Protocol of the Session on June 18, 2020

(Werner Kalinka [CDU]: Noch!)

Es ist zwar richtig, dass auch die Themen Mobilität und Umgang mit der Digitalisierung wichtig sind, Herr Kalinka, aber im Grunde sollen hier nur die bereits vorhandenen Beratungsangebote unterstützt und hin und wieder darüber berichtet werden. Das spart sicher Kosten, aber wir befürchten, dass das in einer immer älter werdenden Gesellschaft zu wenig ist. Wir halten es für geboten, älteren Menschen möglichst vielfältige Beratungsangebote zu ma

chen. Neben den genannten Themen Mobilität und Digitalisierung gehören für uns auch altersgerechtes Wohnen, gesundheitliche Prävention und Pflegebedarf dazu.

Beide Anträge verweisen auf den Wunsch der allermeisten Menschen, möglichst lange selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu leben. Wenn wir es richtig verstehen, dann will doch auch die SPD keine Zwangsberatung für alle über 75. Es geht um ein freiwilliges Angebot. Die Betroffenen entscheiden frei, ob und wie sie sich beraten lassen wollen. Hier gibt es also eigentlich gar keinen Widerspruch.

Gleichzeitig wissen wir alle, dass die vorhandene Beratungsstruktur mehr als ausgelastet ist. Das melden uns zum Beispiel die Pflegestützpunkte oder das Kompetenzzentrum Demenz immer wieder. Wir kommen also kaum darum herum, die vorhandenen Beratungsmöglichkeiten zu stärken und die Angebote zu erweitern; natürlich nicht pauschal, sondern immer in Abhängigkeit davon, welche Beratungsmöglichkeiten es schon vor Ort gibt.

Nach meiner Auffassung sollten wir die beiden Anträge nehmen und gemeinsam etwas Gutes daraus machen, um deutlich mehr Menschen zu erreichen, denn durch gezielte präventive Maßnahmen lässt sich der Ausbruch demenzieller Erkrankungen um bis zu zehn Jahre verzögern. Das ist ein riesiger Gewinn für die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen. Gleichzeitig ist diese Tatsache aber längst nicht allen älteren Menschen bekannt. Es ist also unheimlich wichtig, dass es die entsprechenden Angebote gibt, und hierfür sollten wir uns gemeinsam mit Kommunen und Pflegekassen einsetzen.

Ich möchte noch einmal appellieren, daraus einen gemeinsamen Antrag zu machen, denn ich glaube, beide sind nicht weit voneinander entfernt. Das wäre ein gutes Zeichen für die Menschen in Schleswig-Holstein.

(Beifall SPD und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat die Abgeordnete Birte Pauls.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich kann dem Vorschlag von Jette Waldinger-Thiering nur zustimmen. Wenn ich in die Gesichter schaue, dann könnte ich mir vorstellen, dass es unmöglich ist, diese

(Claus Schaffer)

beiden Anträge heute an den Sozialausschuss zu überweisen. Ich könnte mir vorstellen, dass dies für einige ein bisschen schwierig wäre. Aber ich habe mich sehr gefreut, dass noch viele Impulse dazugekommen sind. Unter dem Strich sind wir uns doch alle einig, dass wir hier - auch zukunftsweisend gemeinsam etwas für die Seniorinnen und Senioren in diesem Land machen wollen.

Deswegen an dieser Stelle meine Bitte: Wenn ihr schon nicht überweisen wollt, dann lasst uns die Abstimmung heute vertagen und die Köpfe der pflegepolitischen Sprecherinnen und Sprecher der demokratischen Parteien zusammenstecken und für morgen einen gemeinsamen Text abstimmen. Das wäre mein Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Bei so viel Einigkeit und letztem Abstimmungsbedarf heute oder morgen gestatten Sie mir nur ein paar Anmerkungen. Die erste ist nicht ganz so ernst gemeint: Als ich gehört habe, wie Sie sich über die sogenannte Zwangsbeglückung auseinandergesetzt haben, da habe ich mir den Kollegen Holger Astrup vorgestellt, wie er auf eine Zwangsberatung reagieren würde.

(Heiterkeit)

Wie hätte er auf bestimmte präventive Maßnahmen zu gesundem Verhalten reagiert? Ich weiß gar nicht, ob er noch raucht.

(Zurufe)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube ernsthaft: Wer sich die Projekte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg - die Situation in Dänemark kenne ich nicht gut - in Bezug auf aufsuchende Hausbesuche anschaut, der weiß natürlich, dass diese nicht auf Zwang, sondern auf Freiwilligkeit beruhen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde schon mehrfach gesagt, dass Menschen mit steigendem Alter den Wunsch haben, in ihrer eigenen Häuslichkeit zu bleiben. Fragen wir uns doch ein

mal selbst, wie wir alt werden möchten. Wir möchten natürlich so lange wie möglich in der eigenen Umgebung sein, dort, wo wir gern leben und wohnen, und zwar selbstbestimmt. Der demografische Wandel stellt uns vor die Herausforderung, weil immer mehr Menschen zum Glück immer älter werden, und zwar zum Glück auch häufig bis ins hohe Alter mit relativ wenigen Einschränkungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nur ein Klischee, dass viele ältere Menschen immer häufiger Plätze in Altenpflegeheimen brauchen. Vor dem Hintergrund will ich sehr deutlich all diejenigen bestärken, die dafür sorgen wollen, dass Menschen selbstbestimmt und am liebsten in ihrer eigenen Häuslichkeit so lange gut leben können wie nur irgend möglich.

