Protocol of the Session on July 4, 2003

Wie ist das Landesrecht in der zweiten und dritten Legislaturperiode im Hinblick auf die Windkraft verändert worden?

Das Verfahren zur Ergänzung der regionalen Entwicklungsprogramme wurde am 1. Februar 1997 eingeleitet, am 12. Oktober 1999 durch das Kabinett zur Kenntnis genommen und am 27. Oktober zur Unterrichtung der Ausschüsse in den Landtag gegeben. Im März 2000 erfolgte die Beratung im Landtag; daraufhin wurden die Ergänzungen am 21. März 2000 von der Landesregierung beschlossen. Die Bekanntmachung der Ergänzungen erfolgte am 27. April 2000.

Das Landesplanungsgesetz wurde am 28. April 1998 vom Landtag beschlossen. Die Neufassung der Bauordnung, mit der die nach § 6 notwendigen Abstandsflächen reduziert worden sind, womit der Bau von Windkraftanlagen erleichtert wurde, ist durch das Gesetz vom 9. Februar 2001 erfolgt.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetzgebungsverfahren erfolgte mit Ihrer Zustimmung. Die PDS versäumte es allerdings, in ihrem Antrag konkret darzulegen, worin die Fehler lagen, die zu der heute völlig unbefriedigenden Situation geführt haben. Ich will dies nachholen.

Erstens. Die Ausweisung der Eignungsgebiete erfolgte ohne hinreichende Berücksichtigung der Siedlungs- und Raumstruktur. Die Folge ist beispielsweise, dass bester Bördeboden, der besser landwirtschaftlich genutzt werden könnte, verbaut wird.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Die Landesregierung will das ändern. Wir werden bei der anstehenden Änderung des Landesentwicklungsplanes darauf hinwirken, dass insbesondere Konversionsflächen, Tagebauflächen, altlastenbehaftete Flächen, Industriebrachen und Deponien als Vorrangstandorte in Betracht zu ziehen sind.

Zweitens. Der Denkmalschutz, der ansonsten in aller Munde ist, wurde vernachlässigt. Bei der Ausweisung von Eignungsgebieten wurde das landestypische Kulturerbe nicht berücksichtigt. Die Folge war, dass die Unesco damit gedroht hat, das Dessau-Wörlitzer Gartenreich aus der Weltkulturerbeliste zu streichen. Auch das, meine Damen und Herren, werden wir ändern - nicht die Streichung aus der Weltkulturerbeliste, sondern dass dort Windkrafträder aufgestellt werden.

(Beifall bei der CDU - Herr Schomburg, CDU: Ist geändert!)

Drittens. Die Aufklärung der Kommunen im Gesetzgebungsverfahren war völlig unzureichend. Sie wurden zwar beteiligt, aber nicht über die weitreichenden Folgen informiert. Die Folge ist ein Gefühl der Ohnmacht gegenüber den staatlichen Behörden und vielerorts eine mangelnde Akzeptanz der Windkraftanlagen, die Investoren wie Hersteller vor große Probleme stellt. In einigen Kommunen läuft regelrecht eine Verhinderungsplanung, die von den Gerichten korrigiert werden muss. Dies hätte bei rechtzeitiger Aufklärung vermieden werden können.

Viertens. Es sind Eignungsgebiete ausgewiesen worden, auf denen aus ganz praktischen Gründen bis heute kei

ne Windkraftanlagen aufgestellt werden konnten. Ein Beispiel dafür ist der Landkreis Anhalt-Zerbst. In vier ausgewiesenen Eignungsgebieten wurde bis heute keine einzige Anlage errichtet. Die Folge war, dass Anlagen aufgrund ihrer Privilegierung im Außenbereich errichtet wurden, wohin sie eigentlich nicht gehören. Das Ziel, die Windenergieanlagen in den Eignungsgebieten zu konzentrieren und im Außenbereich zu verhindern, wurde verfehlt.

Fünftens. Es gibt bis heute keine gerechte und gleichmäßige Aufteilung der Erträge einer Windkraftanlage unter den Beteiligten. Es kann sein, dass man durch Lärmemission und Schattenwurf betroffen ist und dennoch keinen Ausgleich dafür erhält. Die Landesregierung tritt dafür ein, dass ein breiter Personenkreis an den Erträgen beteiligt wird.

