Protocol of the Session on April 25, 2012

Warum haben wir Liberale uns bereits in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, und warum wurde das auch Bestandteil des Koalitionsvertrages zwischen CDU und FDP? - Mit dem niedersächsischen Modell einer öffentlich-rechtlichen Zuwendungsstiftung, das dem Eckpunktepapier zugrunde liegt, wird der Hochschule ermöglicht, dass sie auch weiterhin Landesförderung erhält, im Gegensatz zu heute jedoch auch zusätzliche Gelder von Dritten wie beispielsweise von Privatpersonen - erhalten kann. Dies soll nicht mit der Landesfinanzierung gegengerechnet oder verrechnet werden, sondern dient der Verbesserung der finanziellen Situation von Forschung und Lehre vor Ort.

Als FDP-Fraktion unterstützen wir eine starke Autonomie der Hochschulen. Mit dem Modell der Stiftungsuniversität erreichen wir genau diese besondere Form in Lübeck.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Die Universität erhält eine starke Finanzautonomie und gleichzeitig die Dienstherrenfähigkeit. Auch die Gremienstrukturen einer allgemeinen Hochschule werden sich in einer Stiftungsuniversität widerspiegeln. Dass die Strukturen einer Stiftungsuniversität für alle positiv zu einer größeren Autonomie der Hochschule führt, belegt bereits der CHEBericht aus dem Jahr 2008, der die Modelle der Stiftungsuniversitäten geprüft hat.

Ich bin davon überzeugt, dass das Modell einer Stiftungsuniversität gerade in Lübeck Aussicht auf Erfolg haben wird. Heute schon gibt es in Lübeck ein ausgesprochen gutes Stiftungswesen. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt identifizieren sich mit ihrer Hochschule, und auch die Studierenden und die ehemaligen Studierenden der Lübecker Universität hegen eine enge Verbindung zu ihrer

(Martin Habersaat)

Hochschule. All dies sind sehr gute Voraussetzungen, damit wir den Hochschulstandort in Lübeck nachhaltig stärken können.

Das Schreckgespenst, das gern gezeichnet wird, dass mit der Umwandlung gleichzeitig auch Studiengebühren eingeführt werden, wollen wir heute in dem gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und Grünen noch einmal entkräften.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Vergangene Woche haben die hochschulpolitischen Sprecher des Hauses dieses bereits gemeinsam auf der Podiumsdiskussion an der Universität zu Lübeck getan. Wir haben dieses entkräftet. Doch manchmal sind der Worte vielleicht nicht genug gewechselt, und so wollen wir dies auch heute noch einmal in unserem Abstimmungsverhalten hier im Plenum dokumentieren.

Eine öffentlich-rechtliche Zuwendungsstiftung heißt nicht, dass die Universität zu Lübeck privatisiert wird. Auch heute wurde dieses wieder von der Fraktion DIE LINKE irreführend behauptet. Herr Thoroe, ich empfehle Ihnen, sich mit den unterschiedlichen Modellen einer Stiftungsuniversität auseinanderzusetzen.

(Günther Hildebrand [FDP]: Es ist nutzlos! Das brauchst du nicht bei dem! - Zuruf der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

- Vielleicht in der Zeit nach der Legislaturperiode. Dann hat er ein bisschen mehr Zeit. Er wird feststellen, dass bei den öffentlich-rechtlichen Zuwendungsstiftungen keine Privatisierung in der von ihm genannten Form vollzogen wird.

