Protocol of the Session on April 19, 2005

Ich rufe Kapitel 08 02 im Ursprung auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Stimmverhalten. Kapitel 08 02 ist mehrheitlich beschlossen worden.

Ich rufe Kapitel 08 03 auf. Mir liegt hierzu ein Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1304 vor. Ich bitte um Einbringung. Herr Abg. Leichsenring.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um den Titel 684 03 im Kapitel 08 03. Wir wollen hierin die Wohlfahrtsverbände stärker fördern. Man muss sich dies wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen: 53 Wohlfahrtsverbände teilen sich diesen Titel in Höhe von 800 000 Euro. Allein für den Kampf gegen die NPD stellen Sie zwei Millionen Euro ein. Das ist ein Missverhältnis, das dem Fass den Boden ausschlägt. Insofern bitten wir um Zustimmung zu diesem Antrag auf stärkere Unterstützung der Wohlfahrtsverbände.

Wer möchte sich äußern? – Bitte, Herr Dr. Pellmann.

Ich äußere mich zu den Anträgen der NPD nur einmal. Herr Leichsenring, ich will noch einmal deutlich sagen: Wir werden sie alle ablehnen. interjection: (Uwe Leichsenring, NPD: Haben Sie das so beschlossen?)

Vielleicht wirkt das ja auch für Sie, obwohl ich wenig Hoffnung habe, erzieherisch, so dass Sie sich demnächst einmal an einer Sachdebatte beteiligen.

(Uwe Leichsenring, NPD: Sie wohl, ja?)

Eine Anmerkung noch: Da Sie offenbar sachlich nicht auf dem Laufenden sind, möchte ich Ihnen mitteilen: Es gibt faktisch in Sachsen nur sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, die hier gemeint sind. – Das nur nebenbei.

(Uwe Leichsenring, NPD: Was Sie von der Sache verstehen, haben wir 40 Jahre gesehen!)

Herr Gerlach, bitte.

Herr Leichsenring, Sie haben einen Antrag eingebracht und kein Wort davon erwähnt, dass bereits 300 000 Euro gegenüber dem ursprünglichen Antrag aufgestockt wurden. Nun können Sie natürlich beliebig mit Millionen hantieren, wie Sie das möchten. Der Antrag ist ja nicht das, was vorn draufsteht; sondern das, was Sie gern wieder als Provokation loswerden wollen, ist das, was hinten draufsteht, indem Sie als Deckung eine kostspielige ideologische Verbohrtheit der Landesregierung ansetzen wollen. Wir nehmen diese Provokation überhaupt nicht an. Schon von daher ist dieser Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und der CDU – Uwe Leichsenring, NPD: Das ist Ihnen unbenommen!)

Gibt es weiteren Redebedarf? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich lasse nun abstimmen über den Änderungsantrag der NPDFraktion in der Drucksache 4/1304. Wer möchte bitte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden, und ich rufe Kapitel 08 03 in der Beschlussfassung des Ausschusses auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Wenige Stimmenthaltungen, einige Gegenstimmen, damit ist dem Kapitel 08 03 mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe Kapitel 08 04 auf. Hierzu liegt mir der Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1305 vor und ich bitte um Einbringung. Herr Abg. Leichsenring.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihnen liegt die Drucksache 4/1305 vor. Es geht um die Erhöhung des Landeserziehungsgeldes. Wir sind der Meinung, wir brauchen über Politik gar nicht mehr zu sprechen, wenn die demografische Trendwende nicht herbeigeführt werden kann. Der Ministerpräsident zitiert gern aus einer Zeit, in der auch der Begriff „Volk ohne Raum“ geprägt wurde. Gegenwärtig geht hier der Trend dahin: Raum ohne Volk. Ganze Landstriche werden entvölkert – einerseits aufgrund der demografischen Entwicklung, andererseits auch aufgrund der Abwanderung.

Wir wollen die demografische Trendwende und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, das Landeserziehungsgeld zu erhöhen.

Zum Änderungsantrag Frau Abg. Nicolaus, bitte.

Herr Leichsenring, wenn das so einfach wäre, durch die Erhöhung des Landeserziehungsgeldes Bevölkerung zu schaffen, wäre das wunderbar. Dann würden wir sofort zustimmen. Aber das ist leider nicht so. Wenn Sie bei den Ausführungen der Ministerin richtig zugehört hätten, hätten Sie erfahren, dass die Zahlen beim Landeserziehungsgeld rückläufig sind. Gegenwärtig steigen die Geburtenzahlen an.

(Uwe Leichsenring, NPD: Wie viel werden aus sozialen Gründen abgetrieben?)