Sechstens. Die Windpotenzialanalysen, die der Ausweisung von Eignungsgebieten vorangegangen sind, waren oberflächlich und völlig unzureichend. Die Folge ist, dass auch windarme und auf Dauer unwirtschaftliche Standorte ausgewiesen wurden. Die Betreiber mussten eigene Windanalysen in Auftrag geben. Die Landesregierung wird zukünftig vor allem gute, also wirtschaftliche Standorte begünstigen.

Siebentens. Schließlich wurden auch handwerkliche Fehler gemacht. Obwohl das Energieeinspeisungsgesetz im März 2000 in Kraft getreten ist, das in § 3 eine uneingeschränkte Einspeisungs- und Vergütungspflicht enthält, wurden nur einen Monat später, im April 2000, die regionalen Entwicklungspläne bestätigt. Diese enthalten, bezogen auf die Eignungsgebiete, aber Beschränkungen der Einspeisemöglichkeit.

Die Folge sind Eignungsgebiete, die teilweise 300 ha und mehr umfassen, auf denen aber nur fünf Anlagen aufgestellt werden können. Dies stellt eine verlässliche Landesplanung für Investoren infrage. Angesichts dessen erscheint mir der Antrag der PDS-Fraktion unangemessen, da die PDS das bis zum April 2002 mitgetragen hat.

Die Landesregierung wird aber schon bald die Fehler der vorangegangenen Landesregierung korrigieren und verlässliche Rahmenbedingungen für Bürger und Investoren in Sachsen-Anhalt schaffen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Die Landesregierung sagt ja zur Windenergie, sie sagt ja zum Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt, bezogen auf die Produktion von Windkrafträdern, sie sagt ja zu regenerativen Energien und sie sagt ja zu Energieparks. Auch darüber müssen wir nachdenken, meine Damen und Herren. Die Zukunft kann nicht nur in der Windkraft liegen. Wir haben auch alternative regenerative Energien und sollten Vorstellungen entwickeln, Energieparks in Sachsen-Anhalt auf Industriebrachen und vielen anderen Brachflächen zu errichten. Darüber sollten wir im Interesse des Industriestandortes Sachsen-Anhalt debattieren.

Vielleicht ist eine Vision berechtigt: Bei dieser Übereinstimmung bezogen auf regenerative Energien, die wir haben, könnte Sachsen-Anhalt vielleicht auch einmal ein Standort werden, von dem man sagt, dass wirklich Alternativen geschaffen werden und man sich nicht darauf zurückzieht, dass der Strom aus der Steckdose kommt.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, ein Spannungsfeld liegt vor uns. Das Spannungsfeld heißt Produktionsstandort Sachsen-Anhalt, was die Windkraftanlagen angeht. Wir sind gut beraten, von hier aus ein Signal auszusenden, dass regenerative Energien eine Zukunft haben, dass der Produktionsstandort weiterhin erhalten bleiben soll, dass wir dafür sorgen, Exportchancen für die Firmen zu erreichen, dass wir ihnen die Sicherheit eines Forschungspotenzials in Magdeburg oder an anderen Orten in Sachsen-Anhalt geben und dass jeder Investor, der bereits hier ist, oder jeder zusätzliche, der in diesem Sektor arbeiten will, herzlich willkommen ist.

Wenn wir uns mit den Bürgerinnen und Bürgern so auseinander setzen, dass wir sagen, es muss eine Akzeptanz da sein, aber nicht nach dem Motto, im Prinzip ja, aber nicht bei mir, dann, meine Damen und Herren, sind wir einen Schritt weiter. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wie ich schon sagte, treten wir jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Als erster Redner erhält für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Herr Oleikiewitz das Wort. Bitte sehr, Herr Oleikiewitz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich glaube, dass der Wind auch ohne meinen Redebeitrag weiter wehen wird, insbesondere so frisch, wie das Herr Dr. Daehre eben angekündigt hat, gebe ich meine Rede zu Protokoll.