Herr Habersaat, es ist bezeichnend, dass Sie und die SPD den Hochschulen eine stärkere finanzielle Autonomie einfach nicht zutrauen. Das haben Sie in Ihrem Redebeitrag insofern geäußert, als Sie sagten: Wenn es Landesmittel für die Hochschulen gibt, dann müssen diese auch von der Landesseite geregelt werden. Nach Ihren Aussagen trauen Sie es der Hochschule nicht zu, dass sie dies vor Ort gut kann. Vor Ort kann oftmals besser entschieden werden, was für die Hochschule gut ist.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Wie ich Ihrem Unmut entnehme, scheint dies nicht so zu sein. Herr Habersaat, ich fordere Sie auf, unserem Antrag zuzustimmen, wenn auch Sie

für eine starke Finanzautonomie der Hochschulen in Lübeck stehen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Rasmus Andresen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem CDU und FDP bei den Beratungen zum Doppelhaushalt der Uni Lübeck frontal ins Gesicht geschlagen haben, scheint nun auch die Fraktion DIE LINKE wenig von einem direkten Dialog mit der Universität Lübeck zu halten. Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag, dass die Pläne zur Stiftungsuniversität unverzüglich gestoppt werden. An der Universität arbeiten allerdings viele Leute aus eigenem Antrieb an dem Projekt Stiftungsuniversität.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein schlechter politischer Stil, die Akteure vor Ort nicht ernst zu nehmen und par ordre de mufti durch Parlamentsbeschluss in der letzten Landtagstagung eine konstruktive Debatte auf dem Hochschulcampus verhindern zu wollen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

- Frau Jansen, wenn Sie in der Debatte sagen, die Stiftungsuni sei böse und wenn Sie darüber keine Debatte führen, dann fördern Sie nicht die unterschiedlichen Positionen, die es in Lübeck in dieser Frage gibt. Herr Schippels, wir stehen heute nicht vor der Frage, ob wir für oder gegen eine Stiftungsuniversität sind. Das entscheidet der nächste Landtag höchstwahrscheinlich in einem Gesetzgebungsprozess. Wir stehen aber vor der Frage, ob wir in der Lage sind, endlich einmal gemeinsam mit allen Akteuren der Hochschule den Hochschulstandort zu gestalten und weiterzuentwickeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Martin Habersaat [SPD])

Wir Grüne haben in dieser Legislatur mit weiten Teilen der Universität Lübeck auch in der Frage der Stiftungsuniversität einen konstruktiven Dialog begonnen. Es muss oberste Aufgabe des Landes sein,

(Kirstin Funke)

die Zukunft der Hochschulen abzusichern. Wir Grüne sagen ganz deutlich: Eine mögliche Stiftungsuniversität darf für das Land keine Ausrede sein, um sich aus der Finanzierung von Forschung und Lehre zu ziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir stehen aber auch für mehr Hochschulautonomie. Deshalb begrüßen wir es, dass die Bau- und Dienstherrenfähigkeit auf die Universität übertragen werden soll. Man kann es in unserem Wahlprogramm nachlesen, dass wir diesen Schritt im Übrigen für alle Hochschulen im Land wollen. Die Uni Lübeck könnte als Stiftungsuniversität Vorreiter sein.

Natürlich gibt es aus grüner Sicht auch kritische Punkte im Zusammenhang mit einer Stiftungsuniversität. Gerade deshalb wollen wir einem Gesetz zur Stiftungsuniversität nur zustimmen, wenn es in allen Gruppen der Universität dafür eine Mehrheit gibt. So steht es auch in unserem Antrag. Wir legen für die Stiftungsuniversität dieselben Kriterien zugrunde wie bei allen anderen Hochschulen auch. Wir wollen eine Stiftungsuniversität mit paritätischer Mitbestimmung aller Hochschulgruppen. Für uns ist gerade in einer Stiftungsuniversität unerlässlich, dass man die innere Struktur der Hochschule demokratischer gestaltet, als es bisher im Hochschulgesetz für alle Hochschulen vorgesehen ist.

