Ich glaube, auch Sie sind gebildet, Sie haben erwähnt, dass Sie die Saarbrücker Zeitung lesen, auf die ich im weiteren Verlauf eingehen werde. Ich glaube, bei allem, was wir in unserer Welt erleben, was Klimaaktivitäten, Klimakatastrophen betrifft, merken wir, wie wir Menschen, die zu uns flüchten, helfen müssen, weil diese Welt sich einfach verändert. Und daran sind wir alle beteiligt. Wir sind auch daran beteiligt, hier zu unterstützen, in Gesamteuropa. Das bedeutet auch, Menschen aufzunehmen, die Hilfe suchen. Dafür sind wir da.
Herr Kollege Dörr, Sie und die antragstellende Fraktion schocken schon mit dem Titel „Wirkliche Migrationswende starten“. Ich möchte einmal auf das Thema Fachkräfte eingehen - Hermann Scharf hat es dankenswerterweise dazwischengerufen -, denn die Fakten sprechen eine klare Sprache: Ohne Migration verliert Deutschland massiv weiterhin an wirtschaftlicher Stärke. Und das Saarland steht vor besonders gravierenden Herausforderungen. Jüngste Studien - sehen Sie sich beispielsweise die BertelsmannStudie aus diesem Jahr an - beweisen Ihnen, dass wir ohne Zuwanderung den Wandel im Bereich Fachkräfte nicht hinbekommen.
Sie reflektieren das und deshalb machen Sie Zwischenrufe zum Thema Kriminalität. Recht und Ordnung gelten für jeden, nicht nur für die Wurzel allen Übels, die Sie am Anfang Ihrer Rede ausmachen und die Sie in Ihrer Fiktion und dem, was Sie hier den Saarländerinnen und Saarländer und dem deutschen Volk so vorleben wollen. Das muss ein Ende haben, und zwar durch die Parteien, die hier in Verantwortung stehen, denn wenn Sie dieses Bild weiterzeichnen, dann werden wir weiter erleben, wie Menschen Ihre Narrative aufnehmen, was erschreckend genug ist. Nehmen wir nur das Ahrtal, schauen Sie sich die Beiträge der öffentlich-rechtlichen Sender an und nehmen Sie mal wahr, wer alles geholfen hat, wer dort gelebt hat: Auch die Zugewanderten haben dort mit angepackt, und das mehr, als Sie denken.
Da kann man schmunzeln, da kann man lachen, aber man kann nicht die Augen vor der Realität verschließen, liebe Kollegen.
Sie können es ruhig laut machen, Kollege Becker, gehen Sie doch ans Mikro, stellen Sie sich der Debatte. Aber parlamentarisch wird von Ih
nen nichts gelöst. Nein, es wird hier ein Schreckenskatalog aufgerufen mit unglaublichen Maßnahmen, die man gerne hätte.
(Abg. Dörr (AfD) : Gehen Sie nicht mal nach draußen und gucken sich auf der Straße oder im Dorf um? Sehen Sie nicht, was bei uns los ist?)
Herr Dörr, ja, ich sehe, was bei uns los ist: Getrieben, Situationen, die im Bereich Migration vorliegen, die Sie ausnützen, um Hass, Hetze, Ängste bei den Menschen zu schüren, dass es nur einen Schuldigen gibt. Nur einen Schuldigen!
Ja, schöne Statistiken, die Sie gerne hier anbringen können. Sie können Ihr Wortmelde-Kärtchen gerne nehmen, dann reagiere ich auch wieder darauf. - Aber zur Wahrheit gehört auch dazu, dass uns die Migration seit Jahren vor Herausforderungen stellt, das ist doch klar. Das probieren CDU wie SPD wie andere Parteien doch zu lösen: Wir haben ein Rückführungsverbesserungsgesetz, wir haben die Reform gemeinsamer europäischer Asylsysteme und zuletzt das Sicherheitspaket. Hinzu kommt die Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten. Sie reden darüber und finden Regelungen. Aber wir sind doch eine Gemeinschaft, die einen gemeinsamen Weg miteinander suchen muss, aber nicht mit der Konsequenz, dass die Formel heißt: Abschieben für alle, die hier reinkommen. Das ist nämlich das, was aus Ihrem Antrag hervorgeht.