Ich möchte nur bemerken, dass wir dem Antrag der PDS-Fraktion gern einen Satz voranstellen wollen. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, trage ich das einmal vor:

„Der Landtag von Sachsen-Anhalt betrachtet die energetische Nutzung der Windkraft nach wie vor als eine zukunftsweisende Technologie und spricht sich für die weitere Entwicklung des Produktionsstandortes Magdeburg für Windkraftanlagen aus.“

Ich denke, es stünde diesem Landtag gut an, wenn er sich ausdrücklich an dieser Stelle noch einmal zur Windkraft und zum Produktionsstandort Magdeburg bekennen würde. Deswegen dieser Vorschlag von uns. - Vielen Dank, Herr Präsident.

(Zustimmung bei der SPD)

(Zu Protokoll:)

Mit ihren öffentlichen Äußerungen zur Zukunft der Windkraft scheint die Landesregierung eine Diskussion losgetreten zu haben, die die Gesellschaft in mindestens drei Lager spaltet.

Da sind die einen, die direkt Betroffenen, die sich weitere Windkraftanlagen in unserer Landschaft überhaupt nicht vorstellen können. Da sind die, die am Ausbau der Windkraft als Teil der ökologisch sinnvollen Energieerzeugung festhalten. Und da sind die, die am Bau der Windkraftanlagen aus rein wirtschaftlichen Interessen heraus festhalten wollen.

Alle diese Interessen unter einen Hut zu kriegen, scheint schwierig zu sein, zumal die verantwortliche Landespolitik mal so und mal so argumentiert, wenn ich einmal die Pressemeldungen zu dem Thema so Revue passieren lasse.

Da ist einmal die Rede von notwendigen Einschränkungen, ein anderes Mal bekennt sich die Landesregierung ausdrücklich zur Windkraft. Was soll man nun davon halten? Die Bürger und die Unternehmen scheinen jedenfalls relativ verunsichert zu sein. Beispiel dafür ist die Drohung von Enercon, das Land verlassen zu wollen. Abgesehen von der Tatsache, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass in Schleswig-Holstein die Bedingungen besser sind, und solche Drohungen wohl nicht der richtige Weg sind, Probleme zu lösen, scheint der Grund dafür in der Tat im dilettantischen Agieren der Landesregierung zu liegen.

Es ist nun mal nicht einfach, jedermanns Liebling zu sein, und leichtfertige Versprechungen in die eine oder andere Richtung haben bisher noch immer geschadet. Ein klares Bekenntnis klärt die Fronten da schon weitaus sicherer; denn Vertrauen in Regierungshandeln und Planungssicherheit sind gerade in dieser Branche elementar.

Die im Antrag der PDS formulierten Ziele können wohl alle hier im Raum Anwesenden unterschreiben. Das Problem sind aber nicht die Ziele, sondern die notwendigen Kompromisse der konkurrierenden Interessen und Nutzungsansprüche.

Einerseits wissen wir, dass die Nutzung der Windenergie fossile Energieträger spart und damit neben der Ressourcenschonung auch einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Andererseits fühlen sich die Bürger von den Spargelstangen, wie sie im Volksmund genannt werden, belästigt. Was also ist zu tun?

Auf der einen Seite sind, wie von der Landesregierung angekündigt, die Rückbaufragen zu klären und die Abstandsregelungen zu überdenken. Andererseits sollten unter der Maßgabe, neue Eignungsgebiete für Windkraftanlagen auszuweisen, die regionalen Entwicklungspläne überarbeitet werden.

Was auch notwendig zu sein scheint, ist die Verbesserung des Images der Anlagen. Es geht darum, in der Bevölkerung für Akzeptanz zu werben. Es darf nicht die Meinung vorherrschen, dass sich mit Windkraftanlagen einige wenige eine goldene Nase verdienen und der Rest der Bevölkerung dies auszubaden hat.

