Im Unterricht soll es kritisch beleuchtet werden, wenn die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Werte des Grundgesetzes und der Landesverfassung angegriffen werden - beispielsweise wenn Antisemiten in politischen Parteien geduldet werden, wenn es personelle Überschneidungen mit rechtsradikalen Gruppierungen gibt.
Wenn all das noch nicht dazu geführt hat, Sie davon zu überzeugen, dass Sie mit ihrem Vorhaben auf dem Holzweg sind, bleibt Ihnen noch das parlamentarische Mittel der Kleinen Anfrage. Sie haben dieses Mittel genutzt, um die Landesregierung zum Film „Wildes Herz“ zu befragen und dann direkt den Beutelsbacher Konsens ins Spiel zu bringen.
„Der ‚Beutelsbacher Konsens‘ verpflichtet Lehrkräfte nicht zur Werteneutralität. Politik und politisch kontroverse Diskussionen sind gewollte und gesetzmäßige Inhalte schulischen Unterrichts.“
Sie haben also ein Instrument der parlamentarischen Kontrolle genutzt, Arbeitskraft im Ministerium gebunden und eine ausführliche Antwort bekommen. Auch das hat nicht ausgereicht, dass Sie zur Besinnung kommen und merken, dass Sie sich verrannt haben.
Aber was erzähle ich Ihnen da eigentlich? - Sie haben es jetzt mehrfach gehört und hören doch nicht. Mir ist diese Herangehensweise einfach unverständlich.
Sie suggerieren wieder ein Problem, das es nicht gibt. Sie versuchen erneut, Lehrkräfte in Verruf zu bringen. Sie haben mehrmals gezeigt, dass Sie fernab jedweder Vernunft - beratungsresistent bleiben. Wir können nur hoffen, dass das Comeback von „Die Ärzte“ im Sommer nichts Vergleichbares bei Ihnen auslösen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie schön: Endlich mal wieder gibt es eine Diskussion, mit Meinung und Gegenmeinung. Das haben wir nicht immer; aber trotzdem habe ich das hier vermisst.
- Ja, ja, das haben wir immer. Das hätten wir, wenn Sie in Ihren Redebeiträgen darauf eingegangen wären, was ich gesagt habe. Ich habe, Herr Loose, zum Beispiel nicht gesagt, dass der Anlass für meinen Antrag die Bombendrohung gewesen sei.
Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn? Ich bitte Sie, im Protokoll nachzulesen, was Sie gesagt haben. Seit Sommer haben wir kleine Anfragen zu dem Projekt laufen.
- Dass es eine bundesweite Kampagne ist, habe ich nicht gewusst. - Zum Bezug zur Bombendrohung das muss ich hier klar sagen: Das ist ein Unding! Gewalt hat in dieser Diskussion nichts zu suchen.
Ich bin froh, wie die Ministerin darauf reagiert hat, als der Film vorgeführt worden ist. Da es uns betroffen hat, haben wir uns ganz klar distanziert. Das ist doch selbstverständlich.
Herr Vogel, Sie vergleichen diesen Film mit „Schindlers Liste“. Das ist sehr gewagt. Dazu fällt mir nichts mehr ein. Sie sagen, ich meinte, die Lehrer würden den Film unreflektiert zeigen. Sie sagen, ich würde ihnen misstrauen. Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe auf die Vor- und Nachbereitung verwiesen.
Man muss kein Pädagoge sein, um zu wissen, was für eine Wirkung ein Gespräch hat und was für eine Wirkung ein Film hat. Wie der Film gestrickt ist, dass der Film nicht kontrovers ist, können Sie in der Bewertung der Deutschen Film- und Medienbewer
tung nachlesen. So schwer ist das doch nicht. Das habe ich mir doch nicht ausgedacht. Diejenigen, die den Film für besonders wertvoll halten, sagen auch das.
- Sie glauben nicht, dass ich Lehrer bin? Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, dass Sie nicht den Mut haben, auf meine einfache Frage zu antworten:
Was würden Sie denken, wenn der Film „Wildes Herz“, der mitreißerisch ist, der distanzlos ist, der Heldenverehrung betreibt, der Schüler in eine besondere Schutzposition rücken soll, wenn dieser Film über eine rechtsradikale Band gedreht worden wäre? Wenn Sie mir die Frage nicht beantworten, können Sie die Frage vielleicht Ihren Wählern an den Info-Ständen beantworten. Ich würde gern Mäuschen sein und wissen, was die dazu sagen.
Ich war gestern bei der Vereidigung meines Sohnes - er ist Polizist geworden -, das war in Lübeck. Es gab eine tolle, eine gute Spannung. Die jungen Leute wurden nach Ende ihrer Ausbildung auf die harte Wirklichkeit vorbereitet. Das ist kein Zuckerschlecken.
Dieses Haus hat heute keine Distanzierung von den Texten, die die Band in diesem Film singt, vorgenommen. Das geht gar nicht, meine Damen und Herren! Sie nehmen das achselzuckend zur Kenntnis.
Wenn Sie schon auf die Antworten in der Kleinen Anfrage zu sprechen kommen: Darin hieß es, es werde keine Bewertungen von Texten aus anderen Bundesländern vorgenommen. Wenn das alles ist, was Sie dazu zu sagen haben, dann ist das ein schlechtes Zeichen für die jungen Männer und Frauen, die jetzt Polizist werden wollen. - Vielen Dank.
(Beifall AfD - Beate Raudies [SPD]: Genau! Das ist Ihre Masche! Das hat kein Mensch gesagt! - Unruhe)
„Nichts ist klar Nichts scheint wahr Wir verlassen uns auf uns selbst Es bleibt beim Alten, außer wir verändern es“
Worum geht es eigentlich? - Ihr kläglicher Versuch ist gescheitert. Die Kolleginnen und Kollegen sind, finde ich, gut darauf eingegangen. Es geht nicht um die Wertneutralität. Es geht um den schulischen Auftrag. Das haben Sie nicht verstanden.
Auch die Antwort auf Ihre Kleine Anfrage haben Sie offensichtlich nicht ganz gelesen. Der Film „Wildes Herz“ gehört wie viele andere Dokus und Filme - es gibt zum Beispiel auch „Im Westen nichts Neues“ und „American History X“ - - Es gab vor Kurzem auch einen Film - der Titel fällt mir gerade nicht ein - über die Radikalisierung in der Rechtsrockszene.
Das ist alles so plakativ. Man muss die Musik in dem Film „Wildes Herz“ nicht mögen. Das ist Geschmackssache. Auch ich höre mir lieber Ska-P oder Rantanplan an, wenn ich mal wieder etwas Lautes auf die Ohren brauche. Ich mag die Musik in dem Film ehrlich gesagt nicht so sehr. Ich finde an Feine Sahne Fischfilet aber sehr beeindruckend, dass sie wie kaum eine andere Band das Lebensgefühl und die Erfahrung vieler jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern widerspiegelt. Genau darum geht es in der Doku.
Auch ich kenne solche Anfeindungen von damals, als 15-Jähriger, 16-Jähriger, linksdenkender, auf dem Dorf lebender, aktiver Mensch, der sich engagieren möchte. Abiparty, Landgasthof, Schützenund Scheunenfeste - auch bei uns gab und gibt es sie noch immer: die Dorfnazis. Mal sind sie organisiert, mal nicht; mal sind sie gewalttätig, mal nicht. Auch ich habe schon Drohanrufe bekommen.
Auch wenn die Dimension in unserem Nachbarbundesland Mecklenburg-Vorpommern eine ganz anders ist, kann ich die Wut, die Angst und das Lebensgefühl absolut nachfühlen, weil mir das so nahe ging, weil ich es selbst erlebt habe. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, was ich denke - als St.Pauli-Fan, links, Juso, Sozi.
(Beifall SPD - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Darü- ber müssen wir noch einmal reden! - Peer Knöfler [CDU]: Zum Glück kein Bayernfan!)
- Das klären wir dann. - Auch wenn es eine harte Sprache ist - Kunstfreiheit darf durch nichts und niemanden in diesem Land wieder eingeschränkt werden.
„Wir bleiben jetzt stark Auch wenns machmal schwer ist Wir haben die Kraft Auch wenns manchmal schwer ist Wir halten zusamm' Auch wenns manchmal schwer ist Sie haben keine Chance!“
Ich verneige mich vor diesem Mut und der Ausdauer im Kampf für Toleranz, Weltoffenheit und eine klare Kante gegen Rechtsaußen. Es sind Menschen wie diese und andere - übrigens auch Lehrkräfte -, die mich dazu bewegt haben, mich nicht unterkriegen oder einschüchtern zu lassen. Es ist nicht zuletzt diese politische Bildung, die mich dazu bewegt hat, in die Sozialdemokratie einzutreten, die so standhaft steht gegen jede Form von altem und neuem Rechtsextremismus.