Ich will noch erwähnen, dass in diesem Zusammenhang die Frage von Quersubventionen nicht ganz unwichtig ist. Wir hatten zum Beispiel in Stendal den Fall, dass die Stadtwerke aufgrund besonderer Verträge das neu gebaute Stadtbad mit Energie beliefert haben. Nun sind die Stadtwerke verkauft worden und die neuen Eigentümer haben gesagt, dass sie die Sonderverträge nicht mehr haben wollten. Damit sind die Kosten für das Stendaler Bad höher geworden und das Defizit, das die Stadt ausgleichen muss, ist dadurch ebenfalls größer geworden. Das bedeutet, dass hiermit Verluste sozialisiert werden. Die Stadt muss die höheren Verluste tragen. Vorher hätte es über die anderen Einnahmen, die die Stadtwerke haben, eine Quersubvention geben können.
Die EU-Kommission hat sich schon in den ersten Entwürfen für das Grünbuch positiv zu der Frage der Quersubventionen geäußert. Das Thema taucht aber in diesem Papier, soweit ich es, nachdem ich es gelesen habe, weiß, nicht auf, weil noch das EuGH-Urteil dazu abgewartet werden soll.
Insofern ist tatsächlich darüber nachzudenken, ob man den Kommunen alles, was ihnen noch ein bisschen Geld einbringt, wegnimmt, weil dann an anderen Stellen Bibliotheken und andere Dinge nicht mehr finanziert werden können. Das sollte man sich tatsächlich sehr gut überlegen.
Ein zweiter Punkt, den ich nur der Vollständigkeit halber erwähnen möchte: Ich gehe davon aus, dass der Ausschuss der Regionen auch eine Stellungnahme abgeben wird. Er ist ebenfalls dazu aufgerufen. Es ist nur die Frage, ob er das im verkürzten Verfahren bis zum 15. September 2003 schaffen wird oder ob er um eine Fristverlängerung bitten wird, damit die Stellungnahme noch möglich ist. Aber auch in diesem Fall sind das Land und die regionalen Gebietskörperschaften beteiligt. Es gibt also nicht nur die Möglichkeit, die Stellungnahme über die Bundesregierung abzugeben, sondern auch über den Ausschuss der Regionen.
Im Übrigen wird in dem Kommissionsdokument auch darauf hingewiesen, dass mittelfristig die Fragen von Kultur und Bildung und auch von Sozialem einbezogen werden können. Das ist natürlich ein sehr schwieriger Bereich, in dem wir in Deutschland weitgehende Traditionen haben, die wir nicht ohne weiteres aufgeben wollen. Die Frage von GATS und viele andere Dinge sind von Frau Klein schon erwähnt worden; diese will ich nicht wiederholen.
Ich möchte nur noch einmal darauf hinweisen, dass ich es für ein gutes Beispiel halte - das ist durchaus zu propagieren, auch für die diejenigen, die sich nicht so intensiv mit der Europapolitik beschäftigen -, dass die Kommission in dem Papier tatsächlich 30 Fragen aufgelistet und nicht gesagt hat: Es wird so und so gemacht und jetzt macht einmal Gegenvorschläge. Sie hat vielmehr explizit 30 Fragen aufgeführt, die zu beantworten sind.
Es ist auch für jemanden, der nicht intensiv damit zu tun hat, einmal wichtig zu sagen, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten von unten tatsächlich bis nach Brüssel gegeben sind. Diese Mitwirkungsmöglichkeiten sollten wir nutzen. Wir müssen uns am 26. Juni im Ausschuss auch über den Zeitplan verständigen, wenn die Landesregierung schon vor dem Termin Ende August ihre Stellungnahme abgeben muss. - Ich bedanke mich. Wie gesagt, wir werden zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In dem bereits von meinen Vorrednern erwähnten Grünbuch wird im Kern die Frage aufgeworfen, wie Aufgaben der Daseinsvorsorge von denen der allgemeinen Wirtschaft abgegrenzt werden können. Die PDSFraktion versucht nun mit ihrem Antrag, dieses Grünbuch und die dahinter stehende Problematik in den Fokus des Landtags von Sachsen-Anhalt zu ziehen. Der Themenkomplex ist wichtig - ich denke, das ist schon deutlich geworden - und er ist auch für die weitere Entwicklung unseres Landes maßgebend.
