Protocol of the Session on April 1, 2004

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Dr. Eckert, wenn Sie sagen, seit 181 Jahren gibt es in Ströbeck Schachunterricht, dann sage ich jetzt: Diesen wird es auch weiterhin geben, ausgehend von der Grundschule und dann mit klugen Kooperationsvereinbarungen der weiterführenden Schulen, die in unmittelbarer Nähe liegen. Man muss das natürlich wollen. Man darf die Schachtradition nicht so punktualisieren, dass sie in diesem Brennpunkt der demografischen Krise selber am Ende über den Bach geht. Daher ist mein Appell auch an die Beteiligten, die Lehrerinnen und Lehrer - das sage ich als Schachspieler -, dass wir uns hier nicht matt setzen dürfen, sondern jetzt intelligente Züge spielen müssen.

Ihr Antrag deutet einen scheinbaren Lösungsansatz an, nämlich den einer kreisübergreifenden Regelung. Ich verrate kein Geheimnis, dass mir diese Lösung auch sehr sympathisch war und dass ich sie unter der Hand sogar angeregt habe.

Wir haben uns einmal in Michaelstein getroffen. Ich musste sehr vorsichtig sein; denn eines darf ich ganz gewiss nicht, Herr Dr. Eckert, nämlich mich in kommunale Angelegenheiten einmischen. Wir reden hier über Entscheidungen, die in kommunaler Autonomie getroffen werden, und wir reden außerdem über Rechtssicherheit. Ich kann also nicht beliebig von geltenden Rechtsvorschriften abweichen, indem ich einfach aus Sympathie, die ich durchaus habe, der Schule für einen Tatbestand

Sondergenehmigungen erteile, der einfach nicht sondergenehmigungsfähig ist. Dann käme ich mit der KMK in Schwierigkeiten; dann käme ich aber auch mit der Schulentwicklungsplanung in Schwierigkeiten.

Mit einer einzügigen Schachschule zahlten wir einen hohen Preis für die Schachtradition. Eine einzügige Schule kann nicht mehr das Fächerspektrum aufrechterhalten, auch im Wahlpflichtbereich, das eine gute Sekundarschule ausmacht. Das Fach Schach kann diesen Makel nicht kompensieren. Auch davor kann ich eigentlich nur warnen. Das kann nicht gut gehen.

(Zustimmung von Herrn Qual, FDP)

Ich bedauere es sehr, dass die beteiligten Landkreise - das möchte ich auch sagen - nicht zu einer übergreifenden Lösung gekommen sind. Sie haben es in einem Fall geschafft - ich habe mich dann auch in der Presse ganz bewusst dazu positioniert -, die Eingangsklassenproblematik zu lösen. Dazu hatten sie eine Übereinkunft. Leider hat sich diese nicht fortschreiben lassen.

Ich muss aber auch sagen: Selbst wenn das gelungen wäre, würde die Regelzügigkeit zumindest in den Schuljahren 2007 und 2008 unterschritten werden; denn selbst mit einer gemeinsame Schulentwicklungsplanung in Bezug auf diese Region würde sich die erforderliche Zahl der Schülerinnen und Schüler nicht mehr darstellen lassen, zumindest nicht in den Schuljahren 2007/08 und 2008/09.

Wenn die Vertreter der Landkreise bereit wären, sich noch einmal an einen Tisch zu setzen, dann müssten sie jedoch an anderen Stellen Einbußen hinnehmen. Das ist leider das Problem mit dem Ziehen am Tischtuch. Dann würden eben - mit Wernigerode wird das sicherlich nicht funktionieren, weil dort auch Not herrscht - in Dardesheim und Derenburg Schulstandorte in Gefahr geraten; denn letztlich kriegen wir, egal welche Lösung wir finden, nicht mehr Schülerinnen und Schüler.

Wenn es uns und Ihnen vor allem um die Jahrhunderte alten Schachtraditionen in dieser Region geht, dann kann ich nur noch einmal sagen: Diese Tradition zu retten, ist die wichtigste Aufgabe, dann erst kommt die Schule. Denn wir haben eine bestandsfähige Schule in Ströbeck, die sich als Kumulationspunkt, als Ausgangspunkt dieser Schachtradition durchaus gut aufstellen könnte und die inzwischen signalisiert hat, dass sie das auch tun wird.

