Das heißt, dass das generische Maskulinum weder die Realität der Menschen, die diese Sprache benutzen - denn es arbeiten mehr Frauen als Männer im öffentlichen Dienst -, noch die Realität der Menschen ausdrückt, die angesprochen werden, also die Bevölkerung, in der es ebenfalls mehr Frauen und nichtbinäre Menschen als Männer gibt. Geschlechtergerechte Sprache ist also auch im öffentlichen Dienst notwendig, um die gesellschaftliche Realität abzubilden.
Das sogenannte generische Maskulinum wird schon lange von der feministischen Linguistik kritisiert, denn es wird wie folgt benutzt: Das Femininum bezeichnet Frauen, während das Maskulinum entweder Männer oder Männer und Frauen bezeichnen soll. In dieser Logik reicht es, dass ein einziger Mann anwesend ist, um eine Gruppe als „Mitarbeiter“ statt „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ oder „Mitarbeitende“ zu bezeichnen. Gleichzeitig werden Frauen nur dann erwähnt, wenn kein einziger Mann anwesend ist. Dann werden sie als Mitarbeiterinnen angesprochen.
Es gibt viele verschiedene Studien, die bestätigen, dass das generische Maskulinum mit Männern und nicht mit Frauen assoziiert wird. So können sich beispielsweise Mädchen besser vorstellen, bestimmte Berufe auszuüben, wenn weibliche Berufsbezeichnungen benutzt werden, zum Beispiel die Feuerwehrfrau.
Sprache ist im Wandel. Vor gar nicht allzu langer Zeit haben wir noch nicht Wörter wie „Laptop“, „Smartphone“, „posten“, „retweeten“ benutzt. Ich vermute, nur wenige Menschen haben ein Problem damit, solche Wörter zu benutzen. Ich vermute ebenfalls, dass niemand darauf besteht, dass im öffentlichen Dienst lieber von einem „mobilen Handtelefon mit Kamera und Internetfunktion“ oder dem „tragbaren, zusammenklappbaren, internetfähigen Rechner“ gesprochen werden soll. Das wäre ja auch Quatsch, denn wir haben Begriffe dafür: Smartphone und Laptop.
Ebenso haben wir Bezeichnungen für Frauen, die zum Beispiel in Schulen unterrichten: Lehrerinnen. Und noch viel besser: Wir haben sogar Lösungen, um alle Menschen, die an Schulen unterrichten, anzusprechen, auch diejenigen, die sich nicht den binären Geschlechterkategorien zuordnen: Lehrer*innen, Lehrpersonal, Lehrende. Warum also nur einen Teil der Menschen, die Lehrer, ansprechen?
Es heißt immer: „Frauen sind mit gemeint“, man solle sich mit gemeint fühlen. Es geht bei Diskriminierung aber nicht um Gefühle, sondern um Realitäten. Wenn wir doch eh mit gemeint sind, wo ist dann das Problem, uns auch ganz faktisch anzusprechen? Ich möchte nicht mit gemeint, sondern angesprochen werden. Das geht nicht nur mir, sondern auch vielen Frauen und Menschen aus der queeren Community so.
Deshalb schließe ich meine Rede folgendermaßen ab: Danke an all diejenigen, die unermüdlich dafür kämpfen, dass Frauen in Sprache, aber auch in gesellschaftlichen Realitäten wahrgenommen und sichtbar werden, genauso nichtbinäre Menschen. Uns Grüne haben sie auf jeden Fall an ihrer Seite.
Den Gesetzentwurf, den wir zwangsläufig überweisen müssen, werden wir im Nachhinein natürlich ablehnen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag versucht sich die AfD im Gleichstellungsgesetz. Dieser Umstand allein ist schon paradox genug. Es fällt mir zugegebenermaßen auch etwas schwer, diesen Antrag mit der gebotenen Ernsthaftigkeit zu behandeln, und das aus zwei Gründen.