Jetzt bin ich dran! Sie können sich gerne mit einer Wortmeldung melden, Herr Kollege. Jetzt hört es auch mal auf! Denn zu Recht und Ordnung gehören auch unsere Regeln hier, die wir alle befolgen.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen sagen, Sie können gerne diesen Antrag stellen. Meine Fraktion wird damit reagieren, dass wir diesen Antrag ganz klar ablehnen. Ich sage Ihnen eines: Die wirkliche Migrationswende zu starten, bedeutet, dass sich Parteien zusammensetzen, darüber beraten, wie die Situation zustande gekommen ist und wie wir damit umgehen. Das heißt es, eine Migrationswende zu starten. Was Sie hier machen, ist eine Abschreckung Deutschlands. Das beweisen Sie in anderen Bundesländern. Das beweisen Ihre jungen Organisationen tagtäglich in Schlagzeilen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und der SPD, es ist erschreckend. Es ist erschreckend, wie weit wir in unserem Land sind,
wie weit die Möglichkeit besteht, solche Anträge in Parlamenten vorzubringen und Wahrheitsverwischung zu betreiben. Daran sollten wir in den nächsten Monaten arbeiten. Bei allen guten parlamentarischen Auseinandersetzungen sollten wir einen Fokus nicht vergessen, dass wir nämlich Deutschland stabilisieren müssen, bevor solche Anträge reibungslos passieren. Denn dann ist das Ende vorprogrammiert.
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Schäfer. Es liegt eine weitere Wortmeldung vor. - Ich erteile für die CDU-Landtagsfraktion das Wort Herrn Abgeordneten Jonas Reiter.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst einmal Glückwunsch an Sie, liebe AfD-Fraktion. Statt Ihrer bisherigen Zwei-SatzAnträge haben Sie es heute bei diesem Thema zumindest einmal auf einen Zwei-Seiten-Antrag gebracht. Aber auch dieser Zwei-Seiten-Antrag wird den Themen Migration und vor allem Begrenzung von Migration nicht gerecht. Ich will ehrlich sein. Wenn man sich den reinen Forderungskatalog von Ihnen anschaut, gibt es sicherlich große Überschneidungen mit uns als CDU-Fraktion, weil diese Forderungen in großen Teilen einfach nur plump von uns abgeschrieben wurden.
Denn wir haben an dieser Stelle keinen Nachholbedarf. Das Thema Migration, das Thema Begrenzung von Migration, wurde und wird durch unsere Initiative hier im Parlament, in den Ausschüssen, im Plenum, durch parlamentarische Anfragen regelmäßig breit debattiert und auf die Tagesordnung gesetzt. In der Bundestagsfraktion auf Bundesebene ist es das Gleiche. Unsere Position ist dabei klar: Wir brauchen dringend eine Neuausrichtung der Migrationspolitik in Deutschland. Wir müssen irreguläre und ungesteuerte Migration begrenzen, damit wir auch unserer humanitären Verantwortung gerecht werden können.
Unsere Bundestagsfraktion hat kürzlich genau einen solchen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Erstens. Wir brauchen mehr Befugnisse für die Bundespolizei. Zweitens. Die Begrenzung der Zuwanderung muss wieder klar im Aufenthaltsgesetz verankert werden. Das ist auch ein Punkt, den wir hier im Saarland schon mehrfach diskutiert haben. Drittens. Es muss ebenso der Familiennachzug für Personen mit subsidiärem Schutz vorerst gestoppt werden,
Wir als Union, die CDU auf Bundesebene, fordern also konkrete Maßnahmen, die schnell wirken würden. Gleichzeitig - und das ist die andere Seite der Medaille - brauchen wir eine gesteuerte Arbeitsmarktmigration. Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung abseits des Asylrechts. Auch darüber haben wir hier schon häufig gesprochen. Bei Migration und Einwanderung müssen also immer beide Seiten dieser Medaille betrachtet werden, nüchtern, sachlich, aber klar entschlossen. Genau da gibt es einen eklatanten Unterschied zwischen Ihnen und uns. Wir wollen nämlich, dass die Probleme in unserem Land gelöst werden, aber Sie wollen, dass die Probleme bestehen bleiben. Sie freuen sich nämlich, wenn es unserem Land schlecht geht. Diese Geisteshaltung ist der große Unterschied zwischen Ihnen und uns anderen Fraktionen hier in diesem Parlament.
Ja, mit Ihren Überschriften haben Sie es vielleicht etwas leichter, in der Öffentlichkeit durchzudringen, als das abgewogene Sowohl-als-auch von uns als demokratische Volkspartei der Mitte. Aber das macht das Sowohl-als-auch nicht weniger richtig. Wir wollen und werden in der kommenden Bundesregierung liefern. Wir wollen die Probleme lösen. Darauf können Sie sich, aber vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land verlassen. Die CDU-Position und unsere Forderungen im Bereich Migration und Begrenzung von Migration sind klar. Ihre Geisteshaltung können und wollen wir nicht unterstützen. Ich komme zum Schluss. Wir lehnen Ihren Antrag heute ab.
