Unterstützung finden diese Maßnahmen durch das Bundesprogramm Sprache und Integration. Oberstes Ziel ist es, die Sprachkompetenz von Kindern insbesondere in Kitas in sozialen Brennpunkten oder in Bereichen mit einem hohen Migrationsanteil zu fördern.
An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass in Schleswig-Holstein 86 Kitas jeweils eine Förderung von 25.000 € für zusätzliches Fachpersonal und notwendige Anschaffungen erhalten.
Diese Regierungskoalition hat konsequent entsprechend mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher bereitgestellt. Die Ausbildungskapazität der Fachschulen für Sozialpädagogik wurde um ein Drittel erhöht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, frühkindliche Bildung und die frühkindliche Sprachförderung sind wichtige Bausteine. Das gilt allgemein, aber natürlich ganz besonders für Kinder mit Migrationshintergrund.
In der Antwort der Landesregierung wird darüber hinaus festgestellt, dass die frühe präventiv ausgerichtete Sprachbildung in Schleswig-Holstein dazu geführt hat, dass eine schulische Sprachförderung dann in vielen Fällen gar nicht mehr notwendig wird.
Die Befunde aus der Großen Anfrage stützen unsere Politik in diesem Bereich. Jetzt ist es unsere Aufgabe, diese Politik konsequent weiterzuführen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir bedanken uns für den Bericht, aber für uns gibt der Bericht nur ansatzweise Aufschluss darüber, wie es in Schleswig-Holstein um die Kinder mit Migrationshintergrund im Bildungssystem bestellt ist. Wir stellen fest, dass Kinder mit Migrationshintergrund keine gleichen Startbedingungen haben, da die meisten dieser Kinder in sozial schwächeren Verhältnissen leben. Unter Bildungssystem funktioniert aber nach wie vor nach dem Prinzip: Wer hat, dem wird gegeben. Wer die finanziellen Mittel hat, kann auch von den Möglichkeiten und Chancen des Bildungssystems profitieren. So können Kinder wohlhabender Familien viel leichter auf Ressourcen wie Frühförderung und Sprachangebote zurückgreifen, um ihre Chancen zu optimieren. Zahlreiche Studien belegen: Sowohl der Bildungsstand der Eltern als auch der Migrationshintergrund einer Schülerin oder eines Schülers haben einen Einfluss auf den Schulerfolg. Daraus folgt: Je reicher, desto erfolgreicher. Das gilt es zu ändern, meine Damen und Herren.
Die Zahlen der Chancenstudie, die im Auftrag der Bertelsmann Stiftung kürzlich auch veröffentlicht wurden, bestätigen die erschreckende Bildungssituation in Schleswig-Holstein. Da werden ja auch noch einmal die Zahlen genannt, wie es um Schüler und Schülerinnen hier in Schleswig-Holstein bestellt ist. Bei gleicher Intelligenz sind die Chancen der Schüler und Schülerinnen aus sozial schwachen Familien auf ein Abitur fast sechsmal geringer. Die Ausgrenzung zieht sich durch den gesamten Bildungsweg, beginnt in der Kita und setzt sich beim
Zugang zur beruflichen Ausbildung fort. Ganz besonders die Kinder von Migrantinnen und Migranten scheitern an den Übergängen im gegliederten Schulsystem. Schleswig-Holstein braucht ein Schulsystem, das alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihren individuellen Fähigkeiten fördert und die Schullaufbahn nicht weiter vom Geldbeutel der Eltern oder auch der Herkunft abhängig macht. Das ist immer noch so.
Deshalb brauchen wir eine Schule, die die betroffenen Kinder nicht weiter aussortiert, sondern ihnen Zeit lässt, ihre Talente zu entwickeln und zu zeigen. Deshalb ist es dringend geboten, Startbedingungen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in unserem Bildungssystem zu verbessern. Ungeachtet von sozialer und ethnischer Herkunft müssen alle Kinder aufgefangen und gefördert werden.
Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Grünen hat gezeigt: Nur 25 % aller Kinder mit Migrationshintergrund gehen auf ein Gymnasium, aber fast doppelt so viele Schülerinnen und Schüler insgesamt. Dafür gehen 16 % der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund auf eine Hauptschule; insgesamt sind das nur knapp 8 %. Diese Bildungsbenachteiligung ist und bleibt eine soziale Ungerechtigkeit. Wir können und dürfen es uns nicht leisten, diese Kinder und die dazugehörigen Eltern zu vernachlässigen.
Wir sind uns einig, dass die Sprache beim Bildungserfolg und auch insgesamt bei der Integration der Betroffenen eine Schlüsselrolle spielt. Es ist deshalb richtig, die Sprachförderung im Kindergarten und vor der Einschulung zu intensivieren.
Die regierende schwarz-gelbe Koalition hat diese Ansätze fortgeführt, aber keineswegs weiterentwickelt. Schwarz-Gelb hat die Mittel für die Sprachförderung im Kindergarten mit 4 Millionen € auf viel zu niedrigem Niveau eingefroren und die Förderstunden in der Schule reduziert. Sie hat das beitragsfreie Kita-Jahr gestrichen, das hauptsächlich sozial schwachen Kindern zugutekam. Ein Minimalprogramm wird nicht reichen, wenn Sie ernsthaft die Zahl der Kinder, die keinen Schulabschluss erlangen, reduzieren wollen. Das beste Sprachförderkonzept kann nur greifen, wenn die Kita-Besuchsquote auch bei den Kindern mit Migrationshintergrund deutlich erhöht wird.
Man kann nicht nur sagen, Deutsch lernen ist wichtig, sondern die Herkunftssprache muss gleichrangig mitgefördert werden.
Das ist nicht nur eine notwendige Grundlage, um auch Deutsch als Zweitsprache zu beherrschen, sondern es ist auch ein Signal, dass wir die besonderen Fähigkeiten der Menschen mit Migrationshintergrund wertschätzen und auch brauchen.
Daneben muss sich Schleswig-Holstein verstärkt darum bemühen, Migrantinnen und Migranten als Erzieherinnen und Erzieher und als Lehrkräfte in die Bildungseinrichtungen zu holen. Gerade sie könnten wichtige Vorbilder für die Kinder sein und die Eltern dabei unterstützen, Zugang zu ihnen manchmal fremden deutschen Schulen zu finden.
Auch hier ist die Datenlage katastrophal. Das hat die Große Anfrage gezeigt. Bereits mit den wenigen Daten, die wir hier haben, können wir sagen: Wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher, mehr Pädagoginnen und Pädagogen mit Migrationshintergrund. Die Antwort der Landesregierung macht uns im Wesentlichen deutlich, wie viel zu tun ist. Wir können auch sagen: Die Kinder müssen hier in Schleswig-Holstein die gleichen Chancen haben. Ich denke, wir müssen noch verstärkt daran arbeiten, dass dieses Ziel auch endlich erreicht wird.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die langjährige Ablehnung der Vorstellung von Deutschland als Einwanderungsland hat bizarre Blüten getrieben. So haben wir erst seit Kurzem überhaupt Ansätze einer genauen statistischen Erfassung der Menschen, die hier leben und einen Migrationshintergrund haben. Daher unser Dank an die antragstellenden Grünen und auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums für die Beantwortung der Großen Anfrage.
Erst mit dem Zuwanderungsgesetz setzt sich die Bundesregierung mit ihren Neubürgerinnen und Neubürgern auseinander. Daher überrascht es nicht, dass die zugrunde liegenden Zahlen erst mit diesem Jahr, das heißt 2005, einsetzen und noch gar nicht vereinheitlicht vorliegen. Diese Statistiklücke ist das Symptom einer Politik, die die Integrationsleistung ausschließlich bei den Migranten verortet. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Integration ist keine Einbahnstraße.
