Wir sind uns der besonderen Pflicht des Landes bewusst, die in Artikel 9 Abs. 3 der Landesverfassung festgehalten ist. Zugleich haben wir durch die Schuldenbremse auch eine weitere verfassungsrechtliche Verpflichtung. Jede Fraktion dieses Landtags und künftiger Landtage ist an beides gebunden. Daher müssen wir versuchen, beide Vorgaben bestmöglich in Einklang zu bringen.
Ich hege die Hoffnung, dass in der nächsten Wahlperiode im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen eine neue Initiative gestartet wird.
„Die Förderung der Kultur einschließlich des Sports, der Erwachsenenbildung, des Büchereiwesens und der Volkshochschulen ist Aufgabe des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände.“
So steht es in Artikel 9 unserer Landesverfassung. Trotzdem wird das Unterhalten einer Bücherei oft als freiwillige Leistung einer Kommune eingestuft, und in Zeiten knappen Geldes werden vielerorts die Zuwendungen gekürzt.
Das ist eine miserable Situation. Für Büchereien wie auch für andere kommunale Bildungsinstitutionen ist es wichtig, berechenbare Perspektiven zu haben. Diese Berechenbarkeit gibt es durch feste
rechtliche Rahmenbedingungen wie ein Bibliotheksgesetz. Ein Gesetz allein garantiert diese aber noch nicht. Wir sehen es am Archivgesetz, das nur auf dem Papier eine Verpflichtung enthält. Wichtig ist, dass wir die Kommunen finanziell so ausstatten, dass sie ihre Aufgaben auch erfüllen können.
(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])
Dazu hatten wir in dieser Wahlperiode schon viele Debatten. Als Fazit bleibt, dass die Landesregierung zwar die Konsolidierung des Landeshaushalts auf den Weg gebracht hat - für uns jedoch mit falschen Schwerpunktsetzungen -, sie hat aber das, was sie dort ansatzweise aufgebaut hatte, mit ihren Entscheidungen im Bundesrat wieder eingerissen.
Es entstanden Steuerausfälle von weit mehr als 100 Millionen €, die im Land, aber auch in den Kommunen fehlen. Mit dem Bibliotheksgesetz werden die Kommunen aber finanziell in die Pflicht genommen. Da liegt für uns der Grund, warum wir bei diesem Gesetz - zumindest noch nicht - mitgehen können. Es fehlt die Kostenfolgeabschätzung. Diese muss aber gemacht werden, um zu wissen, für wen Kosten in welcher Höhe entstehen. Im Vorwort des Gesetzentwurfs steht zwar, dass sich die zu erwartenden Kosten für die öffentliche Hand nicht wesentlich ändern werden, weil das Gesetz im Wesentlichen auf eine Bestandssicherung abzielt. Diese Aussage ist aber für uns zu vage, um dem Gesetzentwurf zustimmen zu können, zumal im § 13 eine Globalförderung durch das Land festgeschrieben wird, die auch einer Dynamisierung unterliegen soll.
Eine andere ungeklärte Frage ist, ob durch den Gesetzentwurf Konnexität ausgelöst wird. In der Anhörung wurde dies von einigen vorgebracht. Vor allem, weil die Kreise neu in die Pflicht genommen werden, könnte Konnexität ausgelöst werden. Insgesamt aber bleibt, dass wir ein Bibliotheksgesetz wollen und brauchen, um das Bibliothekswesen in unserem Land zu stützen. Die Büchereien leisten wichtige Bildungsarbeit - schon bei den Jüngsten. Sie führen Kita- und Schulkinder an das Lesen heran. Deshalb ist es ein guter Ansatz, dass Bibliotheken und Schulbibliotheken miteinander kooperieren sollen.
Wir müssen auch die Finanzierung der Bibliotheken auf eine breitere Basis stellen. Die Gemeinden ohne Büchereien nutzen das Angebot der größeren Kommunen oft, ohne sich daran zu beteiligen. Dort müssen wir die Finanzierungsstrukturen hinterfra
gen und Lösungen finden. Das gilt auch für andere Angebote der großen Kommunen wie Schwimmbäder oder Volkshochschulen. Hierzu liefert der Gesetzentwurf mit der mittelbaren oder unmittelbaren Unterhaltung von Bibliotheken für den Bereich der Bibliotheken einen Vorschlag, über den wir auch in anderen Bereichen nachdenken sollten.
Zum Pflichtexemplarrecht schlägt der Gesetzentwurf einen gangbaren Weg vor. Wir sehen es als wichtig an, die Position der Bibliotheken in der Bildungslandschaft zu sichern.
