Protocol of the Session on December 13, 2019

Bereits seit 2008 gibt es ein Kinderschutzgesetz in Schleswig-Holstein. Wir waren damals Vorreiter, was den Kinderschutz angeht. Viele Bundesländer sind uns gefolgt und haben es uns nachgemacht.

(Beifall SPD, CDU, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

- Danke schön. - Katja Rathje-Hoffmann hat es schon gesagt: Die Landesjugendämter, die kommunalen Schutzfachkräfte, die Kreisheimaufsichten und die Träger, alle sind informiert und wissen Bescheid. Wir sind hier auch sehr sensibel. Wir haben damals in der Küstenkoalition zusätzlich eine Ombudsstelle bei der Bürgerbeauftragten zum Kinderschutz eingesetzt. Das heißt also, Kinderschutz wurde in diesem Land immer großgeschrieben, und das wird auch weiterhin hier passieren. Dafür brauchen wir tatsächlich keinen Antrag von der AfD.

(Vereinzelter Beifall SPD und Beifall Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Ich möchte hier noch einmal ganz ausdrücklich sagen: Von denen, die Kinder ausgrenzen, sie in unterschiedliche Kategorien einteilen, Kinder mit Behinderung mit anderen Kindern nicht gleichsetzen können, Kinder nach Herkunft, nach Religion oder nach sexueller Orientierung einteilen, von diesen Rechtspopulisten lassen wir uns hier bestimmt nicht diktieren, wie Kinderschutz in Schleswig-Holstein geht. Dafür brauchen wir Sie nicht. Dafür brauchen die Kinder in Schleswig-Holstein Sie nicht, denn für uns in Schleswig-Holstein sind alle Kinder gleich gut zu schützen und gleich viel wert.

Daher freue ich mich sehr über den Alternativantrag der Koalitionäre. Ich denke, wir werden in diesem Sinne weitermachen und freue mich sehr auf die Aussagen und Ausführungen des Sozialministers gleich. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und Katja Rathje-Hoffmann [CDU])

Die Abgeordnete Eka von Kalben gibt ihre Rede zu Protokoll? - Sie gibt sie nicht zu Protokoll, sie hat das Wort.

Ich habe mich zunächst einmal erkundigt, ob man das machen kann.

Man kann das.

(Heiterkeit)

(Katja Rathje-Hoffmann)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Theoretisch könnte ich meine Rede zu Protokoll geben. Stattdessen möchte ich meinen beiden Vorrednerinnen danken. Ich denke, diese Punkte brauche ich hier nicht zu wiederholen. Ich möchte trotzdem auf einen anderen Punkt hinweisen.

Bei dieser ganzen Diskussion um Original Play muss man aus meiner Sicht einfach deutlich machen, dass Rangeln, Schmusen, Herzen und auch Wickeln bei uns in den Kitas natürlich zum Alltag dazugehört. Dort sind Fachkräfte, die genau das so handhaben, dass es immer darauf ankommt, was das Kind will. Natürlich muss man ein Kind trösten dürfen, aber das muss vom Kind ausgehen und nicht vom Erwachsenen. Das ist der große Unterschied bei diesem Projekt. Da belegt man ein paar Stunden lang einen Kursus, und dann wird dies in den Kitas angeboten.

Ich wollte das noch einmal erwähnen, weil wir gestern die Debatte über die Erzieherinnen- und Erzieherausbildung und über die Kita-Reform hatten. Gerade deshalb, damit unsere Kinder gut geschützt werden, brauchen wir gut ausgebildete pädagogische Kräfte, die genau wissen, wann ein Kind auf welche Art und Weise angefasst werden muss, darf und soll und wann eben nicht.

