Meine zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass der damalige Minister Harms die Leistungskriterien für den Übergang des B-Kurses in den A-Kurs heruntergesetzt hat, damit mehr Schüler den A-Kurs belegen können und nicht so viele Schüler den so genannten Abschluss der Berufsbildungsreife, der dem Hauptschulabschluss entspricht, erreichen?
Meine letzte Frage: Sie haben das Statistische Landesamt zitiert. Wenn Sie das vergangene Jahr gemeint haben, so haben die Schüler gar keinen Hauptschulabschluss erhalten. Das ist so vom Statistischen Landesamt nicht richtig ausgeführt worden. Diese Schüler haben damals eine Berufsbildungsreife abgelegt. Den Begriff Hauptschulabschluss gab es im vergangenen Jahr nicht.
Dieser Begriff stand in Klammern dahinter. Das Statistische Landesamt ist nun wohl parteipolitisch unverdächtig, sodass man das sicherlich zitieren kann.
Ich denke schon, dass wir uns als Fraktion in unserem Arbeitskreis und auch mit vielen anderen Leuten Gedanken gemacht haben, die es nicht erst seit der Pisa-Diskussion gibt. Ich habe in einer meiner letzten Reden im Landtag darauf verwiesen, dass wir in unserer Fraktion und in den Gremien der SPD eine umfangreiche Broschüre erarbeitet haben, die sich mit der inneren Schulreform befasst und die auf dem Bericht der Enquetekommission „Schule mit Zukunft“ aus dem Jahre 1997 basiert, an dem vonseiten Ihrer Fraktion der heutige Kultusminister mitgearbeitet hat. Dort wurden bereits ähnliche Dinge diskutiert. Das ist also insofern gar nichts Neues.
Wir haben versucht, einen Teil dieser Dinge umzusetzen. Wenn Sie sagen, dass wir in den letzten acht Jahren gänzlich versagt hätten, dann kann ich nur sagen, dass ich das weit von uns weisen muss. Natürlich haben auch wir Dinge im Schulsystem gehabt, die nicht so gut funktionieren. Das sind aber häufig Dinge gewesen, die mit administrativen Umsetzungsproblemen zusammenhingen. Konzeptionell waren die Ansätze richtig. Dazu stehe ich auch.
Ich denke, dass wir, wenn wir uns jetzt in einer anderen Situation befänden, genau diese Dinge massiv in Angriff genommen hätten, die wir jetzt noch einmal aufschreiben. Sie sind so neu nicht. Sie sind aber durch die PisaBefunde verstärkt worden, indem festgestellt worden ist, dass hier zu arbeiten ist und nicht an altertümlichen Strukturen.
Was die Schülerzahlen der A- und B-Kurse und die angeblich versetzten Kriterien anbelangt, so ist das völlig unwichtig, weil die A- und B-Kurse etwas sind, was eigentlich abgeschafft gehört. Was schlecht ist, kann man schwer verbessern. - Vielen Dank.
- Nein, das war die Forderung der KMK auf der Grundlage einer Vorlage der B-Länder. Fragen Sie mal Ihren Minister; der weiß das auch.
Vielen Dank, Frau Mittendorf. - Meine Damen und Herren! Mitten in der Debatte über das Schulgesetz ist es besonders erfreulich, wenn wir auf der rechten Seite der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Stephaneum zu Aschersleben begrüßen können.
Die Debatte wird mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fortgesetzt. Es spricht Herr Dr. Volk. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne dem Votum des Hohen Hauses vorgreifen zu wollen, glaube ich sagen zu können, dass wir heute die Neufassung des Schulgesetzes von Sachsen-Anhalt beschließen werden. Damit kommt neun Monate nach dem Regierungswechsel die gesetzliche Umgestaltung der gymnasialen und der Sekundarschulbildung in Sachsen-Anhalt zu einem gewissen Abschluss. Diese Umgestaltung war notwendig, da sich ein organisches Gebilde, wie es die Schule nun einmal ist, immer nur innerhalb funktionierender Strukturen entfalten und entwickeln kann.
Ich möchte an dieser Stelle die zahlreichen Gründe und Argumente, die für unsere Reform sprechen, nicht wiederholen, da sie bei der Einbringung der achten und der neunten Novelle auf parlamentarischer Ebene intensiv diskutiert worden sind.
