Protocol of the Session on May 4, 2022

Fakt ist: Die Zukunft des Landes ist eng an das Internet und den Breitbandausbau gekoppelt. Ohne entsprechende Investition wird Sachsen abgehängt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Beifall bei der Staatsregierung)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn nur acht Autostunden von uns entfernt der Krieg den Alltag bestimmt, können wir nicht wegschauen. Dieser Krieg zieht manche unserer bisherigen Gewissheiten in Zweifel. Diese Zeiten erlauben es aber auch nicht, in Schockstarre zu verharren. Wir müssen jetzt die richtigen Strukturentscheidungen treffen, damit Sachsen aus dieser Zeitenwende zukunftsfähig und gestärkt hervorgeht.

In manchen Bereichen heißt das, dass wir unsere erfolgreiche Politik fortsetzen; denn was richtig war, bleibt auch weiterhin richtig. Wir halten daran fest, das Handwerk und den Mittelstand als Rückgrat unserer sächsischen mittelständischen Wirtschaftsstruktur zu stärken und zu fördern und die erfolgreiche Arbeit unserer Cluster und Netzwerke in Sachsen weiter zu stärken. Wir werden die Gründer und Start-ups unterstützen und unsere Industriebranchen, vor allem die Automobilindustrie, bei der Transformation begleiten. Die Kultur- und Kreativwirtschaft kann sich unserer Unterstützung weiter sicher sein. Wir unterstützen den Einzelhandel nach den schweren Jahren der Corona-Pandemie und tragen zur Aufwertung der Innenstädte bei. Schließlich werden wir weiter daran arbeiten, unser bestehendes Straßen- und Schienennetz zu erhalten und zu verbessern, nicht zuletzt als Wirtschaftsfaktor für unsere Logistikbranche.

Aber die geopolitischen Umwälzungen inmitten einer fortgesetzten ökologischen Transformation stellt auch neue Anforderungen an eine Politik für Wohlstand und Beschäftigung. Schlagen wir ein neues Kapitel auf und lassen Sie uns eine Industriepolitik verfolgen, die in den neuen Innovationszyklen eine echte Chance für einen Vorsprung Ost schafft! Schöpfen wir die sächsischen Nachwuchspotenziale aus und machen wir unser Land attraktiver für Menschen aus dem In- und Ausland, die bei uns leben und arbeiten wollen.

Wir brauchen einen Booster für die Energiewende in Sachsen. Wir sollten den Schatz unserer heimischen Rohstoffe heben und die Sekundärrohstoffkreisläufe stärken. Beschleunigen wir den flächendeckenden Ausbau des schnellen Internets in Sachsen und sorgen vor für die nächste Generation!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Lösungen und die Bewältigung von globalen Umwälzungen liegen

selten in unserer Hand als Landespolitikerinnen und Landespolitiker. Jedoch tragen wir Verantwortung dafür, die Veränderungen zu erkennen und die richtigen Weichen für den künftigen Wohlstand unseres Landes zu stellen. Wer jetzt zögert, vergibt die Chancen für unsere Kinder und Enkel. Wer jetzt an der falschen Stelle kürzt, zahlt später vielfach drauf.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den BÜNDNISGRÜNEN – Zuruf des Abg. Thomas Thumm, AfD)

Wie können wir in Sachsen in Zukunft gut leben? Diese Frage hat Ministerpräsident Michael Kretschmer in seiner ersten Regierungserklärung gestellt. Diese Frage stelle ich heute vor dem Hintergrund von Zeitenwende und Transformation. Es ist die entscheidende Frage. Die Transformation verändert die Basis unseres Wohlstands. Die Zeitenwende stellt Grundsätzliches infrage. Veränderungen machen Angst.

Nicht alle Fragen können schon jetzt beantwortet werden. Die großen Themen liegen klar auf dem Tisch. Wir dürfen uns jetzt nicht im Klein-Klein verheddern und wichtige Zeit vergeuden. Die Menschen und das Land brauchen Klarheit über die richtigen Prioritäten. Unser Land und seine Menschen brauchen Verlässlichkeit und Vertrauen. Und wir brauchen einen klaren Kompass. Meiner ist, dass die Menschen zufrieden und glücklich leben können. Dafür werden wir beherzt arbeiten und klug entscheiden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den BÜNDNISGRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich danke Herrn Staatsminister Dulig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir kommen nun zur Aussprache zur Fachregierungserklärung. Folgende Redezeiten wurden für die Fraktionen festgelegt: CDU 32 Minuten, AfD 26 Minuten, DIE LINKE 16 Minuten, BÜNDNISGRÜNE 14 Minuten und SPD 12 Minuten. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet AfD, CDU, DIE LINKE, BÜNDISGRÜNE, SPD und fraktionslose MdL.

Ich übergebe zuerst an die AfD-Fraktion, Herrn Kollegen Peschel; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Gäste! Werte Staatsregierung! So nebulös wie der Titel, so inhaltsleer war die Rede zur Regierungserklärung.

