Wir wollten an dieser Stelle ein Signal senden an schwarze Menschen in Deutschland, Menschen, die von Rassismus betroffen sind, dass wir uns mit dieser Thematik auseinandersetzen, dass wir sie hören, dass wir sie vertreten und dass wir politische Antworten darauf haben.
Aber die Debatte hat gezeigt, dass es viele Menschen bewegt hat. Wir als Grüne verkennen definitiv nicht die Intention der Mütter und der Väter des Grundgesetzes. Sie hatten die richtige Intention. Sie wollten als Lehren aus der deutschen Geschichte der Verfolgung, der Versklavung, der systematischen Ermordung - in Artikel 3 GG einen Diskriminierungsschutz einbauen. Leider haben sie sich einer rassistischen Sprache bedient. Deshalb ist die Debatte darum sehr notwendig.
Unser Grundgesetz ist unser Gesellschaftsvertrag. In diesem Gesellschaftsvertrag kann man aktuelle Debatten darstellen. Das ist der politische Punkt, den wir fordern.
Der Antrag, den wir als Koalitionsfraktion gestellt haben, formuliert ganz klar, dass das Diskriminierungsverbot auf gar keinen Fall abgeschwächt werden darf, wenn es eine Ersetzung gibt.
Wir haben keinen Blankoscheck formuliert, weil es uns wichtig ist, dass die Debatte, die derzeit noch im Deutschen Bundestag läuft, in die Richtung geht, dass der Begriff durch einen vernünftigen Begriff ersetzt wird.
kann auch über andere Begriffe diskutieren. Uns ist es aber wichtig, keinen Blankoscheck zu erteilen.
Uns ist übrigens bei der Suche nach einem anderen Begriff auch wichtig, den Diskriminierungsschutz definitiv aufrechtzuerhalten, dass die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft, Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler, Expertinnen und Experten aus der schwarzen Community, der jüdischen Community, der Sinteza- und Roma-Community, migrantische Organisationen einbezogen werden. Die Änderung im Grundgesetz ist ein wichtiges Puzzleteil.
In Schleswig-Holstein gehen wir einen anderen, ganz entscheidend wichtigen Schritt. Das ist der Aktionsplan gegen Rassismus. Mit diesem zeigen wir ganz deutlich, dass wir strukturell gegen das Thema Rassismus vorgehen wollen.
Ich weiß, dass viele sehr gespannt auf das Ergebnis hier in Schleswig-Holstein blicken: Wie wird sich dieser Aktionsplan ausgestalten? Wie werden die konkreten Maßnahmen dieser Landesregierung sein? Was werden wir als Parlament hinzufügen? Ich weiß, dass wir als Parlament etwas Gutes auf den Weg bringen werden.
Zum Schluss: Das entscheidende Signal, das wir heute aus Schleswig-Holstein Richtung Bund senden, ist, dass wir uns für die rechtssichere Ersetzung des Begriffes „Rasse“ im Grundgesetz einsetzen werden. Es hätte nicht anders sein können aus dem Bundesland heraus, das sich so vehement für die Rechte von Minderheiten einsetzt. Ich weiß, dass Ministerpräsident Günther und die Landesregierung sehr stark dafür kämpfen werden. Dafür danke ich den Koalitionspartnern und der Landesregierung. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rassismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft.
Das ist kein Lippenbekenntnis, sondern in unserem Grundgesetz verankert. So heißt es in Artikel 3 unseres Grundgesetzes:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Der umstrittene Begriff hier ist „Rasse“. Er wurde nach dem Nationalsozialismus ganz bewusst in das Grundgesetz aufgenommen. Damit wollte sich die junge Bundesrepublik vom Irrsinn der Nationalsozialisten eindeutig abgrenzen. Menschen sollten nie wieder nach willkürlichen äußerlichen Kriterien eingeteilt, diskriminiert oder gar ermordet werden. Die Intention der Mütter und Väter des Grundgesetzes, Menschen vor rassistischer Diskriminierung zu schützen, war also damals richtig und ist heute richtig. Dieser Geist - das finde ich wichtig zu sagen - ist heute elementarer Bestandteil des Grundgesetzes.
Allerdings wird der Begriff „Rasse“ heutzutage kontrovers diskutiert, denn der Begriff „Rasse“ suggeriert die Existenz menschlicher Rassen. Heute steht für die Wissenschaft fest, dass es keine menschlichen Rassen gibt. Deswegen diskutieren wir heute, ob das Diskriminierungsmerkmal „Rasse“ seinem Schutzanspruch trotz der gesellschaftlichen Entwicklungen und neuer Diskriminierungsphänomene 71 Jahre nach der Verabschiedung des Grundgesetzes noch gerecht wird.
Auch aus ganz aktuellem Anlass wird die Debatte geführt. Der gewaltsame Tod von George Floyd hat die Menschen in den USA und auch in Europa und Deutschland erschüttert. Auch bei uns gab es Demonstrationen der „Black-Lives-Matter“-Bewegung, um gegen Rassismus zu protestieren. Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland gibt es rassistische Gewalttaten. Darüber haben wir hier im Plenum bereits mehrfach diskutiert.