Wir haben Gott sei Dank das Landeserziehungsgeld, aber wir haben rückläufige Zahlen beim Landeserziehungsgeld, weil die Frauen nach den zwei Jahren des Bezugs von Bundeserziehungsgeld, wenn sie es überhaupt vollständig in Anspruch nehmen, wieder in die Arbeit zurückkehren, weil sie leider – oder Gott sei Dank, wie auch immer – Arbeit gefunden haben und dann ihre Kinder betreuen lassen. Das ist so. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Das müssen auch Sie und Ihre Fraktion zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU – Uwe Leichsenring, NPD: Viele treiben aus sozialen Gründen ab, Frau Nicolaus!)

Ich ließe es mir gefallen, wenn Sie einen tollen Vorschlag zu irgendwelchem Familiengeld gemacht hätten oder riesengroße Zahlen gebracht hätten. Aber das haben Sie nicht getan. Sie haben einfach plakativ eine Zahl in den Raum gestellt und das ist meiner Ansicht nach nur Polemik.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Richtig!)

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Bitte, Frau Herrmann.

Auch ich werde mich für die Fraktion nur einmal zu den Anträgen der NPD äußern. Wir werden alle Anträge ablehnen. Speziell zu diesem Antrag ist zu sagen, dass auch in der Begründung einiges versteckt ist. Unter anderem soll das Landeserziehungsgeld aus dem Kapitel 08 03 – Kostenerstattung für Frauen bei Hilfe zu Schwangerschaftsabbrüchen – finanziert werden. Wir halten das für verkehrt. Wir wollen die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen stärken. Wir denken, das ist der richtige Weg und nicht der Weg, Schwangerschaftsabbrüche vermeiden zu wollen, indem man die Mittel für die Frauen, die diese nicht selbst bezahlen können oder die dazu eine Hilfe brauchen, einfach streicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich lasse jetzt über den Änderungsantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/1305 abstimmen. Wer möchte seine Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmen dafür ist der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe die Drucksache 4/1338 auf – das ist der Änderungsantrag der PDS-Fraktion – und bitte um Einbringung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich anmerken, dass der Jugendhilfeetat von unserem Finanzminister wirklich stiefmütterlich behandelt worden ist. Die Koalitionsfraktionen haben an einigen Stellen nachgebessert, aber bei den Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände eben nicht, und ein großer Teil dieser Zuweisungen macht die Jugendpauschale aus.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Schwarz, SPD)

Frau Schwarz, bitte kommen Sie ans Mikrofon, wenn Sie was zu sagen haben. – Es hilft meines Erachtens nicht, auf die Verantwortung der Kommunen zu verweisen, denn wir wissen sicherlich alle, dass die freiwilligen Aufgaben dort der Haushaltskonsolidierung zum Opfer fallen. Oder können Sie mir eine Kommune nennen, die in diesem Jahr ihre Ausgaben für die Jugendhilfe aufstocken wird? Ich kenne keine. Wenn dann noch die Landesmittel gekürzt werden, dann kommt das einem Desaster gleich. Dem Jugendlichen ist dieses Spiel, das wir hier spielen, das Schwarzer-Peter-Spiel, egal. Ihm geht es darum, ob sein Jugendhaus geschlossen wird oder nicht, ob das Hilfeangebot, das er benötigt, da ist oder nicht.

Ich möchte auch dem demografischen Argument vorgreifen. Denn erstens wird die Jugendpauschale von Ihnen von 12,5 auf 10,5 Millionen Euro gekürzt. Bei allen Problemen, die Zahl der Kinder und Jugendlichen wird in den nächsten zwei Jahren nicht um 20 % abnehmen. Zweitens können sich Jugendhilfestrukturen eben nicht eins zu eins mit der Anzahl der Kinder und Jugendlichen entwickeln, wie das auch bei den Schulen ist.

Deshalb möchte ich noch erwähnen, dass der tatsächliche Bedarf an jugendhilflichen Angeboten steigend ist, gerade auch angesichts von Hartz IV und „Pisa“. Deshalb möchte ich Sie bitten, das Richtige zu tun und unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der PDS)

Zum Antrag Frau Abg. Nicolaus.

Dazu ließe sich vieles sagen. Erstens ist eines klar. Das hatten wir uns vorhin bei der Debatte zu sagen gespart: Sie müssen einmal in Ländern, in denen Sie mitregieren – zumindest in einem Land, in dem Sie mitregieren – deren Haushaltsansatz pro Kopf der Jugendlichen mit unserem Haushaltsansatz vergleichen. Dann brauchen wir hier überhaupt nicht weiter zu

diskutieren. Da sind wir als Sachsen nämlich ausgesprochen vorbildlich. Diesen Standard wollen wir auch beibehalten. Der Vorwurf, den Sie hier angebracht haben und dem Hohen Haus suggerieren wollen, ist nicht gerechtfertigt. (Beifall bei der CDU)

Das weise ich im Namen der Koalition weit von mir. Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil auch der Deckungsvorschlag aus meiner Sicht im Nebel ist.

