wernigeröder Erklärung zu lesen -: Das Ergebnis aus diesen Überlegungen sichert keine solide Finanzgrundlage für die Kommunen. Das soll einfach nur einmal festgestellt werden. Der Bund sitzt hierbei am längeren Hebel, für die Einnahmesituation der Kommunen eine erhebliche Verbesserung zu bewirken.

An ein Zweites, meine Damen und Herren von der SPD, möchte ich Sie erinnern: Im Jahr 2001 hat Ihr damaliger Finanzminister Zahlenvergleiche vorgestellt und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt im Vergleich zu den Kommunen in den anderen neuen Bundesländern Millionen Euro zu viel erhielten, mit der Folge, dass dann in die kommunalen Finanzzuweisungen eingegriffen worden ist. Die Größenordnungen kennen Sie auch. Diese Kürzung belief sich auf rund 400 Millionen €.

Ich gehe davon aus, dass das nicht einfach so passiert ist, sondern dass damit die Hoffnung verbunden war, durch solche Finanzveränderungen die Haushaltssituation des Landes insgesamt und damit gleichzeitig die der Kommunen nachhaltig zu stabilisieren. Nur, diese Rechnung ist nicht aufgegangen. Leider, muss man sagen.

Ein Gegensteuern auf einen Schlag ist aber im Hinblick auf die Gesamtsituation sowohl im Landeshaushalt als auch in den kommunalen Haushalten nicht erreichbar. Deswegen haben wir - wir waren uns darin einig, dass wir damit nicht mehr Geld in die kommunalen Haushalte

bringen können - das Gesetz zum erleichterten Verfahren der Haushaltsgenehmigung in den Landtag eingebracht und auch beschlossen.

Damit sollte zumindest der Versuch unternommen werden, den Kommunen eine gewisse Handlungsmöglichkeit in ihrer Haushaltsführung zu belassen, indem zum Beispiel die Konsolidierungszeiträume länger betrachtet werden können, um Haushalte in den Vollzug zu geben. Über Einzelheiten und Schwierigkeiten dabei kann man sicherlich sprechen; Sie haben dazu schon einiges angedeutet.

Zu dem Stichwort „auf dem Papier“: Sicherlich ist immer ein Stück weit Hoffnung dabei, wenn man in die Zukunft schaut; aber wenn wir diese nicht hätten, könnten wir gleich aufhören. Hoffnung gehört, glaube ich, immer dazu. Über Details können wir gern noch einmal reden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang - ohne auf einzelne Kommunen einzugehen - eines sagen: Der augenblickliche Stand der beschlossenen und zur Genehmigung vorgelegten Haushalte, wobei noch eine Reihe in der Überprüfung sind, stellt sich grob so dar, dass bei den kreisangehörigen Gemeinden - jetzt unterscheide ich nicht nach Größenklassen, das können wir im Ausschuss im Detail erörtern - rund 70 % eine Genehmigung bekommen haben; bei den Verwaltungsgemeinschaften sind 60 % der Haushalte inzwischen genehmigt worden, bei den kreisfreien Städten wurden zwei von drei Haushalten bereits bestätigt und bei den Landkreisen ist es ein Drittel.

Das heißt, unter diesen schon genehmigten Haushalten befinden sich viele, die unausgeglichen mit entsprechenden Konsolidierungskonzepten eingereicht worden sind. Das ist zumindest für mich ein Zeichen, dass das neue Gesetz bei der Genehmigungspraxis schon zur Anwendung gekommen ist. Der Genehmigungsstand, der zu verzeichnen ist, spricht jedenfalls dafür.

Dass die Kommunalaufsichtsbehörden im Übrigen - das war eine Absprache, als wir über dieses Gesetz mit dem Landesrechnungshof und mit den kommunalen Spitzenverbänden gesprochen haben - von dem Grundsatz einer geordneten Haushaltsführung bei der Prüfung nicht abweichen können und dürfen, darüber müssen wir uns, glaube ich, nicht streiten.

Wir haben der Kommunalaufsicht Instrumente an die Hand gegeben, den Ermessensspielraum etwas großzügiger und besser auslegen zu können, um in den Vertretungskörperschaften auf der kommunalen Ebene ein gewisses Entscheidungspotenzial zu behalten.

Das vorweggeschickt, sage ich ihnen zu, dass wir im Ausschuss ausführlich über die von Ihnen gestellten Fragen berichten werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Jeziorsky. - Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Bitte schön, Frau Dr. Hüskens, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der ausgefallenen Reform der Gemeindefinanzen im Bund ist die finanzielle Situation der Kommunen in Deutschland unverändert schlecht. Wir hören berechtigte Klage

darüber, nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern in allen Bundesländern. Das ist aus Landessicht unbefriedigend. Wir bemerken es an allen Ecken und Enden; denn die Kommunen sind häufig nicht in der Lage, wichtige Projekte kozufinanzieren, und tun sich außerordentlich schwer, ihre Verwaltungshaushalte zu decken.

Wir haben als Landtag im Konsens in den letzten Monaten immer wieder Wege gesucht, um den Kommunen mehr Freiräume zu geben. Wir versuchen in dem einen oder anderen Bereich zu lindern; der Minister hat das beschrieben.

Wirklich lösen können wir dieses Problem aber nicht. Wir können als Land - darüber werden wir morgen verhandeln - nicht einmal unseren eigenen Haushalt ohne Neuverschuldung finanzieren.

