Wir haben jetzt unsere Schwerpunkte im Bereich des Schulvorbereitungsjahres und der Grundschule gesetzt. Das wird ergänzt durch die inhaltliche Debatte zum Bildungsplan. Darauf hat meine Kollegin Nicolaus hingewiesen. Natürlich werden wir darüber weiter diskutieren, wie zum Beispiel über die kostenfreie vorschulische Bildung oder über ein Angebot im Hortbereich. Aber man kann nicht alles auf einmal haben, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man auch in anderen Politikfeldern etwas bewegen will.
Ihren Hinweis auf den alternativen Haushalt kann ich schon nicht mehr hören. Kollege Hilker hat uns heute Vormittag gesagt, wo wir diesen alternativen Haushalt finden können, nämlich in der Wüste.
Die Unterstützung von Familien ist zurzeit in aller Munde, auch vor dem Hintergrund, dass sich mehr Paare den durchaus vorhandenen Kinderwunsch erfüllen sollten. Dabei bekennen wir uns zum Landeserziehungsgeld, obwohl es immer weniger in Anspruch genommen wird, weil sich insbesondere junge Frauen darum bemühen, wieder schnell in den Beruf zurückzukehren. Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Rahmenbedingungen setzen, dass Beruf und Familie miteinander vereinbar sind und entsprechende Plätze in den Einrichtungen angeboten werden. Auch die Kindertagespflege für die unter Dreijährigen, und zwar nicht als Regel-, sondern als flexibles Angebot an die Eltern, findet dabei Berücksichtigung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es sind doch enorme Anstrengungen, die der Freistaat und die Kommunen in Sachsen unternehmen, wenn es um diese Ausgaben geht. Vergleichen wir das mit den so genannten reichen Bundesländern, dann brauchen wir uns wahrlich nicht zu verstecken. Wir bieten in der nötigen Finanzierung einen Spitzenwert.
Der Diskussion zur frühkindlichen Bildung und zu dem Angebot an nötigen Betreuungsplätzen, die jetzt bundesweit geführt wird, können wir uns doch gelassen stellen und dürfen das nicht selber mies reden. Wir müssen selbstbewusst das zeigen, was wir hier leisten.
Auch auf Bundesebene wird zurzeit über viele Dinge diskutiert, was die demografische Entwicklung, den demografischen Wandel anbetrifft. Zum Teil werden nicht ganz neue Überlegungen diskutiert, aber auch Modelle anderer europäischer Länder, zum Beispiel: einkommensabhängiges Elterngeld, eine einheitliche Familienkasse, Familiensplitting und eine veränderte Rolle der Väter.
Ich denke, es ist gut, dass die Bundesfamilienministerin Renate Schmidt in dieser Hinsicht einiges angeschoben hat. Gerade vor dem Hintergrund dieser familienpolitischen Debatte ist es mir unverständlich, dass die Vertreter der Wirtschaft offensichtlich auf den „Hundt“ gekommen sind und den Kündigungsschutz für junge Mütter oder Väter zur Disposition stellen.
Oft findet er in der Realität kaum noch statt. Die Wirtschaft sollte nicht über die Unterstützung der Familien maulen, sondern begreifen, dass auch ihre Zukunft davon abhängt, und sich selbst aktiv einbringen.
Wir haben uns im Koalitionsvertrag auf einen Landesaktionsplan gegen Gewalt verständigt. Dies hat jetzt auch Auswirkungen auf den Haushalt. Der Aufbau von Interventionsstellen, die von Gewalt Betroffene unterstützen und beraten sollen, wird gefördert. Dabei wird vor
dem Hintergrund fachlicher Erwägungen die täterorientierte Antigewaltarbeit weitergeführt. Dafür wurden auch die entsprechenden Mittel eingestellt. Damit ist ein guter Anfang gemacht. Auch im Kapitel Gleichstellung von Frau und Mann wird den Entwicklungen Rechnung getragen. Die Einführung von Gender Mainstreaming in der Landesverwaltung wird forciert, was weniger finanzielle Auswirkungen hat, aber viel Überzeugungskraft kostet. Die strukturellen Veränderungen in der Förderung der Frauendachverbände werden sich vollziehen. Wir haben hier geringfügige Veränderungen vorgenommen, da diese Strukturveränderungen nicht übers Knie gebrochen werden können. Wir unterstützen vielfältige Initiativen im Gleichstellungsbereich. Wir würden uns wünschen, dass gerade diese Initiativen viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Insgesamt wurde die Diskussion um diesen Haushalt in einer guten Atmosphäre geführt; auch im Ausschuss. Es stimmt eben nicht, Herr Müller, dass keine Änderungsanträge der Opposition angenommen worden sind. Frau Herrmann hat ja zum Beispiel auf einen verwiesen.