(Beifall bei der AfD)

Herr Dulig, das war eine Rede gegen die soziale Marktwirtschaft und für die Planwirtschaft. Das Wort Zeitenwende ist ein großes Wort. Es wird immer dann aus historischer Sicht verwendet, wenn eine Epoche zu Ende geht. Die letzte Zeitenwende, die wir in Sachsen hatten, war das Ende der Biedenkopf-Ära. Das Wort Zeitenwende verwenden die Regierungen gerne, wenn sie den Bürgern

sagen: Das Kind ist in den Brunnen gefallen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, es kommen schwere Zeiten auf die Bevölkerung zu.

(Beifall bei der AfD)

Gut, wenn man da wie der Ex-Innenminister Wöller auf ein Polster von 10 000 Euro im Monat fällt, die Freundin der Ehefrau versorgt weiß, einen erfolglosen Parteikollegen aus Görlitz mit einem super Job versorgt

(Beifall bei der AfD)

oder wenn man das große Glück hat, im SPD-Versorgungszentrum ZEFAS unterzukommen und dort ebenfalls einen sehr guten Job ergattert.

(Beifall bei der AfD)

Sicher, das sind alles zukunftsfeste Arbeitsplätze für einen kleinen Teil der Bevölkerung. Doch was hat der sächsische Bürger davon? Nichts. Was hat der Bürger von dieser Regierungserklärung? Wo war ein ehrliches Eingeständnis, Herr Dulig, von Ihren Fehlern? Wo ist die Vision für die nächsten zehn Jahre, wie wir in Sachsen weiterkommen wollen? Wo waren Aussagen, wie viele Arbeitsplätze entstehen sollen? Wo war ein Wort des Respektes und der Anerkennung für unsere Bürger und Steuerzahler?

(Beifall bei der AfD)

Herr Dulig, das war eine Regierungserklärung mit vielen großen Worten, wenig Substanzielles. Denn wie schaut denn die Realität aus? Dank SPD erleben wir die Abwicklung der Kohle- und Automobilindustrie, den Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen in Sachsen. Verantwortlich dafür sind unter anderem die SPD und die GRÜNEN – die, die die soziale Marktwirtschaft mit immer mehr Staatswirtschaft abschaffen wollen. Genau das müssen wir als AfD verhindern. Wir brauchen keine grüne staatliche Portfoliowirtschaft.

(Beifall bei der AfD)

Herr Dulig, vielleicht muss ich Ihnen doch etwas recht geben: Wir erleben eine Zeitenwende, eine arrogante und überhebliche Moralvorstellung, welche keinerlei Raum für Wirtschaftsethik lässt. Die moralische Qualität der Marktwirtschaft besteht darin, dass sie das beste bisher bekannte Instrument zur Verwirklichung der Solidarität aller Menschen darstellt, in dem sie dem Wohl des Konsumenten dient.

Werte Abgeordnete! Wie reagieren ehemalige Wirtschaftspolitiker oder unsere sächsischen Minister auf die sogenannte Zeitenwende? Die Regierung will aus dem Gas heraus, für die Ukraine, aber zulasten unserer Bürger. Ich kann Ihnen sagen, was unsere Bürger wollen: bezahlbare Energiepreise.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Genau!)

Wie schaut stattdessen die Regierungslösung aus? Der Bürger solle einmal frieren, so Ex-Bundespräsident Gauck. Oder, Herr Dulig – ich darf Sie zitieren –: „Der Bürger soll sparen.“ Die Staatsregierung, Sie sprachen das an, will die

Klimawende, um das Weltklima von Sachsen aus zu retten. Sie will planwirtschaftlich die Automobilindustrie kaputtmachen und umbauen zur – sie nennt es – E-Mobilität, ohne Lösungen zu bieten.

Doch seit Corona, das sprachen Sie auch an, brechen die Lieferketten zusammen. Auf der einen Seite der Welt stauen sich die Schiffe in den Häfen, in der Ukraine herrscht Krieg, Staaten werden sanktioniert, die Welt wird in Gut und Böse eingeteilt. Die Folge: Waren, die wir brauchen, werden knapp. Es fehlt in der Zulieferungsindustrie an Zubehör, es fehlt an Kabelbäumen, an Computerchips. Gewachsene Lieferketten gehen kaputt. Auch hier die Lösung der Regierung auf unsere Anfrage: eine Kontaktstelle Lieferketten, die bei der Wirtschaftsförderung Sachsen angesiedelt ist, in der vier Mitarbeiter arbeiten, die abwechselnd und parallel zu ihren eigentlichen Arbeitsaufgaben die Anfragen der Wirtschaft beantworten. Das war die Stellungnahme der Staatsregierung auf unseren Antrag „Lieferketten evaluieren und weiterentwickeln“ von vor zwei Jahren.

Sehr geehrte Staatsregierung! Ganz ehrlich, Ihre Realpolitik gleicht eher einem schlechten Witz als einer guten Lösung.