Zunächst möchte die AfD im Gesetz verankern, dass unter anderem im dienstlichen Schriftverkehr die gültigen Rechtschreibregeln zu verwenden sind.
Das ist mal eine Aussage. Was schreiben wir als Nächstes fest? Schleswig-holsteinische Gesetze gelten in Schleswig-Holstein.
Werte „Herren und Herren“ der AfD, Allgemeingültigkeiten müssen wir nun wirklich nicht in ein Gesetz gießen.
Was dem Ganzen jedoch die Krone aufsetzt - darauf ist noch gar nicht eingegangen worden -, ist Folgendes: Die AfD möchte die allgemein gültigen Regeln der Grammatik festschreiben, und heraus kommt ein wirklich putziger Gesetzentwurf. Nach dem Willen der AfD soll es wie folgt heißen - Obacht, ich zitiere -:
„Dieses Gesetz dient der Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Es fördert die Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst insbesondere durch …
4. In den Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie im dienstlichen Schriftverkehr und Sprachgebrauch gelten die amtlichen Regelungen der deutschen Rechtschreibung in der Fassung von 2006 …“
Meine lieben Herren, so etwas kommt heraus, wenn man AfD-Gesetzentwürfe ohne Sinn und Verstand aus anderen Parlamenten übernimmt, ohne zu überprüfen, ob der Wortlaut überhaupt ins konkrete landeseigene Gesetz passt. Inhaltlich überflüssig,
Aber bin ich einmal großzügig und sehe über die handwerklichen Fehler Ihres Antrages hinweg. Ihre Intention ist es, das Gendern zu verbieten. Meines Erachtens entspricht Ihre Abwehrhaltung einem ebenso engstirnigen Weltbild, wie Sie es den Verfechtern des Genderns vorhalten. Als Liberale muss ich ehrlich sagen: Ich lehne beide Haltungen von ganzem Herzen ab.
Ich muss zugeben, dass die heutigen Genderformen mit Schrägstrich, Gendersternchen, Binnen-I oder der langatmigen Benennung der männlichen und weiblichen Form bisweilen schwierig zu lesen und auszusprechen sind. Ich persönlich habe als Frau kein Problem mit dem generischen Maskulinum, ist seine Verwendung doch die einfachste Art, sich geschlechtsabstrahierend auszudrücken.
Ein Beispiel: In meiner Quickborner FDP haben wir einen signifikanten Frauenüberhang. Nichtsdestotrotz sprechen wir uns nur mit „Kollegen“ an. Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Niemand aber würde auf die Idee kommen, das als herabsetzend zu empfinden.
Aber ich sage Ihnen eins: Wäre es so, würden wir das sofort respektieren. Soll doch jeder nach seiner Fasson leben.
Trotzdem bin ich der Meinung, wir Frauen brauchen keine gegenderte Sprache zur Selbstbestätigung und als Bestätigung der Gleichstellung. Mädchen haben im Durchschnitt die besseren Schulnoten, Frauen mittlerweile die signifikant besseren Examina, und wir sind - das wird uns wohl kaum einer absprechen - definitiv multitaskingfähiger. Hören wir doch endlich auf, uns kleinzumachen, und verschwenden wir unsere Ressourcen nicht auf Nebenkriegsschauplätzen. Setzen wir diese lieber dafür ein, um die wirklichen gesellschaftlichen Probleme anzugehen und verbliebene Benachteiligungen der Geschlechter und insbesondere der Frauen beispielsweise im Berufsleben zu beseitigen.
Noch ein gut gemeinter Rat von mir: zukünftig Augen auf bei Copy und Paste von AfD-Anträgen aus anderen Parlamenten! Dann kommt so ein grammatischer Murks nicht dabei heraus, den Sie uns hier vor die Nase setzen, um beweisen zu wollen, dass Sie sich für die deutsche Sprache einsetzen. Liebe Freunde von der AfD, das ging gehörig daneben! Besten Dank.