Deswegen danke ich meinen Vorrednerinnen, die zu diesem Thema schon viel gesagt haben. Ich freue mich, dass wir einen gemeinsamen Antrag und eine gemeinsame Einstellung zum Kinderschutz hier im Land haben. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und vereinzelt CDU)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um eines von Beginn an klarzustellen: Die heutige Debatte ist zumindest für uns im Norden rein hypothetischer Natur, denn der vorliegende AfD-Antrag zum Original Play beruht nicht auf Vorkommnissen in Schleswig-Holstein. Er beruft sich auf eine Fernsehberichterstattung und auf eine geringe Anzahl von staatsanwaltlichen Ermittlungen in anderen Bundesländern, speziell in Hamburg und Berlin, die ausnahmslos eingestellt worden sind.

Wie bei allen AfD-Anträgen sollten wir auch hier zwischen Fakten und populistischen Äußerungen unterscheiden. Fakt ist, dass in schleswig-holsteinischen Kindertagesstätten und -einrichtungen nach unseren Erkenntnissen zu keiner Zeit Original Play betrieben wurde. Fakt ist auch, dass das Landesjugendamt mit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die Anwendung dieser Methode sofort tätig wurde. Es hat alle im Kita-Bereich tätigen Akteure - angefangen von den kommunalen Kinderschutzfachkräften bis hin zu den Kita-Trägern - über die kritische Haltung der Landesregierung zu Original Play informiert. Ganz ehrlich, das ist genau die richtige, angemessene und verhältnismäßige Reaktion.

(Beifall FDP und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, noch vor Kurzem war diese Spielmethode kaum bekannt. Nunmehr verunsichert sie Eltern und Kita-Verantwortliche nicht nur in Deutschland. Das Konzept des Original Play stammt aus den USA. Es ist weder wissenschaftlich anerkannt, noch gibt es nachweislich befürwortende Studien oder Expertisen zu den Grundlagen und Erfolgen dieser Form der Pädagogik. Dafür gibt es aber eine ganze Reihe von Kritikern in der Fachwelt. Ich möchte nicht weiter ausführen und darstellen, was dieses Spiel beinhaltet.

Die Vertreter der AfD sind ehrlicherweise die Einzigen, die dies bundesweit zum Thema machen. Eigentlich sorgen Sie dafür, dass dies bekannt wird. Ich muss an dieser Stelle auch ganz deutlich sagen, dass ich es unerträglich finde, wie Sie durch diese Art und Weise der Agitation latente Unterstellungen anbringen und Misstrauen säen. Eltern, Erzieher, Kindertageseinrichtungen und alle, die irgendwie mit Kindern zu tun haben, fühlen sich jetzt verunsichert und müssen darüber nachdenken, was da eigentlich passiert. Die ganze gute Arbeit, die wir in den letzten Jahren gemacht haben, versuchen Sie hier gerade umzureißen - wahrscheinlich, weil Sie ein Familienbild umsetzen wollen, dem wir nicht entsprechen.

Kinder und Jugendliche benötigen einen geschützten Raum, in dem sie Erfahrungen im respektvollen Umgang mit anderen Menschen sammeln können. Diesen lernen sie in den Kindertagesstätten. Ich danke Eka von Kalben für die Ausführungen eben, dass es bestimmte Situationen gibt. Ich bin der Meinung, dass sich die Erzieherinnen und Erzieher angemessen und richtig verhalten. Sie werden gut darauf vorbereitet.

Kinder lernen in Einrichtungen, eigenständig zu erkennen, welche Form von Kontakt - ob psychischer oder physischer Natur - sie zulassen wollen. Noch einmal: Hier leisten unsere Erzieherinnen und Erzieher täglich hervorragende Arbeit, und ich würde mir wünschen, mehr Männer in den Einrichtungen vorzufinden. Ich kenne eine ganze Reihe von Männern, die sich nicht trauen oder nicht bereit sind, sich latenten Vorwürfen, wie Sie sie mit Ihrem Antrag wieder befördern, auszusetzen.

Ehrlich gesagt, wenn Sie wirklich eine Verbesserung des Kinderschutzes haben wollten, müssten Sie für Schleswig-Holstein anerkennen: Wir haben hohe Anforderungen an die Träger und das Personal. Sie müssten anerkennen, dass unsere Eltern durch diese hohen Qualitätsmerkmale ein berechtigtes Vertrauen in die Einrichtungen und vor allem in das dortige Personal haben.