Insgesamt möchte ich damit schließen, dass gerade im sozialen Bereich – das wissen wir alle – nie genug Geld da sein kann. Wir haben unsere Schwerpunkte gesetzt. Wie sagte mein Kollege Pecher gestern so schön: „Ohne Konzentration auf das Wesentliche ist nirgendwo Bedeutsames zu erreichen.“
Wünscht die NPDFraktion noch einmal das Wort zu nehmen? – Die FDPFraktion? – Die Fraktion der GRÜNEN? Mir liegt hier noch eine Wortmeldung von Herrn Dulig vor. Wird diese aufrechterhalten?
Nein; gut. – Wenn niemand mehr sprechen möchte, dann bitte ich jetzt die Ministerin. Frau Staatsministerin Orosz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialstaat ist eine gesellschaftliche Errungenschaft, auf die wir alle stolz sein können. Wir müssen aber feststellen: Der Sozialstaat heutiger Prägung hat sich leider übernommen. Das ist bitter, aber es ist die Wahrheit.
Ich denke, bei der notwendigen Neujustierung ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition, wenig hilfreich, wenn Sie dauerhaft den Bürgerinnen und Bürgern suggerieren, dass ein Sozialhaushalt sehr wohl ständig im Volumen steigen und die Finanzierung der Leistungen beibehalten kann. Eine weitere Staatsverschuldung, meine Damen und Herren, ist kein sozialer Ausweg, weil die hohen Schulden, wie wir alle wissen, die Zukunft unserer Kinder belasten.
Mein Verständnis von seriöser Sozialpolitik heißt auch, ähnlich wie in anderen Bereichen, Leistungen im Sozialbereich auf den Prüfstand zu stellen, Schwerpunkte neu zu analysieren, sie den aktuellen Gegebenheiten anzupassen und Kräfte zu bündeln. Damit setzen wir mögliche Synergien frei. Wir brauchen, meine sehr geehrten Damen und Herren, einen Mentalitätswandel in unserem Land, eine neue Balance zwischen Eigenverantwortung und kollektiver Absicherung. Wir müssen unsere Sozialpolitik nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit gestalten. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist eine Einschätzung unseres Bundespräsidenten, Herrn Dr. Köhler, zur derzeitigen Situation in Deutschland. Diese Feststellung und die damit verbundene Herausforderung waren Grundlage bei der Erstellung des Haushaltes des Sozialministeriums. Das Haushaltsvolumen, das möchte ich noch einmal deutlich machen, ist gegenüber 2004 angewachsen und nicht, wie Sie behaupten, Herr Dr. Pellmann und Herr Neubert, gekürzt worden. 2005 haben wir 778 Millionen Euro, das sind zirka 25 Millionen mehr als 2004,
und im Jahre 2006 sogar 840 Millionen, das sind rund 90 Millionen mehr als 2004. Damit, meine Damen und Herren, kann die Arbeit im Sozialbereich entsprechend unseren Zuständigkeiten bedarfsgerecht und den Erfordernissen adäquat weitergeführt werden. Zusätzlich haben wir uns darauf verständigt – und dafür bin ich dankbar –, dass durch eine haushaltstechnische Flexibilisierung weitere Potenziale im Haushaltsvollzug erschlossen werden und durch strukturelle Bündelung Freiräume geschaffen werden können. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich auf drei Bereiche, die den Schwerpunkt meines Ressorts treffend bezeichnen, beschränken, da meine Vorredner schon auf die Vielfalt der Aufgaben meines Haus eingegangen sind. Besonders beispielhaft für die Nachhaltigkeit der sächsischen Sozialpolitik, denke ich, stehen der Bereich der Investitionen, die schon angesprochene Familienpolitik und die Arbeit im Bereich der Gesundheitspolitik und Prävention. Der Freistaat, meine Damen und Herren, hat in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich erhebliche Mittel für die bauliche Infrastruktur des Gesundheitsund Sozialnetzes investiert und damit neben hohen Qualitätsansprüchen auch einen großen Teil für die Wirtschaftsförderung geleistet. Denn wir haben ja erst gestern
übereinstimmend sehr deutlich festgestellt, dass es einen eklatanten Zusammenhang zwischen Familienpolitik und Wirtschaftspolitik gibt.