Sie wird die ganze Unterstützung des Kultusministeriums bekommen, ebenso wie die kooperierende Schule in Dardesheim, die sich mit dieser Schachtradition ebenfalls identifiziert, ebenso wie auch der gymnasiale Zweig des Gymnasiums in Halberstadt. Insofern könnten wir, wenn uns an dem Schach gelegen ist, eine gute Lösung finden, und zwar unter der Voraussetzung, dass wir die Tradition als regionale Tradition anerkennen und nicht als punktgenaue lokale Tradition.

Wenn Sie mich für diese Gespräche als Moderator brauchen, dann bin ich gern dazu bereit. Aber eine Ausnahmegenehmigung kann ich auf der Basis der geltenden Rechtslage - übrigens auch, um hier keine Präzedenz zu schaffen - nicht einfach so erteilen. Das wäre eine Anarchie, die wir uns auch aus rechtsstaatlichen Gründen nicht leisten können. Es gibt viele Wege, die offen stehen. Alle Seiten müssen sich allerdings auch ein bisschen von ihren festgefahrenen Vorstellungen trennen.

Euch, den jungen Leuten, möchte ich Mut machen. Das Schach ist das Allerwichtigste. Die Möglichkeit, diese Tradition zu retten, habt ihr trotzdem, in der Grundschule und in den Schulen der Umgebung. Dann macht ein tolles Schachnetzwerk daraus. Das wird der Anziehungspunkt für die Region. Dann geht es nämlich über Ströbeck hinaus. Das Herz für das Schach wird aber weiterhin in Ströbeck schlagen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Mitglieder der Projektgruppe „Internetportale“ der „Deutschland online Vorhaben“.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir treten nun in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Als Erstem erteile ich dem Abgeordneten Herrn Qual für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte sehr, Herr Qual.

(Zurufe von der SPD)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Herr Minister hat bereits den Standpunkt der Landesregierung dargelegt. Der vorliegende Antrag beschäftigt sich mit einem speziellen Problemfall der Schulentwicklungsplanung. Die Schulentwicklungsplanung ist Aufgabe der Schulträger und damit der Landkreise.

Die Entscheidung ist nicht durch den Landtag von Sachsen-Anhalt zu fällen. Dies würde einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung darstellen und die Ergebnisse und Kompromisse, die in vielen Kreistagen von Sachsen-Anhalt bezüglich der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung erzielt wurden, insgesamt infrage stellen.

Meine Damen und Herren von der PDS, man könnte vermuten, dass dies Ihr eigentliches Ziel ist.

Da die Bemühungen des Landkreises Halberstadt, mit dem benachbarten Landkreis Wernigerode einen kreisübergreifenden Schulbezirk zu schaffen, um den Standort der Sekundarschule in Ströbeck zu erhalten, nicht von Erfolg gekrönt waren, war eine andere Entscheidung des Landesverwaltungsamtes als die der Schließung der Sekundarschule Ströbeck nicht möglich. Aus diesem Grund müssen wir, so Leid es uns auch tut, den Antrag der PDS ablehnen, auch wenn dies letztlich die Schließung der Schule zur Folge hat.

(Zuruf von Herrn Kasten, PDS)

Vielen von Ihnen fallen sicherlich auch Beispiele aus Ihrem eigenen Wahlkreis ein, bei denen eine schwere Entscheidung über zukünftige Schulstandorte zu treffen war. Wir haben an dieser Stelle angesichts der demografischen Entwicklung mehrfach über die Notwendigkeit gesprochen, die mittelfristige Schulentwicklungsplanung nicht durch regelhafte Ausnahmen zu konterkarieren.

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Dr. Eckert?

Am Schluss, bitte.

Am Schluss, Herr Dr. Eckert.

Dabei soll und muss es bleiben.

