Einverstanden. Das ist okay. - Der Kollege Hilberer hat wesentliche inhaltliche Punkte genannt. Das ist der Grund, warum wir dem Antrag der PIRATEN beigetreten sind. Ursprüngliches Ziel war es, kleine Ausschnitte in Zeitungsartikeln für ein Jahr urheberrechtlich zu schützen. Es gab verschiedene Änderungen. Man ist ganz massiv zurückgerudert. Es gab eine Diskussion, die über drei Jahre lief. Der Kollege Bierbaum von den LINKEN hat es eben bereits gesagt. Das Interessante ist - und das widerlegt Ihre inhaltliche Position, Herr Conradt - dass die drei großen Journalistenverbände DJV, DJU und die freien Schreiber das Gesetz nicht begrüßt haben. Diese drei großen Verbände lehnen das Gesetz ab. Nicht nur sie, auch der BDI lehnt es ab, die Unternehmensverbände Bitkom und eco lehnen es ab, das Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht lehnt es ab, viele namhafte Verfassungsrechtler lehnen es ab. Fast alle Urheberrechtsexperten lehnen es ab und interessanterweise auch die Jugendorganisationen von allen Parteien, offenbar
auch die von der Jungen Union. - Herr Kollege Conradt, Sie haben noch eine Zwischenfrage. Bitte schön.
Abg. Conradt (CDU) mit einer Zwischenfrage: Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass alle Unternehmensverbände und auch viele andere, die sich zu Wort gemeldet hatten, dies taten, bevor es die Änderungen am Gesetz gegeben hat, und dass sich deshalb alle Stellungnahmen nicht auf das Gesetz beziehen? Vor allen Dingen beziehen sie sich nicht auf die Fragen der Einbeziehung von Suchmaschinen, was ein wichtiger Punkt war. Beim DJV und den anderen Journalistenverbänden steht man dem grundsätzlich offen gegenüber. Es geht vor allen Dingen um die Frage der Vergütung der freien Journalisten. Diese Pauschalität ist nicht zutreffend für das Gesetz, wie es der Bundestag letztlich verabschiedet hat.
Nun gut, von dem ursprünglichen Gesetz ist ja nichts übrig geblieben. Das muss man ganz klar sagen. Ich habe eben bereits in Ihre Rede hineingerufen, dass die Einzigen, die vom aktuellen Gesetzentwurf wegen der ganzen Rechtsunsicherheit, die damit hervorgerufen wird, noch profitieren, die Abmahn-Anwälte sind. Die kennen wir hierzulande bereits. Es sind viele Geschäftemacher dabei. Diesen Geschäftemachern wird mit dem Gesetzentwurf Tür und Tor geöffnet. Herr Conradt, genau das ist das Problem. Deshalb unterstützen wir als GRÜNE den Antrag der PIRATEN.
Den Presseverlagen wird das neue Gesetz ebenfalls überhaupt nichts bringen. Die entscheidende Frage ist, wie sich die Länderkammer im Bundesrat im Zusammenhang mit diesem Gesetz verhält. Das ist der Grund des Antrages hier. Deshalb fordern wir Sie auf, die Landesregierung aufzufordern, dieses Gesetz im Bundesrat abzulehnen und gegebenenfalls den Vermittlungsausschuss anzurufen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Lieber Kollege Conrad, ich würde jetzt gerne auf Ihre Argumente eingehen, aber Sie haben sich zum Thema kaum geäußert.
Sie haben ein großes Fass über das Urheberrecht im Allgemeinen und über den Begriff des geistigen Eigentums aufgemacht. Natürlich ist das im Wandel. Natürlich muss man darüber diskutieren. Das ist gar keine Frage. Wir haben plötzlich multipolare Beziehungen zwischen den Menschen, die Werte schaffen, und den Menschen, die Werke konsumieren. Darüber müssen wir reden. Es wird sich alles ändern. Die Geschäftsgrundlage hat sich geändert. Wir brauchen die zentralisierten Dienste, um die Inhalte zuzuliefern, gar nicht mehr in dem Maße, wie das noch vor 10 oder 20 Jahren der Fall war. Aber das ist gar nicht das Thema. Darum geht es bei unserem Antrag nicht.
