- Das ist für mich nicht klar gewesen. Deshalb bitte ich um eine klare Ansage. Es tut mir leid. Ich habe wenige Stimmen gesehen. Ich habe nicht die gesamte Fraktion gesehen. Vielleicht kann die SPDFraktion einmal kurz ihr Abstimmungsverhalten ankündigen. - Herr Dr. Stegner, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das Missverständnis entstand, da nicht jedem klar war, dass es um den Änderungsantrag ging. Das ist jetzt klar. Da stimmt die SPD der Ausschussempfehlung zu.
Vielen Dank für diese Klarstellung, Herr Dr. Stegner. Damit haben wir eine Zustimmung zu der Ausschussempfehlung durch die Stimmen der Fraktionen von FDP und CDU sowie der Stimmen der Fraktion der SPD. Wer gegen die Ausschussempfehlung stimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist die Ausschussempfehlung angenommen.
Der Ausschuss empfiehlt weiter, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1893, abzulehnen. Wer dieser Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen von FDP, CDU und SSW. Die Gegenprobe! - Das sind die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Wer möchte sich enthalten? - Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Damit ist diese Ausschussempfehlung ebenfalls angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung zu c): Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW zur Änderung der Verfassung, Drucksache 17/2358. Der Ausschuss empfiehlt hier, den Gesetzentwurf abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von FDP und CDU. Die Gegenprobe! - Das sind die Stimmen von SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE. Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist der Gesetzentwurf gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
Wir kommen zur Abstimmung zu d): Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2351. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag anzunehmen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE. Wer stimmt gegen die Ausschussempfehlung? - Das sind die Stimmen der Fraktion der SPD. Enthaltungen? - Das sind die Stimmen der Fraktion des SSW.
Abstimmung zu e): Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/2352. Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag Drucksache 17/2352 anzunehmen. Wer für die Ausschussempfehlung ist und so beschließen will, bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von FDP, CDU und DIE LINKE. Die Gegenprobe! Das sind die Stimmen der Fraktion der SPD. Enthaltungen? - Die Fraktionen von SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthalten sich. Damit ist die Ausschussempfehlung angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich daher dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage „Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im Bildungssystem SchleswigHolsteins“ beschäftigt sich mit einem Thema, das sowohl Beachtung als auch genaues Hinschauen verdient. Dieses Hinschauen beginnt schon bei dem Begriff Migrationshintergrund. Es ist leider so, dass die hierzu aus den zurückliegenden Jahren zur Verfügung stehenden Daten und Statistiken auf un
einheitlichen und wechselnden Definitionen dieses Begriffes beruhen. Bereits 2010 hat eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung darauf hingewiesen, dass man auf diese Weise zu ganz unterschiedlichen Schlüssen im Hinblick auf die Bildungschancen kommen kann und dass es vor allem zu Fehlschlüssen führen kann, wenn man Daten oder Angaben, die auf unterschiedlichen Definitionen beruhen, miteinander vergleicht.
So hatte zum Beispiel die PISA-Studie des Jahres 2000 noch ein weitergehendes Verständnis von Migrationshintergrund als dann die PISA-Studie des Jahres 2003. Bei Kindern mit einem deutschen Elternteil verschwand praktisch der Migrationshintergrund von einer Studie zur nächsten. Dies wurde damit begründet, dass die Leistungen dieser Kinder „mit denen der einheimischen Bevölkerung weitgehend vergleichbar“ seien. Zugleich mussten sich also allein durch diese Veränderung in der Erhebungsmethode die durchschnittlichen Leistungen der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund laut Statistik verschlechtern. Der Hinweis auf solche Interpretationsschwierigkeiten gehört aus meiner Sicht zwingend dazu, wenn man sich mit der Antwort auf die Große Anfrage näher beschäftigt.
Das Thema, das diese Anfrage anspricht, ist eine der in Deutschland zentralen bildungspolitischen Herausforderungen. Dies gilt natürlich auch für unser Bundesland. Ich will kurz einen Blick auf die Einschulungszahlen richten. Etwa 24 % der Erstklässler haben einen Migrationshintergrund. Das heißt nach der aktuell gültigen Definition alle Kinder, die entweder im Ausland geboren wurden und danach zugewandert sind oder die als Ausländer in Deutschland geboren wurden oder die mindestens einen Elternteil haben, das zugewandert ist beziehungsweise als Ausländer in Deutschland geboren wurde.
Aus den jährlichen Sprachstandsuntersuchungen wissen wir, dass mehr als 15% der Grundschulkinder die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen. Damit fehlt ihnen eine zentrale Voraussetzung für einen erfolgreichen Bildungsweg. Das Sprachförderkonzept der Landesregierung setzt deshalb bereits in den Kindertageseinrichtungen an. Die dort begonnene Sprachbildung wird in der Schule systematisch fortgesetzt. Dafür gibt es die Deutsch-als-Zweitsprache-Zentren, für die wir landesweit rund 220 Lehrerstellen einsetzen.
