Protocol of the Session on September 24, 2020

Wenn die Ergebnisse der Unfallkommission vorliegen, könnte ich mir vorstellen, dass es nach der Auswertung insbesondere für den Abschnitt Neumünster-Neumünster-Süd Richtung Norden Bedarf geben könnte, etwas zu machen. Denn dort haben wir insbesondere bei der Ausfahrt aus meiner Sicht ein erhöhtes Unfallaufkommen. Möglicherweise rechtfertigen die Zahlen auch eine Überlegung dahin, in dem Gebiet rund um Neumünster eine Beeinflussungsanlage aufzubauen.

Ich will dann gern mit den Ergebnissen daraus nach Berlin zu Andreas Scheuer fahren, um, wenn es so ist, dass die Zahlen es rechtfertigen, dafür zu werben, eine solche Anlage in diesem Bereich aufzustellen. Es ist aber falsch, es auf dem ganzen Autobahnbereich zwischen Bordesholm und Hamburg zu machen, denn mit welcher Rechtfertigung könnten wir dann sagen, dass wir es nur dort machen und nicht etwa auch auf der A 1 zwischen Lübeck und Hamburg? Die hat genau so einen sechsstreifigen Ausbau. Es muss sich also an Unfallschwerpunkten festmachen.

Zum Abschluss sage ich etwas, das manche der Tempolimit-Befürworter, lieber Andreas Tietze, ungern hören, aber eben auch zu den Fakten gehört. Auch das sollten wir aus meiner Sicht im Ausschuss beraten.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da bin ich gespannt!)

In Relation zur Fahrleistung sind die Bundesautobahnen die sichersten Straßen Deutschlands.

(Zuruf Dr. Kai Dolgner [SPD])

Das gilt auch für Verletzungen und für getötete Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Wir haben im Verhältnis zur Fahrleistung ein völlig anderes Aufkommen auf Bundesautobahnen. Deshalb ist die generelle Behauptung bei der Diskussion über das Tempolimit, es erhöhe die Verkehrssicherheit, aus meiner Sicht eine Blenderdiskussion.

(Beifall FDP und CDU - Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben heute Vormittag darüber gesprochen: Wir haben durchaus beim Radverkehr, auf Landstraßen oder Bundesstraßen Anlass, darüber zu reden, dass es hier tatsächlich viel mehr Verletzte und in letzter Zeit Getötete gibt. Wir haben es dort mit einem erhöhten Unfallgeschehen zu tun.

(Zuruf Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auf Bundesautobahnen ist das aber nicht der Fall, deshalb bitte ich darum, dass wir da mit Fakten operieren und nicht mit allfälligen Grundvorstellungen, die wir alle vor uns hertragen.

(Beifall FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Tietze?

Zum Abschluss sehr gerne.

Vielen Dank, Herr Minister. - Eine Bemerkung und eine Frage: Ich bin sonst ein großer Fan Ihrer Verkehrspolitik, aber in diesem Fall waren Sie wahrscheinlich abgelenkt oder haben meiner Rede nicht im Ganzen zugehört. Ich sprach ja nicht nur über die Verkehrssicherheit. Ich habe das Klima, den Ressourceneinsatz und den europäischen Kontext beschrieben. Ich habe die Forderungen des Deutschen Verkehrsgerichtstages 2019 und die Aussagen des ADAC beschrieben. Die Hälfte der Mitglieder des ADAC befürwortet das Tempolimit, die andere Hälfte ist dagegen.

Ich darf auch einmal sagen: 65 % der Deutschen, die es befürworten, sind nicht ganz blöd. Die sind auf deutschen Autobahnen unterwegs und sehen die Gefahren, wenn da ein

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Auto mit 200 km/h von hinten angerauscht kommt.

Ich stelle deswegen einmal fest: Es ist eine sehr umfassende Debatte, die hier geführt wird. Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich hier nicht monokausal mit der Verkehrssicherheit argumentiere?