Ein paar kleinere Argumente haben Sie dann doch noch geliefert. Ich will Sie ja jetzt nicht zu sehr runtermachen. Sie haben die finanziellen Probleme der Verlage angesprochen. Natürlich haben Verlage sie. Das ist keine Frage. Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Industrie, wo sich die Geschäftsgrundlage ändert. Natürlich kommen Sie dann in finanzielle Probleme. Da müssen Sie sich neue Geschäftsmodelle überlegen, Sie müssen sich mit ehemaligen Konkurrenten zusammensetzen und gemeinsam Angebote bilden. Aber diese finanziellen Probleme lassen sich nicht von der Bundesregierung über das Urheberrecht lösen. Sie lassen sich nicht mit einem solchen Leistungsschutzrecht lösen.
Ich habe aus Ihrem Beitrag den Eindruck gewonnen, dass Sie das Abmahnwesen nicht verstanden haben oder dass Sie es ignorieren. Das Problem ist die Unsicherheit. Es geht nicht darum, ob gerichtsfest ist, was passiert. Sie können sich als Nutzer gegen ein Abmahn-Unwesen in der Art, wie man es heute schon im Internet sieht, einfach nicht wehren.
Ein weiterer wichtiger Punkt, bei dem ich doch auf das Urheberrecht eingehen muss: Die Verlage sind nicht der Urheber der Inhalte im Netz, sondern die Autoren. Sie haben vorhin von den Verlagen als Urheber gesprochen. Natürlich geht es uns darum, die Urheber zu stärken. Das ist Ziel und Zweck unserer Reformvorschläge für das Urheberrecht. Der Urheber soll gestärkt werden, aber nicht die Verwertungsindustrie.
Ich möchte nun wirklich nicht auf den Punkt des geistigen Eigentums eingehen. Ich habe in der Debatte fachlich und inhaltlich ein bisschen das Niveau vermisst, aber ich muss Ihnen doch eines sagen: Danke, dass Sie die besten Argumente dafür geliefert haben, warum es im Bundestag PIRATEN braucht, warum es Menschen braucht, die etwas von Netzpolitik verstehen. Deshalb vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin gerne bereit, an der einen oder anderen Stelle bei bestimmten Prozederen und Abläufen „Lehr anzuhole“, wie man auf Saarländisch sagt, aber was ich nicht annehme, ist, wenn man hier so tut, als hätte man allein das Fachwissen und die Einschätzung darüber, was gut, richtig, falsch oder schädlich ist.
Herr Kollege Hilberer und auch Herr Kollege Ulrich, dabei legen Sie eine Arroganz an den Tag, die manchmal unerträglich ist.
(Abg. Ulrich (B 90/GRÜNE) : Das sagt jetzt der Richtige! - Heiterkeit bei den Oppositionsfraktionen.)
Ich will mit einem Satz beginnen, den Sie, Herr Hilberer, ganz zu Anfang gesagt haben. Es war Ihr Einstiegssatz. Ich will ihn in Kontext zu dem setzen, was Sie gegenüber dem Kollegen Conradt gesagt haben, wonach er eigentlich an der Sache vorbei gesprochen habe. Der erste Satz, den Sie ausgeführt haben, war, das Leistungsschutzrecht sei ein Grauen für alle, die ins Netz schreiben. - Das ist aber ein Zitat von einem Rechtsanwalt namens Udo Vetter, dessen Law-Blog zu den in Deutschland am meisten verlinkten Blogs zählt. Wer Böses dabei denkt, kann sich darauf seinen Reim machen. Vetter, der für die PIRATEN bei der kommenden Bundestagswahl antreten wird, schreibt weiter, wenn dieses Leistungsschutzrecht nicht gestoppt werde, dann werde die Abmahnmeute auf Menschen gehetzt, die im Netz ihre Meinung sagen.
