Protocol of the Session on June 18, 2020

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Drucksache 19/2075

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Abgeordneten der AfD-Fraktion, Dr. Frank Brodehl, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gegendert wird inzwischen an vielen Stellen. Das Schöne dabei ist: Kaum einer macht mit. Wer aber glaubt, dass das zu Zweifeln bei den Genderisten führt, der irrt. Obwohl die deutliche Mehrheit der Bevölkerung die Gendersprache klar ablehnt, wird sie mit viel Geld weiter forciert. Jüngstes Beispiel ist die Stadt Kiel: 50.000 € für Seminare, damit die Behördenmitarbeiter dort künftig nicht nur gendergerecht schreiben, sondern die Mitbürger auch gendergerecht ansprechen, also in etwa so wie wir hier manchmal hören, wenn Gäste auf der „Besucher*innen“-Tribüne begrüßt werden.

Wir wollen, dass so ein Unsinn endlich aufhört. Wir wollen dazu in einem ersten Schritt für den Behördenbereich erreichen, dass dort die Regeln der Rechtschreibreform von 2006 gesetzliche Vorschrift werden. Denn gerade im Bereich der Verwaltung dient die Sprache ja der Darstellung der Lebenswirklichkeit. Vorschriften und der dienstliche Schriftverkehr müssen also eindeutig und rechtssicher sein, und sie müssen sprech- und vorlesbar sein. Weil diese entscheidenden Kriterien in der Kommunikation mit der Gendersprache nicht erfüllt werden, darf sie dort nicht weiter zur Anwendung kommen.

Meine Damen und Herren, in dem Satz „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ sehen Genderisten den Beweis, dass unsere Sprache geschlechterungerecht ist und dass sie Frauen diskriminiert. Dieser Annahme liegt aber das Missverständnis zugrunde, dass das grammatische dem natürlichen Geschlecht entsprechen würde. „Der Arzt“ könne also nur ein Mann sein. Das ist natürlich Unsinn, denn „die Geisel“, „die Person“ oder „die Fachkraft“ können auch nicht nur Frauen sein. Die Vorstellung, die wir bei „der Arzt“ oder „die Fachkraft“ haben, hat nichts mit dem Artikel zu tun, sondern schlicht mit unserer Erfahrung.

Kommen wir zur angeblichen Diskriminierung. Wie dümmlich diese Behauptung ist, wird an einem Beispielsatz deutlich:

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

„Präsident Trump hat wegen Corona eine Einreisesperre für Europäer verhängt.“ - Niemand von Ihnen hat jetzt ein Bild vor Augen, in dem Männer unglücklich an der Grenze abgewiesen werden,

während Frauen gleichzeitig froh nach Amerika einreisen können. Wen dieses einfache Beispiel nicht überzeugt und wer noch immer glaubt, dass das generische Maskulin ungerecht sei - so nennt man diese Sprachform, bei der sächlich, männlich und weiblich vereint ist -, den überzeugt vielleicht die höchstbundesrichterliche Feststellung aus dem Jahr 2018: Das generische Maskulinum „der Europäer“ stellt ausdrücklich keine Benachteiligung im Sinne von § 3 des Gleichbehandlungsgesetztes dar.

Nun werden Sie einwenden, dass sich Sprache schon immer verändert hat. - Das stimmt, Sprache ist lebendig und verändert sich fortwährend. Etwas völlig anderes liegt aber bei der Gendersprache vor, denn hier wird Sprache verändert. Das wirft die Frage auf, warum Genderisten dies tun. Der Kieler Verfassungsrechtler Robert Alexy bringt es auf den Punkt. Ich zitiere ihn mit Ihrer Erlaubnis:

„Sie“

- die Genderisten

„wollen ihre Mitbürger durch Sprache erziehen und die Wirklichkeit durch Sprache beherrschen.“

Genau so etwas haben wir in Deutschland schon zweimal gehabt. Deswegen ist es auch kein Wunder, dass der sperrige Begriff „Kulturschaffende“ nicht erst jetzt auftaucht, also kein Gender-Sprech ist, sondern in der DDR Künstler so bezeichnet worden sind. Sie dürfen einmal raten, seit wann Studenten als „Studierende“ bezeichnet werden und wann dieser Begriff zum ersten Mal auftauchte: im Nazi-Reich.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Jede Sprachbereinigung, jeder Neusprech sollte bei uns die Alarmglocken auslösen. Dabei ist es ganz einfach, Gendersprache als solche zu identifizieren, denn die meisten Neusprechkonstruktionen widersprechen den gängigen Rechtschreib- und Grammatikregeln, also den Regeln, die Sprache vereinheitlichen. Dadurch bleibt dann die Verständlichkeit auf der Strecke.