Der Antrag der PDS-Fraktion wirft aber auch eine andere Frage auf, die schon länger in der Parlamentspraxis diskutiert wird. Unter Punkt 3 beantragt die PDS, dass
vor Einreichen der Stellungnahme der Landesregierung - übrigens beim Bund und nicht bei der Europäischen Kommission - dem Landtag über den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten Gelegenheit zu einer nicht näher bezeichneten Meinungsäußerung gegeben werden soll.
Dieses Ansinnen hat die Fraktionen der CDU und der FDP dazu veranlasst, einen Alternativantrag zu verfassen, da die vorgesehene Wahrnehmung der Befugnisse des Landtages durch einen Ausschuss grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken auslösen kann. Gemäß Artikel 41 der Verfassung unseres Landes ist der Landtag die gewählte Vertretung des Volkes von SachsenAnhalt. Die Geschäftsordnung des Landtages umreißt klar die Aufgaben der Ausschüsse. Eigenständige Meinungsäußerungen, bevor der Landtag damit befasst war, sind nicht vorgesehen - weder in der Geschäftsordnung noch in der Verfassung unseres Landes.
Auf der Bundesebene sieht das ganz anders aus. Um in Angelegenheiten der Europäischen Union schnell und flexibel reagieren zu können, sieht Artikel 45 des Grundgesetzes vor, dass der Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages ermächtigt werden kann, die Befugnisse des Bundestages gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes wahrzunehmen. Eine vergleichbare Norm enthält unsere Verfassung zurzeit nicht, sodass bis zu einer grundsätzlichen Klärung dieser parlamentsrechtlichen Frage die Frage offen ist, ob das Verfahren, das die PDS vorschlägt, für uns möglich ist.
Nichtsdestotrotz haben wir, CDU und FDP, meine Damen und Herren, uns selbstverständlich mit dieser Aufgabe befasst, und wir finden, dass es wichtig ist, dass sie im Landtag zur Sprache kommt. Wir haben deshalb einen Alternativantrag ausgearbeitet, der unser Grundanliegen mit der Bitte an die Landesregierung enthält, die Leitlinien aufzunehmen und sich in ihrer Stellungnahme davon leiten zu lassen.
Besonderen Wert legen die Fraktionen der CDU und der FDP auf den Gesichtspunkt, dass aufgrund ihres örtlichen Bezugs die Daseinsvorsorge in Deutschland überwiegend der Verantwortung von Ländern und Kommunen unterliegt. Im Rahmen der zu erwartenden weiteren Liberalisierung im Bereich der Daseinsvorsorge, die von unseren Fraktionen, wie schon erwähnt wurde, grundsätzlich unterstützt wird, ist die Frage zu beantworten, auf welcher Ebene über eine Marktöffnung zu entscheiden ist.
Hierbei gilt es zu unterscheiden: Eine gemeinschaftsweite Liberalisierung von Leistungen der Daseinsvorsorge sollte nur in solchen Sektoren erfolgen, die aufgrund ihrer Größenordnung oder ihrer strukturellen Vernetzung eine europäische Dimension aufweisen. In allen anderen Bereichen muss es dagegen den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, ob und inwieweit eine Wettbewerbsöffnung mit Blick auf die jeweils definierten Gemeinwohlanforderungen möglich erscheint. - Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion zum Zweiten Investitionserleichterungsgesetz in diesem Hause.
Eine Politik der Liberalisierung sollte dabei dem Anspruch folgen, dass sich die staatliche Einflussnahme auf ein vertretbares Mindestmaß beschränken muss. Die Aufgabe, für die Versorgung aller Bürger mit den besten Diensten Sorge zu tragen, muss weiterhin den nationalen, regionalen und kommunalen Trägern der Daseinsvorsorge und nicht der EU obliegen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sehen es als problematisch an, dass Aufgaben der Daseinsvorsorge wegen der Wahrung von Gemeinwohlbelangen häufig nicht kostendeckend erfüllt werden können. Deshalb wird die Erbringung dieser Leistungen zum Teil mit öffentlichen Mitteln subventioniert oder ist Monopolbetrieben vorbehalten. Die EU-Kommission und der Europäische Gerichtshof haben darüber zu wachen, ob und inwieweit das mit den Wettbewerbsregeln des EU-Vertrages vereinbar ist.