- Lieber Abgeordneter Tietze, das nehme ich sehr gerne zur Kenntnis. Ich nehme aber auch zur Kenntnis, dass insbesondere das Argument der Verkehrssicherheit herangezogen wird, um zu sagen: Wir brauchen dringend ein Tempolimit auf Bundesautobahnen. - Das ist aber für sich so nicht empirisch belegbar. Das muss man dann wechselseitig einmal zur Kenntnis nehmen. Ich freue mich auf die Debatten, die wir im Ausschuss hoffentlich führen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Kai Dolgner.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gemeldet, weil es eben gerade etwas apodiktisch gegen die Gesetze der Physik ging. Nach Ihrer Logik müsste man Landstraßen sicherer machen, indem man dort das Tempolimit aufhebt. Natürlich sind Autobahnen sicherer als Landstraßen, das liegt an der Bauform. Das ist überhaupt keine Frage: Sie haben weniger Einbiegsituationen und so weiter. Die Autobahnen in Deutschland sind aber nicht dadurch sicherer, dass wir kein Tempolimit haben.

Sie machen an dieser Stelle einen sogenannten logischen Trugschluss, und das muss hier einmal gesagt werden. Man kann aus verschiedenen Gründen am Ende einer Abwägung gegen das Tempolimit sein. Es ist aber vollkommen klar - und es gibt genügend Studien, die belegen -, dass Autobahnabschnitte, die kein Tempolimit haben, mehr Unfälle haben als solche mit Tempolimit.

Im europäischen Vergleich stehen wir übrigens bei Todesfällen auf der Autobahn gar nicht so gut da, sondern befinden uns nur im Mittelfeld. Die Länder mit Tempolimit stehen da entsprechend besser da. Die Studien gibt es.

(Zuruf Stephan Holowaty [FDP])

Man muss die Studien nicht wahrnehmen. Als Wissenschaftler bin ich aber froh, wenn man zumindest die Fakten wahrnimmt. Daraus kann man unterschiedliche Meinungen entwickeln und zum Beispiel sagen: Das bisschen Mehr an Sicherheit ist es uns nicht wert. Aber natürlich hat ein Auto bei 170 km/h die doppelte kinetische Energie wie ein Auto mit 120 km/h. Im Falle eines Unfalles muss die kinetische Energie irgendwo bleiben. An dem Naturgesetz kommen Sie nicht vorbei, egal, wie Sie argumentieren.

Deshalb muss der richtige Vergleich sein: Man nimmt Autobahnen mit der gleichen Ausbaustufe, der gleichen Situation und Kurvigkeit und so weiter, und dann vergleicht man die Unfallzahlen mit und ohne Tempolimit. Dafür - das ist der wissenschaftlich richtige Vergleich - sind die Zahlen relativ eindeutig. Das sind keine riesigen Unterschiede, wenn ich es einmal mit anderen Todesfallen vergleiche, zum Beispiel im Landstraßenbereich. Deshalb darf man aber trotzdem nicht Ursache und Wirkung umdrehen und das hier so hinstellen.

(Beifall SPD, SSW und Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Abgeordnete Vogel hat sich gemeldet.

Der Minister hat, auch wenn er dazu eigentlich nicht befugt ist, den Hinweis gegeben, ob wir die Anträge nicht vielleicht an den Ausschuss überweisen sollten, und zwar an den Innen- und Rechtsausschuss und federführend an den Wirtschaftsausschuss. Dieses ist vonseiten der Abgeordneten nicht beantragt worden, aber ich würde das gern übernehmen.

Danke, Herr Abgeordneter Vogel. Damit erübrigt sich auch meine Frage.

Wir kommen zur Abstimmung. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2397, und den Alternativantrag, Drucksache 19/2444, dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist die

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Ausschussüberweisung mit deutlicher Mehrheit so beschlossen.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich verabredet, die Tagesordnungspunkte 22 und 25 morgen einzureihen.

(Zuruf: Sehr gut!)

Daher unterbreche ich die Sitzung und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 17:46 Uhr

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenografischer Dienst