Auch ist es absolut kontraproduktiv, die Verantwortung letztlich auf die Kommunen abzuschieben. Was hier fehlt, ist die Stringenz. Wir sollten nicht Jein zur Windkraftnutzung sagen, sondern ein auch nach außen hin vernehmbares Ja. Im Vordergrund muss der politische Wille stehen, diese zukunftsweisende Technologie bei Beachtung der zu respektierenden Interessen der Bürger und der Kommunen zu entwickeln. Dieser scheinbare Widerspruch ist bei gutem Willen lösbar. Deshalb haben wir den Änderungsantrag gestellt, der genau das beinhaltet.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt betrachtet die energetische Nutzung der Windkraft nach wie vor als eine zukunftsweisende Technologie und spricht sich für die weitere Entwicklung des Produktionsstandortes Magdeburg für Windkraftanlagen aus.

Können Sie mir Ihren Änderungsvorschlag bitte schriftlich geben? - Herzlichen Dank, Herr Oleikiewitz. - Meine Damen und Herren! Als zweitem Redner erteile ich für die FDP-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Qual das Wort. Bitte, Herr Qual.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktion der FDP räumt der umweltschonenden Energieerzeugung in Sachsen-Anhalt hohe Priorität ein. Dieser Politikansatz ist für uns auch in Zukunft die wesentliche Grundlage für die Nutzung der Windkraft.

In aufwendigen Abwägungsverfahren wurden landesweit 94 Eignungsgebiete im Landesentwicklungsplan festgelegt. Mittlerweile gibt es in Sachsen-Anhalt 14 statistisch erfasste Firmen, die mit der Herstellung und Wartung von Windkraftanlagen beschäftigt sind. Ca. 2 500 Arbeitsplätze sind ausschließlich im Windenergieanlagenbau gebunden. Das kann aus wirtschafts- und aus beschäftigungspolitischer Sicht natürlich als sehr positiv bewertet werden. Bereits jetzt steht jede zehnte Windkraftanlage Deutschlands in Sachsen-Anhalt. Die bisherigen Eignungsgebiete sind in nur knapp drei Jahren durch aufgestellte Windkraftanlagen an ihre Grenzen gestoßen.

Die Kommunen des Landes, die bei der Aufstellung regionaler Entwicklungspläne bzw. von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen wichtige Entscheidungsträger für die Genehmigung künftiger Anlagen sind, haben sehr unterschiedliche Festlegungen getroffen und wünschen sich angesichts einer abnehmenden Akzeptanz in der Bevölkerung möglichst klare Vorgaben für die weitere Nutzung der Windkraft.

Hinzu kommt, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz den Einspeisern von Strom aus Windkraft eine Vergütung oberhalb gültiger Marktpreise nicht dauerhaft garantiert. Weil die vorgesehene Degression der Förderung in wenigen Jahren zu Renditeeinbrüchen führen könnte, muss geklärt werden, was mit den Windkraftanlagen nach dem Wegfall der Nutzung geschieht. Auch dies muss beachtet werden.

Aus diesen Gründen sieht die Fraktion der FDP einen erheblichen Handlungsbedarf, um die Nutzung der Windkraft zukunftsfähig zu erhalten. Unsere Auffassung ist, dass sich der Zuwachs installierter Windkraftanlagen künftig stärker der Siedlungs- und Raumstruktur unseres Landes anpassen muss.

Die Fraktionen von CDU und FDP bekennen sich zu einer regionalisierten Strukturpolitik, die den Kommunen auch bei der Entscheidung über die Windkraftnutzung Optionen offen lässt. Klare Abwägungskriterien sollten den Städten und Gemeinden künftig aber eine Richtschnur für ihr eigenverantwortliches Handeln geben.

Meine Damen und Herren! Mit dem gemeinsamen Antrag wollen die Fraktionen von CDU und FDP erreichen, dass die Landesregierung im vorgenannten Sinne die rechtlichen Grundlagen für die zukunftsfähige Nutzung der Windkraft in unserem Bundesland schafft. Die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Berücksichtigung der Wahrung des Landschaftsbildes auch unter touristischen Aspekten sind uns wichtige Gesichtspunkte, denen dabei besondere Beachtung geschenkt werden sollte.

Des Weiteren schlagen wir vor, dass die Landesregierung im Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr, im Ausschuss für Umwelt sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit über Vorstellungen und Konzepte berichtet, wie Sachsen-Anhalt sich dauerhaft als Produktions- und Entwicklungsstandort von Windkraftanlagen positionieren kann. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)