Wir sehen diesen Gesetzentwurf auch als eine gute Basis für eine nächste Landesregierung, dieses Ziel zu erreichen. Wegen der noch ungeklärten Fragen, vor allem im Finanzierungsbereich, können wir ihm noch nicht zustimmen. Wir werden uns enthalten.
„danken dem SSW ausdrücklich für diesen Gesetzentwurf. Er beinhaltet die grundlegenden und wichtigsten Forderungen der betroffenen Fachverbände, er stellt die Zukunft der Bibliotheken im Land unter Berücksichtigung der spezifischen Zustände in Schleswig-Holstein sicher, und er weist den Weg zum Ausbau des Bibliothekswesens mit klaren Regelungen zu dessen Finanzierung.“
Das war - Sie verzeihen mir, dass ich es nicht vorher gesagt habe - ein Zitat aus dem Jahr 2010, als wir zum ersten Mal über dieses Gesetz diskutiert haben. Der Abgeordnete Jezewski hat das zu diesem Zeitpunkt hier vorgetragen.
- Ich hätte es auch nicht gemerkt, wenn ich mir die Rede nicht rausgeholt hätte. Wenn ich die Reden der damaligen Diskussion nicht durchgelesen hätte,
hätte ich wahrscheinlich auch nicht gemerkt, dass sich die Beiträge der bisherigen Redner und wahrscheinlich auch derer, die nach mir kommen, sehr ähneln. Das ist für mich ein Zeichen dafür, was eigentlich passiert ist und was Art dieser Regierung ist: Es ist nämlich nichts passiert. Wir haben das Gesetz im Ausschuss behandelt. Es sind Änderungen eingefügt worden. Aber im Grunde genommen sind wir, nachdem wir die ganze Arbeit gemacht haben, am gleichen Punkt, an dem wir im Juli 2010 auch schon gestanden haben. Das ist die Art, in der in diesem Lande in den letzten zweieinhalb Jahren Kulturpolitik gemacht wurde.
Ich fasse mich kurz. Das ist nicht nur beim Bibliothekswesen so. Wir haben nicht viel anderes erlebt bei der Gedenkstättenarbeit. Wir haben nicht viel anderes erlebt bei der Soziokultur. Wir haben nicht viel anderes erlebt bei den Theatern in diesem Land. Und, und, und. Das ist das, was mir so leid tut.
Ich habe damals elf Punkte aufgeführt, die wichtig sind, die nicht nur nach Ansicht der LINKEN, sondern auch der Fachverbände bei einem Bibliotheksgesetz wichtig sind. All diese Punkte sehen wir in dem Gesetzentwurf, den der SSW vorgelegt und den wir gemeinsam modifiziert haben, erfüllt. Wir haben damals schon über die Finanzierung gesprochen. Ich muss jetzt nicht wieder die Leier von der Schuldenbremse bringen, der Sie alle zugestimmt haben. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, uns um die Finanzierung zu kümmern, wie die Grünen das angemahnt haben. Die Bereitschaft wäre da gewesen. Es ist nichts passiert.
Die Fraktion DIE LINKE war damals davon überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf zu einem Gesetz über das Bibliothekswesen hätte führen können, mit dem sowohl die Bibliothekarinnen und Bibliothekare, als auch die Nutzerinnen und Nutzer, als auch die Politikerinnen und Politiker in den Kommunen und im Land sehr zufrieden hätten sein können. Wir hätten stolz darauf sein können, etwas zustande gebracht zu haben, was die Menschen von uns erwartet haben. Unter Führung von CDU und FDP haben wir auch das wieder einmal nicht geschafft.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mittlerweile zwei Jahre her, dass der SSW den Entwurf eines Bibliotheksgesetzes in den Landtag einbracht hat. Die Debatte damals war konstruktiv, wie man so schön sagt, und auch die heutige Debatte ist so verlaufen. Sie macht deutlich, dass es nicht einfach sein wird, eine Mehrheit für ein Bibliotheksgesetz zu bekommen. Alle sehen die Notwendigkeit. Alle sprechen gute Worte, aber das wird nicht reichen. Die umfangreiche schriftliche Anhörung belegt die Notwendigkeit für ein solches Gesetz. Das Gleiche gilt für die mündliche Anhörung. Das Ergebnis der Anhörungen war wenig überraschend: Alle Fachleute sagten, es sei notwendig, dass wir in Schleswig-Holstein ein Bibliotheksgesetz bekommen, während nicht zuletzt die kommunale Familie Kostengründe als Argument gegen ein Bibliotheksgesetz ins Spiel brachte.