Wir haben im Plenum, in den Ausschüssen und in zahlreichen Diskussionsrunden über die anstehenden Änderungen des Schulgesetzes debattiert, Vorschläge abgewogen und Einwände betrachtet. Als Bildungspolitiker begrüße ich die hinter uns liegende öffentliche und parlamentarische Debatte ausdrücklich. Sie dokumentiert zu Recht die Aufmerksamkeit, die einer Diskussion über Fragen der Entwicklung von Schule gebührt, und respektiert den breiten Wunsch nach demokratischer Mitwirkung.
Obwohl wir das Ziel der Modernisierung des Schulwesens in Sachsen-Anhalt immer vor Augen hatten, haben wir die Debatte ergebnisoffen geführt. Wer die ersten beiden Entwürfe mit der jetzt vorliegenden Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses vergleicht, wird bemerken, dass unser Projekt in der parlamentarischen Beratung gewachsen ist.
Es ist uns gelungen, zwei Entwürfe zu einer organischen Einheit zu verschmelzen und zahlreiche Verbesserungen vorzunehmen. Damit vermeiden wir die Reibungsverluste, die eine weitere Novelle mit sich bringen würde. Wir haben versucht, mit allen Änderungen, die in den
letzten Monaten eingebracht wurden, das Gebäude des Schulwesens in Sachsen-Anhalt wieder auf solide Fundamente zu stellen. Wir sind dabei behutsam vorgegangen. Ich denke, es ist uns gelungen, die Statik des Bauwerkes dabei nicht zu gefährden.
So hielt sich der Widerspruch, von dem im Allgemeinen jede Veränderung begleitet wird, in einem überschaubaren Rahmen. Es lohnt sich an dieser Stelle festzuhalten, meine Damen und Herren, dass unser Entwurf bei Schülern, Lehrern und Eltern sowie bei der Wirtschaft im Land Sachsen-Anhalt auf breite Akzeptanz stößt. Dies ist insbesondere deshalb zu erwähnen, weil dies bei den Schulgesetzänderungen der SPD in der letzten und vorletzten Legislaturperiode keineswegs der Fall war.
Lassen Sie mich die wesentlichen Änderungen, die für uns als FDP wichtig sind, pointiert zusammenfassen.
Das 13. Schuljahr wird abgeschafft. Damit wird Sachsen-Anhalt der Vorreiter bei einer Entwicklung, die sich in ganz Deutschland abzeichnet. Eine Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur entspricht außerdem den europäischen Standards und sichert die Konkurrenzfähigkeit der Abiturienten im globalen Wettbewerb. Durch entsprechende Übergangsfristen wird gewährleistet, dass das Abitur in ganz Deutschland uneingeschränkt anerkannt wird.
In der 4. und in der 6. Klasse werden in Kernfächern Klassenarbeiten mit zentral gestellten Aufgaben geschrieben. Für die Schüler und die Eltern wie auch für die Lehrer und die Schulen werden die Schülerleistungen in Zukunft nicht nur messbar, sondern auch vergleichbar sein.
Daraus lassen sich für die Eltern und Schüler Entscheidungen über den weiteren Bildungsweg ableiten und für die Lehrer Erkenntnisse über die Wissensvermittlung gewinnen, die insgesamt die Qualität der Schulbildung positiv beeinflussen. Gleichzeitig macht diese Regelung die Durchsetzung einheitlicher Standards leichter, weil nicht erst mit den Abschlussprüfungen, sondern bereits zu einem früheren Zeitpunkt die individuellen Ergebnisse verglichen werden können.
Die Förderstufe als integrativer Modellansatz wird abgelöst durch an den Bildungsgängen angesiedelte 5. und 6. Klassen. Damit können die Schüler wieder nach der 4. Klasse in die Sekundarschule oder ins Gymnasium wechseln. Durch vergleichbare Rahmenrichtlinien wird jedoch sichergestellt, dass bei entsprechenden Leistungen ein Wechsel der Schulform kein Problem ist.
Ab der 7. Klasse wird es an den Sekundarschulen wieder abschlussbezogene Bildungsgänge geben, einen Haupt- und einen Realschulbildungsgang, die zu bundesweit anerkannten Abschlüssen führen. Durch stabile Klassenverbände und abschlussbezogene Anforderungen wird die Attraktivität und die Qualität der Sekundarschulen gesteigert. Der Haupt- und der Realschulabschluss können bei dem Vorliegen entsprechender Leistungen zu erweiterten Abschlüssen erhoben werden.
