Protocol of the Session on September 18, 2003

„Aufgrund der notwendigen Abstimmungsprozesse war eine Einbringung in den Landtag, wie ursprünglich vorgesehen, im März 2003 nicht möglich. Aufgrund der noch andauernden Abstimmungs- und Prüfungsprozesse... kann ein konkreter Termin zur Einbringung in den Landtag nicht genannt werden.“

Da war dann für uns der Schlusspunkt gesetzt. Damit ist ganz offensichtlich deutlich geworden, dass die Landesregierung das Verfahren bewusst verzögert. Informatio

nen aus Kreisen der Union haben dies noch einmal bestätigt.

Das Land Berlin - man höre und staune - hat bereits im Herbst 2001 ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Da sollte wenigstens in zwei Jahren so etwas auch in Sachsen-Anhalt möglich sein. Aber es ist klar: Es ist offensichtlich nicht gewollt, und hier gibt es Bremsklötze, die wir ausfindig machen müssen.

Aus diesem Grund hat sich die PDS-Fraktion entschlossen, das Verfahren zu beschleunigen, und hat nunmehr den Gesetzentwurf zur Anpassung des Landesrechts aufgrund der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaften in den Landtag eingebracht.

Wir wollten damit erreichen, dass endlich auch in Sachsen-Anhalt das bereits im Jahr 2001 auf Bundesebene beschlossene Lebenspartnerschaftsgesetz in Landesrecht umgesetzt wird. Zugleich beabsichtigt die PDS mit diesem Gesetzentwurf, den seit dem Regierungswechsel im Jahr 2002 eingetretenen Stillstand bei der Antidiskriminierungspolitik für Lesben und Schwule für Sachsen-Anhalt zu beenden.

Im Gesetzentwurf wird eine Vielzahl von Landesgesetzen geändert. Dazu gehören beispielsweise das Beamtengesetz, das Abgeordnetengesetz, das Bestattungsgesetz, das - meine Damen und Herren, Sie kennen es - Landesverfassungsgerichtsgesetz, die Landkreis- und die Gemeindeordnung usw. usf.

Die PDS erwartet eine zügige Beratung des Gesetzentwurfs, damit das Gesetz spätestens im Januar 2004 auch in Sachsen-Anhalt in Kraft treten kann.

Ich bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfs federführend in den Innenausschuss, mitberatend in den Rechtsausschuss und in den Gleichstellungsausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung von Herrn Ro- the, SPD)

Danke, Herr Gärtner, für die Einbringung. - Es ist eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden. Doch zunächst hat seitens der Landesregierung der Minister für Gesundheit und Soziales Herr Kley um das Wort gebeten. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung fühlt sich schon geehrt durch die Anerkennung ihrer Arbeit, indem die PDS den von uns dem Landtag zugeleiteten Gesetzentwurf 1 : 1 in den Landtag einbringt. Das heißt, man hat hier sehr wohl anerkannt, dass wir ordentlich gearbeitet haben.

(Zustimmung von Herrn Hauser, FDP, und von Herrn Kurze, CDU)

Die Frage ist: Warum ist jener am 1. April vom Kabinett verabschiedete Entwurf noch nicht im Landtag? Das liegt einfach daran, dass wir als Landesregierung von FDP und CDU etwas seriöser arbeiten als die Damen und Herren der PDS.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Durch eine umfangreiche Anhörung der Interessenverbände und der kommunalen Spitzenverbände kam es

noch zu einer Reihe von zusätzlichen Änderungen, die Aufnahme in das Gesetz finden müssen. Es geht um eine ganze Reihe von Ausbildungsverordnungen, die bisher vergessen wurden, Kirchenaustrittsgesetz und Ähnliches. Sie werden diese Änderungen mitbekommen; denn der Entwurf unterliegt nach der Ausfertigung im Ergebnis der Anhörung gegenwärtig der Rechtsförmlichkeitsprüfung, wird bei den nächsten Terminen vom Kabinett - davon gehen wir aus - bestätigt und - so hoffe ich - Ihnen in der nächsten Landtagssitzung zur Beratung vorliegen.

Deshalb sehen wir keinen Grund, das Ihnen vorgelegte Stückgesetz hier als solches weiter zu behandeln. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP)

Danke, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte der Fraktionen ein. Als erster Debattenredner wird Herr Kurze für die CDU sprechen. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt heute der Entwurf der PDS vor. Wir haben eben vom Minister gehört, dass die Landesregierung bereits einen Entwurf in nicht nur einer Anhörung herausgegeben hat. Wenn man den Worten des Ministers folgt, könnte man, wenn man diesen Gesetzentwurf neben den der PDS legt, fast denken, die PDS hat ein wenig abgekupfert. Aber darum soll es jetzt nicht gehen.

Wir, die CDU-Fraktion, sehen keine Diskriminierung von irgendwelchen Bevölkerungsgruppen und lassen uns diesen Vorwurf nicht ans Revers heften. Ich finde es erstaunlich, wie sich die PDS als SED-Nachfolgepartei heutzutage immer wieder hinstellt und sich für Bevölkerungsgruppen stark macht, für die sie früher weder Heller noch Pfennig ausgegeben hat.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Egal, bei welcher Debatte man anfängt, die PDS findet es heute immer toll, sich für die angeblich Armen und Geschundenen einzusetzen.

Wir, die CDU-Fraktion, sind eine große Volkspartei und wir lassen uns diesen Vorwurf nicht anheften. Wir sind der Meinung, dass eine Debatte darüber nicht stattfinden muss.