Man könnte jetzt natürlich theoretisch einwenden, dass wir die Regeln ändern könnten. Sinnvoll wäre aber auch das doch nur, wenn die Gendersprache tatsächlich zu mehr Gleichberechtigung führen würde. Hierfür gibt es aber keinerlei Belege.

Ich fasse zusammen: Gendersprache trägt nicht zur Gleichberechtigung von Mann und Frau bei. Sie wird mehrheitlich abgelehnt. Sie will erziehen. Sie widerspricht allen gängigen Regeln und stiftet da

(Vizepräsidentin Kirsten Eickhoff-Weber)

durch Verwirrung. Dafür vielleicht noch ein Beispiel vom Twitter-Account von Heiko Maas vom 10. Mai. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis:

„Heute vor 87 Jahren verbrannten Studierende, ProfessorInnen und andere Nazis Bücher unliebsamer AutorInnen.“

Ich kann das noch einmal vorlesen:

„Heute vor 87 Jahren verbrannten Studierende, ProfessorInnen und andere Nazis Bücher unliebsamer AutorInnen.“

Sie sehen: Hier tritt der richtige und wichtige Inhalt vollkommen zurück. Ich frage mich, was Herrn Maaß davon wirklich wichtig war.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum letzten Satz!

Letzter Satz: Dass die Gendersprache bei alledem auch noch einen Haufen Geld verschlingt, das identifiziert sie als ein typisch links-grünes Projekt. Wir sollten dem im Innenausschuss ein Ende setzen. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau

Herr Abgeordneter! Das war jetzt der letzte Satz!

- im öffentlichen Dienst lässt sich nicht dadurch erreichen, dass wir unsere Sprache verhunzen. - Vielen Dank.

(Beifall AfD - Dennys Bornhöft [FDP]: Wer hier Sprache verhunzt!)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon manchmal hart, was man sich hier anhören muss,

(Beifall Lasse Petersdotter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Aminata Touré [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

was das für ein dümmliches Geschwätz ist! - Entschuldigen Sie, wenn das nicht parlamentarisch war.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das ist parlamenta- risch!)

Aber es war unerträglich!

(Beifall SPD, Lukas Kilian [CDU], Dennys Bornhöft [FDP] und Jette Waldinger-Thier- ing [SSW])

Rückwärtsgewandt ist das, was Sie machen, meine Damen und Herren.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Das sind nur Her- ren! - Weitere Zurufe)

(Dennys Bornhöft [FDP]: Das waren nur Herren! - Weitere Zurufe)

Wenn jemand schon das Wort „geschlechtergerecht“ in Anführungszeichen setzt, muss man sich fragen, was eigentlich dahintersteckt.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wenn man dann auch noch „sogenannte Geschlechtergerechtigkeit“ postuliert, ist es schon sonnenklar: Diese Person oder Personengruppe hat mit Gleichstellung von Frauen und Männern überhaupt nichts im Sinn.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Hans- Jörn Arp [CDU] und Lars Harms [SSW])

Deutlicher Beweis dafür ist Ihr komischer Gesetzentwurf, den Sie zur Pflegeberufekammer eingebracht haben. Da haben Sie als Erstes die Frauen herausgestrichen. Die weibliche Form haben Sie systematisch herausgestrichen, obwohl sie drinstand. Sonst sind Sie doch auch so gut im Abschreiben. Aber da eben mal nicht. Das zeigt auch Ihre Haltung!

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Hört, hört!)

Von vorgestern ist auch Ihre Verwendung des generischen Maskulinums. Es ist noch da, Sprache lebt und Sprache entwickelt sich weiter. Aber Sie reden auch in Ihrer Begründung zu Ihrem jetzigen Gesetzentwurf von männlichen und nicht männlichen Personen. Was sind denn nicht männliche Personen? Sagen Sie doch gleich Frauen! Und es gibt auch noch diverse andere Beispiele. Der normale Sprachgebrauch sagt männliche und weibliche Personen oder Männer und Frauen. Das, was Sie dort tun, ist

(Dr. Frank Brodehl)

wirklich das Allerletzte. Sie blenden die Frauen einfach aus.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Beifall Hans-Jörn Arp [CDU], Anette Röttger [CDU], Dennys Bornhöft [FDP] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])