Protocol of the Session on January 22, 2020

Leider ist aber genau diese Möglichkeit längst nicht immer und für jeden gegeben. Trotz erweiterter Unterstützung für pflegende Angehörige im Rahmen des Ersten Pflegestärkungsgesetzes haben wir landesweit unverändert nur um die 1.600 Kurzzeitpflegeplätze. Im Verlauf der Debatte wurde mehrfach erwähnt, dass es sich hierbei eben nur um eingestreute Plätze handelt. Das heißt, dass diese Plätze nicht für Kurzzeitpflege reserviert sind, sondern im Zweifel dauerhaft vollstationär belegt werden. Aus Sicht der Betreiber macht das Sinn, denn es erfordert einen weit geringeren organisatorischen Aufwand und bringt eine höhere Auslastung und damit natürlich mehr Geld. Im Ergebnis stehen wir damit aber vor dem Problem der Unterversorgung.

Es ist nicht ganz unberechtigt, bei diesem Thema auf den Bund zu zeigen. Das allein wird aber kaum reichen. Zwar haben sich CDU und SPD die Stärkung der Kurzzeitpflege durch eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung in den Koalitionsvertrag geschrieben. Wie wir aber wissen, ist bis heute kaum etwas passiert. Vor allem CDU und SPD sind unverändert aufgefordert, bei ihren Kolleginnen und Kollegen im Bund Druck zu machen.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aber auch die Landespolitik muss sich weiter für verbesserte Rahmenbedingungen im Pflegebereich einsetzen. Das Land kann eben auch über seine Investitionsmittel Anreize zur Stärkung der Kurzzeitpflege geben. Das sollten wir gerade mit Blick auf die sogenannten solitären, also eigenständigen, Einrichtungen tun, die es in Schleswig-Holstein ja überhaupt nicht mehr gibt.

Aus Sicht des SSW sind Bund und Land also gleichermaßen in der Verantwortung. Deshalb habe ich im Ausschuss am 25. April 2019 sowohl dem Antrag der SPD wie dem der Koalition zugestimmt. Es liegt auf der Hand, dass der Bund gefragt ist, wenn es um eine sichere finanzielle Basis für die Kurzzeitpflege geht, zum Beispiel durch die angeregte höhere Vergütung dieser Leistungen oder über einen Steuerzuschuss. Wir hoffen sehr, dass man dieses wichtige Thema in Berlin nicht weiter verschleppt. Aber auch das von der SPD geforderte

Landeskonzept ist und bleibt sinnvoll, denn letztlich müssen wir als Land den Hut aufhaben, damit diese Angebote auch wirklich dem Bedarf entsprechend und wohnortnah ausgebaut werden.

(Beifall SSW und Birte Pauls [SPD])

Ganz grundsätzlich glaube ich, dass wir hier und heute wirklich gut beraten sind, alles zu unterstützen, was zu Verbesserungen führt, denn die Zeit drängt. - Jo tak.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Das Wort für die Landesregierung hat der Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren, Dr. Heiner Garg.

Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich musste letzte Woche - ich weiß nicht, wie es Ihnen ging - etwas schmunzeln, als ich eine Pressemitteilung der Opposition gelesen habe. Da stand - ich zitiere -:

„ In der Frage, wie man die Pflege zukunftssicher aufstellt, liegen CDU, FDP und Grüne so weit auseinander, dass sie sich gegenseitig am Fortschritt hindern.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will das einmal zum Anlass nehmen, am Anfang meiner Rede ganz bescheiden darauf hinzuweisen, dass diese Landesregierung in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren als erstes das Schulgeld der Altenpflege, als wir noch die Altenpflegeausbildung hatten, von 310 € auf 450 € und gleichzeitig die Zahl der geförderten Schulplätze auf insgesamt 2.100 Plätze erhöht hat, sodass zum ersten Mal in der Geschichte des Landes - zum Glück - kein einziger Auszubildender, keine einzige Auszubildende mehr Schulgeld bezahlen musste.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die reibungslose Umsetzung der umfassendsten Pflegeberufereform, die in den letzten 30 Jahren auf den Weg gebracht wurde, hinter uns gebracht. Da gucke ich einmal Marret Bohn an und sage: Bei den neuen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen hat es uns nicht gerade an Innovationsfreudigkeit gefehlt, sondern wir haben das prima hinbekommen. Wir haben miteinander Mietkostenzu

(Flemming Meyer)

schüsse und Investitionskostenzuschüsse für Altenpflegeschulen bereitgestellt, und wir haben - das ist zentral für die Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen - gemeinsam mit anderen Bundesländern eine Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen auf den Weg gebracht, die Einführung eines Steuerzuschusses gefordert - eine Grundvoraussetzung dafür, dass es Pflegebedürftigen dauerhaft bessergeht.

(Beifall FDP und CDU)

Vor dem Hintergrund verwundert es nicht, dass zeitgleich, während die Opposition - das muss sie machen; sie muss irgendwo die Nadel im Heuhaufen suchen -

(Birte Pauls [SPD]: Die Nadel im Heuhau- fen?)