Abschließend möchte ich klarstellen: Ein Verbot der Methode des Original Play ist juristisch weder erforderlich noch verhältnismäßig und scheitert an der Bestimmtheit der Einrichtung beziehungsweise des Trägers. Ich bitte den Sozialminister, uns gleich noch einige Informationen zu geben.

Liebe Vertreter der AfD, wenn Sie im Vorwege Ihres Antrags eine juristische Prüfung vorgenommen hätten, hätten Sie festgestellt, dass dies wirklich überflüssig ist. Für uns Liberale ist klar: Wir setzen hier nicht vorauseilend auf Verbote, sondern wir setzen auf Prävention und Aufklärung. Wir bedanken uns noch einmal beim Sozialministerium und bei dem Landesjugendamt für angemessene, verhältnismäßige Reaktionen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Flemming Meyer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich könnte es kurz machen: Original Play hat in Kitas in Schleswig-Holstein nichts zu suchen!

(Beifall SSW - Jörg Nobis [AfD]: Das sagen wir doch!)

Ein vorbeugendes Verbot wäre also durchaus denkbar; aber so einfach ist das mit dem vorliegenden Antrag nicht. Ich lade Sie darum zu einem Gedan

kenspiel ein: Tauschen wir einmal „Original Play“ mit dem Wort „Gewalt“ aus. Dann hätte der Antrag folgenden Titel: „Umfassenden Kinderschutz sicherstellen - Gewalt verbieten“. Niemand würde sich gegen einen solchen Antrag aussprechen. Aber er würde gar nicht erst gestellt werden; denn er wäre vollkommen überflüssig. Bereits heute ist jegliche Gewalt, vor allem gegen Kinder, gesetzlich verboten. Verstöße werden von Polizei und Staatsanwaltschaft streng verfolgt. Ein Verbot von Gewalt durch den Landtag ist also völlig unnötig.

Genauso verhält es sich mit dem Antrag auf Verbot von Original Play. Die antragstellende Fraktion weiß bereits seit Mitte November, dass keine einzige Kita in Schleswig-Holstein Original Play anbietet. So beantwortete die Landesregierung nämlich die entsprechende Kleine Anfrage, und das schon im November. Es gibt in Schleswig-Holstein kein Original Play, und deswegen kann es auch kein Problem mit dem Kinderschutz geben, wie die Antragsüberschrift behauptet. Der Antrag ist also überflüssig.

Das sehen die Antragsteller wohl ähnlich; denn in der Begründung geht es auch um den gesetzlichen Schutz gegen Original Play. Es wird darauf verwiesen, dass bereits strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen haben sich also bereits als angemessen und brauchbar erwiesen - und das ohne ausdrückliches Verbot.

Warum trotzdem die Forderung nach einem Verbot von Original Play? Sollen etwa die Träger auf das Problem aufmerksam gemacht werden, dass Pädophile unter dem Deckmantel eines vermeintlichen pädagogischen Ansatzes Kindern sexualisierte Gewalt antun könnten? Ich denke nicht; denn die Landesregierung hat diese Information bereits erledigt. Das Landesjugendamt hat unverzüglich nach dem Fernsehbericht über Original Play die Verantwortlichen für die Aufsicht in den Kreisen und die Träger über die Gefahren dieses Rangelspiels informiert. Das war im Oktober und im November. Die antragsstellende Fraktion kann das der Antwort auf eine Kleine Anfrage entnehmen, die sie übrigens selbst gestellt hat.

Darüber hinaus weiß ich, dass Träger von Kindergärten und -krippen sehr sensibel mit dem Thema sexualisierte Gewalt umgehen. Gerade durch vereinzelte Fälle von sexualisierter Gewalt haben die Träger ihre Fortbildung in diesem Bereich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Auch die Eltern schauen sehr genau hin. Kein Akteur ist also auf ei

(Anita Klahn)

ne Landtagsfraktion angewiesen, die sie auf die Gefahren von Original Play hinweist.

