Protocol of the Session on September 24, 2020

Ja. - Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage des Herrn Abgeordneten Vogel?

Selbstverständlich, Kollege Vogel.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Sehen Sie nicht doch einen Unterschied zwischen der Verkehrsbeeinflussungsanlage und dieser flexiblen Lösung? Ich denke an eine Unfallsituation, die sich im Bereich Quickborn ereignet, wo es im Augenblick öfter kracht als im nördlichen Bereich. Wenn von Neumünster-Mitte die Polizei losrauscht, kann sie es unter 20 Minuten nicht schaffen, die Unfallstelle zu erreichen. Ich weiß gar nicht, wie diese flexible Lösung aussieht; wenn sie einen Hänger dranhaben, werden sie gar nicht so schnell fahren können. Wenn sie angekommen sind, werden sie diese flexible Lösung an den Standstreifen stellen und damit signalisieren: Vorsicht! Hier ist Gefahr!

Andere Situation: Wenn ich über den Notruf informiert werde, dass sich in Quickborn ein Unfall ereignet hat, kann ich, auch wenn ich noch nicht genau weiß, was passiert ist, just in diesem Moment die Verkehrsbeeinflussungsanlage nutzen, um die Geschwindigkeit erst einmal auf 100 km/h zu reduzieren und „Gefahr!“ zu signalisieren. Das passiert also sofort.

Sehen Sie nicht doch einen Unterschied zwischen der flexiblen Lösung, die Sie vorschlagen, und dem Vorschlag, den wir machen?

- Kollege Vogel, ich habe ja gesagt, dass ich den Vorschlag, den Sie gemacht haben, gar nicht schlecht finde. Im Gegenteil, ich finde alles gut, was nicht zum Rasen, sondern zur Sicherheit auf deutschen Autobahnen beiträgt. Insofern bin ich inhaltlich nicht weit von Ihnen entfernt.

Ich weiß aber genauso wie Sie, dass es die Aufgabe des Bundes ist, hier tätig zu werden. Wenn wir eine Verkehrsbeeinflussungsanlage auf 50, 60 km wollen, dann greifen wir in fremdes Eigentum ein. Die Bundesautobahngesellschaft ist zuständig; das ist gar nicht unser Eigentum. Wir könnten eine Bundesratsinitiative starten; aber heute haben wir nicht die Möglichkeit, das, was Sie vorschlagen, auf den Weg zu bringen.

Ich habe darüber nachgedacht, ob es angesichts der Unmöglichkeit, gegenwärtig das große Rad zu drehen - Tempolimit -, auch die Möglichkeit einer flexiblen Lösung gibt. Herr Kollege Vogel, es ist ja so: Wenn es um das Thema hohes Verkehrsaufkommen geht, dann wissen wir doch, wann die Risikozeiten sind. Die meisten Unfälle passieren doch nicht nachts auf leerer Strecke, sondern bei hohem Verkehrsaufkommen, das auch dann auftritt, wenn viele Urlauber unterwegs sind. Man kann flexible Lösungen durchaus auch präventiv einsetzen. Grundlage können die Erfahrungswerte der Autobahnpolizei sein; diese liegen ja vor. Zu den entsprechenden Zeiten kann also eine mobile Verkehrsbeeinflussungsanlage zum Einsatz kommen. Ich bin auch insofern offen und pragmatisch.

Das ist aber, wie gesagt, für mich als Grünen ein Herumdoktern an Symptomen. Man muss grundsätzlicher, mit einem Tempolimit, reagieren.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Vogel?

Ja, sehr gern.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Ich nehme mit, dass Sie Ihre Lö

(Dr. Andreas Tietze)

sung für sinnvoll halten, unsere aber genauso für sinnvoll erachten.

(Heiterkeit SPD)

Wenn ich dann unseren Antrag lese, in dem wir einfach nur darum bitten, dass die Landesregierung - in diesem Fall: der Verkehrsminister - sich beim Bundesverkehrsminister dafür einsetzen möge, eine Verkehrsbeeinflussungsanlage einzurichten, dann frage ich Sie: Kann ich davon ausgehen, dass Sie sich dem anschließen?