Der Fairness halber möchte ich für unsere Fraktion aber darum bitten, dass der Gesetzentwurf zur gemeinsamen Beratung mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung in den Gleichstellungs-, den Innen- und den Rechtsausschuss überwiesen wird; denn so ist es nun einmal vom Verfahren her notwendig. Deshalb bitte ich darum, diesen Entwurf in diese Ausschüsse zu überweisen. Federführend sollte der Gleichstellungsausschuss in dieser Debatte sein. Daneben sollte dieser Gesetzentwurf im Innen- und im Rechtsausschuss gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung behandelt werden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Danke, Herr Abgeordneter Kurze. - Für die SPD-Fraktion wird die Abgeordnete Frau Schmidt sprechen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Gärtner gelesen habe, habe ich gedacht: Was denn nun? Herr Kurze, ich mache Ihnen dabei keinen Vorwurf. Aber es ist nicht ganz richtig, dass es aus Ihrer Fraktion heraus nicht Widerstände gegen das Ursprungsgesetz gibt.

(Herr Gürth, CDU: Ja, das ist kein Geheimnis!)

Mein ursprünglicher Gedanke war, das ist fast eine Unterstellung. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussion, die wir in diesem Hohen Hause zu dem Ursprungsgesetz, dessen Folgen derzeit sichtbar werden, geführt haben. Einige von der Regierungsbank - ich nehme Herrn Kley aus - waren damals Abgeordnete und haben entsprechend reagiert.

(Herr Gürth, CDU: Ja!)

Ich hatte schon böse Gedanken, aber ich habe jetzt gehört - ich denke, es ist keine Lüge -, dass nach der Einbringung des Gesetzentwurfs der PDS auch in die Arbeit der Landesregierung endlich ein bisschen Power kommt. Jedenfalls bin ich froh darüber, dass sich die PDS die Arbeit gemacht hat, diesen Gesetzentwurf einzubringen,

(Herr Kehl, FDP: Abzuschreiben und einzubrin- gen! - Heiterkeit bei der FDP)

auf den hier schon gewartet wird.

Ich danke Ihnen dafür, dass Sie gesagt haben, dass wir den Gesetzentwurf nicht ad acta legen, sondern dass wir ihn und den, der noch eingebracht wird, parallel behandeln. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir zwei Gesetzentwürfe parallel behandeln.

Ich wundere mich darüber - aber das ist die Sache der Landesregierung -, dass die Federführung für diesen Gesetzentwurf beim Sozialministerium liegt. Auch ich plädiere dafür, den Gesetzentwurf der PDS zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Recht und Verfassung sowie für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport zu überweisen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Danke, Frau Abgeordnete Schmidt. - Für die FDP-Fraktion wird der Abgeordnete Herr Rauls sprechen. Doch zuvor habe ich die Freude, die erste Gruppe von Schülerinnen und Schülern des Ludwig-Gymnasiums Köthen zu begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Rauls, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes vom Bund im Jahr 2001 und des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt im gleichen Jahr wurden wesentliche Voraussetzungen dafür geschaffen, um einer Diskriminierung von Schwulen und Lesben zu begegnen. Ohne die besondere Stellung und den Schutz von Ehe und Familie anzugreifen, wurde ein Kompromiss gefunden, der gleichgeschlechtlichen Partnern die Möglichkeit gibt, füreinander Verantwortung und damit Rechte und Pflichten zu übernehmen.

Lassen Sie mich nur anmerken, dass die FDP bereits im Jahr 1999 einen ersten Entwurf für ein Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften in den Deutschen Bundestag eingebracht hat, der von den anderen Parteien allerdings abgewiesen wurde.

(Herr Gürth, CDU: Das stimmt!)

In Deutschland wurde somit eine gesetzliche Regelung geschaffen, wie sie in vielen europäischen Ländern, wenn auch mit unterschiedlicher Ausprägung, bereits in den 90er-Jahren getroffen wurde.

Meine Damen und Herren! Die jetzt anstehende Gesetzgebung ist sozusagen Detailarbeit. Wie Sie dem Entwurf eines Artikelgesetzes der PDS entnehmen können, ist eine Vielzahl von Einzelgesetzen - Herr Gärtner erwähnte es - vom Gesetz über die Befreiung von Rundfunkgebühren bis zum Bestattungsgesetz betroffen.

Das Statistische Bundesamt weist in seinem Mikrozensus für 2002 aus, dass in Deutschland rund 50 000 - das ist die untere Fallzahl - bis 150 000 - das ist der obere Schätzwert - vorwiegend von Männern geführte gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften existieren. Wie viele davon als eingetragene Lebenspartnerschaften registriert wurden, war mir bisher nicht zugänglich.

Wie wir aber aus der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage von Herrn Gärtner wissen, sind in Sachsen-Anhalt bis dato 100 Lebenspartnerschaften gegründet worden. Sicherlich ist dies nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung. Aber diese Betroffenen haben Rechte, die der weiteren Ausgestaltung bedürfen.

Der Gesetzentwurf der PDS macht auf das Problem aufmerksam. Der Minister hat jedoch bereits ausgeführt, dass sich die Landesregierung ihrer Pflicht bewusst gewesen ist und einen entsprechenden Entwurf vorbereitet hat, der nach der Rechtsförmlichkeitsprüfung, in der er sich zurzeit befindet, wohl in der nächsten Landtagssitzung im Oktober eingebracht werden wird. Daher - das haben meine Vorredner bereits erwähnt - wäre es sinnvoll, dann beide Entwürfe gemeinsam, wie wir das schon öfter getan haben, in den entsprechenden Ausschüssen zu beraten. Das jedenfalls wäre gut so.

Probleme juristischer Art, auf die ich als Nichtjurist an dieser Stelle nicht eingehen konnte, überlasse ich der Diskussion im zuständigen Fachausschuss für Recht und Verfassung. - Ich bedanke mich.

(Zustimmung bei der FDP und von Frau Fischer, Merseburg, CDU)