Protocol of the Session on December 12, 2019

(Christopher Vogt [FDP]: Wie bitte?)

Frau Klahn, ich finde es wirklich schäbig, hier den Eindruck zu erwecken, Kommunen und Träger hätten bisher in einem standardfreien Raum gearbeitet.

(Beifall SPD)

Seit dem 13. November 1992 gibt es in SchleswigHolstein eine Mindeststandardverordnung, an die sich die Kindertagesstätten halten müssen. Diese Mindeststandardverordnung formuliert Gruppengrößen - also das, was Sie hier als so revolutionär dargestellt haben - und ist Grundlage für Betriebserlaubnisse von Einrichtungen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Seit 27 Jahren!)

Also ich weiß nicht, ob Sie es selber glauben. Aber einen solchen Popanz aufzubauen, den alle fachlich Beteiligten durchschauen, geht aus meiner Sicht wirklich an diesem Thema und an diesem Reformprojekt vorbei und ist nicht angemessen.

(Beifall SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat der Abgeordnete Wolfgang Baasch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Feststellungen zu diesem Reformprozess: Ja, der Reformprozess war überfällig, und es ist notwendig, dass wir an diese Aufgabe - egal, in welcher Konstellation - herangehen.

Zweitens. Dieses Ergebnis ist unzureichend, und zwar schlicht und ergreifend deshalb, weil alles, was mit Inklusion zu tun hat, in diesem Gesetzentwurf unzureichend abgebildet ist. Es gibt keinen Plan, wie Inklusion umgesetzt werden soll.

(Beifall SPD)

Ich finde, das alles ist noch verheerender, weil Sie unseren Antrag, schon in der Evaluationsphase über Inklusionsprozesse zu diskutieren und Inklusion einzuarbeiten, in der Sitzung des Sozialausschusses

(Flemming Meyer)

abgelehnt haben. Es ist also nicht so, wie Frau von Kalben hier sagte, dass man sich schon in der Evaluationsphase um Inklusion kümmern wird. Nein, Jamaika hat das abgelehnt.

Was bedeutet das in der Konsequenz, wenn man die Evaluationsphase bis 2024 laufen lässt? Das bedeutet fünf Jahre Stillstand bei der Inklusion in der frühkindlichen Betreuung. Das ist ein Skandal und geht überhaupt nicht.

(Beifall SPD - Wortmeldung Christopher Vogt [FDP])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Vogt?

Nein, ich will das noch an zwei, drei Punkten weiter aufziehen. - Vorhin hieß es ja, keiner wird in dem Reformprozess schlechtergestellt. Bis jetzt sind für Kinder, die Inklusionsbedarf haben und heilpädagogische Betreuung bekommen, keine Beiträge gezahlt worden. Die Eltern brauchten keine Beiträge für diese Kinder zu zahlen. In Zukunft müssen sie Beiträge zahlen, aber sie haben nicht mehr den automatischen Zugang zur Betreuung; denn Zugang haben sie nur, wenn die Voraussetzungen vorhanden sind. Das heißt, diese Eltern und diese Kinder werden schlicht und ergreifend schlechtergestellt.

(Beifall SPD)

Da kann mir doch keiner erklären, dass das hier ein Reformprozess ist, der mit Hurra aufgenommen werden muss. Nein, ganz im Gegenteil. Ich finde, Sie von Jamaika sollten sich dafür schämen, dass Sie Kinder mit Behinderungen ausgrenzen. Das ist die Folge dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall SPD - Ole-Christopher Plambeck [CDU]: Das ist falsch!)

- Wenn Sie es mir nicht glauben, dann erinnere ich an die von vielen - ich finde, zu Recht - gelobte Anhörung, die wir durchgeführt haben. Dort hat der Verein ElternSTIMME Ihnen und uns allen doch ganz deutlich gesagt:

„Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Einrichtungen Kinder ablehnen oder den Vertrag kündigen dürfen, wenn sie aufgrund einer bestehenden oder drohenden Behinderung dort nicht bedarfsgerecht betreut werden können.

Dies verstößt gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.“

Das hat uns der Elternverband ElternSTIMME mit ins Stammbuch geschrieben. Sie tun so, als hätten Sie das nicht gehört, und lehnen unseren Antrag, mit dem wir versucht haben, das zu regeln, im Ausschuss auch noch ab. Also mitnichten haben Sie gut zugehört, und Sie haben es vor allem nicht umgesetzt. Das ist viel schlimmer.

(Beifall SPD)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte jetzt zum Ende.

Ja. Frau Präsidentin. - Ich hätte noch zwei, drei andere Punkte, aber für mich reicht das bisher Gesagte schon, um deutlich zu machen: Diesem Reformprozess kann ich so nicht zustimmen.