Der Einstieg von Herrn Hilberer war, dass er bestreitet, was der Herr Kollege Conradt zur Grundlage seiner Argumentation gemacht hat, nämlich dass das, was der Kollege Hilberer hier gesagt hat, im Grunde genommen mit diesem Leistungsschutzrecht überhaupt nichts zu tun habe. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen über das Für und Wider dieses Leistungsschutzrechtes zu streiten, aber ich bin nicht bereit, diese Arroganz hinzunehmen, dass Sie glauben, Sie hätten die Weisheit mit der Schöpfbolle zu sich genommen, alle anderen wären doof oder gingen an dem Thema vorbei. Das kann ich so nicht stehen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will das fortführen, meine Damen und Herren. Dieser Artikel war vom 05. März, nachzulesen in einer Ihnen nicht ganz abgeneigten Zeitung, nämlich
der taz. Die taz ist ja wahrlich keine Zeitung, die Ihnen in irgendeiner Art und Weise ans Leder möchte, ganz im Gegenteil. Es ist eine Zeitung, die zu Ihren Debatten und Diskussionen auch positive Berichte und Artikel geschrieben hat. Die taz hat am 05. März, also noch vor der Veränderung im Deutschen Bundestag, einen Artikel dazu geschrieben. Ich gebe das jetzt einmal etwas breiter wieder, um zu dokumentieren, dass das, was hier teilweise an die Wand gemalt wird, überhaupt nichts mit der Realität zu tun hat. „Diese Position ist sicher etwas extrem. Denn Vetter glaubt, das Leistungsschutzrecht habe geradezu das Ziel, dass Blogger sich ‚abmahngefährdet’ fühlen und ‚viele lieber gar nichts mehr schreiben’. Viele Netzaktivisten teilen die Vermutung, dass bald eine gewaltige Abmahnwelle über deutsche Blogger hinwegrollen wird.“ Der Kollege Hilberer hat ja in seinem Beitrag auch davon geredet, dass Blogs, Facebook und Twitter dann auch zwischen die Räder geraten könnten. Die taz schreibt weiter: „Diese Befürchtungen sind haltlos. Denn Blogger sind von dem neuen Gesetz gar nicht betroffen. Ihre wichtigsten Werkzeuge - Links und Zitate - werden vom Leistungsschutzrecht schon gar nicht eingeschränkt, und ansonsten gilt das Gesetz für Blogger überhaupt nicht. (...) Selbst Suchmaschinen dürfen verlinken, so viel sie wollen.“
„Zitieren ist unverändert möglich“, lautet es dann in dem Artikel weiter. „Auch das Zitieren fremder Texte ist unverändert möglich. Wer sich mit einem anderen Text positiv oder kritisch auseinandersetzt, darf die entscheidenden Stellen wörtlich wiedergeben. Auch hier ist keine Genehmigung erforderlich. Die Länge des Zitats muss allerdings im Verhältnis zu seinem Zweck angemessen sein. Da Suchmaschinen sich nicht gedanklich mit den verlinkten Texten beschäftigen, können sie sich aber nicht auf das Zitatrecht berufen.“ So geht das dann weiter.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich an dieser ganzen Debatte stört, ist, dass man glaubt, es nur schwarz-weiß diskutieren zu können nach dem Motto: Wenn das jetzt so kommen sollte, gibt es auf der einen Seite nur Gewinner und auf der anderen Seite nur Verlierer. Das lässt aber außer Acht, dass sich in dem ganzen Diskussionsprozess seit letztem Jahr mehrere Veränderungen ergeben haben.
Ich kann und will auch nicht durchgehen lassen, dass man hier den Eindruck erweckt, dass mit dem Leistungsschutzrecht der Untergang des Abendlandes droht. Das ist mit Sicherheit ein Gesetz, das es kritisch zu würdigen gilt, das steht außer Frage. Es ist aber bei allen Gesetzen so, dass es Für und Wider abzuwägen gilt. Aber dass man den Eindruck erweckt - und das ist ja von einem anderen Redner eben durch wiederholte Zwischenrufe versucht worden -, man werde von einer wahren Abmahnindu
So lautet dann auch der letzte Satz in dem Artikel der taz: „Dass Verlage bald Abmahnanwälte losschicken, um von Bloggern - illegal - Lizenzen zu verlangen, erscheint nicht realistisch. Das ganze Netz würde über sie herfallen, und die Anwaltskosten der zu Unrecht Abgemahnten müssten sie natürlich auch bezahlen.“
Nein, ich lasse keine Zwischenfragen zu. Der Kollege Ulrich braucht die auch nicht, weil er in der Regel ja immer dazwischenplärrt.