Damit ist klar, dass wir es wieder einmal mit einem altbekannten Vorgehen zu tun haben. Der antragstellenden Fraktion geht es nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Landtagen darum, Panik zu schüren und sich selbst dabei als Heilsbringer zu inszenieren. Leider fällt das im Bereich der Pädagogik immer mal wieder auf fruchtbaren Boden. Eltern sind schnell verängstigt, weil sie das Beste für ihre Kinder möchten. Manche Eltern-WhatsAppGruppen sind nach dem Fernsehbericht regelrecht explodiert. Gerüchte und Mutmaßungen machten die Runde. Misstrauen und Panik sind aber in einem pädagogischen Bereich nicht besonders förderlich.

Ich sehe es ausdrücklich als unsere Aufgabe an, Missstände anzusprechen. Es ist aber auch unsere Aufgabe, diese dort, wo keine sind, nicht herbeizufabulieren. Wir dürfen die Realität nicht aus den Augen verlieren und müssen Eltern Ängste nehmen. Darum noch einmal: Alle Verantwortlichen setzen sich dafür ein, dass Original Play nicht in die Kitas kommt, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. Dazu bedarf es keiner AfD, jetzt nicht und auch nicht in Zukunft. - Jo tak.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Frank Brodehl.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist nicht das erste Mal, dass einige von Ihnen versuchen, mir zu sagen, was ich eigentlich meine oder eigentlich wolle und dass das, was ich gesagt habe, gar nicht zutreffen könne. Dagegen verwahre ich mich. So kommen wir in der Diskussion nicht weiter.

Ich verwahre mich insbesondere gegen Ihre Aussage, Frau Klahn, dass ich die Arbeit unserer Erzieher und unserer Erzieherinnen in irgendeiner Form infrage gestellt hätte oder ihnen misstraue. Das geht wirklich zu weit! Wenn Sie sagen, dass wir diesen Antrag instrumentalisierten, um Ängste zu schüren, dann hat das mit der Realität nichts zu tun.

(Beifall AfD - Beate Raudies [SPD]: Natür- lich tun Sie das! - Birte Pauls [SPD]: Stän- dig!)

Körperkontakt zwischen Erwachsenen und Kindern ist vollkommen in Ordnung, wenn er a) vom Kind ausgeht und b) - noch wichtiger - in einem vertrauten Rahmen stattfindet. Das ist zunächst einmal die Familie, kann aber selbstverständlich auch die Kindertagesstätte sein. Wenn wir keine Körperlichkeit mehr zulassen, dann läuft in diesem Land etwas grundlegend falsch. Aber es ist ja gar nicht so, im Gegenteil.

Wichtig ist, dass der Körperkontakt in einem vertrauten Rahmen stattfindet. Genau das ist bei Original Play nicht der Fall. Dabei kommen fremde Frauen und Männer in die Einrichtung und spielen mit den Kindern. Das ist der Grund, warum der Kinderschutzbund so klar Stellung bezogen hat.

Es ist richtig, dass ich vorhin gestockt habe. Wir können dankbar sein, dass in Schleswig-Holstein noch kein Fall von Missbrauch bekannt geworden ist. Es deutet alles darauf hin, dass Original Play hier noch nicht praktiziert wird. Wir dürfen doch aber nicht so naiv sein zu glauben, dass das an den Grenzen des Bundeslandes Hamburg ende. Eine solche Annahme hat mit der Realität nichts zu tun. Deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht. Wir schlagen ein Verbot vor, wohl in dem Wissen, dass ein Verbot die am weitesten gehende Möglichkeit ist, die dieses Landesparlament hat. Dahinter stehen wir: dass Original Play in Kindergärten nichts zu suchen hat. Deswegen fordern wir ein Verbot. Danke sehr.

(Beifall AfD)