(Beifall SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Tobias Koch.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich diese Diskussion und die Kritik an der Kita-Reform anschaut, dann hätten wir es uns mit der Kita-Reform auch einfacher machen können. Um die Kommunen zu entlasten, hätten wir den Betriebskostenzuschuss des Landes um 10 Millionen € erhöhen können, wie es zuletzt 2017 gemacht wurde. Wir hätten dann vollmundig behaupten können, wir hätten die Kommunen entlastet. Eine echte Lösung wäre das natürlich nicht gewesen. Um die Eltern zu entlasten, hätten wir den nächsten 100-€-Kita-Gutschein ausstellen können, wie es die SPD in ihrem Wahlprogramm vorgesehen hatte. Dann hätten wir auch vollmundig behaupten können, wir hätten Eltern entlastet. Eine echte Lösung im Hinblick auf die bundesweit höchsten Beitragssätze wäre das natürlich nicht gewesen.

Bei der Qualität hätten wir einen ersten Verbesserungsschritt machen können, um den FachkraftKind-Schlüssel von 1,5 auf 1,6 zu erhöhen. Das hatten wir in der letzten Wahlperiode schon gefordert. Das wäre natürlich auch keine dauerhafte Lösung gewesen.

(Wolfgang Baasch)

Deswegen, meine Damen und Herren, haben wir uns ganz bewusst für einen großen Reformentwurf entschieden, der alle Aspekte regelt: Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts, landesweite Sozialstaffel, verlässliche Schließzeiten, Beitragsdeckel, Verfügungszeiten, Leitungsfreistellung, Begrenzung der Gruppengrößen, Verbesserung des Fachkraft-KindSchlüssels auf 2,0 Reduzierung des Gemeindeanteils auf 39 % und eine mehr als verdoppelte Landesförderung pro Kind inklusive zukünftiger Dynamisierung. All das und noch vieles mehr regeln wir mit dieser Reform.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Deswegen finde ich, auf dieses Ergebnis können wir wirklich stolz sein. Das ist eine große Reform. Da kann man nur sagen: Das haben wir wirklich gut gemacht.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Aber schauen wir einmal umgekehrt auf die SPD. Sie sind unserer Kita-Reform zwei Jahre lang mit der Forderung nach einer kompletten Beitragsfreiheit begegnet. Das stand zwar noch nicht einmal in Ihrem eigenen Wahlprogramm, aber das haben Sie in den letzten zwei Jahren vollmundig vor sich hergetragen: komplette Beitragsfreiheit. Und jetzt, da es zur Abstimmung kommt, frage ich einmal: Was ist denn aus dieser kompletten Beitragsfreiheit bei Ihnen geworden? - Eine kostenfreie Fünf-StundenBetreuung in der Krippe,

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

so von Ihnen beantragt, also nicht für alle Kita-Kinder und auch nicht für alle Betreuungszeiten. Sie formulieren in Ihrem Änderungsantrag, den Sie gestern vorgelegt haben - ich zitiere -:

„Eine beitragsfreie Kindertagesbetreuung in Höhe von fünf Stunden täglich soll für alle Kinder bis zum Schuleintritt ab 1. August 2023 realisiert werden.“

Also von einer kompletten Beitragsbefreiung kann bei Ihnen selbst ab 2023 keine Rede sein.

(Serpil Midyatli [SPD]: Sie machen nicht einmal den ersten Schritt mit!)

- Wir machen den ersten Schritt, indem wir den Beitragsdeckel einführen und für ganz viele Eltern die Beiträge wirklich spürbar senken werden. Sie hingegen haben eine komplette Beitragsfreiheit versprochen, werfen uns hier gebrochene Versprechen vor und dokumentieren mit Ihrem eigenen schriftlichen Antrag, dass Sie das nicht einhalten, was Sie

hier vollmundig in den letzten zwei Jahren verkündet haben. Das wollte ich noch einmal deutlich machen. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort für einen weiteren Kurzbeitrag hat die Abgeordnete Eka von Kalben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte mich noch einmal zu dem Thema Standards und zu dem, was Frau Herdejürgen gesagt hat, melden. Natürlich gibt es Vorgaben der Heimaufsicht. Die gibt es schon lange. Das wissen wir auch; das ist uns nicht neu.

(Zurufe SPD)

Diese entsprechen aus unserer Sicht aber nicht dem, wie wir uns zukünftig eine qualitätsvolle Kita vorstellen. Das ist nicht das, was wir mit frühkindlicher Bildung meinen, wenn wir einen Mindeststandard festlegen. Das ist nicht unsere Vorstellung von einer guten Kita. Deshalb ist es richtig, dass wir erstmals Verfügungszeiten, Leitungsstunden, eine Sozialstaffel, Planstellen, Geschwisterermäßigungen, und, und, und in das Gesetz aufgenommen haben. Das ist bisher nicht geregelt gewesen. An dieser Stelle haben wir neue Mindeststandards festgelegt, meine Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)