Ich danke Ihnen, Herr Kollege Reiter. Ich darf feststellen, dass keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/1277. Wer für die Annahme der Drucksache 17/1277 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/1277 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt hat die AfD-Landtagsfraktion, dagegen gestimmt haben SPD- sowie CDU-Landtagsfraktion.
Beschlussfassung über den von der SPDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Kindergeld und Kinderfreibe
Beschlussfassung über den von der CDULandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Familien weiter entlasten! (Drucksache 17/1291)
Zur Begründung des Antrags der SPD-Landtagsfraktion erteile ich Frau Abgeordneter Réka Klein das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleg*innen! Liebe Saarländer*innen! Familien bilden die Grundlage unserer Gesellschaft. Sie leisten Erziehungsarbeit, schaffen Bindungen zwischen Generationen und tragen alltäglich eine große Verantwortung. Ganz nebenbei kämpfen sie gegen den demografischen Wandel, oft unter herausfordernden Bedingungen. Trotz vieler Hürden meistern sie tagtäglich ihre Aufgaben mit bemerkenswerter Stärke.
An dieser Stelle erst einmal meine große Anerkennung. Denn ich selbst weiß es, wie schwer es manchmal ist, im Alltag Familie und Beruf und das alltägliche Leben unter einen Hut zu bekommen. Warum wir aber jetzt handeln müssen: Die Realität ist, dass in den vergangenen Jahren die Inflation viele Haushalte stark betroffen hat. Die enormen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie merken wir alle. Sie belasten vor allem diejenigen, die ohnehin wenig finanzielle Spielräume haben. Besonders betroffen sind Familien, vor allem mit mehreren Kindern, Alleinerziehende und jene, die trotz Erwerbstätigkeit auf zusätzliche staatliche Unterstützung angewiesen sind. Angesichts dieser Realität ist es unsere Aufgabe, politisch zu handeln, liebe Kolleg*innen.
In dieser Situation sagen wir als SPD ganz klar: Wir sehen die Familien. Familien brauchen Verlässlichkeit. Die geplante Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags ab dem 01. Ja nuar 2025 ist ein richtiger Schritt, der jetzt kommen muss, liebe Kolleg*innen. Er ist längst überfällig. Um ehrlich zu sein, er ist nicht genug.
Liebe Kolleg*innen, jede Debatte über den Sozialstaat - und damit auch über diesen Antrag - muss sich an der zentralen Frage messen lassen: Was bedeutet Gerechtigkeit für uns? Gerechtigkeit bedeutet, dass kein Kind in Deutschland in Armut aufwachsen darf. Sie bedeutet, dass Eltern, die täglich für das Wohl ihrer Kinder arbeiten, anständig unterstützt werden müssen und nicht am Monatsende mit leeren Händen dastehen. Gerechtigkeit zeigt sich daran, wie wir als Gesellschaft für diejenigen einstehen,
Doch liebe Kolleg*innen, kurzfristige Maßnahmen allein reichen nicht. Unser langfristiges Ziel bleibt klar eine Kindergrundsicherung, die niedrigschwellig zugänglich bürokratische Hürden abbaut und sicherstellt, dass kein Kind ohne Unterstützung bleibt. Eine automatische Auszahlung würde garantieren, dass gerade Kinder erreicht werden, die besonders auf Hilfe angewiesen sind, und den Eltern der Rücken freigehalten wird. Zu oft erleben wir doch alle, dass Familien nicht die Unterstützung erhalten, die ihnen zusteht, sei es durch komplizierte Antragsverfahren oder fehlende Informationen. Mit einer Kindergrundsicherung könnten wir diese Lücke schließen und allen Kindern die gleichen Chancen ermöglichen, unabhängig von der sozialen oder finanziellen Lage der Familien. Das wäre doch wirklich klasse!
Aber in diesem Antrag geht es um den ersten Schritt, liebe Kolleg*innen. Lassen Sie mich eines klar sagen: Wer den Menschen im Land etwas Gutes tun will, der kann das jetzt tun. Sie, liebe Kolleg*innen der CDU-Landtagsfraktion, können Ihren Einfluss auf Ihre Kolleg*innen im Bundestag nehmen. Die geplante Erhöhung des Kindergeldes um 5 Euro braucht doch kein geordnetes parlamentarisches Verfahren, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern. Machen Sie sich doch nicht lächerlich!
Interessant, dass die CDU gerade jetzt von geordneten Verfahren spricht, während an anderen Stellen Entscheidungen längst auf den Weg gebracht werden. Im Bund treffen wir gerade auch Entscheidungen, die unseren Verfassungsgerichtshof resilienter gestalten. Ihre Argumentation wirkt doch sehr beliebig. Genau das spüren die Menschen. Politik, vor allem auf Kosten von Familien, darf keine Frage von taktischen Vorteilen sein, sondern muss eine von Verlässlichkeit sein.