Ich bin überzeugt davon, dass niemand hier im Plenum einen Vorschlag zur Gemeindefinanzreform bieten kann, der in seiner eigenen Fraktion konsensfähig wäre und der in der Lage ist, den Kommunen die Finanzmassen zur Verfügung zu stellen, die erforderlich sind, ohne das Land in eine weitere Nettoneuverschuldung zu treiben. Denn es geht hierbei nicht um ein paar Millionen, sondern um wirklich große Summen.

Trotzdem ist es richtig, dass wir uns im Landtag immer wieder mit dem wichtigen Thema Kommunalfinanzen befassen. Auch die FDP-Fraktion und die CDU-Fraktion haben in der Vergangenheit angedeutet, dass sie die Notwendigkeit sehen, beim FAG nachzusteuern oder die eine oder andere Regelung neu zu justieren. Die FDPFraktion wird dem Antrag deshalb zustimmen.

Gleichzeitig möchten wir an die SPD-Fraktion den Appell richten: Machen Sie Ihren Einfluss in Berlin geltend. Denn nur mit einer wirklichen Finanzreform werden wir nachhaltig die Situation der Kommunen verbessern können. Dazu können Sie als SPD-Fraktion beitragen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun bitte für die PDSFraktion Frau Dr. Weiher.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Monaten haben wir uns mehrmals über die Situation der Kommunen unterhalten - das letzte Mal ist ganze zwei Stunden her -, entweder im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt oder aber im Zusammenhang mit bundespolitischen Entscheidungen. Denn über die Kommunen entscheiden die Länder und der Bund, Herr Doege, die Kommunen selber nicht.

Wir haben als PDS-Fraktion versucht, Forderungen nach einer verlässlichen Finanzausstattung, die die Kommunen seit Jahren nachdrücklich stellen, in den Landtag und damit in die parlamentarische Diskussion einzubringen. Denn sowohl mit der kommunalen Selbstverwaltung als auch mit der Leistungserbringung im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge sieht es mittlerweile grottenschlecht aus.

Ich komme nun zu dem Antrag auf Berichterstattung über die Haushaltssituation der Kommunen. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD, wir werden Ihrem Antrag natürlich zustimmen; das ist nicht die Frage. Aber

ist es nicht tatsächlich an der Zeit, endlich zu handeln und eine andere Situation herbeizuführen, eine Situation, die die Kommunen zukunftsfähig und lebenswert macht? Muss sich nicht endlich beim Bund und im Land etwas ändern? Muss sich nicht endlich etwas ändern?

(Beifall bei der PDS)

Wir können weiterreden und sollten das auch tun. Wir sollten mit den Kommunen reden. Aber Städte, Gemeinden und Landkreise erwarten endlich Taten. Das war zumindest das Resümee unserer Kommunaltour vor knapp einem Monat. Überall ist die desolate Lage angesprochen worden: fehlende Steuereinnahmen, sinkende Zuweisungen vom Land, kaum noch vorhandene Rücklagen und Einsparungen sind ohne bloßes Wegstreichen nicht mehr möglich. Selbst zum Verkauf oder Privatisieren fehlt es.

Einige wenige Zahlen: Die Entwicklung der kommunalen Defizite ist bekannt. Nach einem Guthaben von noch 1,9 Milliarden € im Jahr 2000 bundesweit bestand im Jahr 2003 bereits ein Defizit von 8,45 Milliarden €. In Sachsen-Anhalt besteht der Trend seit dem Jahr 2000. Damals waren es nur 8 Millionen €, im Jahr 2003 ist das Defizit bereits auf 340 Millionen € angewachsen und von 2002 auf 2003 hat es sich immerhin verdoppelt, meine Damen und Herren von der Koalition. Das heißt, bis auf wenige Ausnahmen, bei den Landkreisen Ohrekreis und Altmarkkreis, haben die Kommunen keine ausgeglichenen Haushalte mehr.

Deutlich wird das Fiasko am Absturz der kommunalen Steuereinnahmen, an den steigenden Sozialausgaben und an der sinkenden Investitionstätigkeit. Die Sozialausgaben sind im Zeitraum von 2000 bis 2003 im Land um 160 Millionen € gestiegen. Im gleichen Zeitraum sanken dagegen die Ausgaben für Investitionen um 240 Millionen €. Seit 1995 haben die Kommunen im Land die niedrigste Investitionsquote überhaupt - und das nicht, weil es nichts mehr zu investieren gäbe. Nur, die Kommunen bekommen im Gegensatz zum Land keine Kredite mehr für Investitionen oder zur Kofinanzierung von Förderprogrammen. Das war offensichtlich einer der Gründe, der dazu führte, dass den Kommunen Mittel aus dem Ausgleichsstock angeboten wurden, um für die Kreditaufnahme bezüglich der Straßenbaumaßnahmen Schuldendienst leisten zu können.

Ob man das so machen kann und damit nicht eine Einschränkung der Bedarfszuweisungen vornimmt, sollte in den Ausschüssen diskutiert werden. Das ist auch in der Berichterstattung enthalten.

Ich meine, wenn man das so wie das MI handhabt, dann müsste man diese Finanzierung eigentlich auch den Kommunen anbieten, die für die Sanierung ihrer Kindertagesstätten keine eigenen Mittel mehr aufbringen können. Ähnliche Überlegungen spielten im Übrigen bereits in der letzten Legislaturperiode im Zusammenhang mit Zinszahlungen für die Midewa-Kredite eine Rolle. Die IFG-Mittel wurden zum Teil auch so kofinanziert.