- Herr Vogel, wissen Sie, das sind Spielchen, die wir immer wieder im Landtag erleben. Herr Stegner ist doch auch ständig in Berlin. Sie regieren doch im Bund mit. Sie sitzen doch am Kabinettstisch.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Herr Stegner Gott sei Dank nicht! - Heiterkeit CDU)

- Aber die SPD sitzt am Kabinettstisch. - Sie sagen jetzt uns Grünen, wir sollten hier im SchleswigHolsteinischen Landtag in einem Antrag so etwas verwursteln? Die Forderung muss dort angebracht werden, wo sie hingehört. Die richtige Adresse ist Ihre Parteiführung in Berlin. Diese müssen Sie auffordern, auf Verkehrsminister Scheuer Einfluss zu nehmen, damit solche Verkehrsbeeinflussungsanlagen entsprechend bestimmter Quoten an die Bundesländer gebunden und dort errichtet werden. Das ist Ihre Aufgabe. Dafür sind Sie gewählt. Dafür haben Sie einen Koalitionsvertrag abgeschlossen. Handeln Sie entsprechend Ihrer Regierungsverantwortung in Berlin!

(Lars Harms [SSW]: Das haben wir beim So- li gesehen! - Zuruf: Und Sie tragen hier keine Verantwortung?)

Wir können doch nicht als Schleswig-Holsteiner auf der Autobahn so etwas installieren!

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist bereits deutlich abgelaufen.

Ich glaube, ich war am Schluss meiner Rede angekommen.

(Beifall Lars Harms [SSW] - Danke schön. (Dr. Kai Dolgner [SPD]: Zumindest eine Bundesratsinitiative könnte Jamaika starten! - Zuruf SPD: Bloß keine Verantwortung über- nehmen!)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Vogel, als ich Ihren Antrag zum ersten Mal in die Finger bekam, dachte ich nach dem Lesen der ersten Zeilen: Das ist ja konstruktive Opposition! Das finde ich eigentlich gut.

Leider entspricht der Antrag nicht unbedingt dem Stand des Verfahrens. Aber das kann ich schon verstehen; denn dann wäre weniger Empörungspotenzial drin. Als ich zum zweiten Absatz mit der Forderung nach einem Tempolimit kam, ist - das muss ich ehrlicherweise sagen - meine Euphorie verflogen.

Ich muss auch etwas zu dem Kollegen Tietze sagen, der von Unfallschwerpunkten gesprochen hat, die es durch ein Tempolimit nicht mehr geben werde. Ich stelle fest: Tempolimits kann man bei Unfallschwerpunkten bereits einrichten. Es ist mir neu, dass das nicht funktioniert.

Wer hier irgendwelche Statistiken bemüht, muss auch - das gilt natürlich nicht nur für Sie, sondern für alle, die das Tempolimit so proliferieren - die vollständigen Parameter zitieren. Es gibt ja zwei Parameter, die durchaus Einfluss haben. Der eine ist die Geschwindigkeit, der andere die Verkehrsdichte. Letzterer ist laut den Erhebungen immer der wesentliche Faktor. Es gehört zur Ehrlichkeit dazu, auch das zu erwähnen.

(Beifall FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig, dass jede und jeder Tote und jede und jeder Verletzte eine beziehungsweise einer zu viel ist. Das gilt generell; aber wir sprechen jetzt besonders über den Verkehrsbereich. Wir von der FDP haben uns bereits in unserem Wahlprogramm ausdrücklich zur „Vision Zero“ bekannt, also dazu, alles zu versuchen, die Zahl an letalen Verkehrsunfällen auf null zu bringen. Natürlich stehen wir zu unseren Wahlversprechen. Sie können auch deutlich sehen, dass wir eines nach dem anderen verlässlich abarbeiten.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ob Sie das in dieser Legislaturperiode noch schaffen?)