Diese Kontrollbefugnis erachten wir als grundsätzlich notwendig; denn aus ordnungspolitischen Gründen können Einschränkungen des Wettbewerbs oder der Binnenmarktfreiheiten nur akzeptiert werden, wenn und soweit die Erfüllung von Gemeinwohlbelangen dies tatsächlich erfordert. Es muss aber auch klargestellt werden, dass diese Kontrollbefugnis der EU gewissen Schranken unterliegen muss. Das Wettbewerbsrecht kann bei nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, insbesondere bei nicht marktorientierten Leistungen keine Anwendung finden.
Dazu gehören - das möchte ich am Ende meiner Rede ganz klar herausstellen - beispielsweise per se dem Staat vorbehaltene hoheitliche Aufgaben, wie die Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit, die Justizverwaltung, Dienstleistungen im Zusammenhang mit nationalen Bildungssystemen und mit der Pflichtmitgliedschaft in Grundversorgungssystemen der sozialen Sicherheit. Dies sollte in Artikel 87 Abs. 1 des Vertrages klargestellt werden.
Auch die Tatsache, dass Stendal dabei ist, europäische Geschichte zu schreiben, finde ich, genauso wie Herr Tögel, sehr spannend. Ich denke, die Schlussfolgerungen daraus müssen auch in diesem Vertrag berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren! Sie sehen, das Thema ist umspannend und eigentlich in einer Fünfminutendebatte nicht zu erledigen. Vielleicht wird das nächste Mal bei der Festlegung der Redezeiten darüber nachgedacht, dass dieses Thema in der vorgegebenen Zeit nicht zu schaffen ist. Ich bitte Sie nun um Zustimmung zu unserem Alternativantrag. - Vielen Dank.
Sie haben es wenigstens in reichlich sechs Minuten geschafft. Vielen Dank. - Zum Schluss hat noch einmal Frau Dr. Klein das Wort, wenn sie möchte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wybrands, für den Zeitplan des Verfahrens kann die PDSFraktion nun wirklich nichts. Wir haben nur versucht, einen Weg zu finden, uns mit dem ernst zu nehmen, was wir in den letzten Wochen diskutiert haben, nämlich die Rolle und die Verantwortung der Landesparlamente.
Wir haben über den EU-Konvent und über den Lübecker Konvent beraten und dann gesagt, die Landesregierung solle tätig werden. Wir haben nun versucht, trotz der Frist einen Weg zu finden. Ich möchte mit Ihnen nicht über die grundsätzlichen Unterschiede zwischen einer Meinungsäußerung und einer Unterrichtung debattieren. Ich denke, im Grunde wollen wir ungefähr dasselbe. Wir
wissen ungefähr, was machbar ist. Deshalb werden wir uns zu Ihrem Alternativantrag der Stimme enthalten.
Aber - das ist unser Grundproblem - Sie erwarten von uns, dass wir uns heute de facto ohne Diskussion - Sie haben selbst gesagt, was sind schon fünf Minuten Redezeit? - zu Grundfragen der künftigen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung festlegen. Wir sollen zu 30 Fragen Stellung nehmen, die die meisten von Ihnen nicht kennen. Sie werden es gelesen haben, Herr Tögel wird es gelesen haben. Aber ich nehme an, das hält sich im Rahmen. Von Frau Paschke weiß ich auch, dass sie das Papier gelesen hat.
Wir müssen erst einmal in eine Debatte darüber eintreten. Bisher - das ist mein Eindruck - ist man dieser Debatte systematisch ausgewichen. Als es um die GATS-Verhandlungen ging, haben alle drei Fraktionen ihre Redebeiträge zu Protokoll gegeben, weil man lieber zum parlamentarischen Abend gehen wollte. Aber wir müssen erst einmal miteinander ins Gespräch kommen. Dann kann man die ganzen Probleme ausdiskutieren. Wir sind aber nicht bereit, schon heute festzulegen, worum es geht. Deshalb werden wir - sicherlich werden Sie unseren Antrag wegstimmen - uns zu Ihrem Alternativantrag der Stimme enthalten.