Die wissenschaftliche Forschung und die Erfahrungen lehren, dass sich die Sprachförderung durchgängig über alle Stufen der schulischen Bildung er
strecken muss. Denn mit jeder weiteren Stufe der schulischen Bildung wachsen die Fachanforderungen, und damit wächst auch die Notwendigkeit, mit einem höheren sprachlichen Niveau fertig zu werden. Als erstes Bundesland haben wir daher Deutsch als Zweitsprache zu einem verpflichtenden Bestandteil der Lehrerausbildung für alle Fächer und Schularten gemacht. Auf diese Weise wollen wir künftig eine durchgängige Sprachbildung an allen Schulen gewährleisten.
Ich verweise noch auf einen aus meiner Sicht erfreulichen Punkt: Rund ein Viertel der Kinder mit Migrationshintergrund besuchen ein schleswig-holsteinisches Gymnasium. Das ist zwar deutlich weniger als bei den Kindern aus einheimischen Familien, aber es ist ein bundesweit vergleichsweise hoher Wert. Wenn man die westdeutschen Länder ohne Berlin betrachtet, liegt Schleswig-Holstein hier sogar auf Platz 1. Immerhin; aber selbstverständlich müssen wir den Anteil der Schülerinnen und Schüler aus Einwandererfamilien, die einen höheren Bildungsabschluss erreichen, weiter erhöhen. Das ist unser Ziel, das ist unsere Aufgabe.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns weiterhin genau hinschauen, wenn es um die Bildungschancen von Kindern mit Migrationshintergrund geht. Bildung ebnet den Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Bildung überwindet Grenzen auch innerhalb unserer Gesellschaft. Bildung hilft uns, die Herausforderungen unserer Zeit vom Fachkräftemangel bis zur Schuldenkrise mit allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern gemeinsam zu bewältigen.
Vielen Dank, Herr Minister. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Anke Erdmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Egal wo du geboren bist, egal welche Sprache deine Eltern sprechen, komm, wir geben dir Rückenwind. Das sollte unser Versprechen an alle Jugendlichen hier im Lande sein.
Jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein hat einen Migrationshintergrund, und die Tendenz ist steigend; wir haben es gehört. Bei den unter Dreijährigen ist es bereits jedes vierte Kind.
Die Große Anfrage in fünf Minuten - ich will mich auf zwei Aspekte konzentrieren, auf die Chancengerechtigkeit und auf die Fachkräfte. Aber zunächst ein Dank an das Team vom Bildungsministerium, das diese sorgfältige Antwort erarbeitet hat, in den Weihnachtsferien, wie ich mitbekommen habe. Also vielen Dank dafür.
Erstes Thema Chancengerechtigkeit: Überdurchschnittlich viele Jugendliche mit Migrationshintergrund gehen bei uns auf die Haupt- beziehungsweise Regionalschule und unterdurchschnittlich viele zum Gymnasium. Das finden wir möglicherweise nicht überraschend, aber warum eigentlich? Ich mache einmal einen Schwenk in eine Schule: Dortmund, Grundschule Kleine Kielstraße, das Umfeld von Arbeitslosigkeit und Hartz IV geprägt. 80 % der Jungen und Mädchen dort haben einen Migrationshintergrund.
Jetzt könnte man denken, dass diese Jungen und Mädchen schlechte Startchancen hätten. Nein, diese Schule funktioniert wie ein Trampolin. Der Trend zeigt aufwärts. Kein Kind an dieser Grundschule geht im Anschluss auf eine Hauptschule. 44 % der Kinder landen im Gymnasium. Auch wenn dieser Indikator Schwächen hat, so können wir diese Zahl als Hilfsindikator nehmen. Wir müssen sehen, was diese Zahl für unser Land bedeutet. Sie haben gesagt, dass wir im nationalen Vergleich nicht schlecht dastehen. Das stimmt. Man muss sich aber Ziele setzen. Der Anteil von 44 % der Kinder entspricht ungefähr unserem Landesdurchschnitt insgesamt. Wie viele unserer Jugendlichen mit Migrationshintergrund gehen auf ein Gymnasium? - Der Anteil liegt bei rund einem Viertel. Wir müssen also mit den Augen klauen.
Was macht diese stinknormale nordrhein-westfälische Grundschule so besonders? - Warum schaffen die das? - Wir wissen, dass Nordrhein-Westfalen ebenso wie Schleswig-Holstein durchschnittlich am wenigsten Geld pro Schülerin oder Schüler ausgibt. Das hat uns gestern das Statistische Bundesamt dargelegt. Im Vergleich zu den Bundeszahlen liegen wir weit unter dem Durchschnitt. Was also macht diese Schule so erfolgreich? - Das hat sehr viel damit zu tun, dass dort die Kunst der individuellen Förderung gelebt und umgesetzt wird. Das wird uns nicht in den Schoß fallen.