Die dürftigen Statistiken vermitteln nicht mehr als grobe Anhaltspunkte. Denn tatsächlich spielt es statistisch gesehen keine Rolle, ob die Mutter eines Kindes aus England, Indien oder der Türkei kommt. Es stellt sich daher dringend die Frage, ob diese Zahlen überhaupt zu etwas nütze sind. Ich bin der Meinung: Nein. So zieht die Landesregierung Statistiken wie beispielsweise den Mikrozensus heran, um sie dann wieder zu verwerfen, wie sie das auf Seite 13 im Bericht macht, indem sie Zufallsfehler unterstellt. Auf diese Weise wird dem Fragesteller eine Gewissheit vorgegaukelt, die sich durch keine Zahlen belegen lässt.
Sogar die wenigen genauen Zahlen, denke ich, sind kritisch zu sehen. So weist der Bildungsminister auf seiner Internetseite ausdrücklich darauf hin, dass sich das SPRINT-Programm an Kinder mit und ohne Migrationshintergrund richtet. Benannt werden aber alle Teilnehmer, als ob alle einen Migrationshintergrund hätten. Das, denke ich, ist nicht seriös. Wir sollten uns einig sein, dass eine Förderung von Deutsch als Zweitsprache nicht deckungsgleich mit einer sprachheilpädagogischen Förderung ist.
Bei aller Kritik an statistischen Mängeln lassen sich aber durchaus Strukturen erkennen. Das will ich auch deutlich machen.
zu wenig Lehrkräfte mit Migrationshintergrund in den Schulen und zu wenig Begleiter oder Coaches mit Migrationshintergrund in den Arbeitsagenturen. Dieser Mangel sollte schleunigst beseitigt werden, um einerseits die Berufschancen für Migranten zu verbessern und andererseits die Programme zu optimieren, die einfach besser greifen, wenn die
Klienten mit Migrationshintergrund auf der anderen Seite mit Profis mit Migrationshintergrund sprechen können.
Zweitens. Die Berufsfachschulen bieten sehr erfolgreiche Angebote besonders für Jugendliche mit Migrationshintergrund an.
Drittens. Individuelle Förderprogramme verbessern die schulischen Perspektiven von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund. Vor diesem Hintergrund müssen wir aber über die Verstetigung der Förderung nachdenken. Projekte mögen in einer Erprobungsphase sachdienlich sein. Danach muss aber die individuelle Förderung, auch die individuelle Sprachförderung, Standard sein. Das soll heißen: Gute Beispiele aus der Praxis sind wichtig. Sie motivieren. Auch das ist wichtig. Wir brauchen aber einfach mehr Chancengerechtigkeit, mehr Chancengleichheit in unserem Bildungssystem und in unserer Gesellschaft insgesamt.
Für einen weiteren Beitrag erteile ich für die Landesregierung dem Herrn Minister Dr. Ekkehard Klug das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Klarstellung noch kurz eine Information: Die Kinder, die in den sprachlichen Intensivfördermaßnahmen, kurz SPRINT-Fördermaßnahmen, in ihrer Sprachentwicklung unterstützt werden - Frau Abgeordnete Spoorendonk hat sie eben angesprochen -, 2100 Kinder in jedem Einschulungsjahrgang mit einer entsprechenden intensiven Unterstützung ein halbes Jahr vor der Einschulung, setzen sich zusammen zu zwei Dritteln aus Kindern, die einen Migrationshintergrund haben. Ein Drittel der teilnehmenden Kinder hat keinen Migrationshintergrund, aber auch so geringe Kenntnisse in der deutschen Sprache, dass wir sie in die Förderung mit einbeziehen.
Es ist also keine Maßnahme, die speziell auf Kinder mit Migrationshintergrund ausgerichtet ist. Da aber zwei Drittel der teilnehmenden Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund stammen, ist dies natürlich eine Maßnahme, die insbesondere diesem Kreis als Unterstützung dient.
Herr Minister, vielen Dank, dass Sie mir die Gelegenheit geben, zu fragen. Frau Conrad hatte dargestellt, dass die Sprachförderung ausgebaut worden sei. Habe ich es falsch in Erinnerung, dass die Mittel einfach eingefroren worden und keine weiteren Mittel hinzugekommen sind?