Wir stehen als Grüne für die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre. Das darf sich auch in einer Stiftungsuniversität nicht ändern. Es gibt sehr unterschiedliche Modelle dafür, wie Stiftungsuniversitäten ihrer Struktur nach aufgebaut sein können. Frau Funke hat dies angesprochen. Wir lehnen beispielsweise Gremien mit einer übermäßigen externen Besetzung und einem entscheidenden Stimmgewicht von Externen ab. Wir wollen auch nicht, dass sich die Stiftungsuniversität auf Kosten der Studierenden finanziert. Deshalb mache ich es hier noch einmal deutlich: Wir lehnen die Einführung von Studiengebühren auch für eine mögliche Stiftungsuniversität ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist möglich, bis 2014 ein Gesetz zu verabschieden. Daran glauben wir. Ich habe es eben schon erwähnt: Es wird in der neuen Legislatur darum gehen, mit allen Beteiligten offen über die vielen kritischen Punkte, die auch wir sehen, und über die vielen guten Verbesserungen zu diskutieren.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir es geschafft haben, andere Fraktionen in diesem Haus von dieser Linie zu überzeugen. Zur SPD möchte ich noch einen Satz sagen: Herr Habersaat, Sie haben ganz viele Kriterien für eine Stiftungsuniversität genannt, die gut zu dem passen, was auch wir als Kriterien anlegen. Allerdings stehen diese zu einem großen Teil auch in unserem Antrag. Wenn Sie sich jetzt in guter alter SPD-Manier vor der Wahl nicht dazu positionieren wollen und sich bei beiden Anträgen enthalten, dann finde ich das sehr interessant.

(Zurufe von der SPD)

Nach meiner Meinung geht es darum, parteiübergreifend und fraktionsübergreifend ein Signal an die Universität Lübeck zu senden, um zu sagen: Ja, wir sind bereit, mit euch konstruktiv zusammenzuarbeiten; egal welche Mehrheit es nach der Wahl geben wird, ob es eine Große Koalition oder eine rot-grüne oder was auch immer für eine Regierung geben wird. Wir sollten das Signal setzen, dass wir trotz allem in der Lage sind, diese Diskussion mit der Universität Lübeck zu führen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Daniel Günther [CDU])

Zu den anderen Anträgen, über die wir hier mitberaten, möchte ich kurz Stellung beziehen. Wir haben sowohl zu dem Antrag zum Thema Studium und Familie von der SPD-Fraktion als auch zu dem Antrag zum Thema Diversity in den Hochschulen von unserer Fraktion aus Anhörungen durchgeführt. Ich finde, dass die Anhörungsergebnisse belegen, dass in diesen Bereichen sehr viel passieren muss. Persönlich an Martin Habersaat sage ich wieder: Das sind Themen, die man gemeinsam angehen muss.

Ähnliches gilt auch für den Antrag der Fraktion DIE LINKE. Auch das ist ein Thema, über das wir im Landtag schon beraten haben und bei dem wir einen extremen Handlungsbedarf sehen. Wenn man den Wissenschaftsstandort Schleswig-Holstein stärken will, dann muss man sich gerade um die Perspektive für junge Nachwuchswissenschaftler kümmern. All das wollen wir in welcher Rolle auch immer. Mir geht die Frage danach, wer regieren wird, auf die Nerven. Wir werden diese Fragen als Fraktion in welcher Rolle auch immer nach der Wahl hier im Parlament weiter begleiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Daniel Günther [CDU] und Oliver Kumbartzky [FDP])

(Rasmus Andresen)

Für den SSW erteile ich der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern wir uns: Der Ursprung der Überlegungen, eine Stiftungsuniversität einzurichten, war der Vorschlag der Landesregierung, die Medizinstudienplätze an der Uni Lübeck zu streichen. Nun haben sich die Universität Lübeck und das Land auf ein Papier geeinigt, auf Grundlage dessen die Uni in eine Stiftungsuniversität umgewandelt werden soll. Vor allem interessiert mich aber das Kleingedruckte in der Vereinbarung.