Dass jeder Mensch in Deutschland leben kann, ohne Rassismus erfahren zu müssen, ist ein Ziel, das alle demokratischen Parteien vereint. Deswegen haben wir hier im Mai 2020 den Antrag „Für Demokratie - Gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Terror“ mit breiter Mehrheit der demokratischen Parteien angenommen.
Weil der Begriff „Rasse“ die Existenz menschlicher Rassen suggeriert und teilweise Erinnerungen an den Nationalsozialismus weckt, wirkt die Verwendung des Begriffes „Rasse“ im Grundgesetz wie ein Paradoxon. Aber ist die Streichung des Begriffes „Rasse“ aus dem Grundgesetz der richtige Weg, um unsere Ziele zu erreichen?
Rechtswissenschaftler argumentieren, dass Rassismus durch den Rechtsbegriff „Rasse“ überhaupt erst benennbar und adressierbar werde. Auch müssten die Folgen der Streichung des Begriffs für zahlreiche Rechtsurteile und verfassungsrechtliche Definitionen diskutiert werden.
Die Debatte um den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz ist also kompliziert. Deswegen sollten wir darüber sprechen, ob und wie wir den Begriff in der Zukunft verwenden. Und wir sollten darüber sprechen, das Diskriminierungsverbot an sich zu stärken und fortzuentwickeln - allerdings dort, wo am Ende zu diesem Thema auch Entscheidungen getroffen werden können: im Deutschen Bundestag und in der Länderkammer.
Abschließend: Für uns ist eines klar: Deutschland muss frei von Rassismus in jeglicher Form sein. Wir dürfen nicht zulassen, dass Hanau, aber auch Halle oder Kassel sich wiederholen. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir uns einig sind, dass das Grundgesetz an sich nicht rassistisch angelegt ist. Die Vielschichtigkeit und die Bedeutung des Begriffs Rasse zeigt sich nicht im Wortlaut allein. Er wurde auch nicht ins Grundgesetz eingeführt, um aufzuzeigen, dass es Rassen gibt, sondern um aufzuzeigen, dass es ein Diskriminierungsverbot gibt. Der Begriff wird also keineswegs positiv bewertet, sondern ist ein Punkt in der negativen Aufzählung, dass niemand wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung und eben wegen seiner Rasse bevorzugt oder benachteiligt werden darf. Er ist eine konkrete Ausgestaltung des Artikel 1 Grundgesetz, in dem die Unverletzlichkeit der Menschenwürde festgeschrieben ist.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, wir sind uns auch bei Folgendem einig: Für uns Deutsche kann es keine neutrale Bedeutung des Begriffs Rasse geben. Er wird bei uns immer mit den Gräueln des Nationalsozialismus und der Vernichtung der Juden im Holocaust im Zusammenhang stehen. Mit der Aufnahme in Artikel 2 Grundgesetz sollte und wird der Welt gezeigt, dass wir Deutsche aus der Vergangenheit gelernt haben und der Welt versprechen, dass so etwas mit uns nie wieder vorkommt.
Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben den Begriff Rasse also 1949 nicht verwendet, weil sie diskriminieren wollten, sondern weil es zur damaligen Zeit ein starkes Zeichen gegen den Nationalsozialismus war. Die Aufnahme des Begriffs Rasse in Artikel 2 Grundgesetz war 1949 deswegen auch ein politisches Statement.
Wir müssen aber anerkennen, dass Sprache und damit auch einzelne Begriffe sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte verändern, weil sich auch die Menschen und die Gesellschaft verändern. Fontanes Gedichte sind heute vielleicht für einige unverständlich. Oder nehmen wir die Bezeichnung Fräulein. Sie würde heute wahrscheinlich eher zu einer Ohrfeige führen als zu einem Erröten der so angesprochenen Dame. Sprache kann verbindlich sein - wie der Diplomaten-Kodex. Sprache kann spalten - wie die aggressiven Tweets des US-Präsidenten. Sprache kann manipulieren, etwas schönreden, was nicht schön ist, sie kann etwas vertuschen und ver
Heute wissen wir, dass es den Begriff Rasse biologisch nicht gibt. Und noch immer haben wir es auf der Welt mit Rassismus zu tun. Während die Mütter und Väter des Grundgesetzes hehre und starke Ziele für unsere Demokratie und unsere Gesellschaft hatten und diese in unserer Verfassung abgebildet haben, haben die Kinder und Enkel des Grundgesetzes die höchst verantwortungsvolle Aufgabe, die Verfassung in ihrem Wesen und in ihrer Zielrichtung zu erhalten. Das bedeutet aber nicht, dass das Grundgesetz konserviert werden muss. Auch unsere Verfassung muss den gesellschaftlichen Wandel anerkennen. Und da muss man eindeutig sagen: Der Rasse-Begriff ist in unserem Sprachgebrauch längst nicht mehr zeitgemäß. Im Gegenteil, er befördert eine Debatte, derer sich Rassisten gern bedienen, und von der wir uns und unsere Verfassung sich eindeutig und unmissverständlich distanzieren müssen.