(Dr. Andreas Tietze)

Für die Bediensteten dieses Landes empfinden wir ganz besondere Verantwortung und damit auch eine besondere Fürsorgeverpflichtung. Es lässt uns natürlich nicht kalt, wenn sich diese Bediensteten an uns wenden und die Entschärfung einer Gefahr fordern.

(Beifall FDP)

Das ist vollkommen unabhängig davon, ob diese Forderung von Verwaltungsbeamten, Rettungsdiensten oder, wie in diesem Fall, der Polizei kommt.

Wir von der FDP sind sowieso bekannt dafür, dass wir das Leben der Menschen mit technologischem Fortschritt einfacherer und sicherer machen wollen.

(Beifall FDP - Lachen SPD)

Alles zusammen deutet ja schon darauf hin, dass wir sogenannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen VBA - oder Streckenbeeinflussungsanlagen - SBA aufgeschlossen gegenüberstehen. Die VBA beziehungsweise SBA sind aber sehr teuer. Eine einzige SBA - ich habe leicht andere Zahlen als Sie, Kollege Tietze; aber sie gehen in dieselbe Richtung

(Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

besteht aus sechs sogenannten Anzeigequerschnitten und kostet über den Daumen 1,6 Millionen €. Die A 7 ist in Schleswig-Holstein rund 150 km lang; zählt man beide Richtungen zusammen, kommt man auf 300 km. Dann können Sie sich ausrechnen, von welchen Summen wir hier sprechen. Das sind Summen, die von Menschen in diesem Land gestemmt werden müssen. Vor allen Dingen sind es Summen, die von den zukünftigen Generationen gezahlt werden müssen. Deshalb müssen wir verantwortlich damit umgehen. Wir können das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur einmal ausgeben. Die FPD steht ja zu Recht in dem Ruf, auf eine verantwortungsvolle Finanzierung zu achten.

Kollege Arp, Sie haben gesagt - zu Recht -: Man darf Menschenleben nicht gegen Geld aufwiegen! Das sehe ich genauso. Aber wir müssen natürlich hingucken, wo wir das Geld einsetzen können, um Menschenleben zu retten. Deswegen wollen wir darauf achten, dass Verkehrsbeeinflussungsanlagen dort installiert werden, wo sie gebraucht werden.

(Beifall FDP)

Wir unterstützen gern die Arbeit der Verkehrsunfallkommission zur Feststellung möglicher Unfallschwerpunkte und auch zur Feststellung potenziell

gefährlicher Streckenabschnitte. Wir werden ja sehen, was diese Experten uns empfehlen. Ob das jetzt punktuelle Anlagen sind oder festinstallierte Anlagen, werden wir dann auch sehen.

Welche Maßnahmen schlussendlich umgesetzt werden, das haben wir auch nicht alleine in der Hand; denn Bundesautobahnen sind, wie der Name schon sagt, Straßen des Bundes. Wenn sich aus der Arbeit der Verkehrsunfallkommission Handlungsbedarf ergibt, werden wir die erforderlichen Gespräche mit dem Bund führen; das ist doch selbstverständlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es eint uns doch alle, dass wir die „Vision Zero“ wollen, egal ob es nun in unserem Wahlprogramm stand oder nicht, und dass wir die Straßen sicherer machen wollen. Machen aber Verkehrsregelungen die Straßen sicherer? Machen sie das wirklich? - Ja, dann machen wir das, dann setzen wir das um. Aber wir setzen doch nicht erst Regeln um und gucken dann im Nachhinein, ob das sinnvoll gewesen sein könnte. Vor allem sollten wir das nicht machen, wenn wir das auf Kosten zukünftiger Generationen tun.

Was wir dabei übrigens auch immer mitbedenken sollten, ist: Nicht nur die Ausrüstung von bestehenden Straßen macht die Straßen sicherer, sondern der Verkehr wird auch entzerrt, wenn wir neue zuverlässige Straßen bauen können. Ich werbe dafür, dass wir uns alle für ein erleichtertes und verbessertes Planungsrecht in diesem Lande einsetzen. Ich glaube, dann werden wir alle einen großen Schritt weiterkommen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Volker Schnurrbusch das Wort.