Auch das ist genannt worden: Es gibt eine ganze Reihe an Angeboten, die Kommunen, Verbände und Vereine heute schon organisieren, die sich explizit an ältere Menschen richten. Beispielsweise gibt es über den Sozialvertrag, den wir im November 2018 neu abgeschlossen haben und mit dem eine jährliche Erhöhung der Mittel verbunden war, auch das haben wir in der Koalition gemeinsam angestoßen, eine ganze Reihe von spannenden Projekten, die sich an Seniorinnen und Senioren wenden. Es empfiehlt sich, das eine oder andere Projekt einfach einmal anzusehen. Da geht es unter anderem um die soziale Teilhabe, um die Mobilität von Seniorinnen und Senioren und um Unterstützungsmöglichkeiten, damit man den Alltag auch im hohen Alter noch bewältigen kann.

Das Ziel des Landes ist und bleibt, Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen der Altenhilfe und die Weiterentwicklung der Angebote für Seniorinnen und Senioren auch auf kommunaler Ebene aktiv zu begleiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, selbstverständlich prüfen wir ständig, an welchen Stellen wir dabei unterstützen können und welche Projekte gegebenenfalls gefördert werden können.

Bei all den Bemühungen, die wir in dieser Legislaturperiode zur Stärkung der Altenhilfe bereits unternommen haben und weiter unternehmen werden, wird der Wunsch der meisten älteren Menschen, so lange wie irgend möglich in der eigenen Häuslichkeit zu verbleiben, besondere Berücksichtigung finden. Ich finde, das kann auch gar nichts anders sein.

In diesem Zusammenhang sieht die Landesregierung die Stichworte Quartiersentwicklung, Nachbarschaftshilfe, Ehrenamt, Vereinbarkeit von Pflege

(Birte Pauls)

und Beruf sowie die Bedarfe bei Demenz und schließlich auch präventive Hausbesuche. Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben es schon angeführt: Diese gehörten mit zu dem Portfolio. Die Beispiele Lübeck und Flensburg sind für Schleswig-Holstein schon gefallen.

Ich weiß nicht, auf was Sie sich verständigen. Auch Minister dürfen ja Wünsche haben. Ich finde, man kann vielleicht an diesem Tag und bei diesem Wetter die parteipolitischen Brillen ablegen und schauen, ob man zusammenkommt. Ich glaube, die ältere oder auch die gesamte Bevölkerung Schleswig-Holsteins, die wäre uns dankbar, wenn wir dieses Angebot entsprechend weiter voranbringen würden, denn älter werden und gut leben wollen wir schließlich alle. Aber das ist die Entscheidung des Hohen Hauses. - Ich bedanke mich für das Zuhören.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. - Frau Abgeordnete Pauls, war das ein Geschäftsordnungsantrag, die Abstimmung zu verschieben? Oder war es eine Bitte an die Antragsteller?

(Zuruf Birte Pauls [SPD])

- Es war ein Geschäftsordnungsantrag. - Dann lasse ich über diesen Geschäftsordnungsantrag, die Abstimmung zu verschieben, zuerst abstimmen. Wer ist dafür, die Abstimmung auf morgen zu verschieben? - Das sind die Fraktion der SPD und die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering sowie die AfDFraktion. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit des Hauses. Damit ist das abgelehnt.

Dann ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Es ist beantragt worden, den Antrag, Drucksache 19/2053, sowie den Alternativantrag, Drucksache 19/2170, an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die SPD-Fraktion, die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering und die AfDFraktion. Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit des Hauses. Damit ist die Ausschussüberweisung auch abgelehnt.

Wir kommen dann zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/2053, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der SPD-Fraktion, die Abgeordneten der AfD-Fraktion sowie die Abgeordnete

Jette Waldinger-Thiering vom SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP sowie die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse dann abstimmen über den Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/2170. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP sowie die Abgeordneten der AfD und die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Die SPD-Fraktion enthält sich, und die Abgeordnete Waldinger-Thiering vom SSW enthält sich auch. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 27 auf:

Entgeltgleichheit wirksam regeln

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 19/2064 (neu)

Erstellung einer Gleichstellungsstrategie für Schleswig-Holstein

Alternativantrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/2169

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die SPDFraktion hat die Abgeordnete Beate Raudies.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Forderung nach Entgeltgleichheit oder kurz gesagt: gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, beschäftigt uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit mehr als 100 Jahren. Darum finde ich es haarsträubend, dass Frauen in Deutschland im Durchschnitt immer noch 19 % weniger verdienen als Männer.

In der Zeit des Lockdowns haben wir gesehen, an welchen Stellen in unserer Gesellschaft Frauen Arbeit leisten, die für das Gemeinwohl extrem wichtig ist - und wie schlecht sie oft dafür bezahlt werden: in den Krankenhäusern, in den Pflegeheimen, in den Kindertagesstätten, in den Supermärkten und in den Paketzentren.

Viele Untersuchungen haben zwischenzeitlich Gründe für die Einkommensunterschiede offengelegt:

(Minister Dr. Heiner Garg)

Einer Frau wird deutlich geringerer Lohn zugebilligt als einem gleich qualifizierten Mann.

Frauen selbst haben geringere Ansprüche an die Höhe ihres Erwerbseinkommens und gestehen auch anderen Frauen ein deutlich geringeres Einkommen zu als vergleichbaren Männern.

Frauen nennen bei der Frage, was sie als gerechten Lohn für ihre Arbeit empfinden würden, Summen, die rund ein Viertel niedriger liegen als die Summen, die Männer für sich als gerecht ansehen.