Protocol of the Session on April 25, 2012

Arroganz ist, wenn man sagt, man sei selber schlau und alle 15 anderen seien doof und nicht, wenn man kritisiert, was Sie hier tun.

Und hier von einer Rechtsauffassung in der Form zu reden, wie Sie das gemacht haben, Herr Minister, das richtet sich selbst.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Stegner, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, dass ich dem Kollegen helfen will, mit seiner nachparlamentarischen Existenz fertig zu werden, deshalb ist es besser, er kann sich hier nicht noch produzieren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welche Arro- ganz! - Weitere Zurufe)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf in der Drucksache 17/2508 sowie den Antrag in der Drucksache 17/2407 und den Änderungsantrag in der Drucksache 17/2524 als selbstständigen Antrag dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 45 auf:

(Minister Klaus Schlie)

Chancen der EU-Fischereireform 2013 für Schleswig-Holstein nutzen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2162

Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses Drucksache 17/2349 (neu)

Ich erteile dem Berichterstatter des Umwelt- und Agrarausschusses, Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Umwelt- und Agrarausschuss empfiehlt dem Landtag im Einvernehmen mit dem Europaausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktionen von SPD und SSW, den Antrag, Drucksache 17/2162, abzulehnen und mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und SSW bei Enthaltung der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, den aus der Drucksache 17/2349 (neu) ersichtlichen Antrag zu übernehmen und ihm zuzustimmen.

Gibt es noch Wortmeldungen zu dem Bericht? Das ist nicht der Fall. Damit eröffne ich die Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Jörg Nickel das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur wenn es den Fischen gut geht, kann es auch den Fischern gut gehen. Das ist eine Binsenweisheit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trotzdem gelingt es uns nicht, die Fischbestände in Europa so zu bewirtschaften, dass diese stabil bleiben und so auch künftigen Generationen als Erwerbs- und Nahrungsgrundlage dienen können.

Ich freue mich, dass der Ausschuss weitgehend unserem Antrag gefolgt ist. Leider können wir dem Änderungsantrag von CDU und FDP nicht zustimmen. Bei Meeresschutzgebieten geht es doch gerade darum, den Zustand dieser Gebiete wieder zu

verbessern. Nicht immer wird man im Einzelfall jeden schädlichen Einfluss der Fischerei beweisen können. Dafür ist einfach der Forschungsaufwand zu hoch. Es ist doch aber naheliegend, dass ein Schutzgebiet, in dem keine Fischereifahrzeuge unterwegs sind, sich ungestörter erholen kann, als wenn es regelmäßig von Grundschleppnetzen durchpflügt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Nichtsdestotrotz möchte ich trotzdem die Gemeinsamkeiten unserer Anträge betonen. Es geht um viel. Die Fischereipolitik hat Auswirkungen auf die Fischbestände in Nord- und Ostsee, auf die gesamte Meeresökologie, auf die Einkommenschancen der Fischer und damit auch auf das Gesicht unserer Hafenstädte und den Tourismus. Die Fischereipolitik in Europa wird jetzt reformiert. Der Gesetzentwurf der Kommission liegt auf dem Tisch. Jetzt haben wir die Möglichkeit, Stellung zu beziehen und auf die Positionierung der Bundesregierung Einfluss zu nehmen. Die bisherige Fischereipolitik ist zu Recht in der Kritik. Fischereiwissenschaftler geben Empfehlungen für Fangquoten ab, die aber regelmäßig von den Fischereiministern missachtet werden. Gesunde Fischbestände sind die Grundlage jeder Fischerei. Daher scheint sich inzwischen auch bei der EU-Kommission die Einsicht durchgesetzt zu haben: Wir entziehen der Fischerei weltweit den Boden, wenn wir mit dem Raubbau so weitermachen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Ein einziger europäischer Fischtrawler, der vor Mauretanien das Meer plündert, kippt so viel Beifang ins Meer, dass in Mauretanien 30.000 Menschen ein ganzes Jahr versorgt werden könnten. Das sind unhaltbare Zustände, und das müssen wir ändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Ranka Prante [DIE LINKE])

Die EU-Kommission hat zur Situation der Fischbestände eine Analyse gemacht. Darin heißt es, dass 88 % der Fischbestände in den Gewässern der EU überfischt seien. 88 % - und das sagt die EUKommission, nicht Greenpeace. Auch wenn sich die Situation in Nord- und Ostsee für einige Bestände, wie offenbar den Hering, entspannt hat, ist das kein Grund, sich zurückzulehnen. Vor allem darf es nicht heißen, Empfehlungen, die Quoten aufzu

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

stocken, sofort umzusetzen, aber Empfehlungen, die Quoten herabzusetzen, zu ignorieren.

Hier ist nicht die Zeit, alle unsere Vorschläge zu erläutern. Drei Aspekte möchte ich aber hervorheben, die für Schleswig-Holstein von besonderem Interesse sind. Zum einen ist dies der Konflikt zwischen Fischerei und Naturschutz in den Meeresschutzgebieten. Wir müssen dafür Lösungen entwickeln. Es darf nicht sein, dass geschützte Arten wie der Schweinswal aus den eigens für ihren Erhalt eingerichteten Schutzgebieten verdrängt werden. Zum anderen liegt uns der Erhalt der handwerklichen Küstenfischerei am Herzen. Sie ist ein identitätsstiftendes Merkmal vieler Küstenorte, wichtig für den Tourismus und sichert so auch Menschen jenseits der Fischerei ein Auskommen. Um die Küstenfischerei langfristig absichern zu können, müssen die Fischer aber von ihrer Arbeit leben können. Von 1,30 € pro Kilogramm Krabben kann kein Fischer leben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Ein Weg aus dieser Misere wäre: bessere Vermarktungsmöglichkeiten für die Fischer, indem ihre Stellung gegenüber dem Handel gestärkt wird. Zum Dritten haben wir in den deutschen Natura-2000-Gebieten die absurde Situation, dass manche Einschränkungen für die Fischerei nur für deutsche Schiffe gelten, nicht aber für die anderen, zum Beispiel für dänische Fischer. Das müssen wir dringend ändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der LINKEN)