Sehr geehrte Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sitzen zwei Homosexuelle im Flugzeug. - Bei so einem Satz denken wenige an Frauen, und schon gar nicht ans Cockpit mit einer Pilotin und einer Co-Pilotin. Das Beispiel zeigt uns, wie Sprache unser Denken beeinflusst. Sie gibt uns innere Bilder vor und formt damit unsere Vorstellungswelt. Genau aus diesem Grund verändert sich die Sprache ständig. Die Menschen versuchen, die Sprache an Gegebenheiten und Gewohnheiten anzupassen. Neue Worte entstehen, alte werden verworfen oder mit neuer Bedeutung versehen.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung, den die Antragsteller mit dem Verweis auf den Beschluss der KMK in Anschlag bringen, hat sich darum 2018 intensiv mit der geschlechtergerechten Sprache auseinandergesetzt. Dabei betonen die Expertinnen und Experten sechs Kriterien, wonach geschlechtergerechte Sprache unter anderem sachlich korrekt, lesbar und eindeutig sein muss. Ausdrücklich betont der Rat in diesem Zusammenhang das Recht der Menschen auf angemessene sprachliche Bezeichnung, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Das ist der Stand von 2018.
Die antragstellende Fraktion möchte aber einen Beschluss aus dem Jahr 2006 ins Gleichstellungsgesetz einführen, der im Rahmen der KMK durchaus in der Debatte ist. Das wäre ein Rückschritt, den wir spätestens bei der nächsten Beschlussfassung ändern müssten.
Eigentlich geht es den Antragstellern nicht um den konkreten Beschluss, sondern um gezielte Stimmungsmache. Mehrere andere Landtagsfraktionen haben den entsprechenden Antrag schon vorgelegt. Die Landtage in Sachsen-Anhalt, NRW und Brandenburg mussten sich mit entsprechenden Anträgen beschäftigen.
Dass das Ganze eine Scheindebatte ist, zeigt die Begründung des vorliegenden Entwurfes. In der vorliegenden Begründung ist nämlich von der „sogenannten geschlechtergerechten Sprache“ die Rede und diese wird sogar in Anführungszeichen gesetzt, als ob es sie gar nicht gäbe. Ihre Daseinsberechtigung wird auf diese Weise infrage gestellt. Da zeigt sich, worum es eigentlich geht, nämlich darum, aktuelle Entwicklungen wieder rückgängig zu machen - und das ausgerechnet in einem Gesetz, das die Vorbildfunktion der öffentlichen Verwaltung in Sachen Gerechtigkeit betont und umsetzen will.
Einige Kommunen sind bei der geschlechtergerechten Sprache bereits ein Stück weiter als das Land. Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten haben einen Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache entwickelt, der in den Kommunen SchleswigHolsteins Stück für Stück zum Zuge kommen soll. Auch im Flensburger Rathaus gibt es einen Leitfaden geschlechtergerechte Sprache, der den Beschäftigten die Formulierungen in Anträgen oder Stellenanzeigen erleichtern soll. Aktuell wird die Geschäftsordnung der Flensburger Ratsversammlung entsprechend in eine geschlechtergerechte Fassung geändert. In Kiel sollen zukünftig alle Schreiben und Mails an die Bürgerinnen und Bürger möglichst geschlechtergerecht formuliert werden.
Diese genannten Bestrebungen auf kommunaler Ebene will der vorliegende Antrag wieder abschaffen und damit die Zeit zurückdrehen. Das wäre absolut falsch, weil damit kommunale Bestrebungen torpediert werden. Geschlechtergerechte Sprache bedeutet eine Umgewöhnung. Aber ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt. Das hat nichts damit zu tun, die Sprache zu verhunzen, sondern damit, dass wir alle in dieser modernen Gesellschaft unsere Berechtigung haben, ob Frau, ob Mann oder ob Divers.