(Beifall bei der AfD)

Die Lage ist heute noch viel unübersichtlicher als zu Corona-Zeiten, darin gebe ich Ihnen recht. Was meine ich damit? Am 20. April titelte „TAG24“: „Zeitenwende auf dem Arbeitsmarkt? – Die Arbeitslosigkeit wird infolge des Ukrainekriegs mittelfristig auch in Sachsen steigen. Von diesem Szenario gehen regierungsnahe Kreise aus.“ Sechs Tage später titelte der „Spiegel“: „63 000 offene Stellen. Betriebe suchen händeringend Lehrlinge.“ Freie Arbeitsplätze in Sachsen, in der „DNN“ am 29. April: 17 600 und damit 2 000 mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig weist der Verband des Gesamtmetalls darauf hin, dass die Mehrheit der Betriebe in der deutschen Industrie stillstehen würden, wenn nur 50 % des benötigten Gases bereitgestellt würden.

Werte Staatsregierung! Wie schaut Ihre Bilanz aus? Wir erleben mehr Verwaltung bei sinkenden Einwohnerzahlen. Weltkonzerne wie MAN in Plauen oder Siemens in Görlitz haben Sachsen teilweise verlassen. Das ist das Ergebnis Ihrer Wirtschaftspolitik, und Sie treiben es noch weiter. Sie wollen aus der Kohleverstromung heraus, wohlwissend, dass Boxberg eines der leistungsstärksten Braunkohlekraftwerke ist und uns zum Stromexporteur macht.

(Beifall bei der AfD)

Sie stehen für Überregulierung, ausufernde Bürokratie, Umbau der sozialen Marktwirtschaft zur Staatswirtschaft. Es ist kein Wille erkennbar, Steuern zu senken oder Vorschriften abzubauen. Davon war kein Wort in Ihrer Regierungserklärung. Ihre Politik bedeutet für die Unternehmen Stillstand und führt zu Frustration bei den Bürgern. Was wir aber brauchen, ist ein handlungsfähiger Staat und ein starker Markt. Die Staatsregierung müsste jetzt die Marktkräfte mobilisieren und das Wissen der Unternehmen nutzbar machen.

Werte Abgeordnete! Die AfD bietet, wie so oft, auf diese wichtigen Fragen in Sachsen gute Lösungsansätze,

(Antonia Mertsching, DIE LINKE: Keine Antworten!)

Angebote, die wir immer wieder unterbreiten, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für unsere Unternehmen zu verbessern. Angebote, die Sie alle permanent ablehnen. Aber unabhängig davon, das kann ich Ihnen versichern, werden wir weiterhin konstruktive Anträge und Gesetzentwürfe einreichen. Wenn Sie eines Tages – ich hoffe in naher Zukunft – unseren positiven AfD-Anträgen zustimmen, dann können wir wirklich von einer positiven Zeitenwende reden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Kollege Peschel sprach für die AfD-Fraktion. Nun übergebe ich das Wort an die CDU-Fraktion, an Herrn Kollegen Hippold.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die langanhaltende CoronaPandemie und die damit verbundenen Beschränkungen stellen unsere Wirtschaft in Deutschland und in Sachsen vor große Herausforderungen. Aktuell kommen, die Vorredner sind darauf eingegangen, erhebliche außenwirtschaftliche Verwerfungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hinzu. Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges und der notwendigen Sanktionen treffen viele Unternehmen, aber auch Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Sachsen hart, denen zudem auch die langanhaltenden Auswirkungen der Pandemie weiter zu schaffen machen. Dabei geht es um Belastungen, die auf Dauer nur mit größten gemeinsamen Anstrengungen zu verkraften sind und die das Potenzial für eine ernsthafte Wirtschaftskrise haben.

So werden Unternehmen, die bisher in Russland oder der Ukraine aktiv waren, derzeit vor große Herausforderungen gestellt. Das trifft insbesondere auf die Automobil- und Maschinenbauindustrie im Freistaat Sachsen zu. Das ist aber nicht alles. Wir beobachten massive Preissteigerungen im Energiesektor und bei Alltagsgütern. Darüber hinaus weiten sich die bereits seit der Corona-Pandemie bekannten Lieferschwierigkeiten bestimmter Güter aus und betreffen nun auch Produkte aus Russland und der Ukraine, wie Kabelbäume, Baustahl, Roheisen und selbst Bitumen. All das setzt unsere sächsischen Unternehmen und ganze Industriezweige unter Druck. Das sehen wir auch an unseren Baukosten.

Wir können uns glücklich schätzen, dass die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges die sächsische Wirtschaft bisher noch nicht mit der Wucht getroffen haben, wie das befürchtet wird. Das hat auch damit zu tun, dass viele sächsische Unternehmen ihren Absatz nach der russischen Besetzung der Krim im Jahr 2014 bereits weiter diversifiziert hatten. Seitdem sanken die sächsischen Exporte nach Russ

land stetig. So lagen sie im Jahr 2019 bei nur noch 570 Millionen Euro pro Jahr. Auch wenn die Importe durch die Gas- und Öllieferungen auf einem höheren Niveau blieben, befindet sich Russland schon lange nicht mehr unter den Top 20 der sächsischen Handelspartner.