Es wurde bereits gesagt, dass Ströbeck mit den angemeldeten Schülern nicht einmal ein Drittel der geforderten Schülerzahl pro Jahrgang erreicht, was natürlich perspektivisch auch Auswirkungen auf die Zügigkeitsrichtwerte hat. Ohne Kinder keine Schule - das ist eine Tatsache, die nicht nur für unser Bundesland gilt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Selbstverständlich bin ich mir der langen Tradition des Schachspiels in Ströbeck bewusst. Aber diese hängt nicht nur von dieser Schule ab. Es ist auch nicht so, als würden die Ströbecker Kinder nun nicht mehr im Schachspiel unterrichtet werden können. Der Herr Minister hat bereits darauf hingewiesen, dass auch am Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Halberstadt das Schachspiel als Wahlfach angeboten wird.

Ströbeck stellt sich im Internet als Schachdorf vor, wirbt mit seiner Dorfgeschichte im Allgemeinen und seiner Schachgeschichte im Besonderen, mit seinem Schachmuseum, seiner Kirche, den Trachten, der landschaftlichen Einbettung und vielem anderen mehr. Das Dorf verliert seine Identität nicht, weil es dort keine Sekundarschule mehr gibt. In Ströbeck leben Menschen, die diese Tradition bewahren und weitertragen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Schachspiel kennt nur zwei Farben: Schwarz und Weiß. Ziel des Spiels ist es, den Gegner schachmatt zu setzen. Aber es ist eben ein Spiel. Das Leben funktioniert nur in einem Miteinander und lässt sich nicht auf nur zwei Farben reduzieren. Darum bin ich sicher, dass das Schachdorf Ströbeck auch künftig das Interesse der Kinder am Schachspiel wach und lebendig halten wird und dass die Tradition fortlebt und nicht schachmatt gesetzt wird. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Qual. - Herr Eckert, Sie können jetzt Ihre Frage stellen.

Herr Kollege, ich habe hier eine Mitteilung der „Volksstimme“ vom heutigen Tag. Darin steht - ich zitiere -:

„Die Landtagsfraktionen von PDS und FDP hatten sich bereits für eine Fortführung der Schachschule stark gemacht.“

Es gibt auch eine Presseerklärung von Herrn Schrader, in der er das öffentlich bekundet. Wie ist das zu verstehen, wenn Sie jetzt erklären, dass Sie unseren Antrag ablehnen wollen?

(Frau Budde, SPD: Ja!)

Wir haben uns mit Herrn Dr. Schrader darüber verständigt. Er ist zu dem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass es noch eine Hoffnung gibt, dass man zwischen den beiden betroffenen - -

(Herr Dr. Eckert, PDS: Heute! - Herr Daldrup, CDU: Die ist älter!)

- Ich weiß nicht, wann er die Presseerklärung abgegeben hat.

(Zurufe von der PDS - Minister Herr Dr. Daehre: Das ist eine große Partei mit Meinungsvielfalt! - Unruhe)

Das wäre natürlich nur unter der Bedingung möglich gewesen, dass sich die beiden Landkreise verständigt hätten und dass damit auch eine Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung gegeben wäre. - Danke schön.

(Frau Budde, SPD: Sorry, wir haben es nicht so gemeint! - Herr Dr. Eckert, PDS: Das ist unehr- lich!)

Danke, Herr Abgeordneter Qual. - Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Mittendorf das Wort. Bitte sehr, Frau Mittendorf.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Liebe Schülerinnen und Schüler! Über die Schließung der Schachschule in Ströbeck ist tatsächlich in den vergangenen Wochen sehr viel gesprochen worden. Es war sehr viel sowohl in regionalen als auch in überregionalen Medien zu lesen.

Alle Berichte eint das Unverständnis darüber, dass die Politik scheinbar nicht in der Lage ist, die Schließung einer Schule zu verhindern, die über eine kulturelle Tradition verfügt wie kaum eine andere in unserem Land - nein, wie keine andere.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Ausgangspunkt waren die Vorgaben der Landesregierung zur Mindestschulgröße. Herr Minister Olbertz - Sie wissen, ich widerspreche Ihnen ungern; aber ich widerspreche Ihnen -,

(Heiterkeit bei der SPD und bei der PDS)