Ich sage ganz bewusst, dass wir in diesem Zusammenhang auf der ganzen Linie über einen mehrmonatigen Prozess Veränderungen haben vornehmen können, auch aufgrund der Diskussion, die jetzt am Ende, wie ich finde, zu einem Kompromiss geführt hat. Dieser Kompromiss stellt zwar immer noch, wenn man beide Seiten zur Maxime macht, den einen oder anderen nicht zufrieden, er malt aber bei Weitem nicht das Schreckgespenst an die Wand, wie das hier durch einige zum Ausdruck gebracht wurde. - Der Aufforderung, dass das Saarland das verhindern soll, hätte es auch nicht bedurft. Wir werden aufgrund dieser Situation im Bundesrat diesem Gesetz nicht zustimmen.
Ich will aber auch klar sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren - und auch das gehört dazu, wenn man glaubt, an der einen oder anderen Stelle am Leistungsschutzrecht drastisch Gewinner oder Verlierer darstellen zu müssen -, was ich nicht will. Ich möchte nicht das, was beispielsweise unter piratenpartei.de steht: keine Beschränkung bei Kopierbarkeit, freies Kopieren und freies Nutzen von allem und jedem. Dass man in diesem Zusammenhang glaubt, tatsächlich alles und jedes kopieren, nutzen, vervielfältigen zu können, was man selbst für richtig hält, ist nicht das, was ich unter einer freien Gesellschaft verstehe.
Ich bin auch nicht der Auffassung, dass man dieses Thema dazu nutzen sollte, einen Popanz zu veranstalten, wo dies nicht angezeigt ist, meine Damen und Herren.
(Beifall bei den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Wie ist denn die Position der SPD im Deutschen Bundestag? Sagen Sie dazu mal was!)
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jost. - Das Wort hat der Abgeordnete Hilberer, Fraktionsvorsitzender der PIRATEN. Sie haben noch 1 Minute 2 Sekunden.
Vielen Dank. - Lieber Kollege Jost, Sie haben sich dankenswerterweise mit dem Thema auseinandergesetzt, auf Ihre üblich charmante Art. Sie haben auch noch einmal erläutert, warum Sie dem Gesetz so nicht zustimmen würden. Das finde ich gut. Aber erlauben Sie mir noch einen Hinweis: Natürlich fühle ich mich eher beraten durch meinen Parteikollegen, Juristen und erfahrenen Anwalt Udo Vetter, der auch für uns für den Bundestag kandidiert, als durch einen Artikel der taz. - Vielen Dank.
Ich will nur noch einmal eines klarstellen, weil unter dem Aspekt der großen unglaublichen Netzkompetenz der PIRATEN, die heute zum Ausdruck gekommen ist, man tatsächlich probiert hat, den Eindruck zu erwecken, ich habe als Medienjurist Verlage mit Urhebern verwechselt. Das ist eine krasse Entgleisung, wir werden das nachher im Protokoll auch noch mal genau nachlesen. Wir haben insofern eine Einheit bei der Frage der Durchsetzung von Ansprüchen, als der Verfasser als Urheber und der Verlag einen Vertrag haben. Im Übrigen sind im Verlagsgesetz sehr deutlich die Rechte des Urhebers mitgeregelt, ist ein Interessenausgleich geregelt. Und weil der Verleger auch über das Verlagsgesetz die Ansprüche des Urhebers mit durchsetzen kann, ergeben sie bei dieser Frage eine wirtschaftliche Einheit. Das ist der Punkt. Deshalb können sie auf einer Seite stehen. Aber dass sie nicht ein- und dieselbe Person sind, das - können Sie mir glauben - weiß ich besser, auch sehr viel besser als Sie. - Vielen Dank.