(Frau Dr. Klein, PDS: Hier hat jemand seinen Stift vergessen! - Zuruf von der PDS: Der liegt schon länger dort!)
Frau Dr. Klein, ich habe zwei Fragen. Erstens. Würden Sie mir darin zustimmen, dass im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten niemals nur zugehört wurde, sondern immer fundierte Meinungen geäußert werden und es immer eine sehr ausgiebige Debatte gibt? Insofern wird es sich nicht lediglich um eine Berichterstattung handeln; vielmehr werden wir und Sie durchaus die Meinungen einbringen.
Zweitens. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass ich darauf hingewiesen habe, dass wir im parlamentarischen System eine Lücke haben, und dass ich eigentlich dazu aufgefordert habe, diese Lücke zu schließen, damit wir dieses Verfahren nicht mehr machen müssen? Deshalb habe ich darauf hingewiesen, was der Bundestag macht; im Bundestag kann der Ausschuss selbst entscheiden.
Zunächst zur letzten Frage. Frau Wybrands, ich habe das sehr wohl verstanden. Ich habe auch gesagt, ich sehe keinen großen Unterschied zwischen Ihrem und unserem Antrag hinsichtlich des Punktes 3. Sie haben lediglich das Wort „Unterrichtung“ und wir das Wort „Meinungsäußerung“ gewählt. Diesbezüglich sind wir uns einig.
Aber die inhaltliche Diskussion ist weder im Plenum noch im Ausschuss erfolgt. Ich halte die Diskussion über die Unterrichtung der Landesregierung zu den GATSVerhandlungen, die im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten stattgefunden hat, nicht gerade für ein echtes Highlight in unserem parlamentarischen
Leben. Schließlich wurde ziemlich einmütig festgestellt, dass diese Unterrichtung nicht auf den Kern der Thematik eingegangen ist.
Es reicht nicht aus, wenn wir uns nur im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten damit befassen. Es handelt sich um Probleme grundlegender Art, die auch den Innenausschuss, den Wirtschaftsausschuss und andere betreffen. Deshalb möchten wir erst einmal über das Thema diskutieren. Dann können wir uns über die Standpunkte streiten. Ich möchte in diesem Sinne, wie Sie es auch gesagt haben, eine Debatte anregen.
Vielen Dank, Frau Dr. Klein. - Wir stimmen nun ab, zunächst über den Antrag der PDS-Fraktion in der Drs. 4/800. Wer stimmt zu? - Das ist die PDS-Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist mehrheitlich die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.
Wir stimmen über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 4/825 ab. Wer stimmt zu ? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die SPDFraktion. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die PDS-Fraktion. Damit ist der Alternativantrag angenommen und der Tagesordnungspunkt 22 beendet.
Ich bitte zunächst die Abgeordnete Frau Feußner, für die einbringenden Fraktionen das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach § 18g des Schulgesetzes, geändert durch die vierte Änderung des Schulgesetzes vom 27. August 1996, ist seit der zweiten Legislaturperiode zweimal je Wahlperiode ein Bericht vorzulegen, in dem differenziert nach den einzelnen Schulformen die im öffentlichen Schulwesen tatsächlich entstehenden Kosten den jeweiligen Finanzhilfebeträgen für Schulen in freier Trägerschaft gegenüberzustellen sind.
Die alte Landesregierung hat sich trotz der gesetzlichen Verpflichtung nicht in der Lage gesehen, diesen Bericht zu liefern. Dies wirft zwei Fragen auf: Erstens. Warum hat der damalige Gesetzgeber diesen § 18g überhaupt in das Schulgesetz aufgenommen, wenn die Erfüllung als nicht machbar angesehen wurde? Zweitens. Gab es vielleicht politische Gründe dafür, diesen Bericht aufgrund eines vorhersehbaren Ergebnisses nicht vorzulegen?
Darüber kann man heute nur spekulieren. Aber eines ist anzumerken: Eine solche Gegenüberstellung ist mit Sicherheit nicht einfach - das ist mir klar -, da hierbei viele Parameter Berücksichtigung finden müssen.