Nur wenn wir behutsam mit dem Meer und seinen Ressourcen umgehen, können wir langfristig das erreichen, was wir alle wollen: Gesunde Meere, sichere Beschäftigung für die Fischerinnen und Fischer und leckeren Fisch.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Klinckhamer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es gibt fast keinen Bereich, in dem eine solch große Übereinstimmung unter allen

Fraktionen existiert wie bei dem Thema Fischerei. Da wundert es mich schon, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN plötzlich ihr Herz für die Fischerei entdecken. Ich frage mich nur, warum Sie in den letzten Jahren auf kaum einer Veranstaltung der Fischereiverbände präsent gewesen sind. Da hätten Sie Ihren Fischern Ihre vermeintliche Unterstützung auch konkret und direkt mitteilen können.

Die Fischerei ist ein Bereich, in dem das Land nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten hat, weil die wesentlichen Weichen in Brüssel gestellt werden. Für uns kommt es vor allem darauf an, dass wir in Berlin und in Brüssel durch unsere Ministerin Frau Dr. Rumpf gut vertreten werden. Ich füge hinzu: Das werden wir.

(Beifall bei der CDU)

Schleswig-Holstein hat in Sachen Fischerei den Schulterschluss der norddeutschen Küstenländer hergestellt und nach dem Motto organisiert: Gemeinsam sind wir stark.

Nur einige wenige Anmerkungen zum Antrag. Bei einer Vielzahl der Punkte gibt es große Übereinstimmungen beziehungsweise sie sind unstrittig zwischen Bund und Land. Im Folgenden werde ich kurz einige Punkte, zu denen bereits Konsens besteht, beispielhaft erwähnen: langfristige Bewirtschaftungspläne mit begrenzten Fangmengen basieren auf wissenschaftlichen Empfehlungen; das zentrale Rückwurfverbot von Beifängen, um sinnloses Sterben zu beenden - hier halten wir allerdings eine Modifizierung für Krabbenfischer beim Plattfischbeifang für erforderlich -; Mindestanforderungen an das bereits auf dem Markt befindliche Nachhaltigkeitssiegel; Reduzierung der Vorschriftendichte gegen immer mehr Verwaltungs- und Kontrollaufwand.

Dennoch haben wir kleine Änderungen vorgenommen. Ihren Punkt zwei haben wir abgelehnt. Mit uns gibt es kein weiteres Zurückdrängen der Fischerei, weil es keine Grundlage dafür gibt. Nachhaltige Fischerei genießt für uns Bestandsschutz. Diese Ziffer würde nur dazu führen, längst verschüttet geglaubte alte Gräben der unseligen Schützer-Nutzer-Diskussion neu aufzureißen.

Bei der neuen Ziffer 12 halten wir Klarstellung für erforderlich. Unter Buchstabe f) sehen wir es als erforderlich an, Zuschüsse für Modernisierungszwecke zu gewähren, wenn damit mehr Schiffssicherheit und Energieeffizienz erreicht werden. Ich möchte den Grünen noch einmal ins Gewissen reden: Sie müssen schon die Fakten zur Kenntnis nehmen.

(Dr. Jörg Nickel)

So war zum Beispiel der Inhalt Ihres dritten Spiegelstrichs bereits Gegenstand der Agrarministerkonferenz in Suhl am 28. Oktober 2011. Dort konnte unsere Agrar- und Fischereiministerin, Frau Dr. Rumpf, den Erfolg einer schleswig-holsteinischen Initiative verzeichnen. Unter allen Ministern herrschte Einigkeit darüber, in welcher Form die Fischerei in Natura-2000-Gebieten fortgesetzt werden kann. Dies sollten auch die Grünen zur Kenntnis nehmen.

Die Probleme der Fischerei sind bundesweit identisch, aber für Schleswig-Holstein, das Land zwischen den Meeren, hat die Fischerei eine besonders große Bedeutung. Die Fischerei ist aus SchleswigHolstein und den anderen Küstenländern nicht wegzudenken. Zudem hat sie einen großen Wert für unsere Volkswirtschaft, und zwar weit über die Fischerei hinaus. Was wären zum Beispiel unsere Küstenstädte unter dem Gesichtspunkt des Tourismus ohne unsere handwerkliche, familiengeführte Fischerei?

Was unsere Fischerei braucht, sind Zukunft und Perspektive, und zwar nicht nur für das laufende Jahr, sondern für mindestens ein Jahrzehnt und darüber hinaus. Was wir brauchen, ist eine mittelständische Fischerei, die in der Lage ist, von ihrem Beruf zu leben. Wo gesunde Voraussetzungen mit einem nicht überspannten bürokratischen Aufwand vorherrschen, werden wir sicher sein können, dass die Kinder die Betriebe ihrer Eltern weiterführen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeorneten Bernd Schröder das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin, ich bedanke mich für das exzellente Timing, durch das bei meinem eventuell letzten Redebeitrag nach 16 Jahren Parlamentszugehörigkeit auf der Tribüne Besucherinnen und Besucher aus Pinneberg sitzen. Besser kann man das nicht hinbekommen.