zu machen. Ansonsten drohe ein Zwangsgeldverfahren und eine Klageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof, schrieb sie damals. Und so mussten sich die konservativ geführten Bundesländer schließlich fügen.
Inzwischen - das möchte ich auch deutlich machen - haben sich die Gemüter beruhigt, und das ist gut so. Dazu beigetragen hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die nach einigen Anlaufproblemen sehr gute Arbeit macht. Dazu beigetragen hat sicherlich auch der Beirat, in dem unter anderem Vertreter der Kirchen, der Frauenverbände und der autochthonen Minderheiten vertreten sind. Eine Reihe guter Vorschläge der Antidiskriminierungsstelle zur Überarbeitung des Gleichbehandlungsgesetzes, was beispielsweise den Tatbestand der Mehrfachdiskriminierung angeht, sollte daher möglichst bald umgesetzt werden.
Das von der Antidiskriminierungsstelle initiierte anonyme Bewerbungsverfahren hat nach der Auswertung vor ein paar Tagen eindrucksvoll belegt, dass Diskriminierung wirklich Schaden anrichtet. Darum kann ich nur hinzufügen: Es ist bitter, dass dies anscheinend nur ein Modellprojekt bleiben soll. Die Arbeitgeber, jedenfalls diejenigen, die sich dann dafür eingesetzt haben, haben gemerkt, dass sie wertvolle Ressourcen brachliegen lassen, weil die Bewerber das falsche Alter - entweder zu alt oder zu jung waren - oder einfach einen falschen, weil türkischen Namen hatten. In persönlichen Gesprächen konnten sich Bewerber durchsetzen, die vorher keine Chance hatten.
Diskriminierung schadet und vergiftet unsere Gesellschaft. Darum unterstützen wir die Forderung, dass sich auch Schleswig-Holstein in die Koalition gegen Diskriminierung einreiht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Änderungsantrag von CDU und FDP jedenfalls hilft uns nicht weiter. In diesem Antrag wird mit Geld argumentiert. Ich könnte im Umkehrschluss sagen: Antidiskriminierung ist ein wichtiger Standortfaktor, mit dem auch Geld verdient werden kann. Also, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie diesem Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu.
Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Justiz, Gleichstellung und Integration, Emil Schmalfuß.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Noch immer ist Diskriminierung in Beruf und Alltag an der Tagesordnung. Häufig wissen die Betroffenen nicht, wie sie sich dagegen wehren können und welche Rechte sie haben. Aus diesem Grund hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Februar letzten Jahres den Startschuss für die „Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft” gegeben. Ziel ist es, den von Diskriminierung betroffenen Menschen bestmögliche Beratung und Unterstützung zu gewähren. Zu diesem Zweck wird die ADS lokale Beratungsstellen in allen Bundesländern fördern und die Vernetzung der Akteure intensivieren. So soll eine flächendeckende Beratungslandschaft entstehen.
Weil hierzu die Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen erforderlich ist, hat die ADS eine Koalition gegen Diskriminierung ins Leben gerufen. Ziel dieser Koalition ist es, vor Ort für das Thema Diskriminierung zu sensibilisieren und den Diskriminierungsschutz als Querschnittaufgabe zu verankern. Bisher sind die Bundesländer Berlin, Hamburg, Brandenburg und Bremen der Koalition beigetreten.
Die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gestartete Offensive für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft ist grundsätzlich positiv zu bewerten und zu unterstützen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass damit zugleich ein Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung einhergehen muss. Das wäre durchaus denkbar, ist aber gleichwohl zurzeit nicht zwingend erforderlich.
In Schleswig-Holstein fungiert der Fachbereich Gleichstellung und Antidiskriminierung im MJG bereits als Ansprechstelle für die ADS. Eine Ausstrahlung ins Land ist somit bereits vorhanden. Diese Regelung hat sich in der Vergangenheit im Verhältnis zur Antidiskriminierungsstelle des Bundes und zu anderen Stellen und Verbänden in Schleswig-Holstein bewährt, die sich mit dem vielseitigen Thema Diskriminierung befassen. So beraten die Bürgerbeauftragte und der Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein zu allen Diskriminierungsmerkmalen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Es gibt aber auch Beratungsstellen mit einzelnen Schwerpunkten, zum Beispiel den Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, den Landesfrauenrat, das Antidiskriminierungsnetzwerk Lübeck, das Haus der Kulturen für die Diskriminierungsmerkmale ethnische Herkunft, Religion und Weltanschauung, den Integrationsbeauftragten und die Vereine HAKI, NaSowas sowie den Lesbenund Schwulenverband bei Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung.
Das Netz dieser Beratungsstellen und ihre Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Gleichstellung und Antidiskriminierung in unserem Ministerium trägt in Schleswig-Holstein dazu bei, das Thema Antidiskriminierung politisch in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit bewusster zu verankern, um so die Wirtschaft, Verwaltung und Bürger stärker für diese Problematik und den Abbau von Vorurteilen zu sensibilisieren.
Wir sollten daher den möglichen Beitritt zur Koalition gegen Diskriminierung in Ruhe prüfen und noch einmal sorgfältig überdenken, bevor wir eine Entscheidung fällen, zumal sich die Absichtserklärung nur auf die Landesebene beziehen würde, da die Landesregierung keine Zusagen für die kommunale Ebene machen kann.
Sehr geehrte Frau Amtsberg, ich hoffe, dass Sie mir diese Position nachsehen. Wer weiß, vielleicht habe ich zu einem späteren Zeitpunkt nach entsprechender Prüfung noch einmal Gelegenheit, in Ihrem Sinne zu entscheiden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage vor, abweichend von der Geschäftsordnung die vorliegenden Änderungsanträge zu selbständigen Anträgen zu erklären. - Widerspruch sehe ich nicht; dann werden wir so verfahren.
Ich lasse zunächst über den Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/2512 (neu), abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und des SSW. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP. Stimmenthaltungen? - Es hat keine Enthaltungen gegeben. Ich stel
Ich lasse über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/2522, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP. Stimmenthaltungen? - Enthalten haben sich die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW. Damit stelle ich fest, dass der Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/2522, abgelehnt worden ist.
Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2526, abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion des SSW. Stimmenhaltungen? - Enthalten haben sich die Mitglieder der SPD-Fraktion. Ich stelle fest, dass der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2526, angenommen worden ist.
Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Wir treten in die Aussprache ein. Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist meine letzte Rede - an diesem Tag, in diesem Haus.
Es ist der Tag der Rückschau. Heute Morgen kam jemand mit einem guten Gedächtnis zu mir und sagte: Es ist jetzt fast auf den Tag genau 35 Jahre her, dass ich das erste Mal im Landtag war und sprechen durfte. Das war ein Stockwerk höher, wo die Bänke noch härter waren und manche Debatten - - Nein, das will ich gar nicht sagen.
Der Titel lautet: Programm Soziale Stadt erhalten. Wir erhalten dieses Programm. Es gibt dieses Programm seit Langem. Es existiert seit 1999. Im Jahr 2006 hat Bundesminister Tiefensee festgelegt, dass auch die nichtinvestiven Bereiche in diesem Programm erfasst werden. In der Frage, ob dies so weitergehen soll oder nicht, hat man in Berlin eine Entscheidung getroffen. Man hat gesagt: Das Programm Soziale Stadt soll in investive Maßnahmen investieren, wie das früher der Fall war. Deshalb hat man aus finanziellen Gründen gesagt: Wir können das andere nicht mehr finanzieren, und wir reduzieren diese Förderung. Es kann also nicht die Rede davon sein, dass das Programm Soziale Stadt aufgegeben wird. Es ist nur so, dass bestimmte Modellvorhaben nicht fortgesetzt werden sollen.
Wir haben uns im Innen- und Rechtsausschuss sehr genau mit diesem Thema beschäftigt. Nach dem ersten kräftigen Aufschlag in diesem Haus vor eineinhalb Jahren, woran sich manch einer noch erinnern kann, wurde die Diskussion darüber merklich ruhiger. Wir haben uns im Innen- und Rechtsausschuss die ganzen Projekte einmal daraufhin angeschaut, was sie an Nachhaltigkeit auf dem Arbeitsmarkt, in der sozialen Wirkung und so weiter erbringen. Das sind die Kernfragen, um die es gehen sollte. Als wir diese Punkte hinterfragt hatten, war das Ergebnis, dass es eigentlich keine konkreten, nennenswerten und greifbaren Punkte gibt, die man heranführen könnte, um zu sagen: Hier sind messbare Daten für konkrete, nachweisbare und zahlenmäßige Resultate.
Ich glaube, das gehört auch zu der Bilanz, die man ziehen muss. Es geht nicht darum, dass wir es nicht als wünschenswert ansehen, möglichst viele Stadtteile zu haben, in denen kein problematischer Wohnraum wäre. Es geht nicht darum, dass wir nicht möglichst generationengerechte und auf die einzelnen Menschen zugeschnittene Wohnstrukturen haben sollten. Strukturen, die das Gemein
schaftsleben fördern und Vereinsamung verhindern, sind richtige Strukturen, aber ob diese Maßnahmen im nicht-investiven Bereich konkrete und nachhaltige Wirkungen erzielen, darüber darf und muss man sprechen. Das haben wir getan. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, in dieser Wahlperiode keine konkreten Vorschläge zu machen.
Ein anderer Punkt ist die Frage, ob man den Bund auffordern sollte, die gekürzten Maßnahmen rückgängig zu machen. Hierzu muss ich ganz deutlich sagen: Wenn wir uns zu einer Schuldenbremse verpflichten, dann kann man nicht sagen, dass es bestimmte Themen gibt, über die man nicht sprechen kann. Ich glaube, es ist vertretbar, was der Bund hier macht. Es wäre ein bisschen zu einfach, wenn wir als Land sagen würden: Wir fordern den Bund auf, all dies rückgängig zu machen. Ich glaube, das würde zu kurz greifen.
Daher darf ich für unsere Ausschussarbeit feststellen: Es ist und bleibt ein Thema von Bedeutung, zu prüfen, welche Maßnahmen welche nachhaltigen Wirkungen erzielen. Dies darf man nach unseren Beratungen hinterfragen. Insofern bleibt es dabei, dass es in diesem Punkt in den nächsten Jahren noch viel Arbeit und Zeit braucht. Das zeigt, dass dies nicht nur die Stunde des Abschieds, sondern auch die Stunde des Aufbruchs in der Politik ist.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, dass ich mich bereits am Mittwoch von Ihnen verabschiedet habe.
- Weil der Kollege Kubicki nicht da war, mache ich das heute noch einmal. Nein, der Applaus im ganzen Haus war, nachdem ich mich verabschiedet hatte, so überwältigend, dass ich mich dazu entschlossen habe, weiterzumachen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kommunen und Länder, sozial- und wohnungswirtschaftliche Verbände und Projektbeteiligte vor Ort haben mit ihrem massiven Protest die von Minister Ramsauer geplante dritte Kürzungsrunde der Städtebauförderung verhindert. Für 2012 bleibt die Städtebauförderung mit 455 Millionen € auf dem gekürzten Niveau von 2011. Zwar gibt es für das Programm Soziale Stadt 12 Millionen € mehr als im Jahr 2011, aber man darf nicht vergessen, dass die Mittel im Vergleich zum vorherigen Stand um 60 % gekürzt wurden.
Per Haushaltsvermerk versagt die schwarz-gelbe Koalition in Berlin zudem den Ländern und den Kommunen, bei Bedarf Mittel anderer Programme einzusetzen, während alle anderen Programme wie üblich eine gegenseitige Deckungsfähigkeit haben. Gerade in dem integrativen Ansatz liegt aber die zentrale Stärke des Programms, Kollege Kalinka. Die nichtinvestiven Maßnahmen verzahnen Sozialarbeit, Integration von Zuwanderern, Schulentwicklung, Baupolitik und Ökonomie zu einem schlüssigen Gesamtkonzept. Erst damit wird die Bedeutung des Programms Soziale Stadt für die betroffenen Menschen richtig herausgehoben.