- Die Anerkennung des Sozialverbandes Deutschland, der der Jamaika-Koalition ein gutes Zeugnis im Hinblick auf ihre Pflegepolitik ausgestellt hat, ist für uns Ansporn, noch besser zu werden - sich nicht auszuruhen, sondern noch besser zu werden.

(Beifall FDP und Dr. Marret Bohn [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich kann gut verstehen, dass man das nicht hören mag, aber im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD auf Bundesebene steht auf Seite 97 genau das Richtige - ich zitiere wieder -:

„Wir werden die Angebote für eine verlässliche Kurzzeitpflege stärken, indem wir eine wirtschaftlich tragfähige Vergütung sicherstellen.“

Das ist des Pudels Kern. Ich sage Ihnen hier und heute - ich habe Ihnen das schon beim letzten Mal gesagt -: Das heißt mitnichten, dass wir unsere pflegepolitischen Anstrengungen nicht fortführen und noch intensivieren wollen, werden und müssen, aber ohne die Umsetzung dieser im Koalitionsvertrag des Bundes verabredeten wichtigen Maßnahme - es wird doch niemand von Ihnen daran zweifeln, dass diese umgesetzt wird - wird es nicht funktionieren.

Eines habe ich darüber gelernt, wie der Bund seine Koalitionsversprechen umsetzt - das habe ich an den Gesundheitsfachberufen gelernt -: Natürlich ist der Druck bei den Ländern im Zweifel entsprechend groß, und die Länder springen ein. Auch bei der Kurzzeitpflege werden wir im Zweifel in die Bresche springen. Wir sind mit den Beteiligten auf Landesebene - mit allen Beteiligten - im guten und konstruktiven Dialog, was das Land im Zweifel

leisten kann und muss. Ich sage Ihnen aber auch: Ich entlasse den Bund an dieser Stelle nicht aus seiner Verantwortung.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Wortmeldung Birte Pauls [SPD])

Herr Minister Garg, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Pauls?

Nein, ich habe heute keinen Bedarf an charmanten Zwischenfragen der charmanten Abgeordneten Pauls. - Meine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern haben auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz Ende November 2019 erneut einen Beschluss an die Bundesregierung gerichtet. Da sehen Sie: Die gehören nicht nur meiner Partei an; das sind CDU-Kolleginnen und -kollegen, Sozialdemokratinnen und -demokraten, grüne Kolleginnen und Kollegen. Zur Stärkung der zukunftsfesten Gestaltung der Kurzzeit- und Verhinderungspflege haben wir einen umfangreichen Prüfkatalog.

(Unruhe SPD)

- Vielleicht würde es Ihnen helfen, Sie würden einfach einmal zuhören, anstatt immer nur rumzumeckern, Frau Abgeordnete Pauls.

(Zuruf SPD)

Auch die regierenden Koalitionsfraktionen in Berlin habe Mitte Dezember 2019 einen Antrag zur Stärkung der Kurzzeitpflege eingebracht, der in seiner Stoßrichtung nahezu identisch mit dem ASMK-Beschluss ist. Ich hoffe wirklich, dass die Bundesregierung hier nun endlich gesetzgeberisch tätig wird.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Wir haben in diesem Landtag zu Recht schon über die ständig steigenden Eigenanteile und die ständig steigende Belastung von Pflegebedürftigen gesprochen. Ich werde nicht den einen Schritt vor dem anderen tun. Ich möchte nicht, dass wir Leistungsverbesserungen in Zukunft nur noch und ausschließlich zulasten der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen bekommen.

(Beifall SSW und Dennys Bornhöft [FDP])

In diesem Sinne freue ich mich auf konstruktive Beratungen im Ausschuss. Bei diesen konstruktiven Beratungen wäre es mir ein Herzensanliegen: Auf der einen Seite sind wir offen für konstruktive Ide

(Minister Dr. Heiner Garg)

en, die gern über das, was derzeit ohnehin schon bei den Beteiligten auf Landesebene passiert, hinausgehen können. Auf der anderen Seite wäre es auch hilfreich, diejenigen, die in Berlin derzeit Verantwortung tragen, noch einmal an ihre Verantwortung erinnern. Auch die brauchen wir nämlich dazu, und das ist mitnichten nur der Fingerzeig nach Berlin. Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um knapp 1 Minute verlängert. Diese Zeit steht jetzt theoretisch allen Fraktionen zu. - Ich sehe aber nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 19/1917 und den Alternativantrag Drucksache 19/1951 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Elektrokleinstfahrzeuge als Teil der Leichtmobilität integrieren

Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP Drucksache 19/1794

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dr. Andreas Tietze.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Hot oder Schrott? - Am 15. Juni 2019 trat die Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung für Personal Light Electric Vehicles - PLEV - in Kraft. Wer sich jetzt fragt: „Was meint er eigentlich?“

(Zuruf CDU: Ja, erklär uns das mal!)

das sind diese Roller, die wir an Bahnhöfen in Großstädten mittlerweile stehen sehen, die überall dazu einladen, eine kurze Strecke mit ihnen zurückzulegen.

Viele fragen sich: Sind sie Müll, und machen sie Ärger, oder sind sie der Schlüssel zur Verkehrswende? - Daher einige Fakten.