Bemerkenswert fand ich die Aussage des Landesrechnungshofs, dass wir auch ohne ein Gesetz auskommen können, weil unser jetziges Bibliothekssystem ja schon mit Geld unterfüttert und es falsch sei, dieses Geld den Bibliotheken vorzuenthalten. Ich fand, das war ein konstruktiver Ansatz. Ich glaube nicht, dass das reichen wird, was aber ein Argument dafür, dass wir Geld im System haben. Darum noch einmal die Aussage, dass es keine Kostenexplosion geben wird.
Das ist genau der springende Punkt: Bibliotheken sind bisher keine finanzielle Pflichtaufgabe, aber schon längst eine politische Pflichtaufgabe unserer Kommunen. Diese Feststellung wird für den Erhalt unserer Büchereien nicht reichen.
Nicht nachvollziehbar sind daher für mich die vom Bildungsministerium zusammengestellten Kosten, die ein Bibliotheksgesetz mit sich bringen würde. Diese Kostenschätzung wurde in der vorletzten Bildungsausschusssitzung vorgelegt. Dass ich mit dieser Einschätzung nicht alleinstehe, zeigt auch die deutliche Reaktion des Büchereiverbandes.
Die Folgen dieses Entscheidungsvakuums sind heute deutlicher denn je: Bibliotheken werden geschlossen, und überall im Land versuchen Kommunen, aus Bibliotheken ehrenamtlich organisierte Büchersammlungen zu machen. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich spreche mich nicht gegen Fördervereine oder Freundeskreise für Bibliotheken aus. Aber solche Initiativen sind eben nicht geeignet,
Beispielhaft sei hier die Entwicklung im Kreis Schleswig-Flensburg genannt, wo sich der Kreis Ende 2011 aus der Finanzierung der Bibliotheken verabschiedet hat. Gut 150.000 € jährlich wollte man dadurch einsparen. Die Aufregung war groß. Seitdem versuchen die Kommunen mehr schlecht als recht, mit diesen Kürzungen klarzukommen. Wo es gut läuft, geschieht eine Übernahme durch die Stadt oder die Gemeinde. Wo man sich über die Kostenfrage nicht einigen kann - wie zum Beispiel in Glücksburg -, kommt es zu heftigen Streitereien und Auseinandersetzungen. Die Menschen wollen die Bücherei. Aber man hat immer noch nicht begriffen, dass es kein Luxus ist, eine Bücherei vorzuhalten, sondern knallharte Bildungsförderung.
Das muss man vielerorts auch den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern leider noch deutlich machen.
Daher noch einmal: Wissen ist eine zentrale Ressource für uns in Schleswig-Holstein. Vermittlungsinstanzen für Wissen sind neben Schulen und Hochschulen auch die Bibliotheken. Sie gewähren ihren Nutzerinnen und Nutzern unabhängig von deren Bildungsgrad, Vorbildung oder Staatsangehörigkeit aktuelle Informationen zu allen Themen. Auf diese Weise fungieren Bibliotheken im besten Sinne des Wortes als Pfadfinder in der modernen Datenwelt, die unerfahrene Nutzer schnell überfordern kann. Bibliotheken öffnen Horizonte.
Gerade vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung unserer Informationsgesellschaft müssen wir feststellen, dass es nicht nur eine Kluft zwischen Arm und Reich gibt, sondern auch eine Kluft zwischen informierten und nicht informierten Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht die Möglichkeit haben, sich das anzueignen, was notwendig ist. Genau deshalb brauchen wir verstärkt die Bibliotheken.
Wir haben unseren Gesetzentwurf in einer Reihe von Punkten geändert. Das sind Änderungen - das ist schon gesagt worden -, die vom Büchereiverein vorgeschlagen worden sind. Dazu stehen wir. Wir haben einiges abgemildert. Gleichwohl bleibe ich dabei, dass wir in Schleswig-Holstein mehr denn je ein Bibliotheksgesetz brauchen.
Letzte Bemerkung - weil mir wieder einmal die Zeit davongelaufen ist -: Ich bedanke mich bei meinen Vorrednerinnen und Vorrednern, nicht zuletzt auch bei dem von mir sehr geschätzten Kollegen Wilfried Wengler. Wilfried, ich werde dich in der neuen Legislaturperiode vermissen. Alles Gute!