(Caren Lay, PDS: Das ist die Haushaltsgrundlage, die die CDU uns eingebrockt hat!)

Gibt es weiteren Diskussionsbedarf zum Änderungsantrag? – Wenn das nicht der Fall ist, dann rufe ich jetzt den Änderungsantrag der PDS-Fraktion, Drucksache 4/1338, auf und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Mehrere Stimmenthaltungen und Stimmen dafür, dennoch ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe die Drucksache 4/1319, einen Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN, auf und bitte jetzt um Einbringung. Das ist der Antrag zum Titel 633 76. Bitte, Frau Herrmann.

Frau Dr. Schwarz hat vorhin gesagt, meine Damen und Herren, dass man nicht alles auf einmal haben kann. In diesem Fall geht es aber um etwas, was wir schon hatten: Es geht um die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen. Das ist – das habe ich vorhin schon erwähnt – eine Pflichtberatung und kostenlos. Auch das bezüglich der Träger und der Förderung habe ich schon gesagt. Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen haben gar keinen Spielraum, sinnvoll zu sparen oder Drittmittel für diese Leistungen einzuwerben. Sie haben entsprechend dem Gesetz einen festen Schlüssel von eins zu 40 000 an Vollzeitstellen einzuhalten. Sie haben eine Leistung kostenlos anzubieten. Sie haben keinen Einfluss auf die Bedarfsentwicklung, es sei denn, sie werden ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht, niedrigschwellig und sofort Konfliktberatung zu ermöglichen. Sie können auch nicht produktiver werden, weil sie gar kein Produkt verkaufen.

Was passiert also nun durch die Kürzung der Förderung für die freien Träger? Sie müssen Abstriche an der Qualität ihres gesetzlich vorgeschriebenen Angebots machen. Sie streichen Beratungsstunden, sie streichen Verwaltungsfachkräfte. Diese so genannten Verwaltungsfachkräfte waren aber nie nur für die Verwaltung zuständig, sondern haben nebenbei am Telefon gesessen und waren – neben der Anfertigung von Statistiken für das Landesamt und vielen anderem mehr – die Tür zur Beratung. Jetzt stehen dort Anrufbeantworter. Meine Damen und Herren, können Sie sich eine Schwangere im Konflikt vorstellen, die gerade ziemlich durch den Wind ist und Orientierung sucht und dann einen Anrufbeantworter am Telefon hat?

Der Bedarf an Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen steigt. Dazu führe ich jetzt nichts weiter aus.

Besonders sind die kleinen Träger von den Kürzungen betroffen, die diese nicht durch Querfinanzierung ausgleichen können. Deshalb: Während der Bedarf steigt, soll hier gekürzt werden. Wir wollen deutlich machen, dass die Politik der Landesregierung de facto keine Sachleistungen mehr fördern will. Das steht im Widerspruch zu dem Gesetz und dem Urteil des BVG. Im Urteilstext des BVG steht eindeutig, dass sowohl Personal als auch Sachleistungen mit mindestens 80 % zu fördern sind. Schwangerschaftskonfliktberatung ist mehr als die Ermutigung zum Austragen eines Kindes. Sie beeinflusst auch den Start, den ein Kind in seiner Familie hat. Damit ist sie eine der ersten und nachhaltigsten Präventionen.

Wir werden an diesem Thema dranbleiben. Wir bitten Sie aber heute, unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der PDS)

Frau Abg. Nicolaus, bitte, zum Antrag.

Frau Hermann, ich achte Ihr Engagement für die Sache. Das ist keine Frage. Ich denke, Sie meinen es auch ehrlich, so, wie Sie das vorgebracht haben. Aber wir haben von der Ministerin schon mehrfach gehört – auch im Ausschuss –, welches der Hintergrund dafür ist, dass die Haushaltsposition so geblieben ist, wie sie jetzt im Haushalt verankert ist. Wir stehen auch dazu. Ich möchte aber für die Koalition auch sagen, dass wir natürlich unser Augenmerk darauf legen, dass die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen ihre Arbeit in gewohnter Qualität fortsetzen können. Wir sind der Meinung, dass es vor dem Hintergrund des Urteils, welches in Ihrer Begründung angeführt wurde, sehr wohl möglich sein wird.

Sollte wider Erwarten etwas eintreten, was wir jetzt nicht beurteilen können, sind wir natürlich gern bereit, in der Perspektive auf diese Dinge zu reagieren. Wir wollen hier nicht so dastehen, als seien wir blind. Momentan scheint aufgrund der Reaktionen seitens der Beratungsstellen kein Handlungsbedarf vorhanden zu sein.