Der Gründungszweck ist die Verbesserung der Einnahmesituation der Universität. Dazu sollen Zuwendungen von privaten Stiftern eingeworben werden, die die steuerlichen Vorteile des Stiftungsgesetzes nutzen können. Ein Nullsummenspiel ist das nicht. Eine Zustiftung geht immer zulasten der Gemeinschaft. Auch darauf müssen wir achten.

Sicher wird die Uni Lübeck durch Zustiftungen in finanzieller Hinsicht gestärkt. Das könnte aber auch ein Schritt in die Privatisierung der Hochschule sein. Wir haben jetzt gehört, dass das nicht der Fall ist. Das darf insgesamt nicht losgelöst von der Politik geschehen und gesehen werden, wobei es auch für uns eine Rolle spielt, dass es sich letztlich um eine öffentlich-rechtliche Stiftung handeln soll. Deshalb werden wir ganz genau beobachten, wie sich das weiter entwickeln wird, denn klar ist: Selbst wenn die Uni Lübeck mit diesem Schritt etwas mehr an Autonomie gewinnt, so sind und bleiben die Finanzierung der Hochschulen und die Gestaltungshoheit Aufgaben des Landes.

Das soll heißen: Die Uni Lübeck ist sicherlich attraktiv als Empfängerin von Drittmitteln. Vielleicht gilt das aber nicht für alle Studiengänge der Universität. Genau das ist aber der Punkt. Wir wollen nicht, dass unsere Hochschullandschaft weiter auseinanderdriftet und dass es eine Spaltung zwischen denjenigen gibt, die für Drittmittel attraktiv sind, und den anderen. Das geht nicht. Hochschulpolitik, Forschung und Lehre sind öffentliche Aufgaben.

Erfreulich ist, dass der Minister offensichtlich dazugelernt hat, wenn er zur Vereinbarung mit der Uni Lübeck feststellt, dass die Landesregierung sich bei den Hochschulen weg von Konzentrationsbestrebungen bewegt hat. Positiv ist zudem, dass die Po

sitionen des AStA berücksichtigt werden. Vor allem sollen die Rechtstellung, die Aufgaben und die Organe der Studierendenschaft erhalten bleiben, so heißt es. Was die Erhebung von Studiengebühren betrifft, so verweist der AStA darauf, dass das Bildungsministerium versucht, die Verantwortung auf die Stiftungsuniversität zu schieben. Das lehnt die Studierendenschaft zu Recht ab. Die Frage bleibt aber auch im Eckpunktepapier offen. Der AStA fordert eine klare Position der Parlamentarier, und die soll er zumindest von uns haben. Mit dem SSW wird es keine Studiengebühren geben, auch nicht durch die Hintertür einer Stiftungsuniversität.

Unklar bleibt, inwieweit der Personalrat und die Gewerkschaften an der Entwicklung des Papiers beteiligt waren. Die Umwandlung wird aber in jedem Fall erhebliche Auswirkungen auf die Beschäftigten und auf das tarifvertragliche Gefüge haben. Laut Eckpunktepapier sollen die Beschäftigten bei der Übernahme durch die Stiftung nicht benachteiligt werden. Dies soll unter anderem durch einen Überleitungstarifvertrag unter Aufrechterhaltung der Versorgungsansprüche sichergestellt werden. Auch soll das gesamte Personal im Falle einer Stiftungsauflösung durch das Land übernommen werden.

Da die Stiftungsuniversität als Dienstherr und Arbeitgeber aber das Recht erhält, Tarifverträge abzuschließen, könnten das öffentliche Dienstrecht und die Flächentarifverträge für den öffentlichen Dienst leicht umgangen werden. Dass solche Bedenken begründet sind, haben die GEW und ver.di bei der Etablierung anderer Stiftungsuniversitäten erfahren müssen. Beim Abschluss von Haustarifverträgen wird es also von der Durchsetzungsfähigkeit der Personalvertretung und der Gewerkschaften abhängen, um bestehende Tarifstandards der Beschäftigten langfristig zu sichern.