In den Klassenstufen 11 und 12 wird es künftig wieder einen Fächerkanon geben, der von allen Schülern belegt werden muss. Damit wird das Abitur wieder seiner Bestimmung als allgemeine Hochschulreife gerecht, die Klassenverbände werden gestärkt und die Vergleichbarkeit der Zeugnisse wird gesichert.
Ich bin zuversichtlich, dass sich die Lehrerinnen und die Lehrer im Land mit dem Prozess der Umsetzung dieser
Änderungen identifizieren werden und dass man an den Schulen in unserem Bundesland schnell zur Vermittlung von Bildungsinhalten übergehen kann. Ich kann den Lehrern, Eltern und Schülern versichern, dass wir sie in den nächsten Jahren nicht mit zahlreichen weiteren strukturellen Ergänzungen und Änderungen überfordern werden, sondern Freiräume für die inhaltliche Arbeit schaffen werden.
Mit der Verabschiedung des neuen Schulgesetzes haben wir die Grundlage der Bildungsreform in SachsenAnhalt gelegt. Als nächste große Aufgabe steht nunmehr die inhaltliche Ausgestaltung dieses Reformprojektes vor uns. Die Diskussion über Bildungsinhalte orientiert sich dabei an den Fragen, was die Schule im 21. Jahrhundert leisten soll, welche Kompetenzen zu vermitteln sind und welche Fähigkeiten ihre Absolventen haben müssen.
An den Schulen soll ein Leistungsbewertungssystem geschaffen werden, das auf die sich entwickelnden Bildungsziele bezogen ist. Die zu erwerbenden Abschlüsse sollen aussagekräftiger als bisher den tatsächlich erfolgten Kompetenzerwerb widerspiegeln. Dabei soll die Frage in den Mittelpunkt gerückt werden, wie die optimale Förderung von Kindern mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen in den Bildungsgängen realisiert werden kann, um Impulse für mehr Lernmotivation und Leistung zu schaffen. Die Klassengemeinschaft soll dabei einen hohen Stellenwert genießen. Grundlegende Kompetenzen sollen sicherer und auf höherem Niveau ausgeprägt werden.
Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass ich, wenn es um Inhalte geht, vor allem die Schulpraktiker in der Pflicht sehe. Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen schaffen, Gesetze strukturieren und leiten; im Detail gestalten aber kann sie nicht. Wir haben einen Rohbau errichtet und begehen mit der heute zu verabschiedenden Novelle quasi ein Richtfest. Damit wird unsere direkte Einflussnahme abgegrenzt, auch gewollt abgegrenzt.
Um bei dem Vergleich mit einem Bauwerk zu bleiben: Die Entscheidung darüber, welche Farbe die Wände haben sollen, obliegt in erster Linie den Lehrern, den Eltern und den Schülern. Wir können und sollten uns in diese Diskussion aktiv einbringen. Aber wir werden dabei nur eine Stimme unter vielen sein. Ich gebe zu, dass es für manchen Politiker ungewohnt sein mag, den Gang der Dinge nicht direkt beeinflussen zu können. Aber ich bin mir sicher, dass gerade dies der inhaltlichen Ausgestaltung des Bildungswesens in unserem Land dienen wird.
Eigentlich würden wir nun zum Abstimmungsverfahren kommen. Ich bin jedoch gerade gebeten worden, an dieser Stelle den Tagesordnungspunkt zu unterbrechen, weil noch ein abstimmungsrelevantes Dokument beigebracht werden soll. Herr Scharf könnte das näher erläutern. Aber vielleicht ist es günstiger, eine Erläuterung zu geben, wenn die Unterlagen vorliegen. Das wird nicht lange dauern.
Ich werde den Tagesordnungspunkt erneut aufrufen, sobald der nächste Tagesordnungspunkt abgeschlossen ist.
Bevor ich dem Berichterstatter des Ausschusses für Inneres, Herrn Kolze, das Wort erteile, darf ich den Juniorenkreis des Wirtschaftsrates der CDU Magdeburg auf der Tribüne begrüßen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 7. Sitzung des Landtages am 10. Oktober 2002 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung in den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden.