Protocol of the Session on April 27, 2012

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, zu fragen. Frau Conrad hatte dargestellt, dass die Sprachförderung ausgebaut worden sei. Habe ich es falsch in Erinnerung, dass die Mittel einfach eingefroren worden und keine weiteren Mittel hinzugekommen sind?

- Wir haben Mittel in gleicher Höhe wie bisher zur Verfügung gestellt, allerdings bei deutlich weniger Kindern, die in unseren Schulen zu unterrichten sind. Sie wissen selbst, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein deutlich rückläufig ist. Vor diesem Hintergrund haben wir also eine gute Ausstattung.

Eine zusätzliche Förderung in den Kitas wird dadurch gewährt, dass wir das Bundesprogramm Sprache und Integration im Vorschulbereich bei uns in Schleswig-Holstein zum Einsatz bringen. Außerdem erhalten Kitas, die einen hohen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund haben, zusätzlich eine halbe Stelle für eine intensive Sprachförderung. Diese Stelle wird aus öffentlichen Mitteln bestritten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Minister, lassen Sie eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Erdmann zu?

Aber natürlich.

Das freut mich sehr, abgesehen davon, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, mitzuteilen, dass diese Stellen oftmals gar nicht besetzt werden, weil es zu wenig Fachkräfte gibt. Das aber nur am Rande.

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Leben komplex ist, lautet meine Frage: Die Zahl der Grundschüler ist rückläufig. Gleich

(Anke Spoorendonk)

zeitig steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Haben Sie das bei der absoluten Höhe der Mittel berücksichtigt?

- Das habe ich berücksichtigt. Der prozentuale Anteil steigt, weil in den einzelnen Jahrgängen, die in die Schule jetzt nachrücken, mehr Kinder pro Jahrgang einen Migrationshintergrund haben als früher. Das heißt aber nicht, dass auch die absoluten Zahlen steigen.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aber gleichzeitig! Das heißt, sie sin- ken!)

- Frau Abgeordnete Erdmann, außerdem wollte ich darauf hinweisen, dass die Kitas, die mit dem Sonderprogramm Sprache und Integration gefördert werden, nicht nur virtuell zusätzliche Mittel bekommen. Sondern es handelt sich um Kindertageseinrichtungen, die tatsächlich zusätzliche Fachkräfte für diesen Zweck eingestellt haben. Ich empfehle Ihnen sehr, diese Kitas im Lande einmal zu besuchen, wie ich es gemacht habe.

(Beifall bei der FDP)

Dann können Sie sogar mit den Sozialpädagogen sprechen, die diese zusätzliche Sprachförderung durchführen. Die Unterstellung, es seien zwar Mittel eingestellt worden, aber die Stellen würden gar nicht besetzt, ist also schlicht und ergreifend falsch, Frau Abgeordnete.

(Beifall bei der FDP)

Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um 1 Minute 14 Sekunden überschritten. Diese Redezeit steht nun allen Fraktionen zur Verfügung. Ich stelle aber fest, dass davon nicht Gebrauch gemacht wird. Weitere Wortmeldungen liegen also nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 17/2295, zur Kenntnis zu nehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 25 und 32 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Atomausstieg verbindlich umsetzen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2493

Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Drucksache 17/2528

b) Kosten der Energiewende nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2502

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Olaf Schulze für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit dem 30. Juni 2011 ist der Atomausstieg beschlossen. Wir sind uns einig, dass der Atomausstieg bis 2022 umgesetzt werden soll. Nun müssen wir sicherstellen, dass dies auch geschieht.

Leider hat man den Eindruck, dass die Atomkraftwerksbetreiber noch immer nicht glauben, dass die Politik Ernst macht. Der Energiekonzern Vattenfall hat am 27. März gegenüber der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht einen Pressebericht bestätigt, wonach er nicht, wie vereinbart, bis Ende März Abbaukonzepte für die stillgelegten Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel vorlegen werde. Statt wie zugesagt Rückbaupläne vorzulegen, gab es die lapidare Mitteilung, dass man es nun vorerst doch nicht tun werde.

Nun könnte man annehmen, dass es sich wieder um eine der typischen Aktionen dieses Konzerns handelt, der sich ohnehin durch Missmanagement und Unvermögen auszeichnet. Es geht aber um mehr, denn Vattenfall steht keineswegs allein da. Laut „Spiegel online“ vom 18. April hat bisher kein Energiekonzern ein Rückbaukonzept vorgelegt. Dafür gibt es drei Gründe.

Erstens gehen die Konzerne davon aus, dass sich mit dem Einstieg in den Rückbau die Aussicht auf Erfolg ihrer Schadenersatzklagen verringern. Zweitens ist ein Einschließen billiger als ein Rückbau. Sie hoffen, dass sie diese Möglichkeit nutzen

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

können. Drittens hoffen sie aber auch auf den erneuten Ausstieg aus dem Ausstieg, und diesen Weg wollen sie sich nicht verbauen. Sie bauen auf eine Entwicklung wie beim Dosenpfand. Wenn am Ende nicht genügend erneuerbare Energien da sind, dann muss die Atomenergie eine Renaissance erleben.

Sicherheitsüberlegungen spielen wieder einmal nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen nutzen die Atomkraftwerksbetreiber die ihnen durch die Zickzackpolitik eröffneten Chancen auf Schadenersatz voll aus. Die schwarz-gelbe Bundesregierung trägt für diese finanziellen Risiken die volle Verantwortung.

Meine Damen und Herren, jenseits der Fragen von Stil und Anstand ist dies ein aus betriebswirtschaftlicher Sicht verständliches Handeln. Schließlich sind sie ihren Aktionären und nicht der Bevölkerung verpflichtet. Deswegen helfen weder Appelle noch ein Gipfel, wie ihn die Kanzlerin jetzt veranstaltet.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Weder Atommülllagerung noch der Rückbau der Atomkraftwerke sind hinreichend geregelt. Wir, die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, müssen die Schlupflöcher schließen. Dazu gehören verbindliche Konzepte und Zeitpläne. Eine Erweiterung des Atomgesetzes bietet die Möglichkeit, sowohl die rückholbare Endlagerung aller Arten von Atommüll als auch die Art des Rückbaus von Atomkraftwerken verbindlich voranzutreiben.

Die meisten sind bis jetzt davon ausgegangen, dass es zu einem Rückbau der Atomkraftwerke nach der Stilllegung kommt. Dies wollen wir mit unserem Antrag sicherstellen. Zurzeit ist aber im Atomgesetz geregelt, dass es zwei Möglichkeiten der Stilllegung von Atomkraftwerken gibt, nämlich den Rückbau, aber auch den sicheren Einschluss. Die Menschen und die Kommunen vor Ort brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit, bis wann der Rückbau der Atomkraftwerke erfolgt sein muss.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Je schneller der Weg zum Abbau und dessen Konzept definitiv festgelegt werden, desto weniger Möglichkeiten haben Atomkraftwerksbetreiber, Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben und dadurch gegebenenfalls von vorgegebenen Standards abzuweichen. Die Gefahren der Atomenergie sind noch lange nicht gebannt. Wir können sie aber

nach und nach verringern. Lassen Sie uns damit heute beginnen!

Wir werden dem Änderungsantrag der Grünen zustimmen. Dieser ist in den Ausschüssen bereits beraten, aber leider nicht abschließend beraten worden. Insofern werden wir diesem Antrag zustimmen.

Dem Antrag der Fraktion DIE LINKE hingegen werden wir nicht zustimmen. Es hört sich zwar schön an, die Kosten der Energiewende nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abzuwälzen. Mit Ihrem Antrag tragen Sie aber keinen Deut dazu bei. Insofern kann man Ihren Antrag leider nur ablehnen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Für Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Björn Thoroe das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Energiewende ist ökologisch wie auch gesellschaftlich gesehen eine Chance für alle. Wir müssen sie nur sozial gestalten. Seit Ende der 90er-Jahre der Strommarkt liberalisiert wurde und auch noch dann vor fünf Jahren die staatliche Preisaufsicht abgeschafft worden ist, sind die Preise für Strom gestiegen und gestiegen. Es gibt aber einige Dinge, die wir alle zum Leben benötigen. Sie müssen deshalb auch für alle zugänglich sein. Dazu gehört die Luft zum Atmen, das Wasser zum Trinken, aber auch die Versorgung mit Energie.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Grundgesetz ist die Sicherung der allgemeinen Daseinsvorsorge durch den Staat gesetzlich niedergelegt. Der Staat steht also in der Pflicht, die Energieversorgung als Teil der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung sicherzustellen.

Im Juni letzten Jahres warnte das Bundeskartellamt bereits vor einer möglichen Erhöhung der Energiepreise. Wirtschaftsverbände und Lobbyisten verbreiteten Panik, dass der schnelle Ausstieg aus der Atomkraft und der Übergang zu den erneuerbaren Energien die Energiepreise in die Höhe treiben würde. Das ist ein Szenario, das aber nur dann Wirklichkeit wird, wenn der Staat weiter den Energiemonopolen gestattet, alle Kosten auf die privaten

(Olaf Schulze)

Verbraucher abzuwälzen, um maximal zu profitieren.