Ein zweiter Punkt sind die Fachkräfte. Hier haben wir einen echten Nachholbedarf. Herr Minister Klug, auf Seite 28 Ihres Berichts steht, wie wichtig es ist, dass Pädagoginnen und Pädagogen mit Migrationshintergrund da sind, weil diese oft einen besseren Zugang zu den Jugendlichen und ihren Familien haben.
Zu den Kita-Teams und den Lehrkräften legt die Antwort auf die Anfrage überhaupt keine Zahlen vor. Vielleicht suchen Sie sie gerade auf Ihrem Smartphone? - Das ist ein blinder Fleck, den wir beleuchten sollten. Die einzige Orientierung für die Fachkräfte, die wir haben, ist der Anteil von 5 % bei den angehenden Kita-Kräften, die sich zurzeit in den Berufsschulen befinden. Dieser Anteil von 5 % aber ist viel zu gering, auch wenn Ihnen dieser Anteil ausreicht. Wir wissen, wie wichtig es ist, dass es gute Rollenvorbilder gibt. Das ist auch sehr wichtig für die Elternarbeit und die Sprachkompetenz.
Ich mache noch einen Schwenk in die Kita-Praxis, zur Kita Mosaik in Kiel-Gaarden. Drei Viertel der Kinder dort haben einen Migrationshintergrund. Sie wachsen zwei- oder mehrsprachig auf. Hier wird konsequent auf Mehrsprachigkeit gesetzt. Ein Drittel der Mitarbeiterinnen spricht zwei oder mehr Sprachen. Das Ergebnis sind ein guter Spracherfolg, eine intensive Elternarbeit und starke Kinder. Bei meinem Besuch dort habe ich etwas Interessantes erlebt. Wenn die Kinder zählen, dann hört man ganz viele Sprachen: Türkisch, Kurdisch, Russisch, Arabisch, Polnisch und, und, und. Wenn sich die Kinder aber begrüßen, dann klingt das wie eine „Flens-Werbung“. Man hört dann: Moin, Moin! Das zeigt, wie wichtig es ist, hier mit neuen Konzepten voranzugehen. So kann es gehen.
Herr Minister, Sie selbst verweisen darauf, dass man mehr Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund gewinnen muss. Sie verweisen auf die „ZEIT-Stiftung“. Herr Minister, ich weiß nicht, ob Sie der Debatte noch folgen. - Ich hebe noch einmal das Thema Staat hervor. Dieses Thema ist ein gutes Beispiel, aber es wirft auch ein Schlaglicht. Ich mache eine ganz grundsätzliche Bemerkung: Viele der guten Initiativen im Bereich von Bildung und Migration gehen von Stiftungen aus. Unsere Aufgabe muss es sein, zu erreichen, dass diese guten Initiativen nicht nur die Körner auf dem Brötchen sind, sondern die Hefe im Brot. Dazu muss es kommen.
Wir dürfen uns mit dem jetzigen Zustand nicht zufriedengeben. Hier sind wir uns - so glaube ich - alle einig. Egal wo du geboren bis, egal welche Sprache deine Eltern sprechen; wir geben dir Rückenwind! Das soll unser Versprechen sein. Wir sind auf dem Weg, aber der Weg ist noch lang.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich mich beim Bildungsministerium und insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die sich mit viel Kleinarbeit damit herumgeschlagen haben, diese Große Anfrage zu beantworten. Ich finde, es ist eine gute Antwort geworden. Dafür sage ich ganz herzlich Dank.
Meine Damen und Herren, es ist ganz deutlich geworden, dass die Beantwortung keine leichte Aufgabe war, weil die Datenbasis die Beantwortung sehr schwierig macht. Obwohl wir nicht auf eine klare Datenlage zurückgreifen können, bin ich davon überzeugt, dass uns die Antworten auf die Große Anfrage einen guten Überblick darüber bieten können, was das Land Schleswig-Holstein bisher unternommen hat, um junge Menschen mit Migrationshintergrund in unseren Kindertagesstätten und Schulen sowie in unseren Hochschulen zu fördern.
Diese Kinder stellen uns vor eine besondere Herausforderung. Sie bringen andere kulturelle Wurzeln und immer auch eine andere Muttersprache mit. Für die Kindertagesstätten, die Schulen, die Ausbildungsbetriebe und die Hochschulen bedeutet das aber nicht nur eine zusätzliche Belastung, wie man es vielleicht vermuten könnte, sondern wir müssen das auch als eine zusätzliche Bereicherung unserer Gesellschaft verstehen.