Im Haushaltsentwurf 2005/2006 ist die Abfinanzierung von Bund-Länder-Programmen sowohl im Krankenhausbereich als auch im Altenpflegebereich mit weiteren 210 Millionen Euro solide verankert. Darüber hinaus werden neben diesen Programmen in den nächsten zwei Jahren auch weitere investive Schwerpunkte gesetzt mit Investitionen im Behindertenbereich von zirka 44 Millionen – die Kita-Investitionen sind schon genannt worden – und Investitionen im Maßregelvollzug von 34 Millionen Euro.
Das heißt unter dem Strich: Im SMS werden zirka ein Viertel aller Mittel für Investitionen verwendet. Das hat etwas mit Nachhaltigkeit, das hat auch etwas mit Zukunftspolitik zu tun.
Meine Damen und Herren! Der Bereich Familienpolitik ist fachlich und fiskalisch einer der Hauptschwerpunkte in meinem Ressort. Die bereitgestellten 767 Millionen Euro bilden, Herr Neubert, fast die Hälfte des vorliegenden Sozialhaushaltes 2005 und 2006.
Familienpolitik ist aber bekannterweise auch eine Querschnittsaufgabe. Sie berührt alle Politikbereiche, die auf die generationsübergreifende Entwicklung des Einzelnen und der Gemeinschaft ausgerichtet sind, also Kinder, Jugend, Frauen, Senioren, aber auch Bildung, Arbeitsmarkt und Wirtschaftspolitik. Wir verfolgen deshalb das Ziel, alle Beteiligten aktiv in ein familienunterstützendes Netzwerk einzubinden.
Ein zentraler Knotenpunkt – heute auch schon genannt – sind dabei die Kitas. Deshalb haben wir uns die qualitative Weiterentwicklung der Kindereinrichtungen zum Ziel gesetzt. Das schlägt sich auch sehr deutlich im Haushaltsentwurf mit einem Zuwachs von 50 Millionen Euro nieder.
Parallel dazu haben wir den Sächsischen Bildungsplan für pädagogische Fachkräfte in Kinderkrippen und Kindergärten auf den Weg gebracht. Auch er wird in diesem Jahr erprobt und soll helfen, eine weitere Qualitätsverbesserung der Bildungs- und Erziehungsarbeit zu leisten. Dazu brauchen wir eine Professionalisierung der Erzieherinnen durch gute Ausbildung, intensive Fortbildung und eine noch engere Zusammenarbeit mit den Grundschulen.
Meine Damen und Herren! Durch die sich verändernden Bedingungen in der Gesellschaft verändern sich auch die Bedingungen für bisherige Familienverhältnisse. Familien stehen vor neuen, gewachsenen Anforderungen, bei denen wir sie unbedingt unterstützen müssen. Wir setzen dabei auf Kooperation aller an der Erziehung Beteiligten und unterbreiten Angebote, die auf Elternbildung und vor allem auf Stärkung von Elternkompetenz und Erziehungspartnerschaften zielen. Erfolgreiche Modelle, wie die Familienbildung und Kooperation mit Kindertageseinrichtungen, Herr Neubert, werden stufenweise umgesetzt. Sicherlich kann man mit mehr Geld mehr tun, aber wichtig ist, dass wir es überhaupt tun.
Der fundamentale Zusammenhang zwischen Familienpolitik und Wirtschaftpolitik wurde schon genannt, und es ist deutlich geworden: Wirtschaft kann nur Wachstum entwickeln bei einer adäquaten Familienpolitik. Umso wichtiger ist es, dass genau diese Erkenntnisse im Vordergrund unserer Aktivitäten stehen. Ich schließe mich den Ausführungen von Frau Dr. Schwarz an: Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss durch unterschiedliche Maßnahmen auf unterschiedliche, individuelle Erfordernisse Bezug nehmen. Hier können wir neben unseren Aktivitäten – Gott sei Dank – auf eine aktive Zusammenarbeit mit Partnern in der Wirtschaft verweisen. Darüber hinaus: Entsprechend dem Wunsch, der bei den Eltern nach einem zeitweisen Verzicht auf Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung besteht, stellen wir, wie gesagt, als eines von wenigen Bundesländern noch das Landeserziehungsgeld zur Verfügung. Argumentationen, die von einer Fraktion gekommen sind, dass ein Mehr an Mitteln hier unabwendbar wäre, möchte ich entgegensetzen, dass die Kürzung nichts mit Leistungsreduzierung zu tun hat, sondern ganz einfach dem prognostizierten Bedarf entspricht. Ein letztes Thema, meine Damen und Herren, welches mir als Gesundheitsministerin am Herzen liegt, ist die gesundheitliche Prävention. Wir müssen uns im Gesundheitswesen mehr denn je stärker auf die Prävention vermeidbarer Krankheiten konzentrieren, sonst werden wir die Mittel für die Behandlung von Krankheiten schon bald nicht mehr finanzieren können. Das erfordert bekannterweise einen ganzheitlichen Ansatz und vor allem die Einsicht in die entsprechende Eigenverantwortung. Bei einer nachhaltigen Gesundheitsfürsorge und -vorsorge geht es also nicht nur, wie auch heute teilweise angesprochen, um Aids- und Suchtprävention und psychosoziale Prävention, sondern es geht uns um die Sorge bei der Betrachtung der weiteren Zunahme von Übergewicht der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, vor allem der Kinder im Vorschulbereich, die leider auch hier schon stark von diesen Problemen betroffen sind. Sie alle wissen, dass die Konsequenzen aus Übergewicht sehr vielfältig sind und die Krankenkassen und damit das Gesundheitssystem in erheblichem Maße belasten. Deshalb hat sich Sachsen für die Formulierung eigener Gesundheitsziele entschieden, die da heißen: Prävention und Versorgung bei Diabetes mellitus, Unterstützung der Vorsorgemaßnahmen zu Brustkrebs, die Reduktion des Tabakkonsums und – ganz wichtig – das gesunde Aufwachsen unserer Kinder. Die zunehmende Bedeutung von Prävention muss sich auch in der künftigen Regierungsarbeit durch unterschiedliche Maßnahmen widerspiegeln.
Die gegenwärtig vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen erlauben dabei freilich – das gebe ich zu – nur ein schrittweises, ausgewähltes inhaltliches Vorgehen. Aber auch hier wird es darauf ankommen, gemeinsam mit Partnern wie den Krankenkassen und Vertretern aus der Wirtschaft ein mögliches Potenzial zu akquirieren. Auf die einzelnen Bereiche der Förderung der Jugendarbeit und des ehrenamtlichen Engagements möchte ich hier nicht noch näher eingehen. Herr Gerlach, Frau
Dr. Schwarz und Frau Nicolaus haben dies bereits ausgeführt. Es ist uns wichtig, diesen Bereich weiter zu stabilisieren, und auch hier kann ich deutlich sagen, dass im Vergleich zum Ist von 2004 eben nicht diese eklatanten Kürzungen eingetreten sind, sondern dass wir versucht haben, möglichst auszutarieren und die gleichen Haushaltspositionen zu erhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des Sozialhaushalts bietet eine solide Grundlage für eine zukunftsfähige und nachhaltige Sozialpolitik in Sachsen und ist Ausdruck des gemeinsamen Gestaltungswillens der Koalition. Ich darf mich ganz herzlich bei allen an der Haushaltsdebatte Beteiligten bedanken. Ich denke, der Wirtschaftsstandort Sachsen lebt schon jetzt auch vom Sozialstandort Sachsen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Beschlussfassung über den Einzelplan 08 – Staatsministerium für Soziales. Ich schlage Ihnen vor, wieder kapitelweise abzustimmen und die Änderungsanträge jeweils zum Kapitel aufzurufen.
Zu Kapitel 08 01 liegt mir nichts vor. Ich lasse jetzt darüber abstimmen, so, wie es vorliegt. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem Kapitel 08 01 mehrheitlich zugestimmt worden.
Ich rufe Kapitel 08 02 im Ursprung auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Stimmverhalten. Kapitel 